Interview des Monats: Latexco, Tielt/B

"Wir bieten nun alle Matratzen-Technologien aus einem Haus


Der belgische Schäumer Latexco ist der weltweit führende Anbieter von Latexschaumkomponenten und zählt zu den namhaften Lieferanten der Matratzenbranche. Seit wenigen Monaten produziert und liefert das Unternehmen nun auch Federkerne. Somit bietet das Unternehmen mit Latex, PU-Schäumen und Taschenfederkernen die gesamte Palette der Matratzenkerne an. Haustex sprach mit Geschäftsführer Alexander Bolliou und Key Account Managerin Nathalie Verheye über die Produkterweiterung sowie über die Lizenzierung einer FSC-Matratzenkollektion.

Haustex: Vor gut einem Jahr saßen wir hier in Tielt zusammen, um über die damals neue Produktreihe mit PU-Schäumen zu sprechen. Wie ist es dem Unternehmen seitdem wirtschaftlich gegangen?

Alexander Bolliou: 2017 war für die Matratzenbranche und damit auch für uns durch die starke Entwicklung der Einstandspreise ein sehr herausforderndes Jahr. Dennoch haben wir zahlreiche Chancen für Latexco erkennen und nutzen können. Das betrifft die Aufnahme von PU-Schäumen in unsere Produktpalette und die Einführung von Federkernen als letzte noch fehlende Technologie in unser Programm.

Auf dem europäischen Markt kann Latexco für 2017 ein signifikantes Umsatzwachstum von rund zehn Prozent verzeichnen. Die Hauptursachen dafür sind die weiterhin sehr positive Entwicklung unseres Pulse-Schaumes und die neue Produktlinie unserer Fom-Produkte. Der weltweite Umsatz konnte leicht auf knapp 150 Millionen Euro gesteigert werden.

Dank der Umsatzsteigerung in Europa erhöhte sich der Anteil Europas am Gesamtumsatz von 64 auf 70 Prozent. Den größten Anteil daran haben die Benelux-Staaten mit 21,4 Prozent. Die DACH-Region steuert 12,9 Prozent zum europäischen Umsatz bei. Der außereuropäische Umsatz wird zu mehr als 77 Prozent in den USA erzielt, wo wir über ein eigenes Unternehmen verfügen, ursprünglich ein 50/50-Joint-venture mit einem amerikanischen Partner.

Ende 2016 hatten wir uns entschlossen, unseren 50-Prozent-Partner auszuzahlen. Infolgedessen haben wir ein neues Management installiert und die Strategie des Unternehmens neu aufgesetzt. Das war verbunden mit einem zwischenzeitlichen Rückgang der US-Umsätze. Aber nun ist dort alles so wie wir es uns vorstellen um wieder wachsen zu können.

Eine wichtige Entscheidung war die Investition in die Verdoppelung unserer Kapazitäten bis Ende August dieses Jahres. Außerdem werden wir dort eine Produktionslinie für unseren Pulse-Latex installieren, sodass wir den amerikanischen Markt dann direkt mit unserem Pulse-Latex beliefern können. Insgesamt werden wir rund 15 Millionen Euro in den USA investieren. Bisher wird Pulse-Latex nur hier in Belgien produziert. Die Kunden in den USA fordern von uns Pulse-Latex, unter anderem die Firma Casper, die ihr Top-Produkt sowohl in Europa als auch in den USA mit Pulse-Latex fertigen.

Nathalie Verheye: Weil mehr und mehr US-Kunden auch Pulse-Latex verwenden wollen, mussten wir es von hier exportieren, was langfristig aus Kostengründen nicht sinnvoll ist. Darum die Investition in den USA, dank der wir den Kundenkreis auch in den USA erweitern können.

Bolliou: In den USA wird eine Alternative zu Talalay-Latex gesucht. Und Pulse ist dafür prädestiniert. Mit der neuen Produktion in den USA werden wir zu günstigeren Preisen anbieten können. Wir sind daher überzeugt, dass Pulse auch in den USA ein Erfolg werden wird.

Haustex: Pulse-Latex ist eine patentierte Erfindung von Latexco. Bitte beschreiben Sie kurz, was Pulse-Produkte von anderen Latex-Schäumen unterscheidet?

