Interface Deutschland GmbH

"Wir als Interface und Nora schaffen einen greifbaren Mehrwert für unsere Kunden"


Die Bodenbelagshersteller Interface und Nora gehören seit rund einem Jahr zusammen. Die Vertriebsorganisationen in D/A/CH agieren zwar nach wie vor separat in ihren eigenen Segmenten, erreichen aber durch gezielte Zusammenarbeit beim Architekten die erhofften Cross Selling-Effekte, berichtet Interface-Geschäftsführer Nils Rödenbeck im Interview.

BTH Heimtex: Im August vergangenen Jahres hat Interface Nora Systems übernommen, den weltweit größten Hersteller von Kautschukbodenbelägen. Seitdem sind 14 Monate vergangen: Haben die beiden Unternehmen zusammengefunden?

Nils Rödenbeck: Wir pflegen vom ersten Tag an einen wertschätzenden Umgang miteinander. Der Empfang der Belegschaft während unseres ersten Besuches bei Nora in Weinheim war außergewöhnlich offen und herzlich. Mehr als ein Jahr später bin ich immer noch positiv überrascht, wie schnell wir zueinander gefunden haben. Das ist alles andere als selbstverständlich. Aber der Prozess des Zusammenwachsens ist natürlich noch nicht abgeschlossen, sondern dauert an. Nora ist ein traditionsreicher Hersteller mit deutschen Wurzeln und einer gewachsenen Unternehmenskultur mit entsprechenden Werten. Und Interface ist ein globaler Konzern aus den USA.

BTH Heimtex: Wie ist die Zusammenarbeit strukturell organisiert? Wie wurden die D/A/CH-Gesellschaften von Interface und Nora ineinander gefügt?

Nora-Vertrieb bleibt eigenständig

Rödenbeck: Der D/A/CH-Markt ist die einzige Region weltweit, in der Nora auch zukünftig mit einer eigenständigen Vertriebsorganisationen unter eigener Führung agiert - parallel zur Interface-Mannschaft. In allen anderen Märkten gibt es zwar zwei Vertriebsmannschaften, aber immer unter der Gesamtverantwortung der Interface-Vertriebsleitung. Rein strukturell betrachtet ist die Nora Systems-Vertrieborganisation D/A/CH unter der Leitung von Bettina Haffelder Teil der Interface-Region EMEA (Europa, Naher Osten, Afrika; Anmerk. d. Red.).

BTH Heimtex: Warum ist das so?

Rödenbeck: Weil D/A/CH neben Amerika die erfolgreichste Region bei Nora ist, eine signifikante Umsatzgröße und auch zukünftig großes Wachstumspotenzial hat

BTH Heimtex: und wahrscheinlich auch, weil die Segmente und Zielgruppen sich stark unterscheiden von denen von Interface?

Gemeinsame Termine bei Architekten

Rödenbeck: Ich würde die Segmente, Zielgruppen, Marktzugänge und Netzwerke eher als sehr komplementär bezeichnen. Die Interface- und die Nora-Mannschaft laufen deswegen parallel. Aber wir schaffen natürlich Synergien, tauschen uns aus und stimmen uns ab. Dieses Cross-Selling schafft genau den Mehrwert, den wir mit der Übernahme erreichen wollten.

BTH Heimtex: Wie konkret kann man sich diese Zusammenarbeit heute schon vorstellen?

Rödenbeck: Sprechen wir mit einem Architekten und dort "hängen" neben dem für Interface interessanten Büro-Projekt auch die Planungen für ein Krankenhaus, weisen wir darauf hin, dass wir jetzt auch dafür den passenden Boden haben. Im Normalfall wissen wir, in welchen Segmenten der Architekt tätig ist. Andersherum läuft das bei Nora genauso. Alle Vertriebsmitarbeiter haben das heute bereits im Auge und sind an dieser Stelle sensibilisiert, an der sie früher nicht das passende Produkt oder gar nicht den Blick für die anderen Projekte hatten.

