FEB:

"Verband heißt verbünden"


Mit Volkmar Halbe führt erstmals ein hauptamtlicher Vorsitzender den Fachverband der Hersteller elastischer Bodenbeläge (FEB). Mit BTH Heimtex sprachen er und der in den Ruhestand gegangene Geschäftsführer Hans Joachim Schilgen über Erreichtes und künftige Herausforderung.

BTH Heimtex: Herr Halbe, mit ihnen steht erstmals ein hauptamtlicher Vorsitzender an der Spitze des FEB. Ist das vielleicht ein Stück weit der Tatsache geschuldet, dass man in Vereinen und Verbänden heute kaum Mitglieder findet, die sich ehrenamtlich engagieren?

Volkmar Halbe: Das hat sicherlich eine Rolle gespielt. Diejenigen, die heute in unternehmerischer Verantwortung stehen, sind in ihren Unternehmen sehr stark eingebunden. Da bleibt die aktive Arbeit für einen Verband zwangsläufig auf der Strecke. Um den Apparat des Verbandes nicht unnötig aufzubauen, lag es auf der Hand, den Vorstandsvorsitz und die Geschäftsführung faktisch miteinander verschmelzen zu lassen.

Hans Joachim Schilgen: Ich begrüße die aktuelle Entscheidung und wünsche Volkmar Halbe für die künftigen Aufgabe eine glückliche Hand. Er hat mit den stellvertretenden Vorsitzenden Oliver Kluge (Amtico) und Oliver Bossuyt (IVC) erfahrene Vorstandsmitglieder an seiner Seite, mit denen er sich beraten und abstimmen kann.

Stolz auf technische Dokumentationen

BTH Heimtex: Schauen wir erst noch einmal in die Vergangenheit. Herr Schilgen, worauf sind Sie im Rückblick stolz, und was hat besonders viel Energie gekostet?

Schilgen: Ich habe am Anfang vieles als One Man-Show gemacht; besonders die Vorbereitung der Mitgliederversammlungen war Knochenarbeit. Insofern ist es vorteilhaft, dass Volkmar Halbe auf sein Back Office-Team zurückgreifen kann.

Stolz sein kann man sicherlich auf die technischen Dokumentationen. Obwohl der Verband nicht in der Normung tätig ist, sind viele wertvolle technische Informationen entstanden. Gerade die Merkblätter, die in Zusammenarbeit mit Mitgliedern und Fördermitgliedern redaktionell immer von Uwe Viebrock betreut wurden, haben einen sehr hohen Stellenwert erreicht. Das gilt natürlich auch für den Technic Explorer - von den Standardwerken profitiert heute die ganze Branche. Ein ganz aktuelles Beispiel ist die "Technische Information Sauberlauf".

BTH Heimtex: Wäre es denkbar, dass der FEB auch in der Normung aktiv ist?

Halbe: Das kann man heute nicht ausschließen; das müssen wir mit den Mitgliedern diskutieren. Im Rückblick ist es sicherlich eine große Leistung des FEB gewesen, Normung mit Anwendungstechnik zu verbinden. Entstanden sind profunde Dokumentationen, die einen hohen Stellenwert haben und ständig aktualisiert werden. Überdies arbeiten Vertreter von FEB-Mitgliedern auch über andere Verbände aktiv an Normungsthemen mit.

Verbandsarbeit als Dienstleistung

BTH Heimtex: Was muss Verbandsarbeit heute leisten, um als erfolgreich bewertet zu werden? Gibt es einen Unterschied zur Verbandsarbeit vor 20 Jahren?

Schilgen: Für mich ist Verbandsarbeit nach wie vor Dienstleistung. Man muss immer im Auge haben, was die Nutzer wollen, um nicht an ihnen vorbeizuplanen. Unter Kostengesichtspunkten muss man außerdem immer den Blick für die Interessenbündelung haben. Das ist auch ein Thema des FEB. Wir haben auch einen Ehrenkodex und ein Leitbild, trotzdem gibt es mal Ausreißer. Der Hintergrund eines Verbandes sind natürlich die gemeinsame Interessen.

Halbe: Das würde ich gerne aufnehmen. Verband heißt verbünden - das ist das Kernthema. Verbände stehen heute genauso unter Kostendruck wie Unternehmen. Es geht darum, diese Verbünde nutzenkonzentriert zu organisieren. Das heißt: Jeder Verband braucht ein klares Profil. Es gibt heute ganz andere Ansprüche an Verbände als noch vor zehn oder 20 Jahren. Heute ist das reine Netzwerken zu wenig. Für den FEB geht es immer darum, die Produkt- und Anwendungstechnik zu highlighten und am Image der Produktwelten unermüdlich zu arbeiten. Es geht dabei auch darum, sicherzustellen, dass anwendungssichere Produkte auf den Markt kommen.

