Mega eG
"Der Ansatz der Mega ist eine breite Sortimentierung"
Mit ihrer großen Produktvielfalt will die handwerkseigene Mega einerseits den Wünschen ihrer Kunden nachkommen und andererseits den Lieferanten Absatzwege erhalten. Ihr Ziel ist es, über Beteiligungen die Zukunft des Großhandels zu sichern.
BTH Heimtex: Aus dem Einkaufsverein der Maler zu Altona und Umgegend wurde vor 100 Jahren die Maler-Einkaufsgenossenschaft. Seither hat sich die Mega zu einem nahezu flächendeckenden Filialunternehmen entwickelt, das mit seinen Tochtergesellschaften und Beteiligungen an 129 deutschen Standorten vertreten ist. Erst kürzlich ist sie als Minderheitsgesellschafterin beim Großhändler Sonnen Herzog eingestiegen. Worin liegt der Vorteil einer solchen Beteiligung?
Volker König: Wir beteiligen uns an Unternehmen, die wie Sonnen Herzog in den jeweiligen lokalen Märkten eine große Rolle spielen und wirtschaftlich erfolgreich sind. Ziel ist es, gemeinsam mit einem starken familiengeführten Unternehmen die Zukunft des Großhandels zu sichern, Absatzwege für unsere Lieferanten offen zu halten und ein breites Sortiment für unsere Malerkunden und Eigentümer vorzuhalten.
Wir bieten unseren Kooperationspartnern Synergieeffekte, Einkauf, Marketing, Materialstammdaten und Know-how. Ansonsten betreiben die Familienunternehmen ihr Geschäft eigenverantwortlich vor Ort weiter. Bei Sonnen ist es Margarete Sonnen, die die Leitung des Unternehmens von ihrem Vater Norbert übernommen hat. Sonnen ist wirtschaftlich einer der gesündesten Großhändler, die wir noch haben. Von daher sind wir davon überzeugt, dass wir mit der Beteiligung auf dem richtigen Weg sind.
BTH Heimtex: Ist die Entscheidung von Sonnen Herzog, die Mega zu beteiligen, vor allem der zunehmenden Konzentration in der Branche geschuldet?
König: Absolut. Die Konzentration schreitet weiter voran. Der Rückgang an Zentralen mit gleichzeitigem Anstieg der Zahl an Niederlassungen sorgt für starken Marktdruck. Da machen sich die Großhändler Gedanken darüber, wie sie ihr Unternehmen erfolgreich in die Zukunft führen können. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten. Entweder sie arbeiten mit der Mega zusammen, schließen sich der CMS an, kämpfen alleine weiter oder verkaufen.
BTH Heimtex: Worin liegt der Unterschied zwischen der Mega und der CMS von DAW?
König: Anders als die CMS verdichten wir nicht auf eine Marke, sondern sehen dezidiert Vielfalt als unsere Aufgabe. Unser Ansatz ist, eine breite Sortimentierung und damit viele Absatzmöglichkeiten zu erhalten. Wenn wir diese nicht fördern, finden viele kleinere und mittlere Hersteller keinen Marktzugang mehr. Daher reicht es nicht, nur eine Mega zu haben. Denn wir sind nicht überall und auch nicht überall marktführend. Je mehr Mitstreiter wir finden, die unsere Politik teilen, umso besser ist es.
BTH Heimtex: Ein breites Sortiment vorzuhalten kostet viel Geld. Wäre es unter diesem Aspekt nicht sinnvoll, an allen Standorten eine Auswahl an Produkten der Marke Mega anzubieten?
König: Wir haben 825 Lieferanten. Es gibt keinen Händler im deutschen Markt, der mehr Produkte im Sortiment hat. Ganz gleich, ob Bodenleger oder Maler - beide könnten theoretisch ihren kompletten Bedarf bei uns abdecken. Eine Verdichtung auf deutlich weniger Sortimente wäre zwar rentabler. Aber wir sind als Unternehmen, das 5.600 Handwerksbetrieben gehört, nicht auf Rendite getrimmt. Unsere Handwerker haben ein Interesse daran, dass wir ihnen das gewohnte und tradierte Produkt zur Verfügung stellen und trotzdem wirtschaftlich gut dastehen. Diesen Spagat bekommen wir hin. In einem Umfeld, in dem viele Großhändler Rückgänge verzeichnen, blieb unser Umsatz 2017 auf Vorjahresniveau. Und eine Eigenkapitalquote von mehr als 50 % macht deutlich, dass wir gut aufgestellt sind.
