Heinrich Büscher GmbH

"Individuell anders" ist das Leitmotiv bei Büscher

Büscher bietet mit innen- und außenliegenden Produkten das volle Sonnenschutzprogramm. Originell aufgemachte Kollektionen und Strategien für die digitale Welt unterstützen den Fachhandel beim Abverkauf.

Das Ölgemälde mit dem Porträt von Heinrich Büscher hängt im Empfangsbereich der Göttinger Zentrale an einem Ehrenplatz. Bis heute trägt der Sonnenschutzhersteller den Namen seines Gründers. Bald ist es 90 Jahre her, dass der umtriebige Fabrikant beschloss, cremefarbene und grüne Schnapprollos im damaligen Werk in Bielefeld zu fertigen und damit einer der Rollo-Pioniere in Deutschland zu werden.

"Bei Büscher gibt es viele gewachsene Kontakte und viel Wissen, das von einer Generation auf die nächste transferiert wurde", beurteilt Imke Röwer die lange Tradition des Konfektionärs. Die Geschäftsführerin hat deshalb "Made in Germany - seit 1929" in die Leitlinien aufgenommen. "Die Nachfolgenden sind in der Pflicht, den Fortbestand und die Weiterentwicklung des Unternehmens zu sichern", lautet ihre Agenda für nachhaltiges Wirtschaften. Dabei will man sich immer wieder neu erfinden und setzt mit dem markanten Auftritt "Individuell anders" auf Überraschungseffekte (siehe Kasten Seite 138).

Vollsortimenter innen und außen

Büscher legt als Vollsortimenter von innen- und außenliegendem Sonnenschutz ein breites Angebot in Maßfertigung auf den Tisch. "Der Kunde bekommt jedes Produkt. Das ist unsere Stärke", erklärt die Firmenchefin. Der Hersteller beschäftigt rund 60 Mitarbeiter und konfektioniert in Göttingen auf einer 4.300 m2 großen Produktionsfläche, ergänzt um ein Außenlager mit 1.500m2. Seine Kernkompetenz sind Innenbeschattungen, die rund 75 % zum nicht näher bezifferten Umsatz beitragen. Der Plissee-Anteil macht daran etwa die Hälfte aus, gefolgt von Vertikallamellen (20 %), Innenjalousien (10 %) sowie Rollos, Doppelrollos und Flächenvorhänge (zusammen 20 %). Bei den Systemen für Außen seien Raffstores ein "bedeutender" Artikel. Das Lieferprogramm umfasst auch Markisen, Pergolen und Insektenschutz. Stilgarnituren komplettieren das Portfolio.

Das Angebot ist "mehrstufig" positioniert. Innerhalb der einzelnen Kollektionen gibt es alle Qualitätsstufen und Preislagen, vom hochpreisigen Highend-Produkt über die Mittelklasse bis zum Einstiegsartikel. Die Kunden sollen in jeder Preisklasse bedient werden können, so die Strategie. Dabei werden unterschiedliche Stilrichtungen abgedeckt, von modern bis klassisch.

Büscher vertreibt seine Produkte bundesweit und ist mit neun Außendienstmitarbeitern vor Ort aktiv. Vor 2004 galt der Hersteller noch als Regionalanbieter zwischen Bielefeld und Dresden. Den Süden hätten damals Großhändler betreut. "Wir sind klassisch im B2B-Geschäft verankert", heißt es zur Kundenstruktur. Beliefert werden Fachhandel, Raumausstatter-Betriebe, einschlägige Fachmärkte, Sonnenschutz-Filialisten, Händler mit Onlineshop wie auch Rollladen- und Jalousiebauer, Maler, Fensterbauer und andere Gewerke, die Beschattungsprodukte führen.

Positive Geschäftsentwicklung

Die Bilanz des demnächst endenden Geschäftsjahres fällt laut Imke Röwer "positiv" aus. "Das erste Halbjahr lag über Plan". Im dritten Quartal sei der Absatz im Innensonnenschutz durch die heißen Sommertage und die Ferienzeit gebremst verlaufen. Parallel dazu habe sich die Nachfrage nach außenliegenden Produkten "erfreulich positiv" entwickelt und deshalb zum Ende des dritten Quartals "insgesamt" zu einem Ergebnis über der Planung geführt.

