Deutscher Sachverständigentag für Parkett, Fußbodentechnik und Unterböden
Aktuelle Fachthemen kritisch beleuchtet
Rund 180 Sachverständige aus der Bodenbranche sowie Fachleute aus Industrie und Forschung trafen sich in Köln zu Vorträgen und Diskussionen in Bezug auf Schadensfälle, Problemstellungen und Neuheiten des Gewerkes. Die interessantesten Referate gibt Parkett Magazin hier wieder.
Schnittstellenkoordination - Heizen und Kühlen in der Fläche
Parkett- und Bodenleger haben nicht selten Probleme mit den Auswirkungen von Fußbodenheizungen auf den Bodenbelag. Nach über zwei Jahren haben sich 18 Verbände nun in elf Protokollen und auf 230 Seiten auf eine "Schnittstellenkoordination bei Flächenheizungs- und Flächenkühlungssystemen in bestehenden Gebäuden" geeinigt. Neubauten werden hier nicht berücksichtigt. In dem umfangreichen Werk sind acht Rohrsysteme mit Nass- bis Trockenestrich für den Boden, drei Wandsysteme und fünf Einbausysteme für die Decke aufgeführt.
All diese Systeme erzeugen unterschiedliche Klimaströme im Raum. Doch nicht nur das hat Einfluss auf den Oberbodenbelag. Wenn eine Fußbodenheizung so eingesetzt wird, dass die Oberflächentemperatur bei 20 Grad C liege und über 80 % relative Luftfeuchte erreicht würde, könne ein Parkett mit bis zu 17 % Holzfeuchte quellen. So lautet eine Sorge von Parkettlegerseite. Bernd Quiel, Vorsitzender Arbeitskreis Technik im Bundesverband Flächenheizungen und Flächenkühlungen, beschwichtigt: "Ich kenne aus der Praxis kein so extremes Beispiel." Trotzdem müsse man im Einzelfall prüfen, ob Bodenbeläge auch für eine Kühlung geeignet wären.
Nicht weniger wichtig für Parkett auf Fußbodenheizung ist der Wärmedurchlasswiderstand. Dazu heißt es in der Schnittstellenkoordination (SSK): "Um die Effizienz hoch zu halten, sollte der Wärmeleitwiderstand des Bodenbelags möglichst gering sein. Von den vier in der DIN EN 1264 hinterlegten Werten für Bodenbeläge (max. 0,15 m
2 K/W) sollten bevorzugt Beläge Anwendung finden, die die Werte 0,00 und 0,05 m
2 K/W ausweisen." Das schafft aber kein Mehrschichtparkett von 10-14 mm Dicke. Dort liegen die Werte üblicherweise zwischen 0,07 und 0,11 m
2 K/W. Mit dem Einsatz von Dämmunterlagen erhöht sich dieser Widerstand noch. Und bei Bodenkühlung? Weil leicht Feuchtigkeit kondensieren könne, wird der empfohlene Wärmedurchlasswiderstand dort auf 0,10 m
2 K/W begrenzt.
Wann ist ein Heizstrich überhaupt belegreif? Hier hat die SSK ihren CM-Grenzwert von 2009 für Calciumsulfatestriche im Zuge des Normungsverfahrens, der Überarbeitung der DIN 18560-1 (Ausgabe 11-2015), von 0,3 auf 0,5 CM-% angehoben. Das ruft bekanntermaßen Kritik der Parkettleger hervor. Andere Quellen, wird deshalb betont, würden nach wie vor einen Belegreifgrenzwert von 0,3 CM-% fordern. "Aufgrund dieser spezifischen Vorgaben sind die entsprechenden Herstellerangaben zu berücksichtigen", heißt es.
Die SSK-Fachinformation hat grundsätzlich zur Aufgabe, geltende Normen und Technische Regeln zu ergänzen und zur Koordination bei der Herstellung von raumflächenintegrierten Heiz- und Kühlsystemen beizutragen. Die enthaltenen Checklisten und Protokolle dienen der Dokumentation der einzelnen Planungs- und Arbeitsschritte bis zur Übergabe eines mangelfreien Gewerks. Warum die Abstimmung der Gewerke in der Praxis nicht immer funktioniert, erklärt Bernd Quiel so: "Heizungsbauer interessiert die hydraulische Ausrichtung ihres Systems. Für die Klimakonditionierung von Raum und Bodenbelag fehlen oft die Informationen."
