Restauratoren trafen sich in Dresden
"Problemlösungen für die ganze Branche"
Wenn die Parkettrestauratoren des Bundesverbandes Parkett und Fußbodentechnik zur Fachgruppentagung zusammenkommen, dann an einem Ort, der Kultur und Geschichte zu bieten hat. Zuletzt traf man sich in Dresden - Höhepunkte waren Führungen durch die Semperoper und das Dresdner Schloss, in dem Restaurator Gerd Kleditzsch 1.100 m
2 Tafelparkett aufwändig rekonstruiert hat.
Wer die Restauratoren sind und was genau sie machen - diese Fragen haben derzeit eine gewisse Brisanz. Denn Mitglied in der Fachgruppe des Bundesbverbandes Parkett und Fußbodentechnik (BVPF) kann nur sein, wer die Restauratorenausbildung absolviert hat. Und daher gelten die Parkettrestauratoren mit ihrem Fachwissen in der Branche bisweilen durchaus als eine Art Elite. Zwar wollen sie ausdrücklich nicht als solche verstanden werden, doch dass sie in der Bodenkunde nach Besonderem streben und neue Lösungen in den Kollegenkreis einbringen können, hebt die aktiven Mitglieder der Fachgruppe automatisch von der Masse ab. Dieter Humm, der sein Amt als stellvertretender Vorsitzender gerade an den Berliner Thorsten Barth abgegeben hat, nennt Beispiele: "Minimalinvasive Hohlraumunterspritzung ist als Lehrinhalt und neuer Stand der Technik solch ein Erfolgsthema. Wir haben auch etwas zur partiellen Renovierung von UV-gehärteter, gebürsteter Oberfläche gemacht. Das ist typisches Restauratorenwissen."
Weil die Restauratoren über das ganze Bundesgebiet verstreut sind, machen sie sich gegenseitig keine Konkurrenz. Im Gegenteil, man hilft einander auf Baustellen, tauscht Erfahrungen aus und sucht bei Zusammenkünften nach Problemlösungen. Zum Beispiel wie und mit welchem Klebstoff man geschüsselte Lamellen wieder auf den Träger presst, wenn der Staubsauger darunter angesammelten Dreck und Steinchen nicht komplett entfernen kann. Die Antwort: Mit Hammerkraft, einem speziellen Würth-Produkt oder PU-Treppenleim und anschließender Beschwerung.
110 Restauratoren seit 1988 ausgebildet
Ins Leben gerufen wurde die Restauratorengruppe 1987 von Ortwin Baumann und Otto Rapp. 1988 fand ein erster Ausbildungskurs statt. Seit dieser Zeit sind in sieben Durchgängen rund 110 Parkettrestauratoren ausgebildet worden. 68 sind heute noch Mitglieder der Fachgruppe. Leider bedeutet dies keineswegs, dass alle Parkettrestauratoren mit ihrem Können Geld verdienen. