Imm Cologne

Gute Stimmung in Halle 9


Köln. Stürmische Zeiten in Köln: Trotz des Orkantiefs Friederike konnte die Möbelmesse ein leichtes Besucherplus verzeichnen. Mehr Fachbesucher kamen aus Europa und Asien, die Stimmung im Sleep-Segment in den Hallen 5.2 und 9 war überraschend positiv, wie der Fachverband Matratzenindustrie bilanziert. Er hatte sich in seiner Sleep Lounge der One-Fits-All-Thematik angenommen und mit zahlreichen bildhaften Beispielen eine Anregung gegeben, wie der Handel mit dem Thema umgehen kann. Doch bei aller guten Stimmung: Die Preisentwicklung beim Schaum macht vielen Herstellern Sorge.

Es sind keine leichten Zeiten für die deutschen Matratzenhersteller. Die jetzt vorliegenden Zahlen zum Jahr 2017 zeigen ganz deutlich die Einbrüche sowohl im Umsatz als auch im Absatz der klassischen Matratzenhersteller, wobei besonders dramatisch ist, dass sich die Entwicklung zum Jahresende hin sogar noch zugespitzt hat. "Umso wichtiger und positiver ist es für uns, resümieren zu können, dass die Stimmung im Sleep-Segment in den Hallen 5.2 und 9 überraschend positiv war", bilanziert Dr. Ulrich Leifeld, Geschäftsführer des Matratzenverbandes, die Kölner Messe. "Das zeigte sich unter anderem daran, dass die Besucherfrequenz schon vom ersten Messetag an gut war und nicht erst langsam angelaufen ist, wie in manchen Vorjahren."

Auch die Stimmung und Atmosphäre auf der alljährlichen Branchenparty meet@sleep am Dienstagabend sei entspannt und ausgelassen gewesen - da machte sich der positive Start offensichtlich bemerkbar. Eröffnet wurde die Party von Messe-Chefin Katharina C. Hamma und dem Vorstandsvorsitzenden des Verbands, Thomas Bußkamp. "Das Who-is-Who unseres Segments war auch in diesem Jahr wieder vertreten und nutzte den Abend zum Austausch über aktuelle Branchen-Themen, aber auch zum ausgelassenen Feiern nach einem anstrengenden Messetag", so Dr. Leifeld.

Dabei besteht zum Feiern nicht zwingend Anlass, blickt man auf die Bilanz des vergangenen Jahres zurück. Da war zum einen der TDI-Skandal des Chemie-Riesen BASF, der die Branche im Herbst schwer getroffen hat. Die Auswirkungen waren teilweise gravierend, wie die Gespräche an vielen Ständen zeigten. Mehrtätige Produktionsstopps waren keine Seltenheit, auch wenn sich schnell herausstellte, dass in der Regel keine nennenswerten Mengen bei den einzelnen Herstellern betroffen waren. Doch die unzureichende Kommunikation von BASF tat ihr übriges, um die Dramatik der Situation noch zu beflügeln.

Die Preisspirale dreht sich weiter

"Die BASF-Auswirkungen werden wir noch spüren, denn die holen sich das Geld wieder zurück", erklärte beispielsweise Eckart Szabo, Geschäftsführer des Matratzenherstellers Ergomed. Will sagen: Die Preise werden weiter steigen. Ausdrücklich gelobt wurde von ihm die Arbeit des Matratzenverbandes während der BASF-Krise. Metzeler-Geschäftsführer Peter Hammer sieht die Entwicklung der Rohstoffpreise 2018 ähnlich, konnte der TDI-Krise aber zumindest auch einen positiven Aspekt abgewinnen: "Das ist auch eine Riesenchance: Wir haben unseren Kunden zu verstehen gegeben, was sie uns wert sind und wie wichtig Qualität ist." Gleichwohl dreht sich die Preisspirale, und das dürfte in diesem Jahr noch ein größeres Thema werden. An manchen Ständen wurde gar die Befürchtung geäußert, dass der ein oder andere Hersteller über die Klinge springen werde, wenn die Rohstoffpreise weiter anziehen. Das dürfte dann auch für die neuen Onlineanbieter spannend werden, die von ihrem Günstig-Image leben.

Sie waren mit ihren One-fits-all-Produkten das zweite große Thema in Köln. Dieses Segment wird in den Erhebungen des Matratzenverbandes zwar nicht abgebildet, trägt aber gleichwohl zur schwierigen Situation für Fachhandel und Hersteller bei. Den Trend zur Universalmatratze hatte der Verband in seiner diesjährigen Sleep-Lounge aufgegriffen. Unter dem Motto "(N)one fits all" wurde mit anschaulichen Darstellungen die Frage aufgeworfen, ob die Verbraucher bei Matratzen wirklich die Produktvielfalt aufs Spiel setzen wollen, während in anderen Bereichen gerade die Individualisierung voranschreitet.

