Deco Design Fürus

Profil mit Designs und kompostierbaren Stoffen


30 Jahre lang hielt sich Deco Design Fürus als Zulieferer für Textilverlage und Großhändler im Hintergrund. Nach dem Tod des Gründers Ulrich Fürus im Sommer 2017 setzt jetzt Geschäftsführer Manuel Schweizer zusätzliche Schwerpunkte, z.B. mit kompostierbaren Textilien unter der Marke Ocean Safe.

BTH Heimtex: Deco Design Fürus (DDF) ist seit 30 Jahren erfolgreich am Markt vertreten und trotzdem relativ unbekannt. Wie kommt das?

Manuel Schweizer: Das hängt damit zusammen, dass das Unternehmen immer im Hintergrund tätig war: DDF hat sich auf die Kollektionsentwicklung für namhafte Verlage und Großhändler konzentriert, hat schöne Stoffe zusammengestellt, die perfekt zu den Profilen unserer Kunden passen. In erster Linie im deutschsprachigen Raum, aber auch international. Manche Kunden kaufen nur unsere Designs, andere kaufen das fertige Produkt und greifen dabei auf unser Lager zurück; hier in Krefeld sind ständig rund 3 Mio. m Stoff abrufbar. Dieser Service wird immer wichtiger: Von unseren 19 Mitarbeitern sind allein vier intensiv damit befasst.

BTH Heimtex: Welche textilen Produktgruppen umfasst Ihr Angebot?

Schweizer: Unsere Kernkompetenz liegt bei den Deko-stoffen, da bieten wir ein sehr breites Spektrum an. Die Basis bilden Unis, teilweise in über 50 Farben, dazu kommen Stickereien, Jacquards oder Crash - unser Unternehmensgründer Ulrich Fürus war der König des Crashs. Ganz aktuell sind Druckstoffe im Kommen. Und damit meine ich die Saison 20/21 - wir arbeiten ja mit langem Vorlauf. Stark sind wir außerdem bei Textilien mit besonderen Eigenschaften wie Dimouts oder flammhemmenden Stoffen für den Objektbereich; hier haben wir stark zugelegt. Bei allen Stoffen achten wir ganz besonders auf Pflegeleichtigkeit.

BTH Heimtex: Seit Januar 2018 leiten Sie die Geschäfte bei DDF. So ein Führungswechsel geht ja meist mit Neuerungen einher

Schweizer: Bisher haben wir uns ausschließlich den Kollektionen und ihrer Ästhetik gewidmet. Dort soll auch weiterhin unser Hauptfokus liegen. Gleich-zeitig ist mir aber wichtig, dass wir auch digital und PR-technisch auf dem neuesten Stand sind. Daher haben wir innerhalb kürzester Zeit eine ganz neue IT-Anlage installiert.

Auch das Marketing muss völlig neu aufgebaut werden. Wir halten uns zwar weiterhin als Zulieferer der Verlage und Grossisten im Hintergrund, wollen dabei aber etwas mehr Profil zeigen. Bisher waren wir nur mit einem großen, aber diskreten, zurückhaltenden Stand auf der Heimtextil in Frankfurt vertreten; für 2019 ist ein etwas lauterer Auftritt geplant. Dort stellen wir gezielt unsere Designer-Stofffamilien und unsere neue Marke Ocean Safe vor. Zur Messe gibt es mit www.dialog-ddf.info/oceansafe auch eine spezielle Landing Page im Netz.

BTH Heimtex: Das heißt, dass Sie gerade Ihr Port-folio verändern oder ausbauen.

Schweizer: Dadurch, dass der Markt für Dekostoffe stark umkämpft ist und unsere früheren Lieferanten, etwa aus der Türkei oder Indien, heute unsere Mit-bewerber sind, müssen und wollen wir uns verstärkt von ihnen absetzen. Das tun wir, indem wir erstens unser Kerngeschäft rund um die Kollektions-entwicklung ausbauen und zweitens ganz neue textile Lösungen anbieten.

