TKB-Branchengespräch, Düsseldorf
Diskussionen über Nachhaltigkeit und den Blauen Engel
Das Branchengespräch der Technischen Kommission Bauklebstoffe (TKB) fand Anfang Oktober in Düsseldorf statt. Anwesend waren 16 Teilnehmer, darunter Vertreter der Klebstoffindustrie, Sachverständige, Verbandsvertreter des Handwerks und die Fachpresse. Neben der KRL-Methode drehte sich der Austausch von Handwerk und Industrie unter anderem um das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz und das überarbeitete Reglement des Blauen Engels. Die Moderation des Branchengesprächs übernahm der TKB-Vorsitzende Dr. Norbert Arnold. Erster Themenschwerpunkt war die Kritik an der KRL-Methode (Korrespondierende Relative Luftfeuchte) zur Messung der Estrichfeuchte durch den Arbeitskreis Sachverständige des Bundesverbands Estrich und Belag (BEB). Der Leserbrief erschien in Ausgabe 06/2018 von FussbodenTechnik. Allerdings war trotz Einladung niemand vom BEB zum Branchengespräch erschienen. Dr. Arnold wies darauf hin, dass in mehreren Merkblättern der TKB die KRL-Methode beschrieben sei: "Wir sind bei diesem Thema total transparent." Einstimmig wünschten sich die Anwesenden in den Dialog mit ihren Kritikern zu treten, nicht nur mit den Sachverständigen des BEB, sondern auch mit dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB). Bisher kam von beiden Gruppen keine Reaktion.
Der Sachverständige Richard A. Kille fasste den aktuellen Stand der neuen Messmethode zusammen: "Wir haben die Technik erforscht, nun müssen wir durch weitere Praxiserfahrungen Sicherheit schaffen. Es geht nicht mehr um die Infragestellung des Systems, sondern um das Feintuning."
Erprobungsphase nicht abgeschlossen
Dr. Arnold betonte, dass die KRL-Methode in einer Erprobungsphase sei. "Unser Problem sind die beschleunigten Estriche. Die KRL-Methode soll dem Verleger noch mehr Sicherheit an die Hand geben. Das Ziel ist nicht die CM-Messung zu ersetzen." Selbstkritisch bemerkt er allerdings, dass die Tests der Methode zu selten Calciumsulfat-Estriche einbezogen haben. Zu diesem Zweck sei man bereits mit dem Verband für Dämmsysteme, Putz und Mörtel (VDPM) im Gespräch, um weitere Prüfungen durchzuführen.
Auf Dr. Arnolds Frage hin, ob die Sachverständigen mehr Schadensfälle bei beschleunigten Estrichen bemerken würden, fiel die Antwort negativ aus. "Gefühlt gibt es weniger Feuchteschäden bei allen Estrichen", sagte Norbert Strehle, Sachverständiger und Vorstand des Zentralverbands Parkett- und Fußbodentechnik. Bundesinnungsmeister Peter F. Fendt stimmte zu: "Misst ein Handwerker, gibt es auch keine Schäden." Probleme entstünden nur dort, wo nicht gemessen würde, fügte Kille hinzu. "Daher ist eine einfache Messmethode bei Estrichen so wichtig", sagte Kille. "Wir müssen unbedingt das Gespräch mit allen Parteien suchen. Womöglich können wir noch alle ins Boot holen", hoffte Jürgen Gehring, Leiter Entwicklung Bau- und Spezialklebstoffe bei Bostik.
Zur weiteren Erprobung der Methode müssen weitere Tests durchgeführt werden. Allerdings laufe die Mitarbeit durch Handwerker eher schleppend. Dabei gäbe es keinen weiteren Zeitaufwand, so Dr. Arnold. "Die Probe für die KRL-Methode ist im Grunde der Abfall von der CM-Messung", erklärte Kille. Nach der Entnahme des Prüfguts aus dem Estrichquerschnitt für die CM-Messung könne Restmaterial für die KRL-Methode genutzt werden.
Emissionsprüfungen belasten Belagshersteller
Nach der Mittagspause drehte sich das Gespräch kurz um die neue Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmung (VV TB). Diese verlange, dass Bodenbeläge nachweisen müssen, dass ihre Emissionen nicht schädlich sind. Dafür werden feste Werte definiert. Da die Hersteller jedoch die bauaufsichtliche Zulassung um fünf Jahre verlängern konnten, wurde dieses Thema bisher nur stiefmütterlich behandelt. Es soll zukünftig europaweit unabhängige Prüflabore geben, die nach den neuen Standards Produkte testen können. "Einige Beläge werden in ihrer Zusammensetzung leichte Veränderungen in der Rezeptur erfahren, um den neuen Normen zu entsprechen", sagte Stephan Winkler, Leiter Anwendungstechnik bei Tarkett.
