Tapetenfabrik Gebr. Rasch GmbH & Co. KG

Hommage an die Bauhaustapete von Rasch


Das Museumsquartier Osnabrück stellt 90 Jahre nach der Markteinführung der ersten Bauhaustapete die Geschichte des kommerziell erfolgreichsten Produkts aus der Desing- und Architekturschule vor. Bildhauer Tobias Rehberger erarbeitet dazu eine Tapetenwand.

Walter Gropius gründete vor 100 Jahren mit dem Bauhaus eine der bedeutendsten Schulen für Gestaltung. Und schon zehn Jahre später begann der Siegeszug der Bauhaustapete. Die nach Entwürfen von Studierenden und Lehrenden des Bauhauses Dessau entworfene und von der Tapetenfabrik Gebr. Rasch aus Bramsche hergestellte Karte wurde zum kommerziell erfolgreichsten Produkt der Ideenschmiede. In Erinnerung an das vor 90 Jahren auf den Markt gebrachte Erstlingswerk entwickelte Rasch gemeinsam mit der Marke Sikkens des Farbenproduzenten Akzo Nobel eine aktuelle Neuauflage. Das Museumsquartier Osnabrück wird diesem besonderen Produkt vom 17. August bis 8. Dezember mit Bezug zur Region die Ausstellung "Bauhaustapete - neu aufgerollt" widmen, die einen Bogen von 1929 bis 2019 schlagen soll.

Maria Rasch stellte den Kontakt her

Die Initiative für die Zusammenarbeit von Rasch und Bauhaus ging von der Kunstmalerin Maria Rasch aus, die von 1919 bis 1923 am Staatlichen Bauhaus vor allem bei Wassily Kandinsky und Lyonel Feininger studierte. Nach der Rückkehr in ihr Elternhaus im Jahr 1927 stellte sie den Kontakt zwischen dem Bauhaus Dessau und dem Unternehmen ihrer Familie her. Schließlich reiste ihr Bruder Emil Rasch 1929 nach Dessau und überzeugte Bauhaus-Direktor Hannes Meyer von der Idee, eine Tapete im klaren Bauhaus-Stil entwerfen zu lassen und sie in Bramsche industriell zu produzieren. Mit 14 Flächenmustern in jeweils fünf bis 15 Farbvariationen wurde die "blaue Bauhaus-Karte" 1929 angeboten.

Die geplante Ausstellung beschäftigt sich mit zahlreichen Aspekten der Bauhaus-Kollektion beginnend mit ihrem Start als Produkt funktionaler Architektur und den damaligen Akteuren über die aktuelle Neuauflage bis hin zu der Frage nach Spuren des Bauhauses im heutigen Alltag. Sie entsteht in Zusammenarbeit mit Studierenden und Lehrenden des Kunsthistorischen Instituts der Universität Osnabrück, der Tapetenfabrik Rasch, zeitgenössischen Künstlern und unter Beteiligung Osnabrücker Bürger.

Ein Highlight wird der Beitrag von Tobias Rehberger sein. Der Esslinger Bildhauer erstellt eine großformatige Wandarbeit aus Tapeten. "Tobias Rehberger bewegt sich mit seinen Arbeiten auf vielfältige Weise zwischen Architektur, Kunst, Design und Typografie. Häufig erinnern seine Objekte, Collagen oder Räume uns an etwas aus unserem Alltag und haben zugleich eine davon völlig losgelöste Ästhetik, die wiederum neue Erfahrungen generiert", betont Kuratorin Dr. Maren Waike-Koormann. Da er ähnlich arbeite wie die Bauhäusler damals, sei Rehberger der richtige Künstler für das interdisziplinäre Ausstellungsprojekt.

Die Auswahl der Exponate ist nach Auskunft der Kuratorin getroffen. "Wir erhalten den Großteil aus dem Archiv der Tapetenfabrik Rasch, aber es sind auch Leihgaben von Dritten für die Ausstellung zugesagt, darunter Exponate aus Privatbesitz, von der Stiftung Bauhaus in Dessau, dem Vitra Design Museum in Weil am Rhein, dem Archiv der Moderne in Weimar, dem Tapetenmuseum Kassel und anderen."

Osnabrücker Bürger liefern Objekte

Auf große Resonanz stieß ein Aufruf an die Osnabrücker Bevölkerung unter dem Motto "Was schläft denn da in Omas Keller" mit der Bitte, Objekte mit Bauhaus-Bezug wie Stühle, Geschirr oder Lampen aus ihrem täglichen Umfeld zur Verfügung zu stellen und die zugehörigen Geschichten zu liefern. Dabei handelt es sich um Originalobjekte aus der Bauhaus-Zeit, Repliken sowie Gegenstände, deren Formensprache an einen möglichen Ursprung im Bauhaus erinnert. "Diese Mischung ist genau das, was ich mir erhofft habe", meint Waike-Koormann.

Der Rundgang durch 90 Jahre Bauhaustapete endet mit der Frage nach dem Einfluss der Schule und der dort entwickelten, vielfältigen Formensprache auf unseren Alltag heute: Sind Bezüge zum Bauhaus konstruierbar oder rekonstruierbar? Studierende des Kunsthistorischen Instituts der Universität Osnabrück geben darauf Antworten.

"Die Tapetenfarbrik Rasch ist ein wichtiger Partner des Projekts. Geschäftsführer Dr. Frederik Rasch, sein Vater Gerrit und der Archivar Burckhard Kieselbach waren von Anfang an bereit, uns in vielerlei Hinsicht zu unterstützten: als Leihgeber, als Sponsor, als wichtige Ansprechpartner", erläutert Waike-Koormann. Inhalte aus den interessanten Gesprächen über die Geschichte der Bauhaustapete und deren Bedeutung für das Familienunternehmen werden im Ausstellungskatalog zu finden sein.

Kooperiert hat das Museumsquartier mit der Niedersächsischen Landesvertretung in Berlin, die zum Auftakt ihres Jahresprogramms zum Bauhaus die Wände der Flure mit der aktuellen Kollektion der Bauhaustapete "Struktur+Farbe" tapeziert hat. Sikkens steuert die Farbe bei.

Begleitend zur Ausstellung gibt es ein facettenreiches Veranstaltungsprogramm. Die Besucher erhalten unter anderem die Möglichkeit, von den Tapetenfabrikanten Dr. Frederik und Gerrit Rasch mehr über die Herstellung von Tapeten sowie die Firmen- und Familiengeschichte zu erfahren und zeitgenössische Künstler zu treffen. | cornelia.kuesel@snfachpresse.de
aus BTH Heimtex 06/19 (Wirtschaft)