Verheye: Bis zur Einführung unseres Pulse-Latexschaums gab es zwei Methoden der Latexproduktion: Das Dunlop- und das Talalay-Verfahren. Beim Dunlop-Verfahren wird, verkürzt gesagt, aufgeschäumtes Latex auf 100 Grad erhitzt und gebacken. Das kann in Formen aber auch im Endlosverfahren erfolgen. Talalay-Latex wird ausschließlich in Formen produziert. Latex wird in eine Form gegossen, unter Unterdruck aufgeschäumt, und dann bei hohen Minusgraden schockgefrostet. Danach wird die Latexmasse unter hoher Temperatur vulkanisiert. Man kann sich vorstellen, welch hoher Energieverbrauch bei dem Wechsel zwischen kalt und heiß notwendig ist.

Ganz anders unser Pulse-Latex, das ähnlich wie beim Dunlop-Prozess im Endlosverfahren produziert wird. Aber die Vulkanisation erfolgt hier nicht durch Zufuhr von hoher Hitze, sondern durch eine Art Mikrowelle. Dieses Verfahren beherrscht nur Latexco. Wir nennen es das SonoCore-Produktionsverfahren. Das Ausbacken erfolgt in wesentlich kürzerer Zeit als beim Dunlop-Verfahren und damit einem erheblich geringeren Energie-Einsatz.

Bolliou: Die Platten haben eine maximale Höhe von sechs Zentimetern. Außerdem ist das Endprodukt in seinen Eigenschaften einzigartig: sehr homogen und von großer Reißfestigkeit. Das SonoCore-Verfahren haben wir 2011 entwickelt, in den letzten Jahren hat die Nachfrage nach Pulse-Latex eine fast stürmische Entwicklung genommen. Wir sind die einzigen Anbieter dieser Latex-Qualität.

Verheye: Kaum waren wir mit dem Pulse-Schaum am Markt, war schon die erste Produktionslinie komplett durch Aufträge ausgelastet. Dabei dachten wir ursprünglich, dass wir in auftragsärmeren Zeiten auf der Linie Entwicklungsarbeiten zur Ausweitung der Produktpalette fahren könnten. Deshalb haben wir in eine zweite Linie investiert, um auf ihr Tests machen zu können. Aber auch die zweite Linie ist nur wenige Wochen nach der Inbetriebnahme gut durch Aufträge unserer Kunden ausgelastet, die natürlich vorgehen. Wir entwickeln Pulse zwar weiter, aber leider nicht so schnell, wie wir es uns vorgestellt haben. Aktuell produzieren wir mit dem Pulse-Verfahren Endlostopper in 100 Prozent Naturlatex bis fünf Zentimeter Höhe und in zwei Härten, was mit keinem anderen Verfahren möglich ist.

Bolliou: Wir können sagen, das unser Pulse-Latex wirklich eine Erfolgsstory geworden ist. Die rasante Nachfrageentwicklung hat uns selbst überrascht. Ursprünglich hatten wir nur einen im Vergleich zum Dunlop-Verfahren optimierten Produktionsprozess angestrebt. Beim Test des Pulse-Latex kam jedoch erfreulicherweise heraus, dass die Qualität von Pulse eine ganz andere, bessere ist als beim Dunlop-Prozess.

Mit der neuen Linie in den USA nehmen wir demnächst etwas Druck von der Produktion in Tielt, sodass wir denken, die Testläufe wieder etwas forcieren zu können. Wir planen beispielsweise, in einem Produktionslauf eine erste Schicht in einem Raumgewicht und anschließend eine zweite Topperschicht in einem anderen Raumgewicht oben drauf schäumen zu können, sodass wir eine höhere Auflage mit einem doppelten Komfort bekommen. Auf diese Weise sparen wir uns die Verklebung beider Schichten und erreichen eine bessere Atmungsfähigkeit und Luftzirkulation in der Matratze.

Haustex: Kommen wir auf die von Ihnen erwähnte Entwicklung der Preise zu sprechen. Wie gravierend war sie?

Bolliou: Es war sehr heftig. Die Preise begannen für uns schon Ende 2016 stark zu steigen. Zuerst hofften wir noch auf einen kurzfristigen Ausreißer nach oben, aber die Entwicklung setzte sich 2017 fort. Ausserdem wurde alles teurer: nicht nur die Rohstoffe für die Schäume und das Latex, sondern auch die Verpackungskosten, die Frachtkosten, sogar das Papier für den Schäumvorgang.