Transfer zwischen Theorie und Praxis

BTH Heimtex: Herr Halbe, Sie haben Anfang Mai 2019 Ihre neue Aufgabe übernommen: Wie fällt Ihr Resümee der ersten 100 Tagen aus?

Halbe: Der FEB ist ein gut aufgestellter Verband, der auch durch die Mitgliederzahlen sowohl bei den ordentlichen als auch bei den Fördermitgliedern sehr starke Partner hat. Diese Partner bündeln auf Produktebene als unabdingbare Notwendigkeit das gesamte Fußbodensystem. Ich glaube, dass die elementaren Themen in den ersten 100 Tagen klar erkannt worden sind. Das erste ist Produkt- und Anwendungstechnik mit dem Transfer zwischen Theorie und Praxis. Das zweite Thema ist das verbandsübergreifende Netzwerken. Drittens: Zahlen, Daten und Fakten. Viertens: Nachhaltigkeit, gemeint ist die gesamte ökologische Diskussion von der Ressourcenschonung bis zum Recycling. Und fünftens das Imagethema der Produktwelten. Darum wird es gehen.

Man wird im Herbst sehen, was wir in welcher Reihenfolge angehen wollen. Die Diskussionen laufen bereits mit hoher Intensität. Wir hatten im September eine Mitgliederversammlung mit den ordentlichen Mitgliedern und Ende Oktober kommt die große Mitgliederversammlung mit den Fördermitgliedern.

Mitglieder (zurück-)gewinnen

BTH Heimtex: Der FEB hat Mitglieder wie Armstrong DLW, Beaulieu und Nora Systems, heute Teil von Interface, verloren. Wie wirkt sich das auf die finanzielle Ausstattung des Verbandes aus? Werben Sie darum, die Genannten wieder zu gewinnen?

Halbe: Natürlich tun wir das. Der FEB ist finanziell gut aufgestellt. Aber es ist natürlich auch wichtig, die Kraft zu verbreitern, um noch mehr Substanz zu gewinnen. Wir wollen ein Sprachrohr vieler sein. Es geht im FEB darum, in den nächsten Jahren möglichst wieder Wachstum zu erzeugen - auch bei den ordentlichen Mitgliedern. Ich glaube, dass die Zahl der Fördermitglieder auch noch nicht erschöpft ist.

BTH Heimtex: Was hat Sie an der Aufgabe besonders gereizt?

Halbe: Für mich ist es eine Aufgabe zurück zu den Ursprüngen. Eintreten können für eine Produktwelt, in die ich seit 30 Jahren viel Leidenschaft einbringe; zurück zu tollen Menschen und Gestaltern dieser Szene und die Möglichkeit zu haben, auch in einer für bestimmte Bodengattungen anspruchsvollen Situation wieder nachhaltig in doppelter Bedeutung eintreten zu können. Also nachhaltig im ökologischen Sinne, aber auch im Sinne lang anhaltender Wirkung. Ich kenne die Szene und die handelnden Personen gut. Das macht einfach Spaß. Bei allem, was ich in meinem Leben gemacht habe, ist der Spaßfaktor immer ein mit entscheidender.

BTH Heimtex: Halten Sie an den Arbeitskreisen für Projektarbeit, Merkblätter und Technische Fachinformationen fest? Können Sie uns einen kleinen Einblick in die Themen des AK Marketing und des AK Technik geben?

Gespräche mit MMFA und EPLF

Halbe: Arbeitskreise sind enorm wichtig, weil dort - im Wortsinn - die eigentliche Arbeit passiert. Der Arbeitskreis Marketing ist langjährig aktiv. Wir überlegen gerade, ob wir ihn umbenennen in Markt & Image. Das trifft es eher, weil in diesem Kreis eine Menge Imagearbeit geleistet werden kann und muss.

Der zweite Arbeitskreis behandelt die Produkt- und Anwendungstechnik; er ist im FEB wirklich exzellent aufgestellt. In den Sitzungen wird das durch eine erfreulich hohe Teilnehmerzahl dokumentiert. Beide Arbeitskreise sind ein Garant dafür, dass der Transfer zwischen Normung, Theorie, Praxis und Markt funktioniert.

BTH Heimtex: Wie bewerten sie die Zusammenarbeit mit angrenzenden Verbänden?

