Betap Tufting BV
Betap bietet erstmals Couponservice
Neuer Showroom, moderne Maschinen, sortenreine Teppichböden, erstmals Couponbelieferung: Der niederländische Hersteller Betap modernisiert sich rasant und reagiert damit auf den veränderten Markt.Vor mehr als 60 Jahren als reiner Hersteller von Berberteppichen aus Wolle gegründet, hat sich das Unternehmen Betap bis heute zu einem breit aufgestellten Hersteller von textilen Bodenbelägen aus synthetischen Fasern entwickelt. Im niederländischen Genemuiden werden pro Jahr rund 70 Mio. m
2 Teppichboden, Nadelvliesbeläge und Kunstrasen produziert.
Das Sortiment ist vielfältig: Es reicht von der Einstiegsware für Discounter über höherwertige Objektware bis zu Nadelvliesqualitäten, mit denen die Automobilindustrie beliefert wird. Für deren Herstellung ist Betap als so genannter preferred supplier, bevorzugter Lieferant, ausgezeichnet. Voraussetzung: ein ISO-zertifiziertes Qualitätsmanagment sowie ein äußerst produktiv und durchorganisiert arbeitender Betrieb.
In diesem effizient laufenden und bis in das letzte Detail durchdachten Räderwerk der Niederländer war eine Sache bis vor kurzem nicht festgelegt: Ein Couponpreis für Teppichboden, also ein Preis für Kundenbestellmengen kleiner als eine ganze Rolle Teppichboden - rund 80 bis 100 m
2. Der Grund: Betaps jahrelange Philosophie im Geschäft mit dem Teppichbodenhandel bestand in einer klaren Aufgabenverteilung. Die Niederländer produzieren und liefern ganze Rollen; der Handel, auch in der D/A/CH-Region, lagert und bietet Couponservice.
Doch diese Zeiten sind vorbei. Der Handel hat Paternoster und Lagerbestände für Teppichboden massiv abgebaut, weil Teppichboden beim Endverbraucher nicht im Trend liegt und von anderen Belägen verdrängt wird.
Pilotphase mit
deutschem Großhändler
Auf diesen strukturellen Wandel hat auch Betap jetzt reagiert und stellt sich strategisch flexibler auf. Für ihre neue Konzept-Kollektion Chromata bieten die Niederländer seit Anfang 2019 erstmals überhaupt einen Couponservice an. Eine kleine Revolution für eine Firma, die bisher voll und ganz auf Rolle ausgerichtet war. Die Kollektion Chromata besteht aus einer Glattschlinge, einer strukturierten Schlinge sowie einem Shaggy. Die drei Polyamid-Stückfärber mit Objekteignung (Beanspruchungsklasse 33) und der Brandschutzklasse Bfl-s1 gibt es jeweils in den selben 27 Farben. Geliefert wird in 4 m breiter Bahnenware, im Coupon sowie als Fliese und Planke.
"Das Programm ist in Deutschland auf eine Laufzeit von drei Jahren angelegt. Die ersten zwölf Monate sind eine Pilotphase, in der wir exklusiv mit einem Großhändler zusammenarbeiten", erklärt Ernest Pleijsier, der zahlreiche europäische Märkte für Betap verantwortet und die D/A/CH-Vertriebsleitung zusammen mit Luc Casaert inne hat. In den Niederlanden arbeitet man ebenfalls erst einmal mit einem Handelspartner exklusiv zusammen.
Auch mehr
Teppichfliesen
Diese strategische Erweiterung des Teppichbodengeschäfts ist bereits die zweite von Betap seit 2016. Damals hatten die geschäftsführenden Gesellschafter, die Brüder Arend und Johan van Lente, erstmals Teppichfliesen - aus Polypropylen und Polyamid im Preiseinstieg - in ihr Sortiment aufgenommen und damit der veränderten Nachfrage vor allem im Objektgeschäft ihrer Handelskunden Rechnung getragen.
2018 folgten die nächsten sieben, höherwertigeren 1/10-Qualitäten mit 650 g-Decken aus dem solution-dyed Polyamdgarn Econyl in Klasse 33 und erstmals auch im Plankenformat. Diese Produkte werden auf einer so genannten Myriad-Tuftingmaschine von Maschinenbauer Cobble/Van der Wiele produziert. Auf dieser neuesten Weiterentwicklung einer LCL-Maschine kann Betap bis zu 80 verschiedene Florhöhen tuften und erzielt nach eigenen Angaben Dessinierungen, die vergleichbar sind mit Webteppichboden.
