A.S. Création Tapeten AG
"A.S. Création will den Maler stärker an die Tapete heranführen"
Der Tapetenhersteller A.S. Création geht neue Wege, um der rückläufigen Nachfrage nach Wandbelägen in Deutschland zu begegnen. Das Konzept Profitex wendet sich zusammen mit dem Großhandel an den Handwerker, eine umfassende Werbekampagne an den Endverbraucher.
BTH Heimtex: Tapezieren ist eine originäre Aufgabe des Malers. Mit dem neuen Konzept Profitex und vier speziellen Kollektionen sprechen Sie als Tapetenhersteller den Handwerker nun direkt an. Warum?
Marco Wirths: Wir sind der Frage nachgegangen, warum die Tapete in den vergangenen Jahren im Großhandel an Bedeutung verloren hat und welche Impulse nötig sind, um eine Wende zu erreichen. Um Antworten zu finden, haben wir Maler eingeladen und zahlreiche Gespräche mit ihnen geführt. Dabei kam heraus, dass der Handwerker zwar hohe Qualitätsansprüche an das Produkt hat. Besonders wichtig ist ihm aber die Verarbeitungssicherheit und damit der Schutz vor Reklamationen am Bau. Die Muster müssen so aufgebaut sein, dass sich die Tapete optimal verarbeiten lässt. Von dieser Erkenntnis ausgehend, haben wir ein komplettes Vertriebs- und Sortimentskonzept entwickelt, mit dem wir den Maler wieder stärker an die Tapete heranführen wollen und ihn als Partner in allen Fragen rund um das Themenfeld Tapete unterstützen.
BTH Heimtex: Was beinhaltet das Konzept im Detail?
Wirths: Die Basis bilden die vier Kollektionen Profitex Home, Überstreichbar, Colours und Premium als höchste Qualitätsstufe. Die Kollektionen stellen einen Querschnitt durch unser Sortiment dar und haben keine original Hersteller-Artikelnummern. Damit entziehen sie sich der Vergleichbarkeit. Einen weiteren Wettbewerbsvorteil bieten wir dem Handwerker, indem die Premium- und die überstreichbare Karte ausschließlich über den Großhandel zu beziehen sind. Der Endverbraucher findet diese weder im Baumarkt noch im Internet.
BTH Heimtex: Diese Kollektionen sind ja eine Vorauswahl für den Maler, die ihn bei der Beratung unterstützt. Nach welchen Kriterien wurden sie zusammengestellt?
Katja Georgas-Spanos: Die Maler, die bei uns waren, kannten unser gesamtes Sortiment noch gar nicht. Mit unserem Vierer-Set bieten wir ihm daraus eine breite Auswahl von 400 verkaufsstarken Tapeten, mit der wir jeden Geschmack abbilden. Die Home-Kollektion enthält Vlies- und Papierqualitäten mit konsumigen Mustern, in Colour finden sich Uni-Tapeten mit Struktureffekten und die Premium-Kollektion hat einen hohen Designanspruch und eine noch höhere Qualität. Die überstreichbaren Qualitäten runden das Spektrum ab. Damit ist der Profitex-Partner gut aufgestellt. Er hat ein schönes rundes Paket für eine qualifizierte und umfassende Beratung an der Hand.
BTH Heimtex: Bei Profitex handelt es sich um ein ganzes Konzept. Was gehört außer den Kollektionen noch dazu?
Wirths: In der Tat, das Konzept besteht nicht nur aus vier Kollektionen. Es ist ein Partnerprogramm und somit eine Art Club für den Verarbeiter. Dieser kann neben den Kollektionen eine ganze Reihe von Vorteilen nutzen, je nachdem, für welchen Partner-Status er sich entschieden hat. Für nachhaltigen Mehrwert sorgen unser umfassender Marketingservice, Schulungen in unserer Tapeten-Akademie und verschiedene Verkaufshilfen. Zudem sind unsere Profitex-Verarbeiter online von Architekten, Bauherrn und Verbrauchern zu finden. Unser Ziel ist es, ein Netzwerk von Handwerkern, Handel und Architekten aufzubauen.
BTH Heimtex: Beratung und Marketing sind sicherlich wichtige Bausteine für den Erfolg des Malers im Segment Tapete. Ein Problem aber bleibt: Manch ein Maler hat Schwierigkeiten zu tapezieren.
Roland Bantel: Das ist der entscheidende Punkt. Früher hieß der Lehrberuf noch Maler und Tapezierer, heute Maler und Lackierer. Das Tapezieren als Aufgabenfeld des Malers wurde in der Vergangenheit nicht mehr oft praktiziert. Das ist auch der Anlass für uns, an den Verarbeiter heranzutreten und die Tapete wieder in sein Blickfeld zu bringen. Wir möchten seine Kompetenzen durch Weiterbildungen an unserer Akademie wieder stärken.