Heute vereinbaren wir in solchen Fällen - wenn gewünscht - gemeinsame Termine beim Architekten, holen den jeweiligen Interface- beziehungsweise Nora-Kollegen mit dazu und bemustern - wo nötig und sinnvoll - auch gemeinsam. Das funktioniert gut. Und deswegen bin ich auch überzeugt davon, dass es richtig ist, in den gewachsenen und erfolgreichen Strukturen parallel, aber doch gleichzeitig gemeinsam zu agieren.

BTH Heimtex: Eine häufige Intention von Übernahmen ist es, Synergieeffekte zu erzielen. Hat es im Hinblick darauf Maßnahmen gegeben beziehungsweise sind solche geplant?

Zusammen stärker wachsen als alleine

Rödenbeck: Wir wollen wachsen und tun dies auch weiterhin an zwei Standorten: Nora in Weinheim und wir hier in Krefeld. Wir sind überzeugt, dies zusammen noch schneller tun zu können als alleine, jeder mit seiner eigenen Ausrichtung. Beide Unternehmen sind kerngesund und schon vorher auf Wachstumskurs gewesen. Diese Botschaft haben alle verstanden.

BTH Heimtex: Blicken wir auf die unterschiedlichen Sortimente: Gibt es Berührungsängste im Vertrieb beispielsweise zwischen PVC-freiem Kautschukboden von Nora und PVC-haltigen LVT, die Interface seit rund zweieinhalb Jahren vermarktet?

Rödenbeck: Diese Problematik besteht bei uns nicht, weil wir eine klare Abgrenzung zwischen den Segmenten haben und uns keine Konkurrenz machen mit LVT beziehungsweise Kautschukböden. Wir nehmen uns keinen Markt weg. Deswegen bestehen auch keine Vorbehalte - das fördert die Cross Selling-Effekte ungemein.

BTH Heimtex: Die Teams müssen also nicht das jeweils andere Produkt beziehungsweise die anderen Produkte verkaufen?

Voneinander lernen

Rödenbeck: Nein. Die infrage kommenden Projekte übergeben wir einander, oder wir machen den Termin beispielsweise beim Architekten wie gesagt gleich zusammen. Das ist vor allem für unsere Kunden sehr zeiteffizient und angenehm, denn sie können in einer Stunde mit uns nicht nur ein oder zwei Projekte besprechen, sondern gleich drei oder vier. Und genau darum geht es uns: Wir schaffen einen echten, greifbaren Mehrwert für unsere Kunden. Und das ist am Ende des Tages das, was zählt.

BTH Heimtex: Was können die beiden Unternehmen voneinander lernen?

Rödenbeck: Was wir von Nora gerade lernen, ist der langfristige, systematische und professionelle Verkaufsprozess, der sich in manchen Fällen über bis zu drei Jahre erstreckt. Beindruckend ist der starke Fokus auf das Technische, die Performance und die Sicherheit des Kautschukbodenbelags. Nora hat sehr hohe Standards bei der Betreuung und Projektkoordination. Mit den vielen versierten Anwendungstechnikern hat die Nora-Mannschaft eine stark ausgeprägte technische Kompetenz in allen Facetten ihres Handelns. Unsere neuen Kollegen besitzen die Fähigkeit, sich mit einem sehr hochwertigen und im Vergleich zu den anderen konkurrierenden elastischen Belägen auch hochpreisigen Produkt im Markt durchzusetzen - auch bei Volumenprojekten.

BTH Heimtex: Und was kann Nora von Interface lernen?

Kautschuk
kann emotionaler werden

Rödenbeck: Nora kann von uns lernen, das Thema Bodenbelag nicht nur technisch perfekt zu besetzen, sondern auch emotional über Architektur, Design, Texturen und auch Ganzheitlichkeit. Interface erzählt Geschichten entlang dieser Themen und hat seine Marke auf diese Weise emotional aufgeladen. Ich glaube, Nora kann noch stärker die Farben und Texturen betonen, die in Kautschukböden stecken.