Die oben bereits beschriebene Chromata-Kollektion erweiterte dann Anfang 2019 die Fliesenkompetenz zusätzlich. Vorteil für die Kunden: Während bisher pro Farbe und Artikel eine Mindestbestellmenge von 200m
2 beziehungsweise einer Palette galt, liefert Betap seit Anfang des Jahres modularen Teppichboden bereits ab 20 m
2. Auch dafür wurden die Lagerkapazitäten am Standort in Genemuiden um 15.000 m
2 erweitert.
Neuer Showroom
Ganz neu gebaut wurden dort Showroom sowie Forschungs- und Entwicklungszentrum, die jetzt zusammen in einem Gebäude untergebracht sind. Besonders der neue Showroom in der Galerie im ersten Stock steht symbolisch für die neuen Zeiten bei Betap. Während in den alten Räumen vor allem die Produkte im Vordergrund standen, sieht man der neuen Ausstellung auf den ersten Blick nicht an, dass es sich um den Showroom eines Bodenbelagsherstellers handelt: Hell, modern und weitläufig mit viel Glas und Beton - auch auf dem Boden - sind die neuen Räumlichkeiten reduziert, aber geschmackvoll gestaltet.
Aus den Besprechungs- und Konferenzräume mit modernster Kommunikationstechnik geht der Blick weit über das flache Land. Drehen sich die Besucher um, können sie durch eine riesige Glasscheibe direkt in die Produktions- und Lagerhalle schauen. Ware wird im Showroom kaum offen gezeigt, sie liegt griffbereit in Schränken und Schubladen. "Wir haben hier alle Produkte für alle Kunden aus unseren Segmenten Handel, Industrie, Handel, Automotiv, Messe und Landscaping und können ein und dieselbe Fläche für alle Kundengespräche nutzen", beschreibt Vertriebsleiter Pleijsier die Vorzüge der neuen Räume.
Sortenreine Beläge entwickelt
Im Erdgeschoss sind die Mitarbeiter der räumlich und personell vergrößerten Abteilung Forschung und Entwicklung anzutreffen. Sie haben gerade in der jüngeren Vergangenheit erheblich dazu beigetragen, dass Betap mit innovativen Produkten erstmals auch bei den wichtigen Themen Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft wahrgenommen wird. Den Entwicklern ist es beispielsweise gelungen, Teppichboden-, Kunstrasen- und Nadelvliesbeläge komplett vom Flor über den Träger bis zum Rücken aus ein und demselben Material herzustellen - beispielsweise Polypropylen oder Polyester. Die Tests mit Polyamid laufen derzeit noch.
Diese Sortenreinheit ist wichtig, damit die ausgedienten Beläge später zu 100 % recycelt werden können und Betap das Granulat für die Produktion von neuen textilem Bodenbelägen wiederverwenden kann. In Amsterdam läuft derzeit ein Pilotprojekt in einem Objekt mit einer Fläche von 6.000 m
2.
Bisher bestehen Flor, Träger und Rücken von Teppichböden aus unterschiedlichen Materialgruppen, hinzukommen Beschichtung, Vorstrich, Latexierung und Kleber. Dieser Materialmix kann nicht oder nur mit großem Aufwand für eine Wiederverwendung getrennt werden. Das macht es für Recyclingunternehmen wirtschaftlich unattraktiv. Bei sortenreinem "Teppichbodenabfall" ändere sich das, so Betap. Untersuchungen gehen davon aus, dass aktuell lediglich 3 % aller ausgedienten Teppichböden recycelt werden.
Neue Beschichtungsanlage ohne Latex
Den traditionell für die Garneinbindung verwendeten Latex ersetzt Betap mit Pudermaterial. Die Produktion nutzt dafür eine speziell entwickelte neue Beschichtungsanlage, die als bewegliches Anlagenmodul in die Produktionsstraße nach Bedarf ein- und wieder ausgegliedert wird.
"Mit unserem Entwicklungsprogramm unter dem Namen Next-Generation Carpet by Betap schließen wir den Materialkreislauf und reduzieren zudem den CO-Fußabdruck eines Quadratmeters Teppichboden während der Produktion um 40 %", erklärt Jonathan Middelkoop aus der Forschung und Entwicklungsabteilung. Und das sei erst der Anfang. CO-Reduzierungen pro Quadratmeter von bis zu 80 % seien möglich. Überprüft werden diese Werte vom Datendienstleistung Ecochain, der sich auf nachhaltige Geschäftsprozesse spezialisiert hat.
| jochen.lange@snfachpresse.de
aus
BTH Heimtex 09/19
(Wirtschaft)