Die Entwicklung einer vielfältigen, produkt- und ideenreichen Konsumwelt liegt in den Händen der Industrie. "Die letztendliche Entscheidung aber trifft der Verbraucher und deswegen gilt es, kommunikativ anzusetzen, damit der Kunde nachvollziehen kann, warum eine individuell zu ihm passende Matratze viel wichtiger für sein Wohlbefinden ist, als eine Schokocreme oder ein Softdrink, die seinen Namen tragen," erklärte Verbands-Geschäftsführer Leifeld. "Mit unseren kleinen Szenen, für die wir uns andere Einheitsprodukte ausgedacht haben, haben wir die Absurdität dieser Entwicklung unmittelbar erfahrbar gemacht, ohne dass viele Worte oder Erklärungen nötig waren." Diese Idee sei von den Messebesuchern begeistert aufgenommen worden: "Wohl noch nie zuvor haben wir so viel positives Feedback bekommen, weil diese Art der Visualisierung im Fachhandel ohne großen Aufwand nachgeahmt werden kann."

Schaum und Bonnell
verlieren deutlich

Neben dem Trend-Thema der Universalmatratze war das für die Branche weiterhin wichtige Thema Boxspring ebenfalls unübersehbar in Köln. Schon in der Vergangenheit war häufiger die Kritik zu hören, dass Halle 9 nurmehr eine Boxspring-Halle sei. Das aber wird der Realität der vielen Anbieter herkömmlicher Matratzen und Schlafsysteme nicht gerecht, die dort ebenfalls vertreten sind. Interessant ist der Blick auf die Marktentwicklung der verschiedenen Technologien, die der Matratzenverband mit Blick auf seine Mitglieder für 2017 analysiert hat. Vor allem Schaum und Bonnell zeigen demnach mitunter drastische Einbrüche im deutlich zweistelligen Bereich. Dabei sind die Rückgänge bei den Stückzahlen noch ausgeprägter als bei den Umsatzwerten.

Die Veränderungen bei den Marktanteilen der einzelnen Technologien sind insgesamt eher gering. "Wie auch in den Vorzeiträumen sind bei der abgesetzten Menge leichte Verschiebungen zugunsten von Taschenfederkern und zu Ungunsten von Schaum festzustellen", heißt es in der Analyse. "Auffällig ist hier jedoch im vierten Quartal eine leichte Umkehr: Hier konnte Schaum seine marktbeherrschende Position ein wenig stabilisieren." Alle anderen Marktanteile der Technologien am Gesamtmarkt seien weitgehend unverändert geblieben.

Das Jahr 2018 war kein Küchen-Jahr in Köln, da die "Living Kitchen" bekanntlich nur im zweijährigen Turnus stattfindet. Das führt naturgemäß weniger Menschen zur Messe, aber immerhin konnte mit 125.000 Besuchern ein leichtes Plus gegenüber der vergleichbaren Veranstaltung aus 2016 erzielt werden. Das Orkantief Friederike, das am Messedonnerstag über Deutschland wütete, sorgte dafür, dass die Besucherfrequenz zum Ende der Woche nachließ - da neigten sich die reinen Fachbesucher-Tage allerdings ohnehin ihrem Ende entgegen, so dass die Auswirkungen überschaubar geblieben sein dürften. "Wir hoffen aber, dass dies durch den guten Wochenstart kompensiert werden konnte und die Aussteller so dennoch ein überwiegend positives Fazit ziehen", so Leifeld.

Ebenfalls im Zwei-Jahres-Rhythmus kommt der Recticel-Konzern mit seiner Marke Schlaraffia nach Köln. Er war wieder in Halle 5.2 präsent, und das auf beeindruckende Weise. Denn der Stand wirkte nicht nur ob seiner Ausmaße spektakulär. Gezeigt wurden neben einer neuen Boxspring-Kollektion sowie der erstmals präsentierten "Home Collection" mit Bettwaren auch eine weiterentwickelte Generation der patentierten Geltex-Matratzen. Hierfür war eigens ein Kino aufgebaut worden, in dem die Kunden nach einer aufwändig animierten Präsentation gleich probeliegen konnten. Ansonsten war der Gang durch Halle 5 eher von mäßigem Interesse - wer nicht zu Schlaraffia wollte, konnte sich den Weg eigentlich sparen.