Verklebung von Mehrschichtparkett - Testmethoden
Deckschichtverleimungen müssen den durch Klimaschwankungen im Holz auftretenden Kräften trotzen. Weltweit gibt es dazu unterschiedliche Vorgaben und Prüfungen. In Asien ist das der japanische Warmwassertest JAS II, in Nordamerika der Kaltwassertest des American National Standards Institute (ANSI). In Deutschland, Österreich und der Schweiz haben sich führende Parkett- und Klebstoffhersteller im Cornet-Projekt zusammengefunden, um werkseigene Produktionskontrollen zur Überprüfung der Verleimung von Mehrschichtparkettelementen während der laufenden Produktion zu erarbeiten. Um bereits verlegte Böden geht es zunächst nicht.
In Ringversuchen mit über 4.000 Proben wurden 35 Materialvarianten in sechs Feuchtigkeitsstufen mit fünf Prüfmethoden getestet. Aufspalt- und Abhebeversuche, Druck-Scher-Versuche und Bewertungen des Holzbruchanteils wurden vorgenommen. Das Resultat sind zwei Prüfmethoden für Delaminierungsversuche: IHD-Werksnorm IHD-WE 482 und HFA-Arbeitsanweisung HFA AA B 214. Beide wurden der FEP vorgestellt und sollen als Norm für Verleimqualität verankert werden (CEN 175). Für die Beständigkeit auf Fußbodenheizung wird zusätzlich das Prüfverfahren IHD-W 473 genutzt. Das Gesamtergebnis liest sich so: "Klebstoffe der Klasse D3 und höherwertiger sind für den Einsatz bei mehrschichtigen Holzfußböden geeignet. Bei korrekter Verklebung über Fußbodenheizung oder in Gebäuden mit Lüftungsanlagen können solche Holzfußböden/Parkette schadensfrei, aber nicht vollkommen verformungsfrei genutzt werden."
Um Aussagen für die Baustelle treffen zu können, erging an das Fraunhofer WKI der Auftrag, ein Verfahren zur Prüfung von Mehrschichtparkett bei Renovierung mit wasserbasierten Beschichtungen zu finden. Das Ziel: In der Praxis als mangelhaft erkannte Parkette sollen sicher erkannt werden. Es stellte sich heraus, dass mittels der DIN EN ISO 26842-1 oder 24-stündiger Lagerung bei 60 °C alle mangelhaften Parkette versagten. Auch bei 24-stündiger Wasserlagerung machten sie schlapp. Allerdings wird langes Wasserbad sogar einigen, grundsätzlich als tauglich eingestuften Produkten zum Verhängnis. Als Kompromiss verständigte man sich auf die Minimalforderung von zwei Stunden Wasserlagerung und acht Stunden Trocknung bei 60 °C. Ein Parkettleger, der ganz sicher wissen will, ob das zu sanierende Mehrschichtparkett einem Wasserlack standhält, sollte seine Probe optimal so testen: sechs Stunden Wasserlagerung und 24 Stunden Trocknung bei 60 °C.
Wann sind
Mehrschichtlagen
ausreichend verklebt?
Für die Beurteilung der Verklebungsgüte von Mehrschichtparkett hat Prof. Dr. Andreas O. Rapp von der Leibnitz Universität Hannover die einfache Aufspaltprüfung herangezogen. Dabei wird ein Spaltwerkzeug, beispielsweise ein Stechbeitel, an der Hirnholzfläche des Prüfobjektes parallel zur Faserrichtung der Deckschicht angesetzt, um die Klebefuge aufzuspalten. Gemäß DIN 53255-2017 Absatz 7.2.3 Auswertung wird "für alle aufgespaltenen Klebefugen der prozentuale Holzbruchanteil auf den Bruchflächen visuell beurteilt und auf zehn Prozent gerundet angegeben."
Wie das Parkettelement vorher behandelt wurde, ob mit Wasserlagerung, ob es aus jahrelangem Gebrauch entnommen wurde oder ob es unbehandelt aus der Fertigung stammt, bleibt dem Prüfer überlassen. Prof. Rapp nennt für einen Test ohne Wasserlagerung aber mit Nutzungsbeanspruchung folgende Kriterien: Bei weniger als 50 % Flächenanteil von tiefgründigem Holzbruch wird die Verklebung der Schichten als "nicht ausreichend" bezeichnet. Bei 50-75 % wird die Note "ausreichend" vergeben. "Gut" ist die Verklebungsgüte bei 76-90 % und für "sehr gut" muss ein Holzbruch von über 90 % der Fläche sichtbar sein.
Wo kann der Bruch erfolgen? Innerhalb der Deckschicht, in der Mittellage oder Unterschicht, in der Klebstoffschicht, auch als Adhäsionsbruch zwischen Deckschicht und Träger oder als Abriss eines Faserbelags in Form der ersten Holzzellreihe auf der Unterseite der Decklage oder auf dem Nadelholzträger.
