Otto (GmbH & Co. KG)
"Geometrische Formen sind im Textildruck problematisch"
Um die Vorteile des Digitaldrucks auf Textilien wirklich nutzen zu können, braucht es die richtige Technik samt Produktionsmitteln und geschulte Mitarbeiter, sagt Textilingenieurin Heidrun Stürmer.
BTH Heimtex: Alle sprechen von den Vorteilen des Digitaldrucks. Wo sehen Sie Schwierigkeiten des Verfahrens?
Heidrun Stürmer: Aus meiner Sicht in der Auswahl der richtigen Tinten für das zu bedruckende Medium wie Gewebe, Vlies oder Maschenware, Baumwolle, Viskose oder Seide - auch Pigment-Tinte ist nicht gleich Pigment-Tinte. Außerdem gilt es zu beachten, dass technisches Equipment wie Bubble-Jet oder Piezzo-Druckköpfe sowie die Fixiereinheit aufeinander abgestimmt sein müssen. Beim Druckergebnis gilt: Während feine, florale Konturen und viele Farben kein Problem darstellen, ist ein vollflächiger, einfarbiger Druck oder ein Design mit geometrischen Formen problematisch. Deshalb werden auf Messen in der Regel florale Motive gezeigt.
BTH Heimtex: Wie aufwändig ist die digitale Aufbereitung der Druckvorlagen?
Stürmer: Um eine kolorierbare digitale Vorlage zu erzeugen, wird beim Digitaldruck der gleiche Aufwand benötigt wie beim konventionellen Druck. Es gibt hierfür verschiedene Software-Lösungen. Am bekanntesten ist Photoshop. Bei Photoshop wird die Vorlage (z.B. ein Foto) eingelesen und dann "per Knopfdruck" auf die gewünschte Anzahl "Schablonen" konvertiert. Dieser Prozess dauert bei Fachleuten und mit aktueller Hardware nur Sekunden bis wenige Minuten. Anschließend werden die Schablonen zuerst software-unterstützt und dann im Idealfall noch manuell bereinigt und ggf. rapportiert. Ich schätze, ein Fachmann braucht nicht länger als eine Stunde pro Vorlage, tendenziell sogar weniger. 2001 dauerte diese elektronische Bildbearbeitung noch zehn bis 40 Stunden, abhängig von der Bildgröße und davon, wie genau die Bilder bearbeitet werden sollten.
BTH Heimtex: Wie sieht es mit der Produktionsgeschwindkeit aus?
Stürmer: Die ist abhängig von der Auflösung (dpi). Je breiter und schärfer das Druckmotiv, desto langsamer wird der Drucker. 2001 hatten wir Geschwindigkeiten von 1 bis 4 m
2/h. Die Lebensdauer der Druckköpfe war sehr gering, oft nur einige Stunden. Das sieht heute schon ganz anders aus, wo z.B. 260 m
2/h erreicht werden können.
BTH Heimtex: In welchem Rahmen bewegen sich die Investitionskosten für Digitaldruck?
Stürmer: Im konventionellen Druck (Siebdruck) fallen für kleine Mengen, beispielsweise über Anbieter wie Amazon, einige Tausend Euro an. Für die industrielle Fertigung können dann für einen regulären Maschinenpark mit Druckmaschinen, Waschmaschine, Dämpfer, Trockner, etc. schon einige Millionen Euro zusammen kommen. Beim Digitaldruck ist der Einstieg ab 10.000 bis 15.000 EUR möglich, nach oben gibt es natürlich keine Grenze. Es gibt auch sehr viele Betriebe, die Digitaldruck mit konventioneller Textilfertigung kombinieren.
BTH Heimtex: Welche Fachkenntnisse brauchen die Mitarbeiter?
Stürmer: Die Mitarbeiter müssen in der Lage sein, mit den entsprechenden Softwareprogrammen umzugehen. Zudem müssen defekte Druckköpfe getauscht oder andere technische Störungen behoben werden können. Die Anbieter von Komplettlösungen (Tinten, Transferpapier und Technik) bieten in der Regel eine entsprechende Mitarbeiterschulung an.
Tendenziell wird die Arbeit einem Grafik-Designer wahrscheinlich leichter fallen als einem Raumausstatter. Spaß an der Bildbearbeitung ist jedoch immer vorausgesetzt.
aus
BTH Heimtex 11/18
(Wirtschaft)