Belétage Salzburg
Stoffe erleben auf der Belétage
Eine enorme Vielfalt an Stoffen plus Tapeten und Sonnenschutz prägen die Belétage. Das Messekonzept kommt an. Der Tourismus boomt weiterhin in Österreich und mit ihm vor allem das Objektgeschäft. Entsprechend gute Stimmung herrschte im Salzburg Congress.
Die Belétage im Salzburg Congress als Zwischenevent zur alle zwei Jahre stattfindenden Casa hat sich ihren Platz in der Messelandschaft erobert und fand 2019 schon zum fünften Mal statt. Mit 71 Ausstellern bot sie eine Vielfalt an Lieferanten für die textile Raumgestaltung, die sich größere Messen vermutlich wünschten. Hier präsentierte sich im Europasaal mit Romo, Fischbacher, Houles, Casamance, Osborne & Little, Kobe, Pierre Frey, Elitis und weiteren eine internationale Stoffelite mit außergewöhnlichen Designs und Opulenz. Raumausstatter, Tapezierer, Tischler und Inneneinrichter ließen sich gern zu frischer Schaufensterdekoration inspirieren. 1.800 Fachbesucher, 40 % davon aus dem benachbarten Ausland, waren vor Ort, um sich die Kollektionen zeigen zu lassen.
Von 11 Uhr bis 15 Uhr ist an den Ständen richtig was los. Da fliegen die Stoffbahnen und es wird geordert. Auf drei Etagen plus Galerie und Zwischengeschoss sehen wir Stoffe für jeden Geschmack und Geldbeutel, dazwischen Tapeten, Leder, Teppiche sowie Werkzeuge und Zubehör. Das Thema Sonnenschutz bespielen MHZ, Erfal und Leha deutlich erkennbar mit ihren größeren Aufbauten im Erdgeschoss. Eine Sonderstellung direkt an der Rolltreppe hat Kaiser EDV Konzept. Geschäftsführer Henning Ruf bietet Raumausstattern, Bodenlegern und Heimtextilienhändlern ein speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenes EDV-Programm. Da die Garderobe im dritten Obergeschoss installiert ist, führt der Weg die Besucher durch alle Etagen.
Stoffe in jeder Couleur
Vielfalt und Buntheit machen Lust zum Einkaufen. Die Qualitäten reichen von pflegeleichten Drucken bis zu exklusiven Webstoffen mit hohem technischen Aufwand und Raffinesse im Warenausfall. Fischbacher zeigt dies mit Interfloral, bei dem in der Umkehr das goldfarbene Grundgewebe auf Silber kippt. Regionale alpenländische Motive prägen den eleganten Landhausstil, der markant bei Jordis Handdrucke, Fine, Collection Classic von Inku oder Almrausch bei Baumann Dekor zu sehen ist. Die Designs sind teilweise an die Trachtenmode angelehnt.
Geometrische und florale Ornamente sind in mehreren Stilrichtungen zu finden. Mal opulent inszeniert im Stil einer klassischen Moderne wie bei Wiener Textil oder Backhausen. Als technisch aufwendige Applikationen oder Stickerei zieren die Motive auch Stoffe bei Romo und Böhm; zudem im Retro-Style als Druck und Webware mit frischer Leichtigkeit über sämtliche Preisklassen hinweg.
Es gibt keinen einheitlichen Farbtrend. Volle Farben wie Beere, Curry, Petrol und Erdtöne geben sich die Hand mit pastelligem Aquamarin und Koralle. Grün von kräftig bis zart schafft Wohlbefinden und repräsentiert die Natur mit zahlreichen Blatt- und Palmen-Dessins. Wilde Tiere und exotische Pflanzen des Dschungels sorgen mit ihrer Farbenpracht für Spannung und wecken den Wunsch nach Ferne. Solche Eyecatcher sehen wir bei Pierre Frey oder Osborne & Little im Europasaal ebenso wie bei Indes Fuggerhaus im 1. Obergeschoss.
Unis aber bleiben die Umsatzbringer. "Sie sind in vielen Farben zu haben, doch gekauft werden vorzugsweise Non-Colors", erlebt Sascha Dempwolff, Verkaufsleiter von Porschen, die Realität in Weiß, Beige, Grau und Anthrazit.
Für exklusive Räume braucht es Sondermaße - raumhoch oder überbreit. Der Neusser Stoffverlag DNW Deco Fashion hat sich auf Breiten von 280 cm spezialisiert und stellt erstmals selbstständig und mit eigenem Außendienst auf der Belétage aus. Insgesamt 13 Neuzugänge meldet Messeleiter Wilfried Antlinger, darunter die internationalen Verlage Elitis, Nobilis, Wind und Allesandro Bini.
