Kiesel Bauchemie: 50 Jahre Pulverfertigung

Mehr Platz für Technik und Schulungen

50 Jahre Pulverfertigung, 60 Jahre Kiesel Bauchemie und die Erweiterung des eigenen -Technik- und Schulungszentrums - der Verlegewerkstoffhersteller aus Esslingen hat derzeit reichlich Anlässe zu feiern. In großer Runde gewährte die Kiesel-Führung Einblicke in aktuelle Themen, darunter sich verändernde Spachtelmassen, den erfolgreichen Pumpservice, Nachhaltigkeit von geklebten Bodenbelägen sowie die aktuelle Diskussion über die KRL-Messung.

Kiesel Bauchemie feiert 2018 sein 50-jähriges Jubiläum der Pulverfertigung, das die Esslinger auch 2019 begleiten wird. Was 1968 mit dem hydraulisch abbindenden Schnellbindemittel Servofix SB begann, ist heute ein abgestimmtes, umfangreiches Sortiment aus Spachtelmassen, Fliesenklebern und Fugenmassen.

Das 50-jährige Jubiläum der Pulverfertigung bietet Kiesel Bauchemie die Möglichkeit, Bilanz zu ziehen, zurückzuschauen und nach vorne zu blicken. Die Esslinger freuen sich im kommenden Jahr außerdem über ihr 60-jähriges Unternehmensjubiläum. Dazu muss man wissen, dass der heutige Verlegewerkstoffhersteller in den ersten zehn Jahren Muffenkitt produzierte, der kurzfristig nicht mehr gefragt war. So entwickelte Otto Kiesel, der Vater des heutigen Inhabers Wolfgang Kiesel und Großvater der geschäftsführenden Gesellschafterin Beatrice Kiesel-Luik, den ersten Schnellbinder Servofix SB. Dieser wird übrigens auch heute noch im Kiesel-Produktprogramm als echter Klassiker geführt.

Vom Porenfüller zur Hightech-Spachtelmasse

Dass die damalige Entscheidung pro Pulver-Produkte sehr weitsichtig war, zeigt die Tatsache, dass heute 80 % der von Kiesel Bauchemie produzierten Produkte aus Pulver bestehen. Die Ansprüche, aber auch die verfügbaren Rohstoffe und Additive haben im Laufe der fünf Jahrzehnte zu immer weiterentwickelten Pulverprodukten geführt. "Früher waren Spachtelmassen in erster Linie Porenfüller, die man ganz dünn abgezogen hat", erinnert sich Gesamtvertriebsleiter Marcus Lippert.

Heute müssen Spachtelmassen wesentlich höhere Ansprüche erfüllen, auch weil sich die Bodenbeläge und Fußbodenkonstruktionen verändert haben: Die durchschnittliche Spachtelmassendicke beträgt heute 2 bis 3 mm. "Zunehmende Klick- und Looselaybeläge brauchen zwar keine Klebstoffe mehr, aber dafür einen planebenen Untergrund, weil die lose verlegten Beläge ansonsten optische Mängel aufweisen und die Klickverbindungen in Mitleidenschaft gezogen werden", ergänzte Lippert. Er ist sich sicher: "Je dünner und damit heikler die Bodenbeläge werden, desto wichtiger ist eine fachgerechte Untergrundvorbereitung."

Ökologischere Rohstoffe wünschenswert

"In der Zukunft wird es für die Bauchemie entscheidend sein, dass wir uns den Veränderungen des Marktes permanent stellen", betonte Wolfgang Kiesel, für den diese Haltung nichts Neues ist. In seiner Karriere hat er schnelle und langsamere Entwicklungen in der Welt der Bodenbeläge erlebt. Zukünftig wünscht er sich noch viel ökologischere Bestandteile: "Es wird sicher neue Rohstoffe geben, die von der Grundökologie anders aussehen", wagte Wolfgang Kiesel einen Ausblick auf die kommenden Jahre. Auch bei Verpackungen müsse man den Markt beobachten und neue, umweltverträgliche Lösungen finden, um so Rohstoffressourcen einzusparen.

Manchmal sorgt auch die Verknappung des Rohstoffangebots für neue Produktentwicklungen, eine Erfahrung, die typisch für die Bauchemie ist. Geschäftsführerin Beatrice Kiesel-Luik nennt als Beispiel: "Bis heute ist Lithium in Spachtelmassen enthalten. Durch die rasante Entwicklung im Bereich der Elektrofahrzeuge und den damit benötigten Batterien, entstehen hier jedoch derzeit starke Engpässe, was dazu führt, dass wir nach Alternativen Ausschau halten." Ein anderes Beispiel sind sinkende REA-Gipsmengen, die in Kohlekraftwerken anfallen und zu Gipsspachtelmassen veredelt werden. "Wir können stolz darauf sein, dass wir jeder Entwicklung - sei es von Seiten der Verarbeiter oder der Bodenbeläge - Rechnung getragen haben", bilanzierte Wolfgang Kiesel.