BTH Heimtex: Kommen wir noch einmal auf die unterschiedliche Ausrichtung von CMS und Mega zurück. Was bieten Sie ihren Kooperationspartnern außer der Bereitstellung eines extrem breiten Sortiments?
König: Wir überlassen unseren Kooperationspartnern die Wahl ihrer Software, während bei der CMS alles zentral über SAP läuft. Die Mega selbst nutzt zwar auch SAP, weil es für ein Unternehmen unserer Größe viele Vorteile hat. Aber das IT-System ist auch sehr pflegeaufwändig und damit für den Anwender vor Ort teils zu komplex. Deshalb können sie ihre Anlagen behalten, so lange sie wollen.
Doch spätestens wenn das Thema Onlineshop akut wird, versagt die Vielzahl an Systemen. Denn dann ist eine einheitliche Datenplattform nötig. Und Onlineshops werden kommen. Es ist nur eine Frage der Zeit. Dabei geht es nicht nur um den Kauf von Waren. Unsere Shop-Seite hat zwar einen sehr hohen Traffic. Aber sie dient im wesentlichen als Informationsplattform, auf der die Kunden Preise vergleichen, Produkte suchen und sich Bestellungen ansehen. Dieser Service wird in Fleisch und Blut übergehen.
BTH Heimtex: Was ist das besondere am Onlineshop der Mega?
König: Von der Funktionalität her ist er momentan der modernste, den es in der Branche gibt. Dahinter steht die SAP Hybris E-Commerce-Lösung, das zur Zeit im Handel führende System. Was wir darüber an Auskunft bieten, hat kein anderer Shop. Dabei ist das System leicht zu handhaben. Für jeden Kauf, den der Kunde bei uns tätigt, archivieren wir die technischen Merkblätter und Sicherheitsdatenblätter in einem für ihn zugänglichen Bereich. Wir zeigen zudem unsere Bestände in Echtzeit, Datanorm-Dateien sind jederzeit abrufbar, Rechnungen und Bestellungen ebenfalls. Darüber hinaus stellen wir die Produkte mit ihren zahlreichen Merkmalen in großer Breite vor - vom Boden über die Wand bis hin zur Farbe. Und das alles mit einer Mehrmarkenpolitik.
BTH Heimtex: Stichwort Markenpolitik: Wenn Sie die Hersteller- und Produktvielfalt möglichst erhalten wollen, gilt das auch für die Eigenmarken der Kooperationspartner?
König: Die Marke Sonnit von Sonnen Herzog soll selbstverständlich erhalten bleiben. Wir legen aber Wert darauf, dass es sich um eine echte Marke handelt, der nicht das Attribut billig anhaftet. Sie muss einen Zusatz versprechen, einen Mehrwert. Wie zum Beispiel unsere Marke Mega Grün. Wir sind die ersten, die unter diesem Label eine allergenfreie Farbe im Gesamtsortiment vom Kleber über die Grundierung bis hin zur Endbeschichtung anbieten. Diese Marke bietet einen Zusatznutzen, sie löst eine Präferenz beim Kunden aus. Das macht auch Sonnit.
Über die Eigenmarken haben wir die Möglichkeit, lokale Produkte anzubieten. Diese stehen für den Familiencharakter, der ja die Stärke des Unternehmens Sonnen Herzog ausmacht.
BTH Heimtex: Ihre Bodenbelags-Marke Megatex lassen Sie auslaufen und offerieren alle Produkte unter Mega
Ines Buchholz: "Tex" hat nie den Kern beschrieben. Unter Megatex haben wir sowohl Bauchemie vertrieben als auch CV-Beläge und damit eben nicht nur textile Bodenbeläge, wie der Markenname aber suggeriert. Das ist in sich nicht stimmig.
Aus Marketinggründen haben wir uns nun für eine Marke ausgesprochen, nämlich Mega. Die steht für alle unsere Produkte. Wir wollen uns in der Außendarstellung auf eine Marke fokussieren und auch nach innen zeigen, dass wir eine Mannschaft sind.
