ABK Einkaufsverband GmbH & Co. KG

"Man muss nicht alle Kunden haben wollen"

Der Fachhandel droht zunehmend seine Funktion für die Vorabinformation und den Einkauf zu verlieren. Im Netz geht beides ganz einfach und bequem und rund um die Uhr. Auf der Cheftagung des Einkaufsverbandes ABK wurden Ideen und Strategien vorgestellt, um gegen den Trend erfolgreich zu sein.

Die Produkte - Betten und Matratzen - mögen andere sein als bei den Lesern von BTH Heimtex. Aber die Herausforderung, mit denen die Fachhändler und Teilnehmer an der Cheftagung des Einkaufsverbandes ABK tagtäglich konfrontiert werden, sind dieselben.

Online spart Zeit

Sebastian Deppe von der Münchner Handelsberatung BBE stellt fest, dass sich der Marktanteil der Online-Anbieter und von Filialisten kontinuierlich vergrößert, während der des traditionellen Fachhandels ebenso kontinuierlich zurückgeht. Das heißt, für die Beschaffung von Waren wird er immer weniger gebraucht.

Gleichzeitig nutzen die Verbraucher Amazon oder Google als virtuelle Schaufenster, haben dort 24 Stunden am Tag Zugriff auf weltweite Informationen. Damit verliert der Fachhandel auch seine Funktion als Informationsquelle vor der Kaufentscheidung.

Und das alles in einem gesellschaftlichen Umfeld, in dem Zeit nicht nur Geld sei, sondern von den Konsumenten auch als immer knapper werdendes Gut wahrgenommen wird. Soll ich mich jetzt noch auf den Weg in die City machen oder bestelle ich online und gehe dann mit meinen Freunden zum Grillen in den Park? Die Antwort liegt auf der Hand.

Raus aus der Komfortzone

Um dem entgegen zu wirken, müssen Innenstädte an Attraktivität gewinnen. Wie das gehen kann, zeigt die Initiative Herzschlag Freiburg (siehe Seite 130). Doch die scheint eine positive Ausnahme zu sein. Deppe stellt vielfach das Gegenteil fest. Gleiches gelte für die Geschäfte selbst, die den hohen Erwartungen der Kundschaft an Aufenthaltsqualität und Wohlfühlatmosphäre nicht gerecht werden. Parallel dazu sei die Beratung oft zu wenig differenzierend und das Sortiment häufig austauschbar.

Positiv betrachtet: Das sind viele Stellschrauben, an denen der Fachhändler drehen kann, um erfolgreich zu werden. "Aber Sie werden nicht überall 100 % erreichen. Sie müssen für sich den Anker setzen", meint Deppe und fordert: "Wir müssen agiler, schneller und umsetzungsorientierter werden. Und wir müssen Leidenschaft und Inspiration miteinander verbinden."

Die Zeichen der Zeit
erkennen

In die gleiche Kerbe schlägt ABK-Geschäftsführer Thomas Fehr, der seinen Mitgliedern dazu rät, höherwertiger und auch höherpreisiger zu verkaufen, um sich vom Wettbewerb abzuheben. "Aber wenn wir Premiumprodukte verkaufen wollen, müssen wir mit all unseren Facetten im Fachhandel auch premium sein. Das müssen wir ausfüllen in Form von Warenpräsentation, in Form von Kompetenz."

Auch dem Zeitgeist gelte es Rechnung zu tragen. Zur aktuellen Klimadiskussion meint Fehr: "Wenn wir uns damit nicht intensiv und mit ganzem Herzen beschäftigen, werden wir in Zukunft massive Probleme bekommen - sowohl der Fachhandel als auch die Industrie. Die Spielregeln werden derzeit neu geschrieben. Ob man die gut findet oder nicht, spielt keine Rolle: Der Markt verändert sich nachhaltig - diejenigen, die sich nicht verändern, sind irgendwann nicht mehr am Markt präsent. Und diese Entwicklung verläuft deutlich schneller als wir das wahrhaben wollen." | bth@snfachpresse.de


Der Unternehmensberater Jon Christoph Berndt wirbt für eine klare Positionierung des Fachhandels.
"Man braucht Ablehner, um Fans zu gewinnen"

"Man kann nicht den Markt verändern. Aber man kann sich selbst verändern", lautet das Credo des Unternehmensberaters Jon Christoph Berndt. Er fordert dazu eine klare, zugespitzte Positionierung gegenüber den Kunden: entweder Premiummarkt oder Volumenmarkt. "Denn es ist nicht mehr zeitgemäß, alle als Kunden haben zu wollen, sich nicht eindeutig zu positionieren und für eine Gruppe entscheiden zu wollen." Deshalb: "Lieber bewusst, beherzt und voller Inbrunst eine klare Zielgruppe ansprechen, als mit der Schrotflinte auf alle zu zielen. Sie müssen nicht jedem gefallen", meint er. "Sie brauchen auch Ablehner, um Fans zu gewinnen."

Berndt rät zu Courage, Konsequenz und Kreativität, um als Marke so individuell wie möglich wahrgenommen zu werden. "Ihre Marke ist das, was andere über sie sagen, wenn sie nicht im Raum sind."

Aber Achtung: Die Mitarbeiter nicht vergessen. "Die müssen wissen, wofür sie antreten."
aus BTH Heimtex 12/19 (Wirtschaft)