Wiparquet GmbH Innenausbausysteme

Bei Wiparquet ist der rote Faden grün

Bei Laminatbodenhersteller Classen hat sich das 2016 eingeführte strategische Sortiment PVC-freier Boden- und Wandbeläge unter der Marke Wiparquet bewährt. Die neue Vermarktungs- und Kollektionsstrategie "Eco.Concept" soll jetzt das Thema Nachhaltigkeit in den Fokus rücken.

Dr. Hans-Jürgen Hannig hätte den leichteren Weg nehmen können; der Unternehmer ist aber den schweren Weg gegangen: Vor rund acht Jahren entschied der Gründer und geschäftsführende Gesellschafter der Classen-Gruppe, in den Markt für Designbeläge einzusteigen und massiv zu investieren. Im Fokus: Die Marke Classen für den DIY-Vertrieb sowie die Marke Wiparquet der gleichnamigen Tochtergesellschaft für die Vermarktung im Fach- und Großhandel.

Aber Hannig baute weder ein LVT-Werk, wie es schon so viele Hersteller getan hatten, noch suchte er sich Produktionen in Asien, um einfach klassische, heterogene PVC-Designbeläge zu importieren, wie fast alle anderen Anbieter von Designbelägen es taten. Denn das war und ist gegen seine Überzeugung: "Ich sehe mich als Unternehmer in der Verantwortung für eine umweltgerechte, ressourcenschonende Produktionsweise und in der Pflicht, den Markt mit schadstofffreien Produkten zu beliefern, die unsere Umwelt auch im Nachhinein nicht belasten", erklärt der 79-Jährige bis heute seine Beweggründe und seine kategorische Ablehnung von chlorhaltigen Wand- und Bodenbelägen.

Die Entscheidung war seinerzeit ein genauso mutiger wie vorausschauender Schritt für das Unternehmen. Die Gruppe gehörte damals wie heute mit einer Produktionsmenge von aktuell rund 80 Mio. m2 zu den größten, vollstufig integrierten Produzenten von Laminatböden weltweit. Designbeläge waren für den Hersteller also absolutes Neuland.

Vorausschauend war die strategische Entscheidung, weil sich die Designbeläge, die damals in der Regel aus PVC bestanden und vollflächig verklebt wurden, bereits anschickten, das große Trendprodukt der gesamten Bodenbelagsbranche zu werden und Laminat massiv Marktanteile abzunehmen. Hans-Jürgen Hannig versuchte mit dem Schritt ein zweites strategisches Standbein für sein Unternehmen zu schaffen.

Techniker mussten neu denken

Der Weg zu diesem neuen Sortimentsteil ist dann für die Classen-Gruppe aber tatsächlich sehr beschwerlich geworden: Die Techniker und Entwickler konnten nicht einfach den ausgetretenen "PVC-Pfaden" folgen; sie mussten neu denken, um "Neo" zu entwickeln, den ersten PVC-freien Designbelag des Herstellers aus Kaisersesch, der auf der Domotex 2014 Premiere feierte. Das Wood-Plastic-Composite-Produkt (WPC) basierte auf Polypropylen-ummantelten Naturfasern. Ein Jahr später musste das Produkt aus technischen Gründen wieder vom Markt genommen werden.

Ein schwerer Schlag für die Classen-Gruppe und ihren Gründer Hans-Jürgen Hannig. "Wir haben hier in der Gruppe aber die innere Überzeugung, dass PVC keine Zukunft hat", erklärt Wiparquet-Geschäftsführer Christian Leopolder. Deswegen habe sich die Mannschaft zum damaligen Zeitpunkt nicht beirren und von ihrem Weg abbringen lassen. Man setzte sich mit einer in der Bodenbelagsindustrie vergleichsweise neuen Anlagentechnologie wie der Doppelbandpresse auseinander, brachte lebensmittelechtes Polypropylen mit Mineralien wie Steinmehl zusammen und meldete neue Patente an.