BTH Heimtex: Immer mehr Großhandelsunternehmen werden verkauft. Planen Sie für die nahe Zukunft Übernahmen, um ihre Präsenz in Deutschland noch weiter zu erhöhen?
König: Die Zeit, aus einer schwachen Position heraus zu verkaufen, ist fast zu Ende. Die Großen sind nahezu flächendeckend präsent. Und der Markt wird immer härter. Jeder muss auf seine Kosten achten. Jede neue Präsenz verdient schließlich nicht sofort Geld.
BTH Heimtex: Aber mit einer neuen Filiale oder einem neuen Standort übernehmen Sie doch auch den Umsatz?
König: Umsatz heißt in dem Fall Markanteile kaufen. Wir haben mittlerweile zu viele Standorte für das vorhandene Marktvolumen. Dafür sind die Strukturkosten zu hoch. In dieser Situation dienen Übernahmen nur dem Zweck, den Wettbewerber zu schwächen. Das hat die Branche viele Jahre praktiziert. Die Zahl der Zentralen ging zurück, die der Niederlassungen hoch. Das ist logistisch völliger Wahnsinn.
BTH Heimtex: Der Boden wird für die Mega immer wichtiger. Auf dieses Produktsegment entfällt wie auf Farbe 30 % des Umsatzes. Käme deshalb auch ein Bodenbelags-Großhändler als Beteiligung in Frage?
König: Selbstverständlich. Logistik spielt eine große Rolle. Da überlegen wir uns schon, welche Unternehmen uns weiter bringen. Denn jedes Zentrallager hat nur einen begrenzten Radius. Deshalb reden wir auch mit Bodenbelags-Grossisten.
BTH Heimtex: Im Gegensatz zum Boden ist der Umsatz mit Tapete rückläufig. Welche Rolle spielt sie bei der Mega?
König: Wandbeläge insgesamt sind uns sehr wichtig. Doch die reine Tapete macht bei uns nur noch 2 bis 3 % Umsatzanteil aus. Die Wandbeläge komplett - einschließlich Vlies und Rauhfaser - liegen bei 8 bis 9 %. Heute werden die Wände mit Vlies versehen, weil die glatte weiße Wand gefragt ist. Aber ich bin der Meinung, dass die Tapeten schon lange nicht mehr so schön waren wie heute.
BTH Heimtex: Kann die Mega etwas für die Tapete tun? Schließlich haben Sie direkten Zugriff auf die Maler.
König: Wir sehen es als unsere Aufgabe an, dieses Sortiment zu erhalten, weil die Verarbeitung der Tapete zum Tätigkeitsfeld des Malers gehört. Deshalb haben wir im vergangenen Jahr die Heimtex-Tage gestartet. Dort wurde in sehr gehobenem Rahmen die Tapete quasi in einer Art Vernissage präsentiert. Das stieß auch bei Malern auf großes Interesse.
Aber die haben volle Auftragsbücher. Das heißt, ihre Kunden kommen schon mit konkreten Wünschen. Da müssen die Maler die Tapete nicht vermarkten. Unsere Sorge ist, dass man in dieser Situation die hochwertige Tapete vergisst und das Tapezieren verlernt. Das wäre für das Handwerk nicht förderlich. Auch deshalb tun wir etwas für das Produkt Tapete.
Buchholz: Das machen wir auch über die Kollektionierung. Wir bieten nicht nur Querschnittskarten, sondern unter dem Label Mega verschiedene Themenkarten.
BTH Heimtex: Die Maler haben volle Bücher, aber der Großhandel klagt. Wie erklären Sie sich diese Diskrepanz?
König: Die Gründe liegen im Produktmix. Beispiel Tapete: Die Nachfrage nach diesem hochwertigen Produkt sinkt, während die nach Vlies steigt. Da wird ein Produkt durch ein anderes substituiert, das nicht unbedingt zur Wertschöpfung im Großhandel beiträgt, dem Handwerker aber die gleiche Lohnauslastung gewährt.
