Dr. Matthias Krull, Ahlstrom-Munksjö, über den weltweiten Laminatmarkt

Wachstumspotenzial primär außerhalb Westeuropas

Ahlstrom-Munksjö, einer der weltweit führenden Papierhersteller, analysiert alljährlich den weltweiten Laminatmarkt. Die profunde Studie unter Federführung von Dr. Matthias Krull gilt als Standardwerk der Branche, die Ergebnisse spiegeln detailliert Entwicklung und Veränderungen wider. Parkett Magazin veröffentlicht exklusiv Auszüge daraus.

Als Zulieferer für die Laminatindustrie ist Papierhersteller Ahlstrom-Munksjö am Puls der Branche. Schon seit Jahren dokumentiert das Unternehmen ebenso ausführlich wie detailliert die Entwicklung des globalen Marktes. Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des Verbandes der Europäischen Laminathersteller, EPLF, gab Dr. Matthias Krull, Vice President Sales Decor, einen weit gespannten Überblick über weltweite Produktion und Absatz und zeigte dabei auch Chancen und Risiken auf.

Nach ihrem Markteintritt Ende der 1980er Jahre haben Laminatböden die Bodenbelagswelt revolutioniert; jahrelang wiesen Produktion und Nachfrage nur in eine Richtung: steil bergauf. Die Finanzkrise bremste auch die bis dato erfolgsverwöhnte Branche aus, das Wachstum flachte ab. Mit dem Erstarken der Designbeläge als neuer Produktkategorie, die sich noch schneller und eruptiver am Markt durchsetzte als einst Laminat, wurde das Geläuf noch härter. Dennoch nahm die weltweite Produktion von 2012 bis 2017 weiter zu. 2018 erlitt sie erstmalig seit sechs Jahren einen Knick von -3,4 %, der hauptsächlich in einem Rückgang von -4,7 % auf 605 Mio. m2 in Westeuropa begründet war. Und dies, nachdem im Vorjahr mit 635 Mio. m2 der bisherige Produktionsrekord erreicht worden war. Eine Ursache sei die Konkurrenz durch Designbeläge, aber nicht die einzige, diagnostizierte Krull.

China überholt Deutschland
als Produktionsland Nr. 1

Zugleich veränderte sich das Ranking der Produktionsländer: Deutschland, zuvor Nr. 1, wurde 2018 von China überholt und rutschte auf Platz 2. Danach folgen mit weitem Abstand Russland, die Türkei und die USA. Diese Top 5 beanspruchen gemeinsam 75 % Weltmarktanteil. Die Top 10 der weltweiten Laminathersteller, darunter vier Unternehmen aus der DACH-Region, kamen 2018 zusammen auf eine Produktion von 660 Mio. m2; das bedeutet einen Markanteil von 67 %.

Nur Westeuropa und China exportieren Laminat in alle Regionen der Welt - Westeuropa sogar auch nach China. Wichtigster Zielmarkt für die westeuropäischen Hersteller ist Nordamerika, das 45 Mio. m2 des Exportvolumens von insgesamt 154 Mio. m2 abnimmt, entsprechend knapp 30 %, der zweitwichtigste Osteuropa mit 35 Mio. m2 bzw. 23 % Anteil. Aber: einige der westeuropäischen Branchengrößen betreiben in Osteuropa eigene Werke, ihre dortige Marktpräsenz ist also noch größer. Auch chinesische Laminatböden gehen zu einem großen Teil, etwa 39 %, nach Nordamerika und zu 28 % nach Osteuropa.

Niederlande und Türkei mit
höchstem Pro-Kopf-Absatz

Außerhalb Europas besitzen Laminatböden nur einen geringen Marktanteil. Die Nachfrage in Westeuropa ist gesättigt. Hier wird der Anteil von Laminat bei einer Gesamtmenge von 1,8 Mrd. m2 auf 16 % beziffert. Zum Vergleich: In Nordamerika 8 % bei einer Gesamtmenge von 1,9 Mrd. m2, in China 6 % bei einer Gesamtmenge von 3,9 Mrd. m2 und in Südamerika 3 % bei einer Gesamtmenge von 1,1 Mrd. m2. Insgesamt wird der Weltmarkt an Bodenbelägen für 2018 auf 13 Mrd. m2 geschätzt; bei einem Gesamtabsatz von 985 Mio. m2 errechnet sich daraus ein Anteil von 7,6 % für Laminat.

Die größte Marktdurchdringung hat Laminat in den Niederlanden und der Türkei mit einem Pro-Kopf-Absatz von jeweils 1,1 m2. Den zweiten Platz teilen sich Polen und Kanada mit jeweils 0,8 m2 vor Deutschland, Österreich, Russland und Rumänien mit jeweils 0,7 m2. Im Schnitt liegt Westeuropa bei 0,6 m2.

Mehr und anderes
Marketing ist nötig

Auch wenn das Umfeld einige Herausforderungen birgt wie zunehmende politische Reglementierungen, den Aufbau von Handelshemmnissen, Verteuerungen von Rohstoffen und die steigende Konkurrenz durch Substitutionsprodukte wie Designbeläge sind die Perspektiven durchaus positiv. Die zunehmende Urbanisierung, eine wachsende Mittelschicht und eine Anpassung an den westlichen Lebensstil in den Schwellenländern, sowie die anhaltende Baukonjunktur und ein positives Klima für Konsumausgaben dank niedriger Zinsen, nannte Krull als mögliche Absatztreiber. Produktseitig identifizierte er als potenzielle Absatzförderer das herausragende Preis-Leistungs-Verhältnis, die schnelle und einfache Installation sowie den Nachhaltigkeitscharakter, da Laminat zu einem Großteil auf erneuerbaren Ressourcen basiert.

Wobei Krull Wachstumspotenzial primär außerhalb Westeuropas und speziell in Regionen mit einem bislang niedrigem Pro-Kopf-Verbrauch sieht. Aber: Wachstum kommt nicht mehr von allein. Die Industrie muss mehr dafür tun. Wichtig ist nach Krulls Dafürhalten zum einen, Laminat mit neuen Funktionalitäten aufzuladen und zum anderen, das Marketing für Laminat neu auszurichten und zu intensivieren, um das Image zu verbessern. Ein stärkerer Fokus sollte dabei auf das Thema Nachhaltigkeit gelegt werden. |Claudia Weidt

Ahlström-Munksjö
Ahlström-Munksjö Germany Holding GmbH
Nördlicher Stadtgraben 4, 73430 Aalen
www.ahlstrom-munksjo.com

Profil Ahlstrom Munksjö Decor
Lieferant von Dekorpapieren für den Einsatz Oberflächen für Holzwerkstoffprodukte wie Laminatböden, Möbel- und Innenausbauteile
Nettoumsatz: 450 Mio. EUR (15 % Anteil am Gesamtumsatz)
Mitarbeiter: 950
Werke: Insgesamt fünf, davon zwei in Deutschland, außerdem in Frankreich, Spanien und Brasilien
Jahreskapazität: > 250.000 t
Produktportfolio: Dekorpapiere, vorimprägnierte Papiere

Profil Ahlstrom-Munksjö-Gruppe
Ahlstrom-Munksjö ist ein weltweit führender Anbieter von Materialien auf Faserbasis für verschiedene industrielle Einsatzbereiche sowie eine Reihe von Spezialpapieren für das B2B- und das B2C-Geschäft
Umsatz: 3 Mrd. EUR
Mitarbeiter: 8.000
Werke: 45 in 14 Ländern,
Zentrale: Helsinki, Finnland
aus Parkett Magazin 06/19 (Wirtschaft)