Für 2017 konstatiert sie ein "zufriedenstellendes Ergebnis, knapp 3 % über dem Vorjahr". Den "Knick" beim innenliegenden Sonnenschutz auf dem deutschen Markt habe auch Büscher im vergangenen Jahr zu spüren bekommen. Die Verluste konnten durch Absatzkanäle im europäischen Ausland kompensiert werden. Exportländer sind Dänemark, Schweden, Benelux, Tschechien, Schweiz und Österreich.

Synergieeffekte im Firmenverbund

Seit 1989 agiert der Sonnenschutz-Hersteller unter dem Dach der Unternehmensgruppe Dr. Zwissler Holding. Der Verkauf erfolgte nach dem Tod von Heinrich Büscher. Der Mischkonzern mit Sitz im baden-württembergischen Gerstetten unterhält zwei Geschäftssparten. Zwiss Sun umfasst fünf Tochtergesellschaften, die speziell Sonnenschutzlösungen fertigen. Neben Büscher sind das die Markisen-Hersteller Nova Hüppe, Leiner, Losberger sowie Baumann Hüppe in der Schweiz. Im Teilkonzern Swiss Tex sind wiederum alle Firmen vereint, die Textilien für die Automobil- und Modeindustrie produzieren und weiterverarbeiten.

Marc Lorch, Vorstand der Zwissler Holding, wurde in diesem Jahr als zweiter Geschäftsführer bei Büscher eingesetzt - "als rechtliche Sicherungsmaßnahme". Der operative Part der Firmenleitung obliegt weiterhin Imke Röwer. Die diplomierte Betriebswirtin startete 1995 am damaligen Stammsitz Bielefeld ihre Karriere, erhielt kurz darauf Prokura und wurde 2012 zur Geschäftsführerin bestellt.

In der Sparte Zwiss Sun der Muttergesellschaft hat Büscher mit dem Innensonnenschutz-Programm eine Alleinstellung und profitiert von Synergieeffekten. Die Rollos, Plissees & Co. werden von den Schwesterfirmen an ihre Handwerker-Klientel vermarket. Andererseits besteht eine Kooperation vor allem mit Nova Hüppe, aber auch mit Leiner, deren Markisen, Sonnensegel oder Pergolen die Göttinger über ihre Kunden im raumausstattenden Fachhandel vertreiben. Seit fünf Jahren gibt es eine Partnerschaft mit dem Hersteller Servis Climaxin in Vsentin, bei dem Büscher Raffstoren und Innenjalousien zukauft. Im Gegenzug fertige man für die Tschechen textile Sonnenschutzprodukte. Nun hat Climax 2017 seinen in Deutschland aufgebauten Kundenstamm dem Vertrieb von Büscher und Nova Hüppe übergeben, was "sehr gut" aufgegangen sei.

Kunden beim Online-Vertrieb unterstützen

Die gute Konjunktur lässt derzeit außenliegende Beschattungslösungen boomen. Besonders profitierten die einschlägigen Fachbetriebe davon, dass sie als Experten zum Ausmessen und für die Montage gefragt sind. Aufgrund der hohen Investition beim Kauf einer Markise oder Pergola seien das keine Online-Artikel, meint Imke Röwer.

Die Entwicklung im innenliegenden Sonnenschutz zeige indes eine andere Tendenz. Hier nehme der Internet-Handel zu. "Deshalb müssen wir dem klassischen Wiederverkäufer ein Handwerkzeug liefern, damit er seine Kunden nicht verliert." Daher hat Büscher eine Strategie für die digitale Welt entwickelt. Bei dem Plattform-Konzept mit einem Bestellportal für Fachhandelskunden könnten diese "für erschwingliches Geld" mitwirken und Module mit ihrer Webseite verknüpfen. Der B2B-Bestellshop lasse sich auch in einen B2C-Shop umwandeln, um das gesamte Büscher-Programm oder eine Auswahl davon anzubieten. Überlegungen, selbst direkt an den Endkunden zu vertreiben, gibt es nicht: "Wir haben die Verpflichtung den stationären Fachhandel zu schützen. Ein direkter Konkurrenzkanal wäre kontraproduktiv", sagt die Geschäftsführerin.