Design plus Funktion
Technisch geprägte Textilien punkten mit den Attributen Brandschutzklasse, Schall- oder Geruchsabsorption, aber auch Fleckbeständigkeit oder Pflegeleichtigkeit. Sämtliche Textilverlage und Großhändler haben inzwischen solche Produkte im Portfolio.
Auf der Messe sind auch Spezialisten erkennbar. Hubert Reinermann, Verkaufsleiter von Drapilux, macht mit kunstvollen Skulpturen auf diesen Mehrwert seiner Stoffe aufmerksam. "Mit konsumigen Dessins und weicher Haptik erobern sich Objekttextilien zunehmend den privaten Bereich", freut sich Erich Fleischmann von Englisch Dekor. Der österreichische Spezialist für schwer brenn- und entflammbare Textilien signalisiert seine Kernkompetenz mit lodernden Flammen am Stand.
Flagge zeigen, wofür man steht, ist bei der Vielfalt an Ausstellern auf kleinem Raum wichtig. Als Marken für pflegeleichte Stoffe und Drucke sind Ado und Gardisette auch bei den Endverbrauchern in Österreich bekannt. Die Firmen stehen deshalb auf vielen Einkaufslisten. So freut sich Gardisette-Gebietsverkaufsleiter Dominik-Philip Sorger über seine zahlreichen Kunden "Sie kommen je zur Hälfte aus Österreich und aus Bayern."
Cupro, Leinen und Wolle
erleben ein Revival
Neben Polyester und Mischgeweben - gern mit natürlich anmutender Leinenstruktur und woll-weicher Haptik sowie seidigem Glanz - sind vermehrt Naturmaterialien gefragt. Kobe bringt mit der Kollektion Artisan die Faser Cupro wieder ins Spiel. Das 100 % organische Material mit dem Touch handwerklicher Webtechnik bezeichnet die Modebranche als Waschseide. "Der Stoff ist fließend, hat einen weichen Griff und schimmert wie Seide", führt Vertriebsleiter Thomas Schmölz vor.
Die typische Webstruktur und eine leichte Knitteroptik zeichnen Leinen aus. Es findet sich im Landhausstil ebenso wie im nordisch angehauchten Hygge. In Vintageoptik sehen wir Leinen bei Proschen und Böhm.
Böhm Stoffe steht in Österreich als bekannte Traditionsmarke für hochwertige und auch feine Textilien. Diesem Anspruch sehen sich Martin und Elisa Orasch weiter verpflichtet und zeigen bestickte Seide und Kaschmir. Auf der Messe feiern sie ihre Vertriebspartnerschaft mit dem Kulmbacher Textilverlag Saum & Viebahn auf gemeinsamer Fläche. "Die Böhm-Kollektion rundet unser Sortiment unter der Marke Eternity im Premiumsegment ab", freut sich S&V-Geschäftsführer Andreas Klenk über die erfolgreiche Zusammenarbeit.
Als Nischenanbieter für Wolle und Loden hat sich der österreichische Hersteller Steiner 1888 vor der großen Glasfassade im zweiten Geschoss positioniert. Wollstoffe sind hervorragende Schallabsorber und schwer entflammbar. Dass Wolle auch sehr strapazierfähig ist, beweist Backhausen mit seiner "Woll-Box", die Stoffe aus 100 % Schurwolle und mit Woolmark-Siegel enthält. Neu ist Achilles, ein Möbelstoff mit kräftigen Farben und weicher Haptik, der 45.000 Scheuertouren standhält. "Wir stehen damit für Expertise, Qualität und Tradition", betont Dr. Louise Kiesling, seit 2014 Eigentümerin der österreichischen Traditionsweberei von 1849. Im Zuge von Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein ist nicht nur bei ihr der Produktionsstandort Österreich ein Verkaufsargument.
Hochwertig aus der Vergleichbarkeit
Attraktive Tapetenbücher ergänzen mehrfach die Stoffpräsentation. Die Handelsvertretung Alfred Sika zieht im Europasaal mit exotischen Dschungelmotiven aus der Style Library die Blicke auf Tapeten und zum Teil motiv-gleiche Stoffe. Werner Veith, Geschäftsführer des Grazer Tapeten- und Stoffgroßhandels Seybalth Veith weiß, "Tapete ist mit durchschnittlich dreieinhalb Rollen pro Auftrag zum Accessoires geworden. Doch grade deshalb muss man sie präsentieren und mit anbieten." Er begegnet Preisaggressivität und der Vergleichbarkeit vor allem durch das Internet mit der Verlagerung auf hochwertige Hersteller wie Omexco oder Casamance, die online kaum gehandelt werden.