BTH Heimtex: Für den Maler soll Tapezieren teils zu schwierig sein und der Verband der Deutschen Tapetenindustrie macht dem Endverbraucher deutlich, wie einfach sich Vliestapeten an die Wand bringen lassen. Ist das nicht ein Widerspruch?
Bantel: Man muss unterscheiden. Der Do-it-yourselfer sucht den Grund für ein schlechtes Ergebnis meist bei sich selbst und reklamiert deshalb kaum. Hier liegt die Reklamationsrate verschwindend gering bei unter 0,2%. Wenn der Verbraucher dagegen den Maler für das Tapezieren bezahlt, erwartet er außer einem optimalen Produkt auch eine optimale Verarbeitung.
Hier wollen wir mit Profitex ansetzen und dem Maler Sicherheit bei der Verarbeitung sowie der Beratung geben und ihn stärker vor dem Wettbewerb schützen. Der Zeitpunkt ist richtig, denn das Motto Do-it-yourself wandelt sich in der Gesellschaft hin zu Do-it-for-me. Mit zunehmendem Alter sinkt die Bereitschaft, handwerkliche Arbeiten selbst durchzuführen, man investiert eher in gute Handwerkerleistung.
BTH Heimtex: Wie reagiert der Großhandel auf das Maßnahmenpaket Profitex?
Bantel: Das ist ja auch ein Partnernetzwerk für den Großhandel. Denn wir haben den Anspruch, im Großhandel zu wachsen. Beim Startschuss von Profitex waren fast alle Großhändler dabei. Gemeinsam mit ihnen wollen wir den Fachverarbeiter als Partner gewinnen. Die Resonanz ist noch besser als erwartet. Ursprünglich waren wir davon ausgegangen, bis Mitte dieses Jahres 200 Teilnehmer registriert zu haben. Doch schon vier Wochen nach dem Start des Profitex-Partnerprogramms sind wir bei mehr als 500. Das ist ein gutes Signal und zeigt, dass unser Konzept vom Markt angenommen wird.
Georgas-Spanos: Positiv ist auch, dass der Großhandel uns für unsere Initiative eine Plattform gibt, auf der wir diese vorstellen können, zum Beispiel auf Hausmessen. Die Außendienstmannschaften des Großhandels stehen voll dahinter und sind mit Engagement dabei.
Wirths: Es geht ja auch darum, die Probleme des Großhandels mit der Tapete anzugehen. Das sind unter anderem die starke Konkurrenz zu anderen Vertriebskanälen und zum Teil eine mangelnde Unterstützung durch die Industrie bei der Vermarktung. Hier wollen wir für Verbesserungen sorgen und gehen bewusst in den mehrstufigen Vertrieb. Auch weiterhin fakturieren wir unsere Ware nur beim Großhandel, das ist eine unserer Kernaussagen.
BTH Heimtex: Wird das Profitex-Partnerprogramm weiter geschrieben? Schließlich dürfte Ihnen daran gelegen sein, dass der Maler auch die übrigen Tapeten von A.S. Création an die Wand bringt.
Bantel: Ja, wir betreiben zunächst Basisarbeit und versuchen, mit den vier Profitex-Karten die Grundlagen für eine professionelle Beratung zu schaffen, die über Schulungen weiter ausgebaut werden soll. Wir sind überzeugt, dass wir mit unseren vier Kollektionen die Erwartungen von mehr als 90 % der Kunden erfüllen können. Damit leisten wir Vorarbeit, indem wir eine Auswahl treffen. Das können einige Großhändler unter Umständen nicht bewältigen, die Musterkosten sind hoch.
Zunächst ist es aber unsere selbst gestellte Aufgabe, Handel wie Handwerk die Möglichkeit zu bieten, sich wieder stärker mit der Tapete zu beschäftigen. Später kommen Ergänzungsfelder dazu. Parallel starten wir eine Endverbraucherkampagne, die die Tapete auch bei dieser Zielgruppe stärker ins Bewusstsein rücken soll.
BTH Heimtex: Was steckt dahinter?
Stefan Gauger: Es gibt viele positive Dinge über die Vliestapete, die - anders als wir immer dachten - beim Endverbraucher noch nicht angekommen sind. Dazu gehört beispielsweise die einfache Verarbeitung. Doch hartnäckig hält sich das Vorurteil, dass Tapezieren zu aufwändig sei. Wir setzen mit unserer Endverbraucherkampagne und der dazugehörigen Kollektion Neue Bude 2.0 dagegen. Denn damit zeigen wir, wie einfach sich die Tapete an die Wand bringen lässt und welche Gestaltungsvielfalt sie bietet.