Eigene Wege bei der Präsentation

"Der Kauf von Sonnenschutzprodukten wird zu 80 % vom Gefühl und zu 20 % vom Verstand geleitet", glaubt Imke Röwer und setzt diese Erkenntnis bei der Gestaltung der Kollektionsbücher um. Aufwändig und wertig gemachte Kataloge sollen den Produkten einen "emotionalen Zusatznutzen" verleihen.

1998 erhielt die junge Betriebswirtin von der Firmenleitung den Auftrag, eine Plissee-Kollektion zu erstellen. "Ich habe alles anders gemacht, als es branchenüblich war, habe die Stoffmuster nach rein optischen Kriterien geordnet und damit Sehgewohnheiten durchbrochen." Denn im Sonnenschutz war es bis dahin Usus, die Muster nach Qualitäten sortiert auf weiße Blätter zu kleben. Beim neuen Präsentationskonzept hätten die Kunden indes die gesamte Kollektion durchgeblättert und gekauft, was ihnen gefiel. Was ein Artikel kostet, sei dann sekundär. Die Verkaufsanteile in den höheren Preisgruppen stiegen zweistellig an.

"Seitdem bin ich der Katalogmacher", lacht die heute 51-Jährige und erzählt von "über 100 Kollektionen", die sie entworfen habe, auch für verschiedene Kundengruppen. Darunter etwa die mehrbändige Milleniums-Kollektion 2000, wo Bilder und Texte zu einer Zeitreise durch das 20. Jahrhundert einluden, mit Politik, Design, Mode, Architektur, Technik. Oder ein Doppelrollo-Katalog, der mit "Doppelungen" bebildert wurde, vom Tandemfahrrad bis zu Zwillingskindern und -türmen.

Erweiterungen geplant

Büscher hat vor sechs Jahren seinen Hauptsitz von Bielefeld nach Göttingen verlagert. Die Niederlassung in der niedersächsischen Universitätsstadt stand Mitte der 1990er Jahre unter der Leitung von Imke Röwer, die dort eine "gewachsene Truppe" aufbaute, zunächst für die Konfektion von Plissees. 2003 wurde das angemietete Industriegebäude am Rodeweg bezogen, wo man jetzt räumlich an Kapazitätsgrenzen kommt. "Das planerische Ziel ist, dass die Mittel der veräußerten Immobilie in Bielefeld in einen Neubau reinvestiert werden", gibt die Geschäftsführerin bekannt. Der Standort soll weiterhin Göttingen sein. Viele neu erschlossene Gewerbegebiete im Umkreis von 10 km böten Optionen. Erste Verhandlungen würden bereits geführt. "Innerhalb der nächsten drei Jahre muss eine Entscheidung gefallen sein."

Den Stammsitz in Bielefeld aufzugeben beschreibt Röwer als "schwierige Entscheidung". Die Fabrik, die Heinrich Büscher dort einst baute, bot nicht mehr genügend Fläche. Die Fertigung war auf mehrere Etagen verteilt, Erweiterungen in dem Gewerbemischgebiet schwierig.

Ohnehin hatte der Konfektionär ab den Nullerjahren einen Transformationsprozess durchlaufen, inklusive einem massiven Personalabbau. Die zahlreichen Fertigungssandorte, einst aufgebaut, um logistisch nah beim Kunden zu sein, mussten stufenweise zentralisiert werden: Kassel, Leipzig, Dresden, Lünen, Hannover und Osnabrück. Sukzessive wurde die Konfektion der verschiedenen Produktgruppen nach Göttingen verlagert. Für diesen Standort ausschlaggebend gewesen sei vor allem, dass die Plisseesparte - Hauptprodukt und Umsatzbringer - schon immer hier produziert hat. 2012 übernahm dann Imke Röwer die Leitung der Firma von Erhard Klaus Müller. Der geschäftsführende Gesellschafter hatte seit 1970 den Sonnenschutzhersteller maßgeblich geprägt und war in den Ruhestand gegangen. | Petra Lepp-Arnold
aus BTH Heimtex 11/18 (Wirtschaft)