Scheucher Holzindustrie investiert in die Zukunft

Industriefertigung mit der Flexibilität einer Manufaktur


Mit dem steirischen Wirtschaftspreis Primus werden regionale Top-Unternehmen ausgezeichnet, die zukunftsweisend handeln. 2018 nominiert in der Kategorie "Mut" ist Scheucher aufgrund der "ungebrochenen, mutigen Treue zum Standort Mettersdorf". Die beweist der Parketthersteller gerade sehr deutlich mit Investitionen von 13,5 Mio. EUR in den Ausbau des Betriebes.

Eine leistungsfähige Industriefertigung mit der Flexibilität einer Manufaktur - so versteht sich die Scheucher Holz-industrie in Mettersdorf. Dort, im strukturschwachen, klimatisch begünstigten, sanft gewellten Dreiländereck in der südöstlichen Steiermark, agiert das ambitionierte Familienunternehmen. Mit stetigen Investitionen hat es sich seit dem Einstieg in die Parkettproduktion 1996 zu einem der führenden Parketthersteller Österreichs entwickelt. Scheucher, in vierter Generation geführt von Karl Scheucher sowie seiner Frau Isabella Scheucher und Karl Scheucher jun., stellt sowohl Dreischicht-Parkett (Anteil 70 %) als auch Zweischicht-Parkett (25 %) her. Dazu kommen ergänzende Produkte wie Sportböden und Treppenstufen. 2017 hat das Unternehmen rund 2 Mio. m2 verkauft und damit einen Umsatz von 56 Mio. EUR erwirtschaftet.

Alle Schritte der Wertschöpfungskette werden am Standort umgesetzt. Verarbeitet wird FSC- oder PEFC-zertifiziertes Holz aus regionalem Bezug. Denn: Im Heimmarkt Österreich wird "in den letzten Jahren sehr bewusst gekauft und auf die Herkunft geachtet", sagt Marketingleiter Johann Graupp beim Rundgang durch das Werk. Eiche ist derzeit auch in Mettersdorf mit 90 % Anteil das Maß der Dinge. Die Rohware wird im Freilager schattig gestapelt und erhält vom nahen Wald und einem vorbeifließenden Bach genug Feuchtigkeit, um langsam, ohne Rissbildung zu trocknen. In den 20 Trocknungskammern mit einem Fassungsvermögen von 1.800 m3 wird das lufttrockene Holz weiter auf Parkettniveau getrocknet, bevor es zur Weiterverarbeitung geht. Die Deckschichten für die Landhausdielen (Anteil rund 60 %) kauft Scheucher zu, die für Schiffsboden (Anteil knapp 40 %) werden im eigenen Haus verleimt.

Eigenes Forschungs- und Entwicklungslabor

Besonders stolz sind die Österreicher auf ihr hausinternes Forschungs- und Entwicklungslabor. Schon manche innovative Idee für Neuheiten, Modifikationen oder Optimierungen bei Produkten wie auch in technologischer Hinsicht ist hier entstanden. Eins der letzten Projekte ist der Scheucher-Scan, ein Verfahren, mit dem sich die Wareneingangskontrolle von Räuchereiche drastisch vereinfachen und verkürzen lässt - und die zugleich keine Zerstörung von mehreren Hundert Quadratmeter Parkett bedingt.

Derzeit arbeiten die Österreicher dreischichtig an zwei Produktionslinien. Um Spitzen besser abzufangen, werden im Pufferlager fertig verleimte Halbfabrikate vorgehalten. Veredlungsschritte, die andere Parketthersteller ganz oder teilweise outsourcen, macht Scheucher inhouse und kann dadurch seinen Kunden Flexibilität versprechen: Bürsten, schroppen, ölen, beizen, laugen, bandsägen, hobeln. "Wir machen sehr viel mit Farben", sagt Graupp und verweist in diesem Zusammenhang auf die Trendkollektion "Elevation", die sehr gut eingeschlagen ist und alle zwei Jahre aktualisiert wird. 2018 hat sie wieder Zuwachs erhalten.

Was die Oberflächen betrifft, sind 60 % geölt und 40 % lackiert. "Bei Landhausdielen beträgt der Ölanteil an die 80 %." Für die Öloberfläche wird ein oxidativ trocknendes Öl "ohne Chemie" mit einer hauchdünnen Wachsschicht als Finish eingesetzt. Die Lackversiegelung führt zu zwei Oberflächenvarianten: seidenmatt glänzend (Glanzgrad 30) und matt (Glanzgrad 10).

