Eurobaustoff: Fulminanter Jahresstart

"Umsatzwachstum ist kein Selbstzweck"


Mit einem beachtlichen Umsatzplus von 11,2 % auf 1,46 Mrd. EUR hat die Eurobaustoff das Jahr 2019 eingeläutet und den Bauboom aus dem alten Jahr mit ins neue genommen. Die Geschäftsführung um den Vorsitzenden Dr. Eckard Kern sieht das Wachstum aber nicht als Selbstzweck, sondern als Katalysator für die Umsetzung anstehender Vorhaben in Dienstleistung, Digitalisierung und Internationalisierung.

"Sensationell gelaufen" ist laut Dr. Eckard Kern, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung der Eurobaustoff, das erste Quartal 2019: Die derzeit 468 Gesellschafter haben bis Ende März Ware im Wert von 1,46 Mrd. EUR über die Zentrale eingekauft. Das bedeutet ein "schönes Plus" von 11,2 % gegenüber 2018, was Kern bei einem Gespräch mit der Fachpresse auf den milden Winter, den anhaltenden Bauboom und den schwachen Vorjahresmonat zurückführte. Auch im April behielt die Verbundgruppe den Schwung der ersten drei Monate bei.

Die Entwicklung in den einzelnen Sortimentsbereichen war generell positiv, aber unterschiedlich in der Ausprägung. 2018 hatten besonders Hochbau sowie Tief- und Galabau Schwäche gezeigt, was sie in diesem überkompensierten. So legte der Hochbau um fast 24 % zu, einzelne Segmente wie Putze/WDVS und Rohbau-/Wandbaustoffe lagen sogar darüber. Bei Galabau und Tiefbau machten sich mit einem Plus von mehr als 25% bzw. knapp 18 % neben dem boomenden Neubau die Bereitschaft der öffentlichen Hand bemerkbar, mehr zu investieren.

Thema Holz "sehr zufriedenstellend"

Die Fliese übertraf das Vorjahr um über 10 %, auch Holz und Bauelemente entwickelten sich mit einem Wachstum von über 9 % "sehr zufriedenstellend", wie Geschäftsführer Hartmut Möller konstatierte. Am meisten legten Holzimporte (+ 30 %), Konstruktionsholz und Hobelware zu. Bei Holzwerkstoffen wie auch im Schnittholz sei die Schere zwischen Umsatz und Absatz aufgrund des Preisdrucks deutlich auseinander gegangen, berichtete Möller weiter. Absatzzuwächse hätten sich daher nicht in gleichem Umfang im Umsatz niedergeschlagen. Holz und Bodenbeläge seien auf jeden Fall ein "wichtiges Segment, in dem wir wachsen können - durch den einen oder anderen neuen qualifizierten Gesellschafter und auch aus der inneren Struktur heraus."

Der Einzelhandel übertraf mit + 5 % das Vorjahr - und den Branchendurchschnitt - und profitierte vor allem von den Gartensortimenten, die durch den warmen März begünstigt wurden. Einiges verspricht man sich in Bad Nauheim vom Technischen Einkauf (Betriebsmittel wie Lkw, Lagerausstattung und Verbrauchsgüter wie Treibstoff, Büromaterialien), der 2018 umstrukturiert, personell verstärkt und unter neue Leitung gestellt wurde. Das hat sich bereits im ersten Quartal 2019 mit einem Umsatzanstieg von 8 % ausgezahlt, der künftig noch ausgebaut werden soll.

"Wir wachsen überproportional zum Markt", resümierte Kern abschließend, "und profitieren dabei von der guten Performance, die unsere Gesellschafter vor Ort machen. Auch das Wetter hat uns geholfen." Möller ergänzte, dass die Steigerungen in den ersten drei Monaten rein organisch erzielt worden seien, ohne Gesellschafterzugänge. Der schwedische Neuzugang Derome wird nämlich erst ab dem zweiten Quartal 2019 konsolidiert.

Weitere Internationalisierung ja -
aber nicht um jeden Preis

Stichwort Ausland: Dort wird Potenzial für weiteres Wachstum gesehen, vor allem in Österreich und der Schweiz. In der Schweiz ist die Kooperation jetzt sogar mit einem Mitarbeiter vor Ort präsent, der sich gezielt um die dortigen Gesellschafter und Lieferanten kümmert. Aber Kern und Möller betonen auch, dass eine weitere Internationalisierung "in aller Ruhe" umgesetzt und nicht um jeden Preis neue Gesellschafter akquiriert werden sollen. Vielmehr setze man auf ausgewählte Händler.