BTH Heimtex: Sie sprechen davon, zu wachsen. Planen Sie auch, weitere Vertriebsmitarbeiter im Interface-Team einzustellen?

Rödenbeck: Wir sind jetzt insgesamt 60 Mitarbeiter in D/A/CH, davon 30 im Vertrieb. Bis Jahresende stellen wir weitere Mitarbeiter ein.
Als ich 2007 zu Interface gekommen bin, waren wir 14. Seitdem hat sich unser Umsatz aber auch verdreifacht. Und für 2019 budgetieren wir Stand heute auch wieder ein zweistelliges Umsatzwachstum in D/A/CH.

BTH Heimtex: Das führt uns zu Ihrem Hauptprodukt: der Teppichfliese. Der Markt für Teppichfliesen im Objektsegment wächst, und viele neue Anbieter bearbeiten ihn. Spüren Sie die zunehmende Konkurrenz?

Teppichfliese wächst weiter massiv

Rödenbeck: Der Markt in unserem strategischen Kernsegment Office ist einfacher geworden, weil mittlerweile bekannt ist, dass die Teppichfliese besser ist als Bahnenware, und weil das Produkt platziert und akzeptiert ist. Gleichzeitig haben sich immer mehr Hersteller dem Modularitätskonzept angeschlossen, Bahnenware-Projekte auf Teppichfliese umzudrehen. Während der textile Objektmarkt stabil ist, wächst die Teppichfliese auch dadurch weiter massiv.

BTH Heimtex: Sie loben Nora für die Fähigkeit, nicht nur hochwertig, sondern auch vergleichsweise hochpreisig zu vermarkten? Schaffen Sie das angesichts dieser wachsenden Konkurrenz auch mit Teppichfliesen?

Rödenbeck: Unsere modularen Beläge - sowohl LVT als auch Teppichfliesen - sind hochwertige Produkte, die im gewerblichen Bereich den höchsten Ansprüchen in Design und Funktionalität gerecht werden. Das hat seinen Preis, und dafür stehen wir.

BTH Heimtex: Vor rund zweieinhalb Jahren hat Interface begonnen, klassische PVC-Designbeläge zu vermarkten. Wie läuft das noch junge Sortiment?

LVT-Umsatzanteil verdoppelt

Rödenbeck: Das Geschäft ist wesentlich schneller angelaufen, als ich es für möglich gehalten habe. Wir haben den Umsatzanteil der LVT noch einmal verdoppelt; Ende des Jahres wird er schon zwischen 4 und 5% liegen.

BTH Heimtex: Bei einem Interview, das wir vor fünf Jahren geführt haben, formulierten Sie für Interface das Ziel, größter Anbieter von textilen Belägen im Objektmarkt in Deutschland zu werden. Haben Sie das geschafft?

Rödenbeck: Nach den Marktzahlen, die wir zur Verfügung haben, und die wir auch im Konzern kommunizieren, sage ich: Ja, wir sind mittlerweile der Größte im Objektgeschäft. Kann ich das belegen? Nein. Weil es keine allgemein gültigen und anerkannten Marktzahlen gibt. Ist es wichtig? Nein. Wichtig ist, dass wir nachhaltig wachsen und einen guten Service bieten. Beides tun wir. Und deswegen sind wir erfolgreich und zufrieden.

BTH Heimtex: Nachhaltig ist ein Stichwort, das uns zu einem weiteren Thema führt: Sie werben damit, dass Ihr komplettes Sortiment CO2-neutral ist. Ist es aber eigentlich nicht

Rödenbeck: Doch ist es - durch die Ausgleichsmaßnahmen, die mit Hilfe von beispielsweise Aufforstungsprojekten das CO2 kompensieren. Wir betrachten hier den CO2-Fußabdruck über den gesamten Produktlebenszyklus. Dieser wird kompensiert durch zertifizierte Ausgleichsprogramme.