Verheye: Für unsere Kunden war 2017 insgesamt kein leichtes Jahr, denn neben der Preisentwicklung hatten sie auch noch mit einer zögerlichen Nachfrage auf Seiten der Endverbraucher zu tun. Und zum Schluss kamen dann noch die Probleme mit BASF hinzu, die uns allerdings in die Karten gespielt haben, da wir ausschließlich mit MDI-Schäumen arbeiten, die von den Problemen nicht betroffen waren. Darum kamen einige Kunden auf uns zu und fragten, ob wir sie mit unproblematischen Schäumen beliefern könnten. Ganz zu schweigen von unserem Naturlatex, das davon natürlich gar nicht behelligt war. Diese Entwicklung gab uns einen kleinen zusätzlichen Schub. Bei den Endverbrauchern ist das Problem ohnehin so gut wie gar nicht angekommen.

Haustex: Erzählen Sie noch, wie das Jahr 2018 bislang gelaufen ist.

Verheye: Januar und Februar fingen super an, der März wurde ruhiger und der April ist noch ruhiger verlaufen. Wir haben aber noch immer Hoffnung auf ein gutes Jahr, weil sich alles im Matratzenmarkt immer schneller bewegt. Das gilt für den deutschen Markt, aber auch europaweit gesehen.

Bolliou: 2018 dürfte genauso herausfordernd werden, wie es 2017 war. Aber wir haben mit unseren Investitionen und der Einführung unserer Taschenfederkerne die Weichen gestellt, dass Latexco wieder ein erfolgreiches Jahr werden könnte.

Haustex: Taschenfederkerne sind für Latexco als Schäumer eine komplett andere Welt. Wie kam es dazu, dass Sie nun auch diese Technologie anbieten?

Bolliou: Vor einigen Jahren haben wir die Firmenstrategie von Latexco auf den Prüfstand gestellt und festgestellt, dass wir als Marktführer bei Latex mit einem Marktanteil von 60 bis 70 Prozent keine großen Umsatzsprünge mehr erwarten dürfen. Da wir aber einen ehrgeizigen Plan bei der Umsatzentwicklung haben, mussten wir sehen, wie wir diese Ziele erreichen könnten.

Auf der anderen Seite haben wir registriert, dass durch neue Produktionsverfahren und qualitativere Rohstoffe das Niveau bei PU-Schäumen und Taschenfederkernen in den letzten Jahren deutlich nach oben gegangen ist. Das kommt unserem Qualitätsanspruch entgegen, denn bestimmte Qualitätsgrade möchten wir bei Latexco nicht unterschreiten. Außerdem beobachteten wir, dass immer mehr Matratzen eine Kombination aus verschiedenen Kernmaterialien bilden, sogenannte Hybridmatratzen.

Es war für uns darum nur logisch, Latexco zu einem One-stop-Shop für unsere Kunden zu entwickeln. Deshalb haben wir 2016 damit begonnen, neben Latex auch PU-Schäume zu produzieren. Und im vergangenen Jahr ergab sich die Chance, auch Federkerne in unser Programm aufzunehmen. Unsere Kunden müssen nun für die drei Technologien nicht mehr bei verschiedenen Unternehmen einkaufen. Wir können die jeweils beste Kombination aus den drei Technologien bieten, die unsere Kunden wünschen.

Verheye: Wenn ein Matratzenproduzent seine Vorprodukte bei drei verschiedenen Einkaufsquellen bezieht, zahlt er dreimal Frachtkosten, benötigt einen dreifachen Lagerplatz und verliert unter Umständen wertvolle Zeit, wenn die Komponenten miteinander verbunden werden müssen. Deshalb haben wir immer auch mal Anfragen erhalten, ob wir die Kerne auch gleich verkleben könnten.

Haustex: Sie liefern also nicht nur Schaumblöcke und Taschenfederkerne?

Bolliou: Wir wollen nicht nur ein One-stop-shop für Produkte sondern auch für den Service sein. Wir sind weit mehr als nur ein Schäumer und bieten einen Service à la carte. Man kann bei uns die drei Matratzenkomponenten einzeln kaufen. Aber wir haben auch Klebelinien, auf denen wir unterschiedliche Kernmaterialien miteinander verbinden. Ganz, wie es der Kunde möchte.

Verheye: Ab sofort sind wir also in der Lage, sämtliche Wünsche unserer Kunden zu erfüllen. Letztlich wird immer der Kunde entscheiden, ob er die einzelnen Produktionsschritte kostengünstiger selbst erledigen kann, oder ob er sie uns überträgt. Wir sind so modern aufgestellt, dass wir sehr wettbewerbsfähige Preise anbieten können. Wir drängen niemanden zu etwas, jeder kann bei uns frei alles mit allem kombinieren.

