VDPM: Muster-EPDs für Estriche verfügbar

Nachhaltigkeit – auch für Estrichleger ein Thema


Wer das Wort "Nachhaltigkeit" in eine Internet-Suchmaschine eingibt, erhält aktuell rund 18.900.000 Treffer. Begriff und Inhalt spielen auch in der Bauwirtschaft eine immer -wichtigere Rolle. Gilt dies auch für das Estrichlegerhandwerk und wenn ja, an welchen Kriterien lässt sich das festmachen? Der Fachbeitrag von Andres Seifert erläutert den Zusammenhang.

Bauen bedeutet immer auch einen Eingriff in die Natur. Aus Nachhaltigkeitsperspektive sollte diese Veränderung so gering und so verträglich wie möglich ausfallen. Im Zusammenhang mit Bauen bedeutet Nachhaltigkeit ganz konkret:

-Schonung von Ressourcen (Rohstoffe, Energie)
-Vermeidung von schädlichen Einflüssen auf Mensch und Umwelt
-Abfallvermeidung bzw. -reduzierung
-Dauerhaftigkeit des Bauwerks und des Bauteils

Der Fußboden und speziell der Estrich haben bezogen auf das Gesamtgebäude einen relativ geringen Einfluss auf dessen Nachhaltigkeit, wenn man Berechnungsmethoden von z. B. der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) glaubt. Beim Verband für Dämmsysteme, Putz und Mörtel (VDPM) wächst allerdings die Erkenntnis, dass das Thema nachhaltiger Estricheinbau vor allem bei der Planung an Bedeutung gewinnt. Ob hierdurch die tatsächlich ausgeführte Fußbodenkonstruktion spürbar verändert wird, darf aber bezweifelt werden. Einen größeren Einfluss auf die Materialauswahl und den Aufbau dürften gesetzliche Regelungen wie die Energieeinsparverordnung (EnEV) und das Thema "schnelles Bauen" haben. Beide Gebiete lassen sich natürlich bereits als nachhaltig ansehen.

Nachhaltiger Umgang mit Ressourcen

Einen Meilenstein bei der öffentlichen Wahrnehmung des Themas Nachhaltigkeit setzte die geltende EU-Bauproduktenverordnung, in die neben den Umwelt- und Gesundheitsaspekten auch der nachhaltige Umgang mit den Ressourcen als wesentliche Anforderung aufgenommen wurde. Die Konsequenzen daraus beschäftigen die gesamte Baubranche und ihre einzelnen Fachverbände intensiv.

Hier wurden für die relevanten Produktgattungen z. B. Muster-Umweltproduktdeklarationen (Environmental Product Declarations, EPD) erarbeitet, in denen die jeweiligen Ökobilanzdaten enthalten sind. Die Muster-EPDs dienen den Herstellern dazu, EPDs für die eigenen Produkte zu erstellen. Diese EPDs sind inzwischen Bestandteile des Marktes, vor allem bei Gebäudezertifizierungen.

Zur Planung und Ausführung nachhaltiger Gebäude werden verschiedene Zertifizierungssysteme wie "Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen" (DGNB), "Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen" (BNB) und "Leadership in Energy and Environmental Design" (LEED) verwendet. Für diese Zertifizierungssysteme sind konkrete Produktinformationen zu Nachhaltigkeitsaspekten notwendig, die als EPDs und umweltbezogene Anbieter-Erklärung aufbereitet werden:

-EPDs beinhalten eine Ökobilanz für ein Produkt und zeigen detaillierte Umwelteigenschaften, sie werden verwendet für DGNB- und BNB-Zertifizierungen
-Umweltbezogene Anbieter-Erklärungen beinhalten Produktinfos wie Recyclinganteil und Angaben zur Regionalität und sind für LEED-Zertifizierungen erforderlich

VDPM stellt Muster-EPDs für Estriche

Für Calciumsulfat- und Zementestrich gibt es vom VDPM Muster-EPDs. Seitens der Industriegruppe Estrichstoffe im Bundesverband der Gipsindustrie gibt es ebenfalls Muster-EPDs für Calciumsulfatestrich mit einer Gültigkeit bis Ende September 2020. EPDs werden nach Einschätzung des VDPM von Planern und Fachunternehmern von Jahr zu Jahr verstärkt angefragt. Besonders im Jahr 2017 sind die Anfragen auch für Estriche deutlich gestiegen. Dabei ist davon auszugehen, dass EPDs vorwiegend für große Bauwerke benötigt werden, die hinsichtlich Nachhaltigkeit zertifiziert werden. Der Architekt fragt EPDs für die Planung an, der Fachunternehmer immer dann, wenn er vom Auftraggeber aufgefordert wird, für seine zu verarbeitenden Produkte eine EPD vorzulegen. Nicht immer muss dabei ein Zertifizierungssystem der Auslöser sein, denn immer mehr Auftraggeber und Investoren wollen so die Nachhaltigkeit ihres Neubaus dokumentiert und verankert wissen - auch im Hinblick z. B. auf eine spätere Vermietung oder Veräußerung.

