Eurobaustoff seit acht Jahren im Aufwind
Gemeinsam den Herausforderungen des Strukturwandels begegnen
Der Umsatz der Eurobaustoff ist in den letzten Jahren stetig gestiegen; dennoch ruht sich die Kooperation nicht auf den Lorbeeren aus, sondern präsentierte auf der diesjährigen Gesellschafterversammlung im idyllischen Rottach-Egern am Tegernsee ihre Lösungen gegen die wachsende Konkurrenz durch Online-Anbieter und Direktgeschäfte der Industrie.
Wie ein auf Hochglanz poliertes Ferienidyll präsentierte sich Rottach-Egern als passende Bühne für die diesjährige Gesellschafterversammlung der Eurobaustoff. Bayerns Bauministerin Ilse Aigner war eigens in ihren oberbayerischen Wahlkreis gekommen, um die über 420 Teilnehmer persönlich zu begrüßen. Den vermutlich weitesten Weg hatte der für weitere vier Jahre wiedergewählte Aufsichtsratsvorsitzende Boy Meesenberg aus Flensburg. Sein positiver Bericht schürte Optimismus: "Seit 2010 gab es keine Krise mehr am Bau, es ging immer aufwärts." Im Zuge dieser Entwicklung hat sich der Umsatz der Eurobaustoff in acht Jahren von 3,7 Mrd. EUR auf rund 6,1 Mrd. EUR (+ 4,3 %) gesteigert. Und so soll es weitergehen. Für das laufende Jahr sieht die Kooperation ein erneutes Volumen von über 6 Mrd. EUR als realistisch an.
Nach dem ersten Halbjahr ist die Eurobaustoff voll auf Kurs: Per 30. Juni lag das zentral abgerechnete Einkaufsvolumen bei 3,12 Mrd. EUR, das entspricht einem Plus von 3,7 % gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Diese Entwicklung ist dynamischer als die Planung, was sich auch im Ergebnis niederschlägt, das um 5 % über Plan liegt.
Prominenter Neuzugang aus Tschechien
In Bezug auf die Listung neuer Lieferanten sowie der Aufnahme neuer Gesellschafter verzeichne die Eurobaustoff nur noch ein begrenztes Wachstum. Im vergangenen Jahr sank die Zahl der Mitglieder bei 13 Abgängen und drei Neuzugängen von 474 auf 464 Gesellschafter. Die Zahl der Standorte verringerte sich von 1.534 auf 1.529. Daher wird das benachbarte Ausland stärker ins Visier genommen. Zum Jahresanfang übernahm die Eurobaustoff alle Anteile an der österreichischen Baustoffeinkaufszentrale (BEZ). Seit dem 1. Mai 2018 ist der inhabergeführte Baufachhändler Pro-Doma aus Prag mit an Bord. Sortimentsschwerpunkte liegen dort bei allen Baustoffen einschließlich Holz, Fliesen und Sanitär. Als tschechische Nr. 2 erwirtschaftete das Unternehmen 2017 mit ca. 850 Mitarbeitern an 83 Standorten einen Umsatz von rund 230 Mio. EUR.
An Aktivität mangelt es der Eurobaustoff Kooperation mit ihren 369 Mitarbeitern nicht. Rund 5,2 Mio. Rechnungen wurden 2017 abgewickelt. Das Geschäft verteilt sich auf die Warenbereiche Hochbau (24 %), Trockenbau und Dämmstoffe (17,9 %), Dach und Fassade (17,3 %), Tiefbau und Galabau (14,4 %), Holz und Bauelemente (10,9 %), Einzelhandel (10,2 %) sowie Fliesen/Naturstein (4,9 %). Im laufenden Jahr 2018 sind Investitionen in Höhe von 4,9 Mio. EUR geplant. Der Schwerpunkt liegt dabei eindeutig auf dem Gebiet der Digitalisierung.
Die Konkurrenz schläft nicht
Mit Sorge betrachtet die Eurobaustoff wie auch andere Verbundgruppen, dass ihr klassisches dreistufiges Vermarktungskonzept zunehmend unterlaufen wird. In seiner Rede ging Dr. Eckard Kern, Vorsitzender der Geschäftsführung, auf die Herausforderungen ein, die der massive wirtschaftliche Strukturwandel dem Baufachhandel beschert. Das sind zum einen große Online-Versender wie Amazon & Co, die langsam zu den professionellen Handwerkern vordringen. Noch nur mit Kleingeräten, aber dabei muss es nicht bleiben... Kern: ""Das Thema Digitalisierung wird uns nicht mehr verlassen. Auch der Handwerker kennt Amazon und überträgt die Vorteile aus dem Privaten auf sein Handeln im Geschäftlichen."
Zum anderen umgeht mancher Hersteller den Handel und reißt mit seinem Direktvertrieb Lücken in den Abnehmerkreis des Baustoffhandels. Als negatives Paradebeispiel wurde hier in Rottach-Egern Dachfensterspezialist Velux genannt. Nach einer Umfrage planen an die 20 % der Eurobaustoff-Lieferanten einen eigenen Webshop. Tatsächlich dürften noch mehr mit diesem Vermarktungskanal liebäugeln...