Besonders, wenn ein Unternehmen eine neue Matratze entwickeln möchte, sind wir der richtige Partner. Bislang musste sich ein Hersteller die Komponenten zusammenkaufen, um sie dann im eigenen Unternehmen solange zu kombinieren, bis der gewünschte Effekt erreicht wird. Jetzt kann er diesen Prozess bei uns nachvollziehen, mit unseren Komponenten, ohne sie vorher mühsam zusammenkaufen zu müssen. Anschließend können wir das Endprodukt, wenn gewünscht, in unserem Labor testen und wissenschaftlich den gewünschten Komfort begründen.

Haustex: Ihr Kooperationspartner im Bereich Taschenfederkerne ist das britische Unternehmen Wolf Components. Wie entstand diese Partnerschaft?

Bolliou: Der Gründer der Firma, Anthony Joyce, war ungefähr 15 Jahre Managing Director von Leggett&Platt Europe, nachdem sein Vater sein Unternehmen an L&P verkauft hatte. Anschließend arbeitete er einige Jahre für die Steinhoff-Gruppe. Somit verfügt er über ein profundes Wissen zur Herstellung von Federkernen.

Aber Anthony konnte seine unternehmerischen Wurzeln nicht verleugnen und gründete im letzten Jahr mit Wolf Components sein eigenes Unternehmen zur Herstellung von Federkernen. Er und unser Inhaber Luc Maes kennen sich seit mehr als 25 Jahren und sind mittlerweile befreundet. Auch ich kenne ihn schon mehr als zehn Jahre. Und da Luc schon immer den geheimen Wunsch hatte, eines Tages in seinem Unternehmen sämtliche Matratzentechnologien unter einem Dach zu vereinen, kamen die beiden ins Gespräch.

Da Anthony außerdem Ambitionen über den englischen Markt hinaus hegt, entstand schließlich ein Joint-Venture: Latexco hält Anteile an Wolf Components, zuständig für den britischen Markt. Wolf Components hält umgekehrt Anteile an Latexco Springs mit Standort hier in Tielt. Nur wenige 100 Meter von der Firmenzentrale entfernt, produzieren wir dort seit wenigen Wochen Federkerne für den europäischen Markt, mit Ausnahme Großbritannien. Die ersten Aufträge konnten wir bereits abwickeln.

Haustex: Allerdings reicht es für einen neuen Player nicht, mit einem Me-too-Produkt auf den Markt zu kommen. Was also ist der USP von Wolf Components?

Bolliou: Natürlich sind die Federkerne irgendwie auch ein Me-too-Produkt. Dahinter steht ja keine Raketentechnik. Aber der Markt wurde bislang von einigen Anbietern beherrscht. Deshalb finden es die Abnehmer ganz gut, wenn ein weiterer Marktteilnehmer als Alternative dazukommt.

Verheye: Hinzu kommt, dass Wolf beziehungsweise Latexco Springs deutlich flexibler reagieren kann. Wir nehmen für uns in Anspruch, sehr flexibel zu sein, zum Beispiel was Losgrößen und Lieferzeiten betrifft. Im Übrigen werden Wolf und Latexco Springs in nicht allzu ferner Zukunft auch mit Neuentwicklungen auf den Markt kommen. Um den Marktstart zu erleichtern, haben wir uns entschieden, erst einmal traditionellere Artikel zu produzieren. Aber Innovationen werden folgen, etwa im Bereich der Mini-Pocketsprings.

Bolliou: Ein weiterer Aspekt ist die Qualität, für die Latexco steht. So auch bei den Federkernen. Wir verfügen über die modernsten Maschinen, die es derzeit auf dem Markt gibt. Sie überprüfen während des Produktionsprozesses jede einzelne Stahlfeder dreidimensional in Höhe und Durchmesser. Sobald die vorgegebenen Parameter einschließlich einer engen Toleranz nicht eingehalten werden, reguliert sich die Maschine automatisch selbst. Die Federn, die nicht den Vorgaben entsprechen, werden als Ausschuss behandelt.

Dadurch erhalten wir Federkerne mit sehr konsistenten Qualitätseigenschaften. Der Handel kennt sicherlich das Problem, dass die Eigenschaften der Vorführmatratze im Laden nicht zwangsläufig identisch mit denen der Matratze sein müssen, die an den Kunden ausgeliefert wird. Dieses Problem können wir dank unserer modernen Produktion weitgehend ausschließen.

Haustex: Bietet Latexco selbst schon ein Sortiment mit kompletten Matratzen mit Federkern an?