Für den Technischen Geschäftsführer Dr. Matthias Hirsch müssen zukünftige Spachtelmassen fein sowie selbstrocknend sein und auch bei schwierigen Bedingungen eine optimale Oberfläche bieten: "Eine moderne Spachtelmasse muss auch in einem heißen Sommer - wie wir ihn dieses Jahr hatten - zuverlässig funktionieren." Dr. Hirsch sieht dieser Entwicklung gelassen entgegen, "weil wir produktseitig bei Kunden in Übersee bereits unter Beweis gestellt haben, dass wir uns auf ein extremes Klima einstellen können."

Beim Kleben an den Ausbau denken

Mit manchen Produktentwicklungen ist Kiesel Bauchemie seiner Zeit weit voraus. Ein typisches Beispiel ist Okalift Superchange. Baut ein Bodenleger diese Innovation - die die Bezeichnung in diesem Fall auch verdient hat - mit ein, kann er dem Bauherrn bei dem folgenden Belagswechsel einen viel leichteren Ausbau ohne Staub und Schmutz garantieren. Momentan mögen sich Endkunden noch nicht mit dem übernächsten Planungsschritt beschäftigen, das Interesse an dem aktuellen Bodenbelag steht im Vordergrund. Bei Kiesel ist man weiterhin von der Bedeutung des Wiederaufnahmesystems überzeugt.

An anderer Stelle wird der Verbraucher zum Weitblick gezwungen: "Bei der Anschaffung eines neuen Kühlschranks zahlt der Kunde automatisch das Recycling gleich mit", zeigte Wolfgang Kiesel ein für ihn konsequentes Beispiel auf. Ihm ist es ein grundsätzliches Anliegen, dem Handwerk zeitgemäße Produkte zur Verfügung zu stellen - und daran halten die Esslinger fest. Das Umsetzen vor Ort beim Endkunden liege allerdings in den Händen des Verlegers: "Dabei unterstützen wir den Parkett- und Bodenleger gerne", so Wolfgang Kiesel. Wichtig sei das funktionierende Zusammenspiel von Handel, Handwerk und Bauchemie. "Wenn diese drei Hand-in-Hand gehen, werden wir gemeinsam erfolgreich sein", so Kiesels Überzeugung.

Geklebte Bodenbeläge
sind nachhaltiger

Um die Vorteile des Klebens von Bodenbelägen an den Endverbraucher zu kommunizieren, engagiert sich Kiesel Bauchemie in den beiden Interessengruppen Parkett im Klebeverbund (Pik) und der Initiative Bodenbeläge kleben (IBK). Auf diese Weise gelangen redaktionelle Beiträge in Tageszeitungen und Anzeigenblätter, die Endverbraucher sensibilisieren sollen, dass verklebte Bodenbeläge nachhaltiger sind als lose liegende.

Dr. Hirsch ist davon überzeugt: "Ein verklebter Belag erfüllt die an ihn gestellten Anforderungen und nutzt vergleichsweise weniger stark ab." In Zeiten von EC 1 Plus-Produkten seien Emissionen zu vernachlässigen. Der Geschäftsführer Technik ist sicher: "Kleben macht der Innenraumluft nichts aus. Mit unseren Produkten kann man sogar eine hygienisierende Innenraumluft erhalten und hat durch die lange Liegezeit des Belags den deutlich nachhaltigeren Boden als bei lose liegenden Belägen."

Maschinelle Unterstützung:
Pumpservice wird ausgebaut

In Zeiten des Fachkräftemangels verzeichnet Kiesel eine höhere Nachfrage nach seinem Pumpservice für Spachtelmassen. Dabei unterstützt ein Servicetechniker das bodenverlegende Handwerk beim Anmischen und Einbau mit einer Pumpe. Das lästige, zeitraubende Tragen von Spachtelmassensäcken entfällt, weil die fertig angemischte Masse ins Objekt gepumpt wird. Aktuell werden die Esslinger am Unternehmensstandort Tangermünde in Sachsen-Anhalt einen zweiten Servicetechniker mit einer Pumpe installieren, weil der erste aus Esslingen bereits ausgelastet war. Das zweite Fahrzeug wird das "Dreieck" Hamburg, Berlin und Dresden abdecken. "Im Vergleich zum großen Pumptruck hat unsere im Pkw transportierte Pumpe den Vorteil, dass sie auch für kleine bis mittlere Baustellen geeignet ist." Marcus Lippert ergänzt: "Der Einsatz eines großen Pumptrucks lohnt sich eigentlich erst ab einem Volumen größer 5 t. Das entspricht 2.000 bis 3.000 m2 Fläche - und die haben unsere Handwerkerkunden nicht jeden Tag." Wer allerdings 300 m2 im 4. Stock zu bewältigen habe, der weiß den Kiesel-Service schnell zu schätzen.