Große und kleinere
Namen in Halle 9

Ganz anders Halle 9, wo die Präsentation von Tempur gleich am Eingang wie schon im Vorjahr große Aufmerksamkeit auf sich zog. In der 9 sind alle großen und kleineren Namen vertreten, darunter natürlich viele Mitglieder des Matratzenverbandes. Etwa die EuroComfort Group von Thomas Bußkamp. Er war aus Verärgerung über die Hallen-Pläne der Messe Frankfurt der Heimtextil ferngeblieben und konzentrierte sich ganz auf die Möbelmesse. Für ihn eine Entscheidung mit Bedacht: "Wir werden nicht selbstmörderisch riskieren, unseren Umsatz zu vernachlässigen." Die Exportkunden der Gruppe seien nach seiner Erfahrung in Paris und Köln zu finden, und so bilanzierten die Bocholter unter anderem sehr positive Export-Gespräche.

Daneben waren aus dem Verband in Halle 9 Akva Waterbeds, Auping, Diamona, Fey und Rummel vertreten, neben den bereits erwähnten Unternehmen Ergomed, EuroComfort Group, Metzeler und Tempur sowie Schlaraffia in Halle 5.2. Aber auch Firmen wie Frankenstolz, DOC, Dormiente, Froli, Hilding Anders, LS Bedding, Schultz Schlafkultur, Stiegelmeyer, Veldeman und viele weitere Unternehmen prägten einmal mehr das Bild der Matratzenhalle in Köln.

Dass die Internationalität der Messe und ihrer Besucher steigt, betont auch die Koelnmesse allzu gerne. Aus 138 Ländern kamen Gäste auf die Messe. Mehr Fachbesucher kamen aus Europa und Asien, den Exportmärkten Nr.1 der deutschen und europäischen Möbelindustrie, wie Gerald Böse betonte: "Die imm Cologne ist eine exzellente und effiziente Plattform für das internationale Business", unterstrich der Vorsitzende der Geschäftsführung der Koelnmesse. "Jedes Jahr aufs Neue setzt die Messe wichtige Absatzimpulse für die Industrie in den entscheidenden Exportmärkten dieser Welt."

Auch der Präsident des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie, Axel Schramm, zog ein positives Fazit: "Die deutsche Möbelindustrie freut sich über eine äußerst gut gelaufene imm Cologne und damit über einen sehr guten Start ins Jahr 2018. Wir hoffen, dass der Schwung, den wir aus Köln mitnehmen, uns durch das Möbeljahr 2018 trägt." Der Messeerfolg werde dabei helfen, "unsere Exporterfolge zu steigern und auf dem schwierigen Inlandsmarkt zu punkten", glaubt Schramm.

Zahl der Besucher
aus dem Ausland steigt

Der Auslandsanteil der Messebesucher stieg auf rund 50 Prozent (2016: 46 Prozent) bezogen auf die Fachbesuchertage. In Europa konnten Steigerungen vor allem aus Spanien (+31 Prozent), Belgien (+16 Prozent), Frankreich (+11 Prozent), Niederlande (+1 Prozent) und Osteuropa (+54 Prozent), hier besonders Russland (+69 Prozent), verzeichnet werden. Deutlich mehr Besucher kamen auch aus Asien (+50 Prozent), hier besonders aus China (+82 Prozent) und Japan (+63 Prozent), aus Nahost (+15 Prozent), Australien/Ozeanien (+51 Prozent), Nordamerika (+12 Prozent) und Mittelamerika (+21 Prozent).

Neben der hohen Internationalität, die das Bild der Messe an allen Tagen prägte, wurde insbesondere die Qualität der Besucher von den Ausstellern als überragend bewertet. So wurden Fachhändler und internationale Top-Besucher des Einrichtungsfachhandels und des Interior Designs registriert, viele davon aus den Top-30-Handelsketten weltweit. Darüber hinaus kamen auch die Entscheider der großen Online-Plattformen und der internationalen Kaufhausketten zur imm Cologne, darunter unter anderem Alinea aus Frankreich, John Lewis aus Großbritannien, Lars Larsen aus Dänemark sowie El Corte Inglés aus Spanien, Nitori aus Japan und Ashley aus den USA.

Auch die Branchengrößen im Online-Handel - hier unter anderem Amazon, die Otto Group und Wayfair - nutzten sehr intensiv die Veranstaltung für ihre Geschäfte. Für den Pure-Bereich besuchte eine Delegation 80 designorientierter Einrichtungshäuser aus den USA und Kanada die imm Cologne, darunter Luminaire aus Miami und DDC aus New York. "Es gibt keinen besseren Beweis dafür, dass unser umfassendes VIP-Programm erfolgreich und die imm Cologne auch in den Nicht-Küchenjahren eine exzellente Businessplattform ist", gab sich Katharina C. Hamma, Geschäftsführerin der Koelnmesse, entsprechend selbstbewusst.

Die nächste imm Cologne findet vom 14. bis 20. Januar 2019 statt.
aus Haustex 03/18 (Wirtschaft)