Bolliou: Nein, die Produktion läuft erst seit wenigen Wochen. Deshalb bieten wir aktuell nur unterschiedliche Federkerne an. Zur kommenden Interzum im Mai nächsten Jahres werden wir jedoch runde, innovative Konzepte zum Thema Federkernmatratze anbieten können, in Verbindung mit Latex oder PU-Schäumen. Unser Fokus liegt, wie bei unseren anderen Matratzenkomponenten auch, auf Qualität und Flexibilität.

Haustex: Ein Teil der Naturlatexkerne von Latexco ist FSC-zertifiziert, entspricht also den Anforderungen des Forest Stewartship Councils. Das Zertifikat verbindet man in erster Linie mit Unternehmen der Holzverarbeitung. Wie passt das Siegel zu Latexco?

Bolliou: Der Link zur Holzindustrie ist, dass die Plantagen, die uns Naturlatex liefern, auf dieselbe FSC-zertifizierte Weise gemanagt werden. Latexco arbeitet seit 2014 daran, diese Latexplantagen von einem nachhaltigem Geschäftsmodell zu überzeugen. Es ist uns wichtig, die nachhaltige Produktion von Latex-Produkten zu unterstützen, indem wir den Produzenten von Naturlatex in Zentralamerika, Südostasien und Zentralafrika dabei helfen, den Ertrag und die Qualität zu verbessern, und gleichzeitig ökologisch, sozial und wirtschaftlich verantwortlich arbeiten.

Seit Februar dieses Jahres ist Latexco FSC-zertifiziert. Dieses Zertifikat garantiert, dass unsere FSC-Kerne ausschließlich aus Latex bestehen, das in nachhaltig gehaltenen Wäldern gewonnen wurde. Über diese Nachhaltigkeit legen wir vollkommen transparent Rechenschaft ab, indem FSC die gesamte Beschaffungs- und Produktionskette prüft und zertifiziert. Darüber hinaus wird Latexco auch unangemeldete Überprüfungen im Laufe eines Jahres bekommen.

Haustex: Was verstehen Sie, was versteht FSC unter Nachhaltigkeit?

Verheye: Es geht um drei Aspekte. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten legt FSC Wert auf eine langfristige, gesunde Wirtschaftsbeziehung in der Wertschöpfungskette, mit einem besonderen Schwerpunkt auf der lokalen Wirtschaft. Der ökologische Gesichtspunkt fördert den Erhalt und den Ausbau des Ökosystems im Regenwald. Und der Respekt vor den Rechten der Menschen und Arbeitnehmer vor Ort deckt den sozialen Aspekt ab.

FSC ist sehr bekannt und arbeitet mit anderen NGOs wie beispielsweise WWF zusammen. Und vor allem ist FSC in seiner Arbeit zuverlässig. Dadurch hat es in der Industrie eine gute Reputation und Anerkennung.

Haustex: Wie setzen Sie das FSC-Siegel in der Praxis um?

Bolliou: Wir unterscheiden bei unseren Naturlatex-Matratzen zwischen jenen, die aus FSC-Material und solchen, die aus üblichem Naturlatex bestehen. Die FSC-Produkte bekommen auf die Längsseite das FSC-Logo geprägt.

Haustex: Aber sagt das Wort Natur nicht alleine schon, dass man es mit einem nachhaltigen Produkt zu tun hat?

Verheye: Das Bewusstsein der Verbraucher gegenüber verantwortlich und nachhaltig hergestellten Produkten wächst. Und sie wollen es gerne auch praktisch mit Brief und Siegel belegt haben, dass sie verantwortlich konsumieren. Dafür ist das FSC-Siegel bestens geeignet. Wir lehnen zum Beispiel Kinderarbeit auf den Plantagen ab, oder den Einsatz von schädlichen Düngemitteln und Insektiziden. Alles das gibt es auf FSC-zertifizierten Plantagen nicht.

Haustex: Latexco produziert jedoch beide Sorten von Naturlatex?

Verheye: Ja, weil es zurzeit noch nicht genügend FSC-zertifiziertes Naturkautschuk gibt, da sich zahlreiche, häufig kleinere Plantagen noch nicht haben zertifizieren lassen. Unser Glück ist, dass die Reifenindustrie als Hauptabnehmer von Kautschuk zunehmend Wert auf FSC-Material legen. Quasi in deren Windschatten beziehen wir auch FSC-Latex.