Fakt ist, der Kiesel Pumpservice wird sehr gut nachgefragt. Handwerker haben zunehmend Probleme, Mitarbeiter zu finden, die die Spachtelmassensäcke in den 5. Stock tragen. Lippert erinnert sich an einen Sportartikel-Shop auf dem Champs-lysées, wo die Spachtelmasse aus der Tiefgarage gefördert wurde. Auf der berühmten Prachtstraße selbst hätten die Verleger keine Sondererlaubnis zum Halten bekommen.

Feuchtemessung:
Warum nicht HM-Box?

Die aktuelle Diskussion über die Messung der Restfeuchte in Estrichen sorgt bei Kiesel für Kopfschütteln. Die Esslinger hatten sich bereits früh für die HM-Box ausgesprochen, die in Österreich erfolgreich auf Baustellen eingesetzt wird. "Wir haben mit der zerstörungsfreien Methode vorgemessen und dann zur Sicherheit eine CM-Messung durchgeführt", blickt Lippert auf positive Erfahrungen zurück. Dass der Verleger jetzt parallel die Messung der korrespondierenden Luftfeuchte (KRL) messen soll, wird als wenig sinnvoll und zu zeitaufwendig erachtet.

Besonders schwierig sei der Kostenaspekt: "Ein Bodenleger bekommt seine CM-Messung in der Regel nicht bezahlt - und jetzt soll er mit der KRL-Messung noch eine zweite durchführen", kritisiert Lippert. In vielen Fällen springt die Anwendungstechnik der beteiligten Verlegewerkstoffhersteller ein, die aber bei doppeltem Zeitaufwand die Kosten auch nicht mehr stemmen könne. Anwendungstechniker Manfred Dreher weiß aus Erfahrung: "Auf Druck des Bauherrn, der gerne zeitnah einziehen möchte, misst man häufig mehrmals." Die HM-Box hätte den Vorteil, dass alle Beteiligten die Daten im Vorwege am heimischen Computer ablesen können und sich unnötige Fahrten und Fahrtkosten sparen.

Technik- und Schulungszentrum
von Kiesel wächst

Von dem geplanten Ausbau des Technik- und Schulungszentrums in Esslingen-Berkheim profitiert vor allem die Anwendungstechnik, die Abteilung Forschung & Entwicklung sowie die Kunden bei Schulungsveranstaltungen. Bislang konnte Kiesel maximal 50 Seminar-Kunden einladen, weil die räumlichen Gegebenheiten begrenzt waren. Dadurch, dass eine benachbarte Schreinerei den Geschäftsbetrieb einstellte, konnte Wolfgang Kiesel das 2.000 m2 große Grundstück erwerben. Ein Glücksfall für das Unternehmen, das rund 3 Mio. EUR in den Anbau investieren möchte.

Künftig können dank der Erweiterung sogar zwei Seminar-Gruppen parallel Platz finden: "Die heiße Phase der Schulungen ist zwischen September bis Anfang Dezember und von Januar bis Mai. Dann haben wir wöchentlich ein bis zwei Seminare, in der Regel für Fußboden und keramische Fliese", berichtete Manfred Dreher. Kleine Schulungsgruppen werden zukünftig in einem passenden, komfortablen Raum mit moderner Präsentationstechnik platziert.

Pflichttermin:
Treffpunkt auf der BAU

Kiesel Bauchemie wird auf der Messe BAU wieder auf dem angestammten Standort in Halle B6, Stand 139 zu finden sein. Schwerpunkt-Themen werden unter anderem 50 Jahre Pulverprodukte und 60 Jahre Kiesel Bauchemie sein. Darüber hinaus werden auch neue Produkte vorgestellt, die vorab nicht verraten werden. Die Kiesel-Verantwortlichen freuen sich auf Gespräche mit Kunden, die erfahrungsgemäß in erster Linie aus Deutschland, Österreich und der Schweiz kommen.
aus FussbodenTechnik 01/19 (Wirtschaft)