Halbe: Es ist wichtig, mit den relevanten Verbänden wie dem Verband der mehrschichtig modularen Fußbodenbeläge (MMFA), dem Verband der Europäischen Laminathersteller (EPLF) und dem European Resilient Flooring Manufactures Institute (ERFMI) (Europäischer Verband der Hersteller elastischer Bodenbeläge, Anm. d. Red.) sehr eng in Gesprächen zu sein, damit nicht alle alles doppelt machen. Wir müssen die vorhandenen Kräfte bündeln. Ich weiß, dass man mit dieser Meinung bei anderen Verbänden auf Zustimmung stößt, das haben erste Gespräche ergeben.

Ich glaube auch, dass es wichtig ist, mit Interessenverbänden wie der Arbeitsgemeinschaft PVC und Umwelt (AgPU) oder der Arbeitsgemeinschaft PVC-Bodenbelag Recycling (AgPR) sehr nah zu sein. Es treibt alle das Gleiche, überall wird es um Kraftkonzentration gehen.

BTH Heimtex: Wie dicht ist der Verband am verlegenden Handwerk? Sie sponsern ja die Ausbildungsinitiative "Das ist Bodenhandwerk". Werden Sie das Engagement fortsetzen?

Schilgen: Wir waren von Anfang an dabei und dort ein großer Sponsor. Es ist mir gelungen, eine Reihe von FEB-Mitgliedern als direkte Mitglieder der Initiative zu gewinnen. Ich habe im Beirat mitgearbeitet und mein Mandat offiziell an Volkmar Halbe übergeben. Für mich gilt der Leitsatz: Elastische Bodenbeläge brauchen einen perfekt vorbereiteten Untergrund. Wenn uns die Verleger fehlen, die uns unsere Bodenbeläge vernünftig auf den Boden bringen, wäre das problematisch.

Seriös informieren über Plastik

BTH Heimtex: Momentan ist in Deutschland eine Diskussion über Plastik entstanden: Mikroplastik in den Meeren, Plastikverpackung bei Lebensmitteln usw. Wir hören auch von besorgten Belagsherstellern. Wie begegnen Sie dem?

Halbe: Das Thema Plastik ist allgegenwärtig, und man kann es auch nicht steuern, weil im Moment der Satz gilt: Plastik ist böse. Da werden viele Themen über einen Kamm geschoren, der Verbraucher differenziert nicht. Es reicht sicherlich nicht aus, dass Unternehmen versuchen mit ihrer eigenen Kommunikation dem entgegenzutreten. Auch in diesem Fall ist der Schulterschluss mit Synergien und übergreifender Zusammenarbeit wichtig. Es geht nicht darum, kampagnenhaft Greenwashing zu betreiben, sondern wirklich argumentativ seriös aufzuklären.

BTH Heimtex: Ihr Vorgänger Andreas Kopf war Vorstandsmitglied bei der AgPU. Werden Sie auch dieses Amt wahrnehmen?

Halbe
im AgPU-Vorstand

Halbe: Es gibt bereits einen Beschluss im Vorstand der AgPU, dass ich als Verbandsvertreter dort in den Vorstand eintreten kann. Das halte ich für ganz wichtig. Ich glaube, dass die AgPU mit der Initiative Vinyl Plus (Nachhaltigkeitsprogramm der europäischen PVC-Branche, Anm. d. Red.) ein ganz wichtiges Sprachrohr ist.

BTH Heimtex: Herr Halbe, Sie sind weiterhin mit Ihrer Firma als Berater aktiv. Kollidiert diese Tätigkeit nicht mit den Verbandsinteressen?

Halbe: Wir haben eine Kollisionsklausel vereinbart, nach der ich in bestimmten Geschäftsfeldern nicht beraten darf. Ich kann nicht ein Unternehmen in diesem Branchensegment beraten und gleichzeitig den Verband leiten, das schließt sich aus. Da haben wir klare Regelungen gefunden.

BTH Heimtex: Herr Schilgen, was wünschen Sie dem FEB für die Zukunft? Worauf freuen Sie sich in Ihrem Ruhestand besonders?

Schilgen: Ich wünsche dem FEB alles Gute, viel Erfolg, gesunden Wettbewerb und Fairness im Umgang miteinander. Es ist eine sehr innovative Branche, möge der Innovationsgeist weiter erhalten bleiben. Das gilt auch für gute Margen. Die Branche muss Geld verdienen, sonst kann sie nicht investieren. Mir hat es sehr viel Freude gemacht, ich bin sehr gerne für den FEB tätig gewesen. Ich werde die Branche weiterhin beobachten.

In meinem Ruhestand freue ich mich am meisten darauf, Zeit zu haben. Ich möchte Reisen, kulturelle Termine wahrnehmen und mich in einer Stiftung engagieren. | bth@snfachpresse.de
aus BTH Heimtex 10/19 (Wirtschaft)