Zunächst zum Kerngeschäft: Hier setzen wir den Fokus verstärkt auf das Thema Design. Wir selbst bleiben als DDF weiterhin im Hintergrund, dafür sollen unsere Designer deutlicher in Erscheinung treten - etwa mit ihrem Namenszug auf der Webkante der Stoffe. DDF arbeitet mit immer neuen externen Designern zusammen. Unser In-House-Designer Said Shorhreh stellt deren Ideen zu breiten Kollektionen zusammen, die ganze Geschichten erzählen.

BTH Heimtex: Breite Kollektionen, die Geschichten erzählen - was kann man sich darunter vorstellen?

Schweizer: Zurzeit arbeiten wir mit einer italienischen Designerin, Evelina Antuono. Sie hat verschiedene textile Grundideen für uns entwickelt, die wir in jeweils unterschiedlichen Techniken und in unterschied-lichen Preisklassen haben umsetzen lassen - von einem top Preis-Leistungs-Verhältnis bis hin zu sehr hochwertig. Da ist zum Beispiel ein Stoff mit applizierten roten Blüten, der einmal als kommerzieller Druckstoff, einmal als plastisches Jacquard-gewebe und einmal als Stoff mit aufwendigen Applikationen interpretiert wurde. Dazu kommen noch die passenden Unis. Damit liefern wir eine ganze Geschichte, nicht mehr nur einen einzelnen Stoff ohne Zusammenhang, und zeigen dadurch gleichzeitig unsere Kompetenz. Unsere Branche ist noch sehr traditionell, hier kann man noch viel bewegen.

BTH Heimtex: Was zum Beispiel?

Schweizer: Wir werden als erster Anbieter einen bestickten Leinenstoff herausbringen, dessen Stickerei im Sonnenlicht die Farbe ändert. Einige Stellen werden durch die UV-Strahlung vorübergehend rosa, lila und grün. Tagsüber ist der Vorhangstoff dann sanft-farbig, abends schlicht und weiß. Aber unser spektakulärstes Projekt sind die Textilien unser ganz neuen Linie: Ocean Safe.

BTH Heimtex: Ocean Safe bedeutet "sicher für Ozeane". Das klingt, als hätte es etwas mit der aktuellen Mikroplastik-Debatte zu tun.

Schweizer: Das hat es auch. Ich setzte mich mit dem Thema bereits seit einigen Jahren auseinander. Eine Analyse hat ergeben: Die zweitgrößte Ursache für Mikroplastik in den Meeren sind Textilien. Übrigens sind auch Textilien aus Naturfasern oft problematisch - wegen der zahlreichen Veredelungsprozesse, die sie durchlaufen: Da wird aufgehellt mit Chemikalien, mit umweltunverträglichen Farben gefärbt oder gedruckt, die Knöpfe und Etiketten sind nicht biologisch abbaubar. Dieses Problem wollte ich angehen, daher habe ich die Linie Ocean Safe entwickelt.

Vor ein paar Jahren, mit Ende 40, habe ich beschlossen, mein bis dahin "gutes Halbwissen" in Sachen Textilien und Ökologie zu vertiefen und ein Master-studium an der Schweizer Textilfachhoch-schule zu absolvieren. Dabei habe ich mein Herzens-projekt umgesetzt und Textilien entwickelt, die sich nahtlos und sicher in den biologischen Kreislauf einfügen, sprich: Stoffe, die sich im Wald oder im Ozean vollständig zersetzen, ohne dass die Natur Schaden nimmt. Und die gleichzeitig massentauglich sind, also nicht nur etwas für Öko-Romantiker. Außerdem sollten sie sich wirtschaftlich produzieren lassen. Dabei habe ich eng mit der Industrie zusammengearbeitet.

BTH Heimtex: Gute Kontakte bestanden ja bereits durch Ihre langjährige Tätigkeit in der Textilbranche.