Scheucher baut auf langfristige Zusammenarbeit mit seinen Lieferanten. Das gilt in puncto Oberflächen für Bona genauso wie beim Klicksystem für Välinge. Die bewährte 5G-Technik der Schweden haben die Österreicher frühzeitig übernommen, aber für sich modifiziert: "Zum Beispiel sitzt bei uns die Feder tiefer, das hält besser", erklärt Graupp. "Im Winter können sonst die Ecken hochkommen."

Kapazität steigt auf 3 Mio. m2

Nachdem erst 2016 das Lager verdoppelt wurde, hat das Familienunternehmen 2017 das größte Investitionsvorhaben der letzten Jahre angeschoben. Um das Expansionstempo der letzten Jahre beizubehalten und idealerweise noch forcieren zu können, fließen rund 13,5 Mio. EUR in den Ausbau des Maschinenparks und des Betriebsgeländes. Im vergangenen Winter wurden die Baugruben für neue Produktions- und Lagerhallen mit einer Gesamtfläche von rund 7.000 m2 ausgehoben. Schwerpunkt der Neuanschaffungen im Maschinenbereich ist eine hochmoderne Durchlaufpresse mit einer Kapazität von bis zu 1 Mio.m2, die Einzeldielen mit einem Träger aus Plattenmaterial verpresst - und das in Breiten bis zu 40 cm und Längen bis zu 500 cm. Zum Vergleich: Aktuell sind es bis zu 24 und 250 cm. Die neuartige Presstechnik erfordert ein anderes Leimsystem, das schneller abbindet. Außerdem investiert Scheucher in Oberflächenbearbeitung und Verpackung. Noch in diesem Herbst soll die Inbetriebnahme der neuen Anlagen erfolgen und die Produktionskapazität von 2 auf dann 3 Mio. m2 steigen.

600 Artikel im Angebot

Parallel nimmt Scheucher 2018 ein größeres Update im Sortiment vor, das Angebot steigt auf 600 Artikel, die sich in Aufbau, Holzart, Struktur und Oberfläche unterscheiden. Klassiker ist das 14 mm-Dreischicht-Parkett Woodflor Novoloc 5G mit 3,6 mm-Deckschicht, Stäbchenmittellage mit vorwiegend stehenden Jahresringen und 2 mm-Fichtegegenzug. Ein Sperrholzeinleimer an der Stirnseite sorgt für Stabilität. Das Wechselelement Reloc ermöglicht bei vollflächiger Verklebung eine einfache Verlegung über mehrere Räume hinweg.

Wie intensiv man sich in Mettersdorf mit dem Detail beschäftigt, um marktgerechte Parkettböden mit "Mehrwert" zu bieten, zeigt das Beispiel des Zweischicht-Parketts Multiflor Novoloc 5G: Die Konstruktion mit 6,2 mm-Trägerplatte aus wasserfest verleimten Birkensperrholz und 3,6 mm Deckschicht mit hydrophob imprägnierter Stirnkante - das verhindert übrigens nicht nur das Eindringen von Feuchtigkeit, sondern vermeidet auch unwillkommene Knarrgeräusche - will mit einer "geringen Aufbauhöhe ohne Einbußen in der Nutzschicht" punkten. Ein echter USP ist darüber hinaus, dass Multiflor auch als französisches Fischgrät in zwei Formaten und unterschiedlichen Winkeln mit dem Novoloc 5G-System verlegt werden kann. "Das erleichtert und beschleunigt die Installation enorm, denn das Fischgrätmuster kann ohne Anleger in einem Zug verlegt werden."

Die zweite Zweischicht-Variante Bilaflor für die vollflächige Verklebung vereint die Eigenschaften eines Klebe-und eines Fertigparketts. Die 3,6 mm-Decklage wird auf einen Träger aus Fichten-Rifts aufgebracht sowie einem Sperrholz-Einleimer an der Stirnseite versehen. Bilaflor gibt es als Einstab-Riemen in 11 und 13 mm Dicke und als 11 mm-Zweistab-Schiffsboden..

Parkett muss emotional vermarktet werden, sind die Österreicher überzeugt und haben mit Elevation eine Trend-Kollektion geschaffen, die Geschichten erzählt und alle zwei Jahre aktualisiert wird. "My Home. My Island" lautet der Slogan, unter dem die verschiedenen Holzböden für den Charakter von 19 europäischen Urlaubsinseln stehen. | Claudia Weidt
aus Parkett Magazin 05/18 (Wirtschaft)