BTH Heimtex: Es gibt Wettbewerber, die bezeichnen das als Greenwashing. Was entgegnen Sie diesem Vorwurf, gerade vor dem Hintergrund der Mission Zero, der vor 25 Jahren gestarteten Initiative von Interface, bis 2020 ein CO2-neutral wirtschaftendes Unternehmen zu sein.

Teppichfliesen, die CO2 binden

Rödenbeck: Unsere Produkte haben bereits den niedrigsten CO2-Fußabdruck der Branche. Und unser erklärtes Ziel ist es, in Zukunft einen positiven Wandel zu erzielen: durch Produkte, die CO2 aus der Atmosphäre dauerhaft binden. Daran arbeiten wir und gehen unseren Weg als Innovationstreiber weiter.

Wir haben eine Teppichfliese als Prototypen entwickelt, die mehr CO2 bindet als sie verursacht. Für dieses neue Projekt "Climate Take Back", mit dem wir erstmals versuchen, das Klima aktiv zu verbessern, investieren wir mehrere Millionen Euro für Forschung, Entwicklung und Maschinen, um aus dem Prototyp eine marktfähige Kollektion zu machen. Wir wollen beweisen, dass es funktioniert. Bis dahin sind die Ausgleichsmaßnahmen eine Brücke, um den CO2-Fußabdruck unserer Produkte, der aktuell noch unvermeidbar ist, auszugleichen und den Schaden, den wir als Industrie der Umwelt zufügen, zu neutralisieren. Ich sehe das nicht als Greenwashing.

Wir forschen und entwickeln für die Rettung des Klimas und investieren auch konkret etwas und verzichten auf Marge. Viele unserer Wettbewerber tun das nicht. Ist das etwa besser? Ich glaube nicht. Und deswegen ist das, was wir tun, auch kein Greenwashing. Ganz im Gegenteil.

BTH Heimtex: Planen Sie denn auch, ihr LVT-Sortiment mit PVC-freien Designbelägen zu erweitern?

Rödenbeck: Seitdem wir mit LVT im Markt sind, sammeln wir unsere Erfahrungen mit diesem Produkt. Wenn wir etwas in diese Richtung bringen, wird es dem Anspruch von Interface gerecht werden, eine Kategorie anzuführen und den Status quo zu überwinden. Die Forschungs- und Entwicklungsarbeit sowohl in unserem eigenen Hause als auch zusammen mit Kooperationspartnern geht in alle Richtungen. In erster Linie interessant für uns sind dabei biobasierte, unbedenkliche und recycelte Materialien und Substanzen.

Erste kombinierte Teppichfliese-LVT-Kollektion

BTH Heimtex: Interface hat auf der Neocon im Juni in Chicago seine erste kombinierte Kollektion aus Teppichfliesen und LVT vorgestellt. Wann kommt sie auf den deutschsprachigen Markt?

Rödenbeck: Ende September war offizieller Produktlaunch. Die Kollektion heißt Look Both Ways, also "Schau in beide Richtungen". Wir haben erstmals eine Kollektion mit LVT und Teppichfliesen "gedacht" und designt. Die Produkte haben nach vielen Planken-Kollektionen mal wieder das klassische 50 x 50 cm-Format und sind inspiriert von Stein, Beton und Terrazzo. Die Serie spielt mit unterschiedlichen Höhen und Texturen; da ist viel Dynamik drin. Aber auch die Gestaltung von ruhigen Flächen ist möglich. Die Idee dahinter: Mit der Kollektion kann man unterschiedliche Anforderungen in Bezug auf Nutzung, Design und Preisklassen aus einer Kollektion bedienen. Und alles ist zu 100 % lose zu verlegen ohne Übergänge und Schienen. In den USA ist Look Both Ways bereits gut angelaufen.

Das Gespräch führte Jochen Lange. | jochen.lange@snfachpresse.de
aus BTH Heimtex 10/19 (Wirtschaft)