Schweizer: Allerdings. Herausgekommen sind die ersten vollständig kompostierbaren Gewebe, die wir unter der Marke Ocean Safe anbieten: zum einen Baumwollstoffe, zum anderen Stoffe auf petro-chemischer Basis. Bei beiden streben wir den Gold-Standard des Umweltsiegels Cradle to Cradle an; der Zertifizierungsprozess läuft und befindet sich gerade in der Endphase.

BTH Heimtex: Warum gerade das Label Cradle to Cradle?

Schweizer: In der Textilbranche gibt es mehr als 400 Umweltsiegel. Die bekanntesten 67 habe ich genauer untersucht und dabei festgestellt: Fast alle konzentrieren sich auf nur wenige Komponenten wie etwa das Material oder die Herstellung. Und oft werden auch nur gewaschene Stoffproben analysiert oder es wird nicht nachkontrolliert.

Schließlich bin ich auf Cradle to Cradle gestoßen - ein Label, das sehr umfassend den gesamten Produktionsprozess durchleuchtet und strenge Kriterien ansetzt. In der ganzen Wertschöpfungskette dürfen keine Schadstoffe eingesetzt werden: keine Pestizide im Baumwollanbau, keine schädlichen Öle oder Gleitmittel in der Produktion. Dafür müssen zum Teil erst einmal die Maschinen umgerüstet werden. Auch die sozialen Bedingungen müssen stimmen. Die Energie muss aus nachhaltigen Quellen kommen.

Hier in Krefeld wollen wir Solarpaneele auf dem Dach installieren, Fernwärme haben wir bereits - das hatte man dem Unternehmensgründer schon vor einigen Jahren empfohlen, auch aus Gründen der Kosten-effizienz. Manchmal liegen Ökologie und Ökonomie sogar sehr dicht beieinander.

BTH Heimtex: Sie sagten, Sie hätten bisher zwei vollständig kompostierbare Stofftypen entwickelt: einerseits Baumwollgewebe und andererseits Gewebe auf petrochemischer Basis, also Stoffe auf Basis von Erdöl oder Erdgas.

Schweizer: Aus den Baumwollgeweben werden Deko-stoffe und Bettwäsche gefertigt; aus den Stoffen auf petro-chemischer Basis nur Dekostoffe und Möbel-stoffe. Albin Kälin vom Schweizer Zertifizierungs-institut Epea ist gerade zur Prüfung vor Ort.

BTH Heimtex: Und alle diese Stoffe sind vollständig kompostierbar, sowohl die Baumwolle als auch die Gewebe auf petrochemischer Basis?

Schweizer: Herkömmliche Polyester unterscheiden sich funktional und qualitativ nicht von den Ocean-Safe-Stoffen mit Anteilen auf Basis von Erdöl. Nur die Umwelteinflüsse sind anders. Man kann sie sogar essen. Und wenn man sie im Garten vergräbt, werden sie nach einiger Zeit rückstandsfrei zersetzt. Hier und bei mir zu Hause steckt praktisch in jedem Blumentopf ein Stück Stoff, dessen Zersetzungsprozess ich verfolge.

BTH Heimtex: Man muss aber nicht be-fürchten, dass sich die Vorhangstoffe bei Feuchtigkeit direkt am Fenster zersetzen?

Schweizer: Absolut nicht, das funktioniert nur mit den in der Erde lebenden Mikroorganismen. Übrigens beschränkt sich das Cradle-to-Cradle-Prinzip bei Ocean Safe nicht nur auf die Stoffe, es umfasst auch das Zubehör: Selbst die Knöpfe an der Bett-wäsche und die Gardinengleiter sind biologisch abbaubar. Man muss sie aber nicht im Garten vergraben; die Stoffe sollen über den Handel zurückgenommen und schließlich der Industriekompostierung zugeführt werden. Dort entstehen Erdgas und absolut brauch-bare Pflanzenerde.

BTH Heimtex: Ein sehr umfangreiches Projekt also, das erst mal große Investitionen erfordert. Gleichzeitig übernehmen Sie DDF; auch das will finanziert werden.