BTH Heimtex: Wofür steht Neue Bude 2.0?
Gauger: Das ist ein junger Titel, der unter anderem suggeriert, dass es um die Einrichtung der ersten eigenen Bude gehen könnte. Wir sprechen damit gezielt die jüngere Generation an und werben mit vier überspitzten Charakteren für vier Einrichtungsstile. Ein Kaffeehipster ist dabei, eine junge Frau von nebenan, eine elegante, stilsichere ältere Dame und ein Frauenschwarm. Zu finden ist die verkaufssichere Kollektion im gesamten Tapetenhandel.
Um eine große Reichweite zu erzielen, bewerben wir Neue Bude 2.0 unter anderem im TV. Zusätzlich wird über unsere Kunden eine Tapetenfibel in den Markt gebracht, die die Gestaltungsmöglichkeiten der Tapete aufzeigt sowie die einfachen Verarbeitungsschritte. Darüber hinaus setzen wir auf die Verteilung von bundesweit 1.500 Plakaten und absolvieren eine Roadshow, bei der wir unseren italienischen Kleintransporter Ape mitnehmen.
BTH: Mit dieser Kampagne greifen Sie dem Verband der Deutschen Tapetenindustrie vor, der ähnliches plant. Geht es Ihnen nicht schnell genug?
Bantel: Das ist der Punkt. Weil sich nicht alle einig waren, wäre vermutlich vor 2019 nichts passiert. Das ist uns zu spät. Deshalb haben wir uns im Oktober 2017 dafür entschieden, eine eigene Kampagne auf die Beine zu stellen. Das haben wir innerhalb von sechs Wochen geschafft. Vom Handel werden wir für unser Engagement gelobt.
BTH Heimtex: Profitex, Neue Bude 2.0 - den zielgruppenorientierten Kollektionen gehört offenbar die Zukunft. Haben Sie weitere Pläne in diese Richtung?
Bantel: Wir haben noch das eine oder andere in Planung. Aber mit Profitex und Neue Bude 2.0 haben wir zwei wichtige Projekte, auf die wir uns zunächst konzentrieren. Darüber hinaus haben wir noch unser umfangreiches Gesamtsortiment. Im vergangenen Jahr sind 2.000 neue Artikel auf den Markt gekommen.
BTH Heimtex: A.S. Création ist bekannt für seine Lizenzen. Diese Kollektionen sind ebenfalls zielgruppenorientiert. Bleiben Sie ihnen treu?
Bantel: Wir wollen alles auf den Prüfstand stellen und haben uns schon von Lizenzen verabschiedet. Ich sage noch nicht, um welche es sich handelt, denn wir sind mitten im Prozess.
BTH Heimtex: Was gibt den Ausschlag für die Trennung von einer Lizenz?
Bantel: Wenn wir den Eindruck haben, dass der Zenit einer Lizenz überschritten ist. In diesem Bereich waren wir Vorreiter. Die Wettbewerber sind nachgezogen. Mittlerweile gibt es ein Überangebot an Lizenzen, so dass der Kunde sich wieder nur schwer zurecht findet.
Hinzu kommt, dass wir uns bei einer Lizenz nicht immer frei für ein Muster oder eine Farbigkeit entscheiden können. Wir sind da manchmal sehr eingeengt. Deshalb wollen wir wieder mehr im eigenen Haus entwickeln. Das bedeutet aber nicht, dass wir uns nicht auch wieder mit einer Lizenz schmücken würden, wenn wir eine passende finden. Fest steht aber, dass eine Lizenz nur erfolgreich ist, wenn sie Authentizität besitzt.
Wirths: Der Kunde honoriert den Mehrwert. Lizenzen haben diesen eine Zeitlang geboten. Wir gehen jetzt aber noch einen Schritt weiter und bieten Mehrwert über eine komplette Kampagne mit Kollektionen einschließlich weiterer Angebote wie Schulung und Verkaufshilfen.
BTH Heimtex: Ist Ihre Architekturschiene Architects Paper ebenfalls von Veränderungen betroffen?
Wirths: Wir haben für diese Schiene in den vergangenen Jahren immer wieder neue Kollektionen entwickelt. Das werden wir auch in Zukunft machen. Ob wir den Bereich noch stärker ausbauen, müssen wir noch entscheiden.
BTH Heimtex: Aber im Interesse der Umsatzsteigerung im Segment Tapete spielen Architekten doch eine Rolle. Müssten Sie sich nicht mehr um diese Zielgruppe kümmern?