Dünner Holzfaserbelag auf der Klebstoffschicht gilt übrigens nicht als tiefgründiger Holzbruch. Werden also nur feine Härchen, die von dem Fichteträger abstehen, mit Leim benetzt, ist laut Prof. Rapp mangelnde Eindringtiefe des Klebstoffes die häufige Schadensursache. Gründe gibt es mehrere. Entweder war der Klebstoff zu viskos oder mengenmäßig zu gering, in der Presse entweder zu kalt, zu kurz, mit zu wenig Druck oder zu lange offen. Auch die zu sägeraue Oberfläche einer der verleimten Schichten kommt als Problem in Frage.
Einen weiteren Täter hat Prof. Rapp in defekten Schmelzklebstoffen ausgemacht. Alte PUR-Schmelzklebstoffe, die im Laufe der Jahre plastifizieren und sich vom Duromer zum Thermoplast wandeln, seien eine Fehlkonstruktion und könnten die Kräfte des Holzes nicht mehr aufnehmen. Der Kohäsionsbruch entstehe innerhalb des Klebstoffes, habe seine Ursachen aber oft schon bei der Parkettherstellung im Werk. Heute, so Rapp, würden solche Klebstoffe bei seriösen Herstellern nicht mehr verwendet.
Wartungsfuge - was ist das und wer bezahlt das?
Es gibt Dehnungs-, Bewegungs-, Arbeits-, Schein-, Rand-,
Stoß-, Schweiß- und Korkfugen und mehr, immer dort, wo Bauteile aneinander gefügt werden. Was aber ist eine Wartungsfuge? Muss sie regelmäßig nachgearbeitet werden? Wer bezahlt das und wie lange dauert die Gewährleistung? Diesen Fragen widmete sich Richard Kille, Sachverständiger vom Institut für Fußboden- und Raumausstattung.
Wie schon in der DIN 52460 "Fugen und Gasabdichtungen - Begriffe", heißt es im Merkblatt Nr. 15 des Industrieverbands Dichtstoffe (IVD) vom November 2014: "Elastische Fugen gemäß dem Geltungsbereich dieses Merkblatts bedürfen einer permanenten Wartung und Pflege. Als Wartungsfuge sind alle Fugen definiert, die starken chemischen und/oder physikalischen Einflüssen ausgesetzt sind und deren Dichtstoffe in regelmäßigen Zeitabständen überprüft und ggf. erneuert werden müssen, um Folgeschäden zu vermeiden."
Die Österreicher haben das Problem einfacher erfasst. Die Ö-Norm B 2207, Absatz 5.3.3.3.2 besagt: "Elastische Verfugungen sind aufgrund ihrer stofflichen Eigenschaften als Wartungsfuge anzusehen und gelten daher nicht als Abdichtung."
Richard Kille: "Von selbst wird eine Fuge in Deutschland nicht zur Wartungsfuge." Es komme darauf an, ob die Fuge einem "starken Einfluss" ausgesetzt sei. Bei Büronutzung sei das kaum der Fall, in einem Krankenhaus dagegen schon. Kille weiter: "Für normale dauerelastische Fugen bestehen keine rechtlichen Besonderheiten. Sie müssen bei normaler Belastung auch dauerhaft haltbar sein."
Wie kann der Bodenleger das Problem vermeiden, dass eine elastische Fuge fünf Jahre Gewährleistung überstehen muss? Kille: "Durch die Benennung von Wartungsfugen und den Abschluss eines Wartungsvertrages ließe sich die Gewährleistung ausklammern." Das könne bereits im ersten Auftrag geschehen. "Parkett- und Bodenleger sollten solch einen Wartungsvertrag definieren und in ihr Gewerk aufnehmen." Musterverträge dafür gibt es beim IVD.
Aber auch bei der Randabsenkung von Estrichkonstruktionen handelt es sich, so versteht Richard Kille die DIN 18365 "Bodenbelagsarbeiten", um Wartungsfugen. Solche Restverformungen nämlich sind laut Norm "zum Zeitpunkt der Montage für den Bodenleger nicht erkennbar und daher unvermeidbar." Entstehende Spaltbildungen seien daher kein Mangel. Ob in diesem Fall tatsächlich eine Wartungsfuge gemäß DIN 52460 zu verzeichnen ist und damit eine verkürzte Gewährleistung einher geht, das, so Kille, könne jedoch nur ein Jurist abschließend beantworten.
| Henrik Stoldt
aus
Parkett Magazin 05/18
(Wirtschaft)