Auf der Domotex 2016 war es dann soweit: Die Gruppe stellte den selbst entwickelten Werkstoff Ceramin vor. Aus ihm bestehen seitdem die Träger für das neue Sortiment an Boden- und Wandbelägen, das von der Classen-Tochter Wiparquet auf dem D/A/CH-Markt im Fach- und Großhandel vermarktet wird.

Nach Angaben des Unternehmens sind die Produkte auf Ceramin-Basis nicht nur robust, wasserfest und mit 4,5 kg/m2 vergleichsweise leichtgewichtig. Sie sind auch frei von PVC, Weichmachern und Schadstoffen, sind wohngesund, emissionsfrei und "ökologisch", zu 100 % wiederverwertbar und mit dem Blauen Engel ausgezeichnet. Außerdem lassen sie sich mit Hilfe des hauseigenen, patentierten Verriegelungssystems Megloc einfach installieren. Es ist aus dem Laminatsortiment bekannt, im Markt etabliert und wurde leicht adaptiert auf die neuen Produkte übertragen, berichtet Florian Heinrich, Leiter der Anwendungstechnik der weiteren Classen-Tochter Akzenta, während des Werksrundgangs.

Die Classen-Gruppe hat nicht nur bei Materialien und Produktaufbau neue Wege beschritten; auch beim Design nutzt der Hersteller neue technische Möglichkeiten: Das gesamte Sortiment an wohngesunden Design- und Wandbelägen bedruckt die Gruppe am Standort in Kaisersesch direkt und digital. Genutzt werden dafür zwei Single-Pass-Anlagen von Hymmen mit acht Reihen und jeweils 19 Druckköpfen, die eine Auflösung von 360 dpi im Dekorbild erreichen. Auch dekorsynchrone Oberflächenprägungen sind möglich - über Prägewalzen sowie direkt im Prozess des Digitaldrucks. Der Objektbelag Eco.Sono Pro beispielsweise ist seit August 2019 in dekorsynchronen Designs verfügbar.

Eigener 3D-Großscanner

Vor allem neue und spezielle Dekore werden in der Designabteilung in Kaisersesch selbst entwickelt. Leiterin Nicole Knospe und den sieben Designern - darunter drei so genannte 3D-Designer - steht dort ein 3D-Scanner von Hersteller Cruse zur Verfügung.

Im Halbfertigwarenlager in Kaisersesch stünden doppelt so viele Quadratmeter Boden- und Wandbeläge bereit wie im Fertigwarenlager. "Der Digitaldruck macht uns flexibel. Das ist unsere Stärke", erklärt Wiparquet-Geschäftsführer Leopolder. Man könne deshalb nicht nur Aufträge zwischen 10.000 und 20.000m2 schnell produzieren und liefern; auch in der Versorgung des Fach- und Großhandels sei Wiparquet schnell und zuverlässig, unterstreicht er.

Ceramin-Kapazität wird verdoppelt

Heute, rund dreieinhalb Jahre nach der Premiere der Ceramin-basierten Boden- und Wandbeläge, ist der Werkstoff anerkannt, die auf ihm basierenden Produkte technisch einwandfrei und im Markt etabliert. Die derzeitige Fertigungskapazität am Standort Kaisersesch von rund 6 Mio. m2 soll bis 2020 auf rund 15Mio.m2 mehr als verdoppelt werden. Die Classen-Gruppe setzt bereits rund 80 Mio. EUR mit dem noch jungen Sortimentsteil um. Etwa die Hälfte der Umsätze der Wiparquet-Vertriebsgesellschaft in D/A/CH würden bereits mit den wohngesunden Design- und Wandbelägen erzielt. Und auch das Laminatsortiment entwickele sich gut und werde zweistellig wachsen im Jahr 2019.

