BVPF: EDV-Gruppe tagte bei Pallmann

Wie organisiert manseinen Betrieb digital?


Mit rund 20 Teilnehmern traf sich die EDV-Gruppe des Bundesverbandes Parkett und Fußbodentechnik im September bei Pallmann in Würzburg. Größter Themenkomplex war die Vorstellung verschiedener Systeme zur digitalen Organisation eines Handwerkbetriebes.

Auf die eine oder andere Weise verwaltet heute jeder Handwerker seine Aufgaben - oder einen Teil davon - per Computer. "Wir bekommen ständig Anfragen von Betrieben, die wissen wollen, mit welcher Software man am besten arbeiten kann", sagt Thorsten Barth, Leiter der EDV-Gruppe im Bundesverband Parkett und Fußbodentechnik (BVPF). Einseitige Empfehlungen will und kann Barth nicht geben. Sein Verweis gilt dem Erfahrungsaustausch zwischen Betrieben der Branche. Untereinander darf ohne Rücksicht diskutiert werden, wer mit welchen Programmen gute oder schlechte Resultate erzielt hat. Und lässt man, wie in Würzburg geschehen, verschiedene Anbieter ihre Programme vorstellen, zeigt sich, mit welch unterschiedlichen Voraussetzungen und Zielrichtungen solche Software entwickelt wird.

Hacom aus Neuss ist ein spezialisierter, deutscher Entwickler von Handwerksoftware für den Boden. Inhaber Guido Schuler nennt als zentralen Anspruch, alle Büroarbeiten auf digitalem Wege bearbeitbar zu machen. Das umfasst Angebote, Rechnungen, Adressen, individuelle Zahlungskonditionen, Schriftverkehr, Lieferscheine und vieles mehr. Über Icons sind die Hauptbereiche auf dem Desktop hinterlegt. "Man muss das Programm nicht verlassen, um ein Angebot als PDF zu verschicken", sagt Schuler. Warenwirtschaft kann hinterlegt werden, Lager lassen sich verwalten, statt Stammdaten kann man auch mit freien Texten arbeiten und es gibt Schnittstellen, zum Beispiel für Architektenausschreibungen, Datev und Time-Report.

Ähnliche Aufgaben erledigt die Software von Sander und Doll. Das Unternehmen begann mit der digitalen Organisation für das Fliesenlegerhandwerk, programmiert heute für mehrere Baubranchen und verweist auf über 9.000 verwirklichte Kundenprojekte. Caro nennt sich das gesonderte Programm für Bodenleger. Es basiert auf Windows, ist aufgebaut wie Microsoft Office und versteht sich als dynamisches Programm, dem individuelle Funktionen hinzugefügt werden können. Kalkulationsbausteine sind schon eingepflegt, lassen sich aber individuell verändern. Artikellisten mit unterschiedlichen Preisen für unterschiedlich abgenommene Mengen sind ebenso einstellbar. "Damit könnte man auch den Handel und Verkauf von Parkett verwalten", sagt Systemberaterin Monika Nothnagel.

Über Stammdaten von Kunden, Lieferanten, Mitarbeitern und Geräten hinaus sind Handwerksdokumente wie Aufmaß integriert. Der Nutzer kann auch die Abfrage anlegen, wie ein Kunde auf seinen Betrieb gekommen ist. Fremddateien lassen sich hinzufügen und verwalten. Und mit der Avantim-Baustellenplanung steuert man Zeitmanagement, Subunternehmen und Ressourcen.

Selbstgemachte Lösungen

Externe Software kostet Geld. Pro Arbeitsplatz muss der Betrieb zum Einstieg mit rund 4.000 EUR rechnen. Jeder weitere Arbeitsplatz wird mit rund 1.000 EUR lizensiert. Etwa 600 EUR ist für die jährliche Softwarepflege fällig. Updates sind integriert. Individuell zu programmierende Sonderwünsche haben zusätzliche Servicepreise. "Vieles ist gut an externen Softwarelösungen, vieles brauche ich aber auch nicht", sagt Daniel Pieczkowski, Geschäftsführer eines 25 Mitarbeiter zählenden Betriebes mit 60.000 m2*) Verlegeleistung im Jahr in Meckenheim bei Bonn. Er hat hausintern ein webbasiertes System programmiert, das sich, seiner Aussage nach, im Gegensatz zu fremd eingekauften Lösungen selber leicht weiterentwickeln lässt.

