Who is who der Anwendungstechniker: Thomas Schneider, Uzin Utz

Alterung von Untergründen: Wenn die Belastung über der ursprünglich vorgesehenen Nutzung liegt


Das Beurteilen von Altuntergründen gehört zum Alltag eines Boden- oder Parkettlegers. Ein Merkblatt oder eine normative Dokumentation, welche praktische oder theoretische Zeitwerte für Estriche festlegt, existiert nicht. Daher ist es oftmals schwer, eine genau zutreffende Definition der Untergründe, zu erwartende Nutzungszeit oder Beanspruchbarkeit zu formulieren. Umbau- und Ausbaumaßnahmen, Nutzungsänderungen von Räumlichkeiten über viele Jahre hinweg, setzen die Untergründe oftmals unerwarteten Belastungen aus, die über einer ursprünglich vorgesehenen Nutzung liegen. Solche Belastungen werden meistens vom Planer oder Auftraggeber in der Sanierung nicht berücksichtigt.

Der Hintergrund
Der Boden- und
Parkettleger als Detektiv

Für Verarbeiter kann die Beurteilung von Altuntergründen bei der Sanierung eine große Herausforderung sein: mehrschichtige Estriche und Spachtelmassenschichten, Hohl- oder Schwachstellen unter alten keramischen Fliesen, Einfärbungen von Estrichlagen, labile Randzonen, PAK-belastete Untergründe sowie feuchigkeitsempfindliche Steinholz- bzw. Magnesiaestriche. Diese Vielfalt gilt es zu erkennen, zu beurteilen und Auftraggeber fachmännisch zu beraten.

Der Auftraggeber ist verpflichtet, dem Auftragnehmer über die Art und den Aufbau sowie die Bindemittel und Zusätze im Vorfeld Auskunft zu geben. Außerdem sollte der Auftragnehmer vorab hinsichtlich der Nutzung und Art der Beanspruchung informiert werden. Gerade in der Sanierung ist der Auftraggeber nicht in der Lage, die von ihm verlangten Informationen zu liefern. Hierzu gehört ebenfalls die Auskunft, ob es sich um eine gekühlte oder beheizte Konstruktion handelt. Die Nenndicke des Estrichs sowie die Anordnung, Art und Dicke der einzelnen Schichten ist zu benennen. Das gilt auch für die Frage: Besteht, wenn notwendig, eine funktionstüchtige Abdichtung gegen Wasser?

Der Planer und der Auftraggeber sind verpflichtet, die Altschichten aus Klebstoffen, Spachtelmassen oder Unterlagen zu benennen. In den meisten Fällen geschieht dies aber nicht. Außerdem wirkt ein natürlicher Alterungsprozess auf Estriche, der aus der Zusammensetzung der damaligen Bindemittel, Füllstoffe oder Zusatzmittel resultiert. Diese Prozesse lassen sich nicht katalogisieren. Um sie zu erkennen, braucht es Erfahrung, Fachwissen und ein forensisches Vorgehen der Boden- und Parkettleger.

In Kommentar zur DIN 18365 wird darauf hingewiesen, dass alte und genutzte Bodenbeläge sowie Rückstände von Klebstoffen und Spachtelmassenschichten im Verlegeuntergrund als problematisch gelten und oft Ursache für Folgeschäden sind. Zur Vermeidung möglicher Risiken müssen diese beseitigt werden. Um bereits die richtige Wahl der Belagsentfernung zu treffen, bedarf es Informationen zum Untergrund.

Abhängig von der Art der Maschinen zur Entfernung diverser Beläge kann der Altuntergrund enormen mechanischen Belastungen ausgesetzt werden. Dies kann bis zur irreversiblen Zerstörung führen. Das Abfräsen von Altschichten, insbesondere das Einfräsen von Führungskanälen für Heizungsrohre und von Kabelschächten, reduziert die Estrichdicke maßgeblich. Dies führt zu Schwachstellen und verringert somit die maximale mögliche Traglast für die zukünftige Nutzung.

Das Einbringen moderner, dampfdichter Kunststoffbeläge im Altbau auf Holzkonstruktionen kann ein Verrotten der gesamten Bodenkonstruktion bewirken, wenn keine Hinterlüftung mehr gewährleistet ist. Oftmals werden auch eingefärbte Estriche im Altbau falsch eingeschätzt, was dazu führen kann, dass ein Steinholz- oder Magnesiaestrich verkannt wird und mit einer Polyurethan- oder Epoxidharzgrundierung abgesperrt wird. Dies kann zum Schaden durch Verrottung führen.

Insbesondere großformatige Holzdielen, deren Beliebtheit ungebrochen ist, setzen Altestriche enormen Stress aus. Infolge von Feuchtewechseln entstehen hohe Zug- und Scherkräfte, die die Holzdielen über die Verklebung an den Estrich weiterleiten.

Mein Tipp
Gemeinsame Lösungen erarbeiten

Jede Baustelle, im Besonderen in der Sanierung, besitzt eine individuelle Problemstellung und einen besonderen technischen Charakter. Eine gute Leitlinie zur Beurteilung bieten die einschlägigen Merkblätter von BEB und TKB. Beispielhaft sei an dieser Stelle das BEB-Merkblatt "Beurteilen und Vorbereiten von Untergründen im Altbau- und Neubau" und das TKB-Merkblatt Nr. 8 genannt. Jedoch können Hinweise und Ratschläge keine fachmännische Expertenprüfung vor Ort ersetzen. Es ist keine Seltenheit, dass alleine durch Augenscheinnahme sich Altuntergründe nicht identifizieren lassen. Chemische Analysen zur genauen Bestimmung lassen sich manchmal nicht vermeiden. Diese sind kostenaufwendig und prinzipiell nicht notwendig. In den meisten Fällen ist die Erfahrung des Planers und des Bodenprofis gefragt.

Bauherren oder Planer sind oft der Meinung, dass damals gute alte Qualitätsarbeit beim Estrich geleistet wurde und diese auch für die nächsten Jahrzehnte ausreichend sei. Ein elementarer Erfolgsfaktor bei einer anstehenden Sanierung ist ein gemeinsamer Baustellentermin im Vorfeld, an dem alle an der Fußbodenkonstruktion Beteiligten zusammenkommen. Ziel muss es sein, vor dem Sanierungsbeginn die Besonderheiten und die Anforderungen auf einen Nenner zu bringen. Dies minimiert das Risiko möglicher Schäden oder Unstimmigkeiten während der Ausführung.
aus FussbodenTechnik 02/19 (Wirtschaft)