Thomas Allmendinger Sachverständiger

Diskrepanz zwischen Norm und Praxis


Bewegungsfugen in ein Fischgrätparkett übernehmen zu müssen - das ist der Alptraum eines jeden Parkettlegers. Der Sachverständige Thomas Allmendiger machte in seinem Vortrag deutlich, dass es einen Unterschied zwischen Normen und Norm-Kommentaren sowie in der täglichen Verlegepraxis gibt.

Fugen gehören zu unerwünschten aber nicht immer vermeidbaren Details einer Fußbodenkonstruktion. Man unterscheidet zwischen den dauerhaft erforderlichen Fugen und Fugen mit zeitlich begrenzter Funktion. Lage und Art sind nach thermischen, schalltechnischen, optischen und belastungstechnischen Aspekten zu planen. Bindemittel und Belagsart haben ebenso einen relevanten Einfluss auf die Fugenausbildung. "Fugen sind die Aufgabe des Planers", stellte Thomas Allmendinger klar. Zahlreiche einschlägige Normen verweisen darauf, dass der Architekt einen Fugenplan erstellen muss. Die DIN 18365 Bodenbelagarbeiten und DIN 18356 Parkett- und Holzpflasterarbeiten heben sogar darauf ab, dass der Planer oder Architekt angeben muss, wie die Fugen verschlossen und wie sie überdeckt werden. Hilfreich ist außerdem, welche Randfugen bei schwimmend verlegtem Parkett benötigt werden.

Aus der Schnittstellenkoordination folgt sinnvollerweise ein Koordinationsgespräch, das ein Planer mit den am Bau Beteiligten führen soll. "Das ist wichtig, weil eine Fuge von oben nach unten geplant werden muss, andersherum kommt es häufig zu Problemen", führte Allmendinger aus. Besonders in kleineren Bauvorhaben wird der Fugenplan häufig aus der Not heraus vom Estrichleger ausgeführt. In größeren Bauvorhaben bekäme man sogar häufig einen falschen Fugenplan.

Wichtige Regeln kann man dem Kommentar zur DIN 18365 Bodenbelagarbeiten entnehmen, der im SN-Verlag erschienen ist. Dazu zählt beispielsweise, dass Fugen Wartungsfugen darstellen. "Wenn im Gewährleistungszeitraum nach zwei Jahren eine Fuge reißt, ist in der Regel nicht der Bodenleger verantwortlich, sondern die Wartung an sich", ist Allmendinger überzeugt. Ergänzend zitierte der Referent aus der DIN 18202: Eine Fugenbildung zwischen Boden, Leiste und Wand ist nicht vermeidbar. Schließlich könne sich eine starre Leiste nicht wie ein Gummi an die Unregelmäßigkeiten des Bodens und der Wand anpassen.

Handwerker haben vielfach mit Bewegungsfugen zu tun, die Bauteile in Estrichfelder trennen und Formveränderungen und Bewegungen gestatten sollen. Viele Parkettleger wehren sich dagegen, in eine schöne Musterverlegung eine Bewegungsfuge zu übernehmen, auch wenn dies in der Norm steht. Allmendinger vertrat die Ansicht, dass es nicht Stand der Technik sei, die Fugen übernehmen zu müssen. Peter Fendt hingegen argumentierte damit, dass in diesem Fall eine Sonderkonstruktion vorliege, die man sich vom Bauherrn freigeben lassen müsse.

Viele Verlegewerkstoffhersteller haben Sonderkonstruktionen im Programm, die es möglich machen, Parkett über Bewegungsfugen "drüberzulegen". Allmendinger empfahl, die Anwendungstechniker aus der Bauchemie für eine Aufbauempfehlung zu konsultieren. Heinz-Dieter Altmann riet Parkett- und Bodenlegern, die Fugen nicht einfach zu übernehmen, sondern sie von dem Vorgewerk reparieren zu lassen. Altmanns Begründung: "Typisch für Fußböden ist, dass die Schäden ganz weit unten entstehen. Den ,schwarzen Peter’ hat dann häufig der Parkett- und Bodenleger."

Die Sachverständige Petra Graffstedt empfahl, wenn die Übernahme seitens des Bauherrn nicht erwünscht sei, Bedenken anzumelden. Erfahrene Parkettleger sprachen sich dafür aus, lieber das Risiko eines Haarrisses im Parkett eingehen zu wollen. Wer sich als Parkettleger oder Bodenleger normenkonform verhalten möchte, der ist gezwungen die Bewegungsfuge mit einem geeigneten Profil in den Belag zu übernehmen - auch wenn es bei Allmendingers Vortrag an dieser Stelle durchaus konträre Meinungen dazu gab.
aus FussbodenTechnik 04/19 (Wirtschaft)