Zunächst handelt es sich bei dem System um eine einfache Erfassung von Akkordlohn-Abrechnungen per Web-Applikation. Technische Grundlage ist eine Oracle-Datenbank, es gibt Zugangsberechtigung, eine Report-Engine für PDF-Ausgaben und eine Schnittstelle zur Handwerkersoftware Top-Kontor. Jede Arbeit hat Pieczkowski in einer Position fest kalkuliert und dann in einer Liste der Akkordlöhne hinterlegt: "Früher haben unsere Monteure den Akkordnachweis per Hand ausgefüllt, das war oft schlecht lesbar, fehleranfällig und die monatliche Prüfung der Abrechnungen kostete Zeit." Jetzt könne die Arbeit schnell erfasst werden, jederzeit habe man eine Übersicht über Monatslöhne und verlegte Quadratmeter. Die organisatorische Zeitersparnis betrage 30 bis 35 Stunden pro Monat.

Der Geselle hat Zugang zum betriebseigenen Webserver, erhält aber nur zwei Apps: "Meine Daten" und "Abrechnungen". Dort trägt er unter "Neue Abrechnung" seine aktuelle Arbeitsleistung, bei mehreren beteiligten Handwerkern seinen geleisteten Anteil ein und erfasst auf einer weiteren Seite noch die genauen Arbeitsmengen. Wichtig ist die Kontrollfunktion direkt im System. Das macht der Bauleiter. Er kann einzelne Abrechnungen in den Positionen überprüfen, teilweise bearbeiten oder sogar hinzufügen. Auch Monatsverdienste der Mitarbeiter kann der Bauleiter einsehen und mit den per Stempeluhr im Betrieb erfassten Monatsstunden eines Mitarbeiters in Beziehung setzen.

Angebote aus dem Netz zusammenstellen

Eine ganz andere Herangehensweise an die EDV-gesteuerte Betriebsorganisation hat sich Lars Bobach erarbeitet. Nachdem er selbst jahrelang einen Handwerksbetrieb geleitet und dort seine Erfahrungen gemacht hat, ist er heute unter dem Motto "Selbstmanagement digital" ein Verfechter des papierlosen Büros. Informationen leichter wiederfinden, besser kooperieren, unabhängig vom Arbeitsplatz sein, vor allem aber Transparenz in den Prozessen - das sind die Dinge, die er digital erfassen will. In welchem Zustand ist mein Auftrag, wie steht es um die Baustelle? Dazu bedient er sich der Software bekannter Internet-Konzerne: Zunächst hat er den eigenen Server abgeschafft und ist mit seinen Daten in die Cloud von Google G-Suite gewandert. Kostenpunkt 50 bis 100 EUR pro Nutzer im Jahr. Einen ähnlichen Service bietet auch Microsoft 365.

Dann hat Bobach große Bildschirme gekauft, um mehrere Funktionen gleichzeitig anschauen zu können, arbeitet aber aktuell mit einem Ipad, wo er Notizen direkt mit dem Pencil eintragen und auch Fotos beschriften kann. Die Microsoft-Alternative davon heißt One Note. Als dritten Schritt nutzt er zum Ablegen zentraler Daten in der Cloud und für die firmeninterne Kommunikation den digitalen Aktenschrank Ever Note.

Was früher die Baustellenmappe im Hängeordner war, ist bei Bobach heute in der App Trello oder in der deutschen Alternative Mastertask gelagert - die sich übrigens kostenlos testen lässt. Auch hier liegen die Daten in einer Cloud. Nach Auftragseingang erhält jede Baustelle dort eine digitale Karte mit Informationen und Fotos. Bobach: "In dieser Karte wird alles notiert, was projektbezogen ist. Wir sind da offen. Jeder, der Zugang hat, kann alles sehen." Das müsse nicht sein, finden manche Parkettbetriebe. Man habe es nicht gern, dass etwa ein Geselle den Verkaufspreis des Parketts an den Verbraucher erfahre.

Überzeugen konnte Bobach dagegen mit sieben grundlegenden Tipps auf dem Weg zum papierlosen Büro.
1. Man muss es selbst machen und als Betriebsinhaber davon überzeugt sein.
2. Klein anfangen, lernen und Schritt für Schritt langsam Perfektionismus vermeiden.
3. Ausnahmen zulassen. Wenn ein Handwerker nicht mit dem Ipad umgehen kann, muss man eine Lösung finden.
4. Plantafel mit Aufträgen im Betrieb an die Wand hängen. Das ist übersichtlicher als ein digitaler Trello-Kalender.
5. Alte Dokumente nur dann einscannen, wenn eine alte Akte in die Hand genommen werden muss. Denn in den seltensten Fällen benötigt man ein altes Papier nochmals.
6. Am Anfang kostet die Umstellung Arbeit, intern auch Widerstand, später geht dafür alles viel einfacher.

Henrik Stoldt
aus Parkett Magazin 06/18 (Wirtschaft)