Wirths: In der Vergangenheit waren wir bei AP stark mit absoluten Nischenprodukten, die selbst für Objekteure sehr speziell waren. Mittlerweile sind wir mit Digitaldrucken mehr in Richtung Individualisierung gegangen, in die sich auch der Objektbereich entwickelt. Aber mit unserer Kollektion AP Digital 4 gehen wir noch weiter und bieten neue Oberflächen oder neue Trägermaterialien. Wir beschäftigen uns im Detail damit, was Objekteuren wichtig ist, nicht nur in Bezug auf Motive, sondern auch auf Materialien und längere Laufzeiten.Bantel: Das Geschäft ist sehr langfristig. Manchmal erhalten wir einen Auftrag für eine Kollektion, die gerade ausläuft. Wir sind ja mittlerweile auf sehr schnelllebige Modezyklen eingestellt. Das ist beim Architektengeschäft anders.
BTH Heimtex: Stichwort Laufzeiten: Sollten die angesichts der zahlreichen Kollektionen, die jedes Jahr auf den Markt kommen, nicht verlängert werden? Der Verbraucher hat nur wenig Zeit, sich einen Überblick zu verschaffen.
Wirths: Diese Entwicklung sehen wir auch. Deshalb hat unsere neue, sehr aufwändige Kinder-Karte Little Stars mit 100 Artikeln auch eine Laufzeit von vier statt drei Jahren. Im Bereich der Objektware gibt es seit längerem bereits deutlich längere Laufzeiten.
BTH Heimtex: Wie Sie gerade sagten, trennen Sie sich von Lizenzmarken. Wollen Sie stattdessen das eine oder andere prominente Testimonial einsetzen, wie es der Wettbewerb macht?
Bantel: Wir haben auch heute Testimonials wie Michael Michalsky, Jette Joop oder Design-Dschungel mit der Bloggerin Laura Noltemeier als Partner. Aber die ist als Architektin auch authentisch, hat daher einen Bezug zur Ware. Das ist wichtig.
Wir sind offen für alles, wenn es passt. Aber die nächsten zwei Jahre gehen wir in eine andere Richtung.
Gauger: Auch hier geht es um Mehrwert. Eine Marke oder ein Testimonial ist nur erfolgreich, wenn unsere Kunden auch in der Verkaufsförderung davon profitieren und den Point of Sale oder den Webauftritt eigenständig mit Bildmaterial ausstatten können. Aber oft wird zum Beispiel das Konterfei eines Testimonials dafür nicht freigegeben. Wir entsprechen jetzt mit unseren Kampagnen dem Wunsch der Kunden, eigenes Material an die Hand zu bekommen, mit dem sie eine Anzeige oder ein Plakat gestalten können.
BTH Heimtex: Der Wohnungsmarkt boomt. Aber weder Tapeten noch Farben profitieren davon. Was unternehmen Sie, um in den Neubau zu kommen?
Bantel: Zum einen legen wir mit unserem Programm Profitex den Grundstein und gehen das Ganze systematisch an. Zum anderen sind wir mit mehr als 80 % im Renovierungsgeschäft unterwegs. Unser Fokus lag bisher nicht auf dem Neubaugeschäft.
Aber dazu muss man wissen, dass sich das Wohnen auch sehr verändert hat, zum Nachteil von Farben und Tapeten. Denn die Wohnungen haben weniger Wände. Statt der klassischen Aufteilung auf Küche, Wohn- und Esszimmer gibt es heute meist einen gesamten Wohnbereich. Da fehlen schon 25 % der Wände. Dazu kommt der derzeitige Trend zur geputzten oder gekalkten Wand vor allem im Mietwohnungsbau. Wir aber machen Mode und Design. Das sind unsere Stärken - und darauf konzentrieren wir uns.
BTH Heimtex: Wir haben lange über Profitex und Neue Bude 2.0 gesprochen. Mit welcher nicht an eine Kampagne gebundenen neuen Kollektion wollen Sie beim Kunden Eindruck hinterlassen?
Wirths: Wir haben auf der Heimtex neben unseren Tapetenkollektionen mit unserer Digitaldruck-Kollektion Walls by Patel ein weiteres großes Thema gezeigt. Das ist eine richtig gute Visitenkarte für den Digitaldruck von A.S. Création. Entworfen wurde die Kollektion mit mehr als 190 Wandmotiven in großer Farbenvielfalt von dem Bremer Designerpaar Kathrin und Mark Patel. Diese neue Interpretation von Wandgestaltung hat bei vielen Kunden einen guten Eindruck hinterlassen. Wir sind gespannt. |
cornelia.kuesel@snfachpresse.de
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BTH Heimtex 03/18
(Wirtschaft)