Baustellenabfälle sortenrein sammeln
Eine neue Richtlinie der EU fordert, dass es in Zukunft einen komplett geschlossenen Recyclingkreislauf für die meisten Produkte geben soll. Rohstoffe müssen wiederverwendet werden. Diese Richtlinie soll helfen, Recyclingströme besser zu organisieren. "Eine Öko-Designrichtlinie betrifft vor allem die Herstellung von Elektronik. Geräte müssen so designt sein, dass sie möglichst leicht recycelt werden können. Als Nächstes sollen Baustoffe reglementiert werden", erklärte Ansgar van Halteren, Hauptgeschäftsführer der TKB. Klebstoffe beträfe dies insofern, da auch Baustellenabfälle durch den Handwerker sortenrein gesammelt und recycelt werden sollen.
Dr. Arnold: "Noch ist dies kein großes Thema, aber bald wird eine Welle auf uns zukommen." Van Halteren ergänzte: "Das Problem ist der Ausbau: Jedes Bauteil soll später wieder neu verwendet oder recycelt werden können." Es ist aber noch nicht klar, wie "sortenrein" zu verstehen ist. Ob bereits die Zusammensetzung aus Estrich, Spachtelmasse und Klebstoff sortenrein ist, oder diese einzelnen Bauprodukte noch zerlegt werden müssen. Dafür gäbe es bisher keine technische Lösung. "Diese Diskussion muss erst noch geführt werden. Was allerdings den Prozess beschleunigen könnte, wären einzelne Hersteller, die unbedingt eine Lösung haben wollen, um mit ihrem Produkt dann einen Markenvorsprung zu schaffen", sagte van Halteren. "Im schlimmsten Fall müssen wir Parkett wieder nageln und andere Beläge nur schwimmend verlegen", gab Kille zu bedenken.
Dem widersprach Hartmut Urbath, Head Technical Customer Service Management Floor Laying Europe bei Thomsit/PCI. "Klickvinybeläge sind nicht die Lösung des Problems. Die Verlegung eines 2 mm LVTs mit Klebstoff hat im Vergleich zu einem 4 oder 5 mm Klickvinyls eine bessere Ökobilanz. Und dies liegt an der Menge an verbrauchten Rohstoffen beim Klickvinyl." Urbath ergänzte: "Womöglich führt z. B. das Programm Leed den sortenreinen Rückbau der Materialtrennung ein. Dann ist es zwar freiwillig und nicht gesetzlich, aber der Druck durch die Gebäudezertifizierer, die die Leed-Standards einfordern, kann uns früher erreichen als die Gesetze aus Brüssel."
Überarbeitung Blauer Engel
Gehring fasste kurz die neuen Vergabekriterien des Blauen Engels zusammen. Ein wesentlicher Punkt ist, dass die Essigsäure nicht mehr als Bestandteil des PVC berechnet werde, sondern als eigener Wert stünde. Die Emission wird demnach separat geprüft. "Das ist sinnvoll. Bei dem Umweltzeichen GEV-Emicode haben wir eine ähnliche Betrachtungsweise", sagte Gehring. "Zusätzlich würden auch Phtalate und Weichmacher, die auf ähnliche Weise wirken, verboten werden." Gehring befürchtet, dass damit alle Weichmacher betroffen seien.
Noch werde darüber beraten. "Wenn dies so beschlossen würde, verlieren von einem auf den anderen Tag alle Klebstoffe den Blauen Engel, da die meisten Produkte Weichmacher enthalten, um überhaupt viskos zu sein." Dr. Arnold fragte daraufhin ganz provokativ: "Brauchen wir überhaupt einen Blauen Engel, wenn wir mit diesen Einschränkungen zu rechnen hätten?" Gehring: "Wir brauchen den Blauen Engel nicht, wir haben den Emicode. Der ist viel sinnvoller und auch von unserem Kunden, dem Handwerker, akzeptiert. Wir hätten als Klebstoffhersteller niemals auf den Zug mit dem Blauen Engel aufspringen dürfen." In Ausschreibungen allerdings stünde meist die Forderung nach dem Blauen Engel oder gleichwertigen Produkten, wie etwa Emicode oder EC 1 zertifiziert, erklärte Urbath. "Daher glaube ich nicht, dass wir beim Wegfall des Blauen Engels für Klebstoffe Geschäft verlieren würden."
Geruchsprüfung noch freiwiliig
Dr. Arnold wies auf die neue Geruchsprüfung des Blauen Engels hin, die Produkte als geruchsarm klassifiziert. "Wenn in Ausschreibungen geruchsarme Produkte gefordert werden, würden nur Blauer Engel-zertifizierte Klebstoffe möglich sein." Gehring: "Bisher ist die Geruchsprüfung nur freiwillig."
Strehle wies darauf hin, dass er solche Forderungen in Ausschreibungen noch nicht gesehen habe. Das Pro- blem der Gerüche trete erst nach dem Bau auf und dann sei der Grund ein ganz anderer, z. B. Feuchtigkeit. In den seltensten Fällen läge es an den Produkten. Denn obwohl Produkte als geruchsfrei bezeichnet werden würden, hieße dies nicht, dass auch der Gesamtbodenaufbau geruchsfrei sei.