Schweizer: Das tun wir, weil ich und auch die Erben zuversichtlich sind, dass sich die Investition letztlich rentiert. Denn ich sehe einen großen Markt für wirklich schadstofffreie, klimaneutrale und gleichzeitig ansprechende Gewebe. Mit der Marke O-cean Safe und der Cradle-to-Cradle-Zertifizierung geben wir unseren Partnern mächtige Argumente an die Hand, mit denen sie wiederum ihre Kunden überzeugen können. Gerade angesichts der omni-präsenten Diskussion um Mikroplastik und das Thema Wohngesundheit.

BTH Heimtex: Natürlich sind da immer noch die Produktionskosten

Schweizer: Wenn wir alles richtig machen, können wir die ökologische Produktion sogar günstiger aufziehen als die herkömmliche. Natürlich geht das nicht von jetzt auf gleich; wir müssen uns erstmal etablieren. Zurzeit kaufen wir noch kleinere Mengen Pellets auf petrochemischer Basis ein, lassen sie in Deutschland zu Fasern verspinnen und daraus Textilien weben. Dann sehen wir weiter.

Die Baumwolle stammt übrigens von einer Plan-tage, von der schon Kleopatra die Baumwolle für die Segel der ägyptischen Flotte bezogen haben soll. Sie ist bereits seit 20 Jahren mit dem Global Organic Textile Standard (GOTS) zertifiziert: Der Boden ist schadstofffrei, man arbeitet seit Jahrzehnten ohne Pestizide.

BTH Heimtex: Wie viele Designs bieten Sie bei den Vorhangstoffen der Marke Ocean Safe?

Schweizer: Wir starten mit den Basics, also mit Uni-Qualitäten. In beiden Kollektionen - Baumwolle und Synthetik - bieten wir je drei Ausführungen in sechs Farben, also insgesamt zweimal 18 Positionen. Im Programm sind blickdichte, transparente und semitransparente Stoffe; es gibt sogar einen schweren Satin auf petrochemischer Basis, der sehr schön fällt.

Bald sollen auch Druckstoffe, Stoffe mit Applikationen und bestickte Textilien hinzukommen. Unser Ziel besteht darin, den Kunden das gesamte heutige Spektrum der Heimtextilbranche mit ökologischen Produkten zu bieten, ohne Einschränkungen.

BTH Heimtex: Mit Ihren bisherigen Produkten haben Sie Verleger und Grossisten angesprochen, nicht den Einzelhandel direkt. Wie sieht das bei Ocean Safe aus?

Schweizer: Ocean Safe ist eine Marke, die wir über unseren Kundenstamm hinaus bekannt machen wollen. Aber mit dem Verkauf wenden wir uns weiterhin ausschließlich an Verleger und Grossisten, nicht direkt an den Einzelhandel.

Die Fragen stellten Tim Steinert und Meike Stewen.


Cradle-to-Cradle Gold - Was bedeutet das genau?
Cradle-to-Cradle ("von der Wiege zur Wiege") bezeichnet ein Produktkonzept, in dem das Wort Müll nicht vorkommt. Stattdessen sieht Cradle-to-Cradle alles als Grundmaterial oder Nährstoff, aus dem wieder etwas Neues entstehen kann: Aus Altglas werden neue Flaschen und Behälter; alte technische Geräte liefern die Komponenten für neue. Ersonnen hat das Konzept der deutsche Verfahrenstechniker, Chemiker und ehemalige Greenpeace-Aktivist Michael Braungart.

Gleichzeitig ist Cradle-to-Cradle ein Qualitätssiegel, das durch das unabhängige Products Innovation Institute vergeben wird. Dabei überprüfen die Zertifizierenden fünf Kategorien: Materialgesundheit, Kreislauffähigkeit, Erneuerbare Energie, Wasserqualität und Soziale Verantwortung. In jeder Kategorie können fünf Level erreicht werden: Basic, Bronze, Silber, Gold und Platin. Die strenge Gesamtbewertung eines Produktes orientiert sich an dem niedrigsten erreichten Level in einer der Kategorien.
aus BTH Heimtex 12/18 (Wirtschaft)