Als weitere Aufgaben, denen sich der Baufachhandel stellen muss, nannte Kern die digitale Transformation, den Fachkräftemangel und das digitale Planungsinstrument BIM (Building Information Modeling) mit dem ein Investor, Planer oder Architekt sein Bauprojekt in allen Phasen, Kosten und Materialien durchrechnen und dreidimensional darstellen kann. Ein Hersteller, der seine Produkte in einer BIM-Datenbank hinterlegt, kann ohne Umwege davon profitieren. Der Baustoffhandel bleibt außen vor. Ebenso beim Thema modulares Bauen: Knauf gilt hier nach der jüngsten Übernahme von Opitz Holzbau aus Neuruppin als ein Vorreiter. Häuser werden günstig und schnell aus vorgefertigten Serienbauteilen errichtet, die die Industrie direkt an das Bauunternehmen liefert. Eine Wertschöpfung findet auch hier ohne den Handel statt.
Vielfältige Lösungsansätze
Aber Kern benannte nicht nur die Gefahrenquellen, sondern bot auch erste Lösungsansätze an, die entweder bereits auf der Fläche zum Tragen kommen oder noch in Arbeit sind. Unter anderem will die Eurobaustoff mit der Betonung eigener Stärken, zeitgemäßen Technologien und Dienstleistungen diesen Entwicklungen entgegenwirken und in verschiedenen Bereichen ansetzen. Sortiments-Knowhow, Kundenwissen und Kundenbindung sowie Artikel- und Logistikdaten sind die Basis.
1,8 Mio. Artikel und 2 Mio. Bilddaten sind schon digital vorhanden. Manches lässt sich weiter aufrüsten oder ist bereits in Gang gesetzt. Konkrete Stichworte sind Ausstellung Digital, B2X-Master-Klon, Marketing-Cockpit und die neu geschaffene Projektgruppe Logistik. Das B2X-Haus könnte BIM Konkurrenz machen, indem die Eurobaustoff hier ein Bauprojekt von der Vorbereitung bis zum Betrieb mit ihren Artikeln füllt und den Profikunden an das Handelsunternehmen bindet.
EDI-Anbindung hält Kern für unerlässlich. Der elektronische Datenaustausch bei Bestellungen, Rechnungen, Berichten etc. verkürzt Transaktionszeiten, spart Papier und damit Geld. Interne Digitalisierung, Multi-Channel-Marketing sind weitere Maßnahmen, denen sich der Baustoffhandel nicht verschließen kann.
Potenziale auch
außerhalb der digitalen Welt
Darüber hinaus sieht die Eurobaustoff auch Potenziale außerhalb der digitalen Welt: Eigenmarken forcieren, das I & M Bauzentrum-Konzept (Ideen & Machen) stärken und die Logistik verbessern. Gerade der Transport könnte in Zukunft ein entscheidender Faktor für den Handel werden. Lkw-Staus auf den Autobahnen sprechen für standortnahe Zulieferung mit eigenem Fuhrpark. Dazu soll die neue Projektgruppe in Kooperation mit den sechs Zentrallagern Lösungen erarbeiten.
Zusammenfassend sagte Kern: "Die Herausforderungen werden individuelle Auswirkungen auf unsere Gesellschafterhäuser haben und wir werden Lösungen für alle erarbeiten." Das sei Auftrag der Kooperation. Dennoch kann sie den massiven Strukturwandel nicht allein stemmen : "Wichtig ist, dass auch die Gesellschafter ihren Teil beitragen und mitmachen."
Service für den Kunden, harte
Haltung gegenüber Industrie
"Veränderung hat schon immer unserer Branche geprägt, nur die Geschwindigkeit hat sich gewandelt", sagte Hartmut Möller, Geschäftsführer Gesellschafter-Akquise und -Betreuung, Marketing, Kommunikation sowie Aus- und Weiterbildung. "Das Handwerk kann die Vielfalt der Vorgaben und Vorschriften nicht mehr allein bewältigen." Hier sieht Möller eine zentrale Aufgabe des Baustoffhandels. "Service macht heute den Unterschied." Darunter fasste er moderne Baustoffe, umfangreiches Lager, fachkundige Beratung, die Ausbildung eigener Fachkräfte, eine verkaufsunterstützende Ausstellung, Finanzierungsmodelle für den Kunden und effiziente, digitale Abwicklung.
"Verteilen Sie Ihr Umsatzvolumen nicht auf viele kleine, sondern wenige gelistete Lieferanten", riet Möller seinen Zuhörern. "Nur durch ein Miteinander können wir den Ambitionen der Industrie widerstehen." Außerdem empfahl er den Händlern, die mobilen Generalisten stärker in den Fokus zu nehmen. Diese handwerklichen Einzelkämpfer ohne Lager und Büro machten bereits über 20 % aller Handwerksbetriebe aus und bräuchten vor Ort einen festen persönlichen Ansprechpartner.
Die nächste Gesellschafterversammlung der Eurobaustoff findet 2019 in Köln statt.
aus
Parkett Magazin 05/18
(Wirtschaft)