Wotex-Intercolor tagte in Bad Dürkheim
Überlebenskonzepte für den Fachhandel
"Angesichts des sich verschärfenden Wettbewerbs wird es für den Facheinzelhandel immer wichtiger, wenn nicht sogar überlebenswichtig, sich in Einkaufs- und Marketingkooperationen zu organisieren", ist der Wotex Intercolor-Verbund überzeugt und unterstrich dies auch auf seiner diesjährigen Tagung in Bad Dürkheim. Dabei zeigte die von Gründer Karl-Heinz Deckmann und seinem Sohn Jan geführte Formation auch Wege auf, wie sich der Handel für die Marktanforderungen rüsten und auf die Zukunft vorbereiten kann.
Wotex-Intercolor ist eine der reinrassigen Einzelhandels-Kooperationen der Branche. 216 Unternehmen sind darin organisiert, die zusammen auf einen Außenumsatz von rund 160 Mio. EUR kommen. Die Mitgliederzahl hat sich 2003 um 14 reduziert, was Gründer und Geschäftsführer Karl-Heinz Deckmann im wesentlichen auf Insolvenzen und Geschäftsaufgaben zurückführt. "Damit spiegelt sich die allgemeine Entwicklung in der Einzelhandelslandschaft wider", sagte er auf der diesjährigen Tagung der Verbundgruppe, zu der sich 63 Anschlusshäuser in Bad Dürkheim trafen. Ihnen wurde ein bunt gemischtes Programm mit Referaten und Vorträgen zu verschiedenen handelsrelevanten Themen geboten, parallel bot eine Ausstellung mit dem Eigensortiment der Kooperation und ausgesuchten Lieferanten Gelegenheit zur Wareninformation und zum Ordern. Besonders viel Beachtung fanden die Ausführungen von Jan Deckmann zum "Einzelhandel der Zukunft - Chancen und Ausrichtung".
Wotex-Intercolor hat laut Karl-Heinz Deckmann ein "schwieriges Jahr erfolgreich hinter sich gebracht". Und das obgleich Ausfälle bei den Förderbeiträgen durch Industrieinsolvenzen und zweistellige Umsatzrückgänge im Einzelhandel die Arbeit "erheblich erschwert" hätten. Aber: "Wir haben solide gewirtschaftet und uns deshalb behauptet." In diesem Zusammenhang verwies Deckmann auf die Bedeutung des Einkaufs- und Marketing-Verbundes einerseits für die Mitglieder, denn "vor allem der kleinere Einzelhandel hat heute allein keine Chance mehr, den immer härter werdenden Konkurrenzkampf zu überleben, da ein Einzelner die Fülle der Aufgaben gar nicht bewältigen kann", andererseits für die Lieferanten: "Die Industrie muss lernen, enger und stärker mit den Kooperationen zusammen zu arbeiten, wenn sie sich ihre mittelständische Klientel erhalten will".
Für das laufende Jahr ist Deckmann "verhalten optimistisch". Nachdem im vergangenen Jahr 4.600 Einzelhändler und 4.800 Handwerksbetriebe aufgeben mussten, habe sich das Klima inzwischen leicht gebessert. "2004 hat das Potenzial zur Wende". Wotex Intercolor wolle seinerseits dazu beitragen und "neue Wege aufzeigen, um in Zusammenarbeit mit den Anschlusshäusern positive Ergebnisse aufzuzeigen". Eine wichtige Säule sind die Eigenkollektionen der Gruppe, für die Deckmann massiv warb, weil die Mitglieder damit "sich und den Verbund stärken". Gleichzeitig kündigte er an, dass künftig mit der Industrie in allen Segmenten über Mindestabnahmemengen verhandelt werden soll, um zu besseren Konditionen zu kommen. Parallel sollen die Werbeaktivitäten am Point of Sales mit Hilfe der Industrie ausgebaut werden.
Über "Die veränderte Bankenlandschaft und die Auswirkungen für den Einzelhandel in der Praxis" sprach Bankfachmann Karl Heinz Redecker und befasste sich dabei insbesondere intensiv mit dem Thema Basel II. Beim Rating der Banken würden die sogenannten Soft Facts, sprich die vorrangige Beurteilung der Unternehmerpersönlichkeit immerhin 40% der Gesamtnote ausmachen, die Kreditgewährung und Konditionen bestimmt, die Hard Facts, also die Zahlen und Fakten, kämen auf 60%. Insofern biete Rating auch die Chance für eine kritische Analyse der eigenen Firma, anhand derer man sich auf künftige Anforderungen ausrichtenund für die Zukunft fit machen könne.
Kundenkarten sind momentan im Aufwind. Wie sich dieses Marketinginstrument einsetzen lässt, erläuterte Smartloyalty-Vorstand Christian Kranz. Bonuspunkte, für die es differenzierte und vom Einzelhandel selbst festzulegende Prämien gibt, ersparen nach seinen Worten die übliche Rabattfeilscherei. "Während Rabatte teilweise an die Substanz der Unternehmen gehen, wirken die Bonuspunkte als Kaufanreiz, werden aber in der Regel nur zu 50 bis 60% eingelöst. Deswegen kann die Punktvergabe relativ großzügig geregelt werden". Dem Einzelhandel böten sich eine Vielzahl individueller Anwendungsmöglichkeiten, mit denen sich Kundenfrequenz und -bindung erhöhen ließen. Dafür muss er in das System und die Karten investieren.
Verkaufstrainer Winfried Kehmann beschäftigte sich mit der Wertschöpfung bei Bodenbelägen. Er appellierte an den Einzelhandel, sich nicht am Wettbewerb zu orientieren, sondern eigene Ideen zu entwickeln und so die eigene Firmenkonjunktur zu bewirken. "Denken Sie zum Beispiel beim nächsten Laminatboden-Verkauf daran, dass sich jeder zweite Laminatkäufer nach sechs Wochen für eine Teppich interessiert und haken Sie rechzeitig nach". Wesentlich für den Geschäftserfolg ist für ihn allerdings das Verkaufspersonal. Deswegen sei stete Qualifizierung und Schulung unerlässlich. In diesem Zusammenhang sprach sich Kehmann klar für die Initiative "Pro Teppichboden" aus, zu deren Gründervätern er sich zählt. Sie wird im Übrigen auch von Wotex Intercolor gestützt; die Verbundgruppe bietet ihren Mitgliedern hier ein umfassendes Schulungsprogramm, angefangen vom eintägigen interaktiven Verkaufstraining über die dreitägige Ausbildung zum Teppichboden-Fachverkäufer - auch mit Prüfung und Zertifizierung - bis hin zum Pro Teppichboden-Mitarbeiterseminar.
Chancen für den Fachhandel sieht Karl-Heinz Deckmann auch in der Erschließung neuer Marktnischen und nannte hier als Stichwort den boomenden Wellness-Bereich. Er sei von 2001 bis heute von 40 auf 53 Mrd. EUR gewachsen und werde bis 2010 weiter zunehmen auf 70 Mrd. EUR. "Darin steckt ein Volumen für unseren Heimtextilien-Handel von mindestens 2 Mrd. EUR". Die mögliche Angebotspalette reicht dabei von der textilen Badeinrichtung und den dazu gehörigen Ingredenzien und Duftwässern über Gartenmöbel bis hin zu Tischdecken, Servietten, Wolldecken oder Lampen. "Alles, was das Wohlbefinden steigert, gehört zum Wellness-Bereich und damit in das Heimtextilien-Geschäft." Aber: es muss auch entsprechend präsentiert werden....
aus
BTH Heimtex 04/04
(Wirtschaft)