"Gleichzeitig wollen wir auch die Sichtbarkeit und Durchschlagskraft von Wiparquet im Fach- und Großhandel sowie den Einkaufskooperationen deutlich erhöhen", erklärt Marketingleiter Heinz-Dieter Gras. Wiparquet, das keinen eigenen Objektvertrieb führt, agiert deswegen seit Anfang 2019 nach dem so genannten Eco.Concept. Die neue Vermarktungs- und Kollektionsstrategie, welche erstmals Anfang des Jahres auf der BAU vorgestellt wurde und alle Bodenbelagsarten sowie Wandbeläge der Gruppe umfasst, trägt den Slogan "Gut für mich. Gut für die Umwelt". Das soll den Nachhaltigkeitsanspruch des Unternehmens transportieren und den Partnern in Fach- und Großhandel bei der Vermarktung Aufmerksamkeit sichern.

"Wir als Wiparquet und als gesamte Classen-Gruppe haben unsere Grundsätze und Überzeugungen in dem Eco.Konzept zusammengefasst", erklärt Leopolder. Es bestehe aus drei Säulen: Wohngesunde Produkte, ökologisches Handeln und Qualität "made in Germany".

Wiparquet löst das Versprechen der Wohngesundheit ("Gut für mich.") ein, indem alle Boden- und Wandbeläge mit dem Blauen Engel und dem Label des Kölner Eco-Instituts versehen sind. Das Unternehmen bezeichnet sein Handeln als ökologisch ("Gut für die Umwelt."), weil es ausschließlich Rohstoffe und Materialien verarbeitet, die frei von Giften seien. "Und unsere Boden- und Wandbeläge auf Basis von Ceramin können wir zu 100 % in unserem eigenen Herstellungsprozess für neue Produkte wieder verwerten", betont Heinrich. Das geschehe ganz konkret jeden Tag. Mit Produktionsstäuben verfahre das Unternehmen ebenfalls auf diese Weise. Sie werden in einer Größenordnung zwischen 3 und 4kg pro Arbeitsschicht aufgefangen und in die Herstellung zurückgeführt.

Die Verantwortlichen denken schon weiter: In Zukunft sollen die ausgedienten Ceramin-Produkte über ein Rücknahmesystem in die Produktion zurückgeführt und wieder zu neuen Ceramin-Belägen verarbeitet werden. Der Produktkreislauf wäre geschlossen. Das ist aber noch Zukunftsmusik und auch nur mit einem hohen Aufwand zu etablieren - wie vorhandene Rückführungsansätze zeigen. Der Classen-Gruppe wäre das aber zuzutrauen - den langen Atem dafür hat das Unternehmen. Bereits heute sei man in Gesprächen mit anderen Herstellern über ein zertifiziertes Komplettpaket, welches neben den Boden- und Wandbelägen aus Kaisersesch Klebstoffe, Abdichtungsmaterialien und anderes Zubehör umfassen könnte | jochen.lange@snfachpresse.de


Classen - Historie
1963 Gründung der Baues & Co. GmbH durch Dr. Hans-Jürgen Hannig
1967 Kauf von W. Classen in Düren
1992 Kauf eines Betriebsgrundstücks von Akzenta in Kaisersesch
2002 Start Laminatproduktion am Standort in Baruth, Berlin; bis heute modernstes Laminatwerk der Welt
2010 Als erster Laminatbodenhersteller setzt Classen QR-Codes ein
2013 Einführung des industriellen Digitaldruckverfahrens bei Laminat
2014 Markteinführung des WPC-Boden "Neo by Classen"
2015 Einführung des Designbodens "Neo 2.0" und des mineralischen Werkstoffes Ceramin
2016 Einführung der Wand- und Bodenfliesen Ceramin Vario
2017 Alle Wand- und Bodenbeläge aus dem Hause Classen tragen den Blauen Engel
2019 Markteinführung "Eco.Vinyl" (Wiparquet), erster PVC-freier Vinylboden mit dem Blauen Engel
aus BTH Heimtex 10/19 (Wirtschaft)