Rundumpaket
für alle Gesellschafter

Auch wenn sich beide Geschäftsführer erfreut über die positive Umsatzentwicklung äußerten, betonen sie zugleich, dass der "Umsatzzuwachs kein Selbstweck ist." Vielmehr gebe ein prosperierendes Basisgeschäft "Ruhe und eröffne finanzielle Möglichkeiten für Aktivitäten und zusätzliche Unterstützung der Gesellschafter." Die Zeiten würden immer komplexer, die Bürokratisierung nehme zu, sagte Kern dazu und verwies in diesem Zusammenhang auf neue gesetzliche Regelungen wie die Datenschutzverordnung, den "Moloch Verpackungsverordnung" und die Bauprodukteverordnung. "Wie soll ein mittelständisches Unternehmen das alles neben dem Tagesgeschäft managen?"

Ganz zu schweigen von den drei großen Herausforderungen, mit denen die Branche konfrontiert ist - dem Fachkräftemangel, den Engpässen in der Logistik und der Konzentration in der Industrie. Dem "Riesenproblem" Fachkräftemangel begegnet die Kooperation mit einem umfassenden Engagement in Aus- und Weiterbildung. In der Logistik verschärfe sich das Problem der schwindenden Manpower - "jährlich verlieren wir 50.000 Lkw-Fahrer und nur 10.000 wachsen nach" - die marode Infrastruktur erschwere dem Handel seine Kernaufgabe: Punkt- und termintreue Lieferung. "Wirklich Sorgen" bereite der Konzentrationsprozess auf Industrieebene", sagte Kern offen. "Früher hatten wir zu den Lieferanten persönliche Beziehungen. Heute sind das oft internationale Konzerne, die keine dreistufige Vertriebsstruktur kennen und daher weniger handelsorientiert sind." Die Eurobaustoff will sich davon aber nicht beirren lassen: "Wir wollen mit unseren Lieferanten weiterhin partnerschaftlich umgehen, sind und bleiben mittelständisch geprägt."

Vor diesen Hintergründen fühlt sich die Eurobaustoff in Verantwortung für ihre Gesellschafter. "Ziel ist ein Rundumpaket für alle", betonten Kern und Möller die Dienstleistungs- und Serviceorientierung der Kooperation. "Wir wollen dem einzelnen Gesellschafter möglichst viel abnehmen, damit er sich um den Vertrieb kümmern kann."

Dabei stehen aktuell einige Handlungsfelder besonders im Fokus wie Datenmanagement, Digitalisierung und die Eigenmarkenpolitik. "Daten sind ein Thema, das uns in allen Bereichen sehr umtreibt", sagte Kern und verdeutlichte das am Beispiel der Artikelstammdaten. Aktuell verfügt die Eurobaustoff über 2,2 Mio. Artikeldaten "Und pro Jahr kommen 210.000 neue hinzu." Ein einzelner Händler könne diese Datenflut gar nicht digitalisieren und beherrschen. "Das ist unsere Aufgabe, darin investieren wir." Aber es geht nicht nur um die Bereitstellung von Daten; darüber hinaus arbeitet die Kooperation intensiv an einem B2B-Portal. Ende 2017 wurde das Langfrist-Projekt freigegeben, 80 Gesellschafter zeigten sich ad hoc interessiert, 50 stehen an der Startlinie, seit Februar laufen sechs Pilotprojekte. Als besondere Herausforderung nannte Kern die Vernetzung der vielen verschiedenen Systeme. "Digitalisierung bedeutet, tief in die Prozesse einzusteigen. Es macht keinen Sinn, alte Prozesse zu digitalisieren, die schon analog nicht mehr funktionieren." Und es gebe keine pauschalen Lösungen. "Wir haben gelernt, dass man nicht einfach allen Händlern ein System überstülpen kann, sondern sie einzeln und individuell bedienen muss."

Neu aufgesetzt wird das Thema Eigenmarken: Breiter, strukturierter und prominenter nach außen soll sich ihr Auftritt künftig gestalten. So waren unter der Handelsmarke "Prima" bislang vornehmlich Commodities und Schnelldreher subsumiert. Nun ist sie zur Dachmarke mit dem Subtext "Damit bauen Profis" avanciert und wird mit einem Vollsortiment unterfüttert. "Cerabella" bleibt als Brand für Fliesen erhalten und "auf dem Wunschzettel" steht auch eine eigene Marke für die dekorativen Sortimente und Galabau. | Claudia Weidt
aus Parkett Magazin 04/19 (Wirtschaft)