Der Fachunternehmer muss sich an die Vorgaben des Bauherrn, der nachhaltig plant, halten. Das betrifft den Einsatz des richtigen Produktes, die Vorlage der notwendigen Dokumente (EPD, Produktdatenblatt, CE-Kennzeichnung, Leistungserklärung etc.), Baustelleneinrichtung und Entsorgung von Abfällen sowie die fachgerechte Ausführung seiner Arbeit. Als Estrich-Fachbetrieb kann man sich in Sachen EPDs direkt an seinen Lieferanten wenden, um die Unterlagen bzw. Nachweise zu erhalten. Der Hersteller stellt nicht nur die EPD zur Verfügung, sondern er gibt zusätzliche Hinweise oder schult zur fachgerechten Ausführung des Fußbodens, damit ein nachhaltiges (dauerhaftes) Bauteil entsteht. Der Fachunternehmer erhält natürlich auch alle sonstigen notwendigen Produktinformationen (Brandverhalten, Unbedenklichkeit, technische Daten, Qualitätssicherung etc.).

Konkreten Einfluss auf die Nachhaltigkeit eines Gebäudes hat ein Estrichleger im Grunde kaum, denn im Wesentlichen gelten die Vorgaben des Planers. In Absprache mit ihm kann der Fachunternehmer vorschlagen, den Fußbodenaufbau stärker an Nachhaltigkeitskriterien anzupassen, das Produkt oder die Lieferform des Produktes (z. B. Silo- statt Sackware) wechseln.

VDPM:
Geringer Primärenergiebedarf
für Calciumsulfatbinder

Bei der Herstellung von Calciumsulfatbindern werden, abhängig vom Verfahren und Rohstoff, sehr geringe Temperaturen benötigt, wofür zum Teil sogar die sowieso anfallende Abwärme von Kraftwerken genutzt wird. Dadurch ist der Primärenergiebedarf der Calciumsulfatbinder-Herstellung sehr gering. Wird der Calciumsulfatbinder durch Brennen hergestellt, wird H2O, also Wasser, freigesetzt, welches im Abbindeprozess durch Wasserzugabe wieder eingebunden wird.

Stichwort Dauerhaftigkeit: Bei Calciumsulfatestrichen gibt es kein Schüsseln und die Rissgefahr ist sehr gering. Bei Calciumsulfatfließestrichen spielen zusätzlich das ergonomische Arbeiten und ein geringer Materialeinsatz (geringe Estrichdicke) mit weniger Energieverbrauch eine Rolle. Bei Zementestrich sind dessen Nassraumeignung und die weitgehend unproblematische Entsorgung von Abbruchmaterial zu nennen, bei Zementfließestrich wiederum das ergonomische Arbeiten.

Größere Konsequenzen oder eingeschränkte Gestaltungs- und Ausführungsspielräume für das Estrichlegerhandwerk sind nach Einschätzung des VDPM in absehbarer Zukunft nicht wahrscheinlich. Denkbar wäre, dass Nachweise über die Entsorgung von Materialien bzw. Abfällen, die sortenreine Rückbaumöglichkeit der Fußboden-Konstruktion und Nachweise über Qualitätssicherung in der Zukunft bedeutsam werden könnten.

Über den VDPM
Der Verband für Dämmsysteme, Putz und Mörtel (VDPM) repräsentiert die führenden Hersteller von Fassadendämmsystemen und deren Zubehör, Außen- und Innenputzen, Mauermörtel und Estrich. Im Sinne seiner Mitgliedsunternehmen engagiert sich der VDPM für eine effiziente Interessenvertretung gegenüber der (Fach)Öffentlichkeit, der Politik, sowie den Behörden und Institutionen auf deutscher und europäischer Ebene. Die Fachgremien des VDPM erarbeiten und bewerten dabei Grundlagen und Vorschläge zu Technik- und Umweltschutzthemen sowie zum Arbeits- und Gesundheitsschutz, beteiligen sich an Forschungsvorhaben und leisten erfolgreiche Presse- und Normungsarbeit. Für Planer, Architekten und Bauherren stellt der Verband eine Vielzahl herstellerneutraler Informationen zur Verfügung und ist kompetenter Ansprechpartner. Der VDPM ist im Mai 2017 aus einer Fusion des Industrieverbandes Werkmörtel (IWM) mit dem Fachverband Wärmedämm-Verbundsysteme (FV WDVS) hervorgegangen.
aus FussbodenTechnik 05/18 (Wirtschaft)