Reklamationen
durch handwerkliche Fehler
Bei der Nachfrage an die Sachverständigen, was heutzutage reklamiert werden würde, waren sich die Anwesenden einig: Feuchtereklamationen würden zurückgehen. Hingegen werde von Bauherren häufiger über Gerüche geklagt. Kille gab an, dass Fehler nicht mehr entstünden, weil Verfahren kompliziert seien, sondern dass stattdessen einfachste Tätigkeiten Fehler aufwiesen. Strehle gab an, dass dies ein Problem der Personalpolitik der Betriebe sei: "Billig und preiswert schafft Probleme."
Ebenheitsklassifizierung
noch wenig genutzt
Kurz ging es um Ebenheitsklassifizierung von Spachtelmassen. Die Teilnehmer bezogen sich dabei auf das Technisches Hinweisblatt 02 (Stand Juli 2016) des Bundesverbands Parkett und Fußbodentechnik (BVPF) "Qualitätsanforderung an die Ebenheit von Untergründen für Bodenbeläge und Parkett". Hier wurde die Qualität der Ebenheitsausführung von einer einfachen Spachtelung (E1) bis zu einer sichtbar glatten Oberfläche (E4) aufgeführt, die nur mit Rakel und Stachelwalze erreicht werden kann.
Nach Fendts Einschätzung spielt die Ebenheitsklassifizierung für Handwerker bisher keine Rolle. Auch in Ausschreibungen würde diese nicht genutzt werden. "Es wird noch etwas dauern, bis sich die Ebenheitsklassifizierung im Markt etabliert hat", meinte Strehle. Kille fügte hinzu, dass die Ebenheit der Spachtelmasse vor allem für nachträgliche Aufträge interessant sei. Pfiffige Handwerker würden sich höherwertige Arbeit zusätzlich vergüten lassen, wenn sie den Boden ebener spachteln, um die spätere Aufnahme von Bodenbelägen zu verbessern.
Lösemittelhaltige Klebstoffe
Ein weiterer Schwerpunkt beschäftigte sich mit der Nutzung von lösemittelhaltigen Klebstoffen. "Würden diese nur noch bei Treppen eingesetzt werden?", wollte Dr. Arnold wissen. Van Halteren gab an, dass nur noch in 1 % der Bodenbelagsarbeiten mit Lösemittelklebstoffen gearbeitet werden würde. Alternativprodukte würden alte Klebstoffe verdrängen. Eberhard Schübel, Sachverständiger des Technischen Diensts im Fachhandelsring, stimmte ihm für die Raumausstatter zu. Jörg Baumann, Vizepräsident des Bundesverbands Farbe Gestaltung Bautenschutz, gab für die Maler hingegen an, dass für Treppen nur Neoprene-Kleber verwendet werden würden.
Desweiteren wurde über die Designbelagsverlegung in kritischen Orten, wie Arztpraxen und Altenheimen diskutiert. "Ein Designbelag gehört meiner Meinung nach nicht in die Demenzstation eines Altenheims", sagte Strehle. Kille hingegen befürwortete den Einsatz von LVT unter Einhaltung der Regeln der Gesundheitsämter: "Diese haben mir versichert, dass die Verlegung von PVC-Planken unbedenklich ist, wenn diese lackiert werden würden." So garantiere man, dass der Belag flüssigkeitsdicht sei. Eine gründliche Reinigung und Desinfektion wäre damit gewährleistet - sogar bei einer Fuge von 0,1 mm Breite.
Am Ende der Veranstaltung dankte Dr. Arnold den Teilnehmern für den regen Austausch und wies auf den nächsten Termin der TKB hin: Am 13. März 2019 findet die TKB-Tagung Fußbodentechnik in Köln statt.
Wer war dieses Jahr dabei?
-Dr. Norbert Arnold, TKB-Vorsitzender
-Jörg Baumann, Vizepräsident des Bundesverbands Farbe Gestaltung Bautenschutz
-Peter F. Fendt, Bundesinnungsmeister BVPF
-Manfred Friedrich, Produktmanager Fußbodentechnik Sika Deutschland
-Dr. Frank Gahlmann, Geschäftsführer Stauf
-Jürgen Gehring, Leiter Entwicklung Bau- und Spezialklebstoffe, Bostik
-Ansgar van Halteren, Hauptgeschäftsführer der TKB
-Richard A. Kille, Sachverständiger
-Eberhard Schübel, Sachverständiger im Technischen Dienst des Fachhandelsrings
-Norbert Strehle, Sachverständiger und Vorstand des Bundesverbands Parkett- und Fußbodentechnik
-Hartmut Urbath, Head Technical Customer Service Management Floor Laying Europe, Thomsit/PCI
-Stephan Winkler, Leiter Anwendungstechnik, Tarkett
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FussbodenTechnik 01/19
(Wirtschaft)