Wertmäßig wird im Neubau weniger verbaut als im Sanierungs- oder Renovierungsprojekt. Hinzu kommt, dass die Kapazitäten im Handwerk begrenzt sind. Wenn diese in den Neubau fließen, ergibt sich für den Zulieferer eine geringere Wertschöpfung. Wir gehen aber davon aus, dass sich das infolge der üblichen Wellenbewegungen wieder verändern wird. Jetzt sind für das Handwerk im Vergleich zu anderen Berufen jedenfalls gute Zeiten. Auf diese Chancen sollte es immer verweisen.
BTH Heimtex: Baut sich durch die Hinwendung der Maler zum Neubau nicht ein Renovierungsstau auf?
König: Ja, die Auftragsvorlaufzeiten werden länger, weil die Kapazitäten der ausführenden Handwerker begrenzt sind. Aber jeder Neubauboom zieht irgendwann Umzüge und damit auch Renovierungen nach sich. Das gehört zu der angesprochenen Wellenbewegung.
BTH Heimtex: Kann der Großhandel den Handwerker bei der Vermarktung hochwertiger Produkte nicht durch die Einrichtung von Showrooms unterstützen, in denen die Kunden des Malers und Bodenlegers beraten werden?
König: Ich denke, das ist der richtige Weg - auch wenn die Ausstellungsflächen noch nicht häufig genutzt werden. Über den Showroom sollte aber nicht der Endverbraucher angesprochen werden. Er sollte tatsächlich eine Dienstleistung für den gewerblichen Kunden sein. Man könnte ja auch einmal darüber nachdenken, ob die richtige Produktpräsentation eine gemeinschaftliche Aufgabe sein sollte.
BTH Heimtex: Der Großhandel steht angesichts teils sinkender Umsätze vor Herausforderungen. Wäre Stoff eine sinnvolle Ergänzung des Portfolios?
König: Wir wollen uns in dem, was wir können, sehr divers aufstellen - Farbe und Boden. Darüber hinaus neue Themenfelder zu finden, die zu unserem Gencode passen, ist schwierig. Gleichwohl überlegen wir immer, um welche Bereiche des Ausbaus wir unser Sortiment erweitern können. Wir hatten früher keine Wärmedämmung, keinen Boden, Putze unzureichend. Heute haben wir diese Produktgruppen.
Wichtig ist, dass sie zum Unternehmen passen. Wir haben ein wenig Sonnenschutz. Das wäre ein leichtes Zusatzgeschäft für den Maler. Doch das Handwerk hat momentan eine gute Auslastung und kümmert sich folglich weniger um diese Randbereiche.
BTH Heimtex: Sie haben die Kompetenzgruppe Parkett neu gebildet. Warum?
Buchholz: Dem Trend in Richtung Parkett folgend. Die Kompetenzgruppe wurde gebildet, um zu ermitteln, wie hoch der Bedarf ist, wo der Kunde einkauft und was angesagt ist. Auf dieser Basis entscheidet sie dann später unter anderem, ob unter dem eigenen Label eine Parkettkollektion auf den Markt kommen soll.
König: Wir haben Parkett ja schon in den Kollektionen. Bisher hat das Produktmanagement die Entscheidungen im Bereich Parkett getroffen. Neu ist jetzt die Rückkopplung mit dem Vertrieb, weil Parkett an Bedeutung gewonnen hat. Früher war es eine Nische. Parkett ist im Handwerkermarkt ein wachsendes Segment.
BTH Heimtex: Spüren Sie einen Fachkräftemangel?
König: Wir bilden massiv aus und haben immer noch 20 Bewerbungen pro Stelle. Aber die Qualität der Bewerber ist heute eine andere. Natürlich spüren aber auch wir den Rückgang an zur Verfügung stehenden Arbeitskräften. Deshalb müssen wir in der Personalentwicklung deutlich mehr tun.
Aber richtig problematisch wäre es für uns, wenn es keine Handwerker mehr gäbe. Da müssen die Handwerksorganisationen viel Imagearbeit leisten und sich auch mit dem Thema Zuwanderung beschäftigen. Man muss jungen Leuten vermitteln, dass sie als Handwerker zahlreiche Möglichkeiten haben.
Das Gespräch führten Cornelia Küsel, Michael Steinert und Jochen Lange | cornelia.kuesel@snfachpresse.de
aus
BTH Heimtex 07/18
(Wirtschaft)