Wegen der Knappheit konzentrieren wir uns zuerst auf unsere Kerne aus 100 Prozent Naturlatex. Und als Erste erhalten Kunden diese Matratzen, die Mitglied im Qualitätsverband umweltverträgliche Latexmatratzen sind. Wenn mehr FSC-Naturlatex auf den Markt kommt und die Versorgung noch verlässlicher klappt, werden wir unseren anderen Kunden nach und nach ermöglichen, auch ihrerseits FSC-Matratzen zu produzieren.

Haustex: Wie können Sie im Produktionsprozess zwischen FSC-Naturlatex und anderem Naturlatex unterscheiden?

Bolliou: Es war ein langer Prozess, die Farmer der Kautschuk-Plantagen davon zu überzeugen, sich nach FSC-Standard zertifizieren zu lassen. Seit Anfang dieses Jahres haben wir ausreichende Mengen zu Verfügung, um unseren Kunden Matratzenkerne aus 100 Prozent zertifiziertem Latex anbieten zu können. Selbstverständlich ist auch unser Produktionsprozess FSC-zertifiziert.

Um sicher zu gehen, dass in den Kernen wirklich nur die zugesagte Qualität verwendet wird, haben wir für eine halbe Million Euro ein zweites Produktionssystem installiert, das nur für FSC-Latex genutzt wird. Es beginnt bei einem zweiten Tank, in dem wir das FSC-Latex lagern. Um klar zwischen den Qualitäten unterscheiden zu können, produzieren wir nur Chargen mit FSC-Naturlatex oder mit anderem Naturlatex. Damit beim Wechsel von Natur- auf FSC-Latex auch tatsächlich reine FSC-Kerne entstehen, produzieren wir nach der Umstellung noch eine gewisse Anzahl von den so genannten normalen Matratzenkernen, bis wir wirklich sicher sind, dass sich nur noch FSC-Material in den Rohren befindet.

Haustex: Kann man nach dem Produktionsprozess erkennen, aus welchem Material der Kern besteht, beziehungsweise, ob der Kern aus FSC-Naturlatex besteht?

Verheye: Nein, das kann man nicht. Deswegen ist auch die Zertifizierung unserer Produktionsanlage besonders streng erfolgt. Im Übrigen muss sich auch der Verkäufer von FSC-Matratzen auditieren lassen. Die komplette Kette von der Kautschuk-Farm bis zum Matratzenproduzenten wird gemäß den Vorschriften des FSC von unabhängigen Experten auditiert. Übrigens werden wir einmal im Jahr, ergänzend zum offiziellen Audit, auch ohne vorherige Anmeldung von FSC-Experten besucht, sodass eine durchgehende Produktion gemäß FSC wirklich gewährleistet ist.

Haustex: Kommen wir zu den zusätzlichen Kosten, die FSC-Naturlatex erzeugt.

Bolliou: Wir haben die Nachhaltigkeit in den Genen des Unternehmens, wir setzen beispielsweise auf Solar-Energie, recyceln das Brauchwasser und unsere Produktionsreste werden bei Latexco Solutions wiederverarbeitet. Darum haben wir auch ein ganz besonderes Interesse daran, dass FSC-Naturlatex ein Erfolg wird und verzichten darauf, es zu einem besonders hohen Preis zu verkaufen. Im Endprodukt wird es deshalb keinen großen bis gar keinen Unterschied im Preis geben.

Das FSC-Material kostet zwischen fünf und zehn Prozent mehr als herkömmliches Naturlatex. Wenn man diesen Mehrpreis herunterbricht, sind es etwa fünf Prozent beim fertigen Latexkern und nur noch ein minimaler Prozentsatz bei der fertigen Matratze. Darum bin ich überzeugt, dass es in etwa zehn Jahren kein normales Naturlatex mehr geben wird, sondern nur noch FSC-Latex. Hinzu kommt, dass der Trend zum nachhaltigen Konsum aus meiner Sicht unumkehrbar ist. Der Verbraucher ist immer stärker sensibilisiert dafür, was er der Umwelt, der Erde mit seinem Konsum antut. Und bei FSC-Latexmatratzen hat der Verbraucher nicht nur die Gewissheit, dass er ein nachhaltiges, ressourcenschonendes Produkt besitzt, sondern auch, dass die Bedingungen der Verarbeitung sozial verträglich sind.

Haustex: Welches Volumen können Sie derzeit mit FSC-Matratzen abdecken?

Verheye: Momentan ist es etwa ein Drittel unserer Naturlatex-Matratzen, aber mit steigender Tendenz.
aus Haustex 06/18 (Wirtschaft)