"Ein Verkäufer muss für Tapete brennen", bestätigt Joachim Haug, Vertriebsleiter bei Rasch Textil. Die Realität ist oft anders. Daher liefert Rasch seine Verkaufsargumente als Einleger in den Büchern "Lebensräume" gleich mit. Dabei erfährt der Endverbraucher auch beim selbstständigen Blättern, wie und wo er das jeweilige Motiv einsetzen könnte. Vorschläge zur Kombination von Tapete mit den Stoffen von Rasch Textil beinhaltet demnächst Affairs III.
Leder Ehrlich setzt auf gewachsene Geschäftsbeziehungen. "Wir geben ein Qualitätsversprechen, das wir halten", betont Martin Ehrlich. Seine Kunden wissen, dass gerade bei einem Naturprodukt wie Leder Billigpreise nur bei mangelhafter Ware möglich sind. Die festen Lederhäute am Stand sind ohne Fehler und fühlen sich weich und wertig an. Sie sind aktuell besonders gefragt im Vintagelook.
Im Sonnenschutz gilt die gleiche Devise. Hochwertige Produkte machen Freude, denn sie funktionieren lang und zuverlässig. Zudem sind Sonderlösungen nicht von der Stange zu bekommen. "Die moderne Architektur, bei der sich der Architekt formalistisch austoben darf und erst danach über die Beschattungsmöglichkeit nachgedacht wird, spielt uns in die Hände", erklärt Alfred Moser, Geschäftsführer bei MHZ in Österreich. Innenliegender Sonnenschutz verdrängt auch in der Alpenregion den Stoff am Fenster. Entsprechend positiv äußert sich Geschäftsführer Werner Hanisch zur Frequenz am Stand von Lokalmatador Leha. Erfal nebenan punktet ebenfalls mit einer neuen Stoffauswahl für Plissees und Wabenplissees.
Plattform für das Networking
Das komprimierte Messeformat mit kurzen Wegen und dem umfassenden Sortiment inklusive Zubehör und Werkzeug begünstigt einen raschen Einkauf und man kann ganz entspannt noch flanieren und plaudern. "So entstehen einige interessante neue Kontakte", verrät Detlef Müller von Rovitex mit einem Stapel Visitenkarten in der Hand, die er nun nachbearbeiten darf. Auch im Europasaal wird die Belétage als Plattform begrüßt. "Das Ambiente und die familiäre Atmosphäre machen Lust auf Stoff, das brauchen wir", lobt Klaus Scharf von Romo.
In Österreich ist die Bautätigkeit weiterhin in vollem Gange. Der Tourismus läuft hervorragend. Es wird investiert und damit ist Bedarf gegeben - besonders im Objekt.
Hotels und Restaurants haben den Stoff wiederentdeckt. "Davon profitieren auch wir Anbieter mit regionalen Designs", sagt Stefan Jordis, der jetzt mit seinen Salzburger Handdrucken eine internationale Hotelkette zur individuellen Ausstattung ihres Salzburger Hauses beliefert. Im privaten Bereich tut sich der Stoff dennoch schwer.
Die meisten Aussteller sehen die schubweise Frequenz auf der Messe gelassen, besonders nachdem ihre Premiumkunden da waren. So bleibt Zeit für Gespräche auch untereinander. "Die Belétage mit dem gemeinsamen Abendprogramm strahlt eine familiäre Atmosphäre aus," meint Katharina Geilfuß, Geschäftsführerin des Großhandels Geos Geilfuß. Nicht die Besucherzahl ist hier entscheidend, sondern der hohe Anteil an Entscheidern. Ein Plus sind darüber hinaus die vielen Fachhändler aus Süddeutschland, die nach Salzburg und nicht nach Frankfurt kommen.
Gut 20 Aussteller waren auch auf der Heimtextil. Den Komfort und den Service, den ihnen die Reed Messe bietet, erleichtert die Doppelbelegung. Das vorinstallierte Standkonzept ermöglicht einen schnellen Auf- und Abbau. Das Catering übernimmt die Messe mit Kaffee und Häppchen an vielen Stationen. Mineralwasser wird an die Stände gebracht. Für die Besucher ist das ebenso kostenfrei wie der Eintritt - und auch der Branchenabend im gegenüberliegenden Hotel Pitter mit reichhaltigem Büffet und diversen Getränken sowie Unterhaltungsprogramm.
Hier stellte Messeleiter Wilfried Antlinger dann Clara Wiltschke als Nachfolgerin vor. Unter ihrer Leitung wird dann die turnusgemäß folgende Casa/Tima+ im Januar 2020 stattfinden.
| Silvia Mändle
aus
BTH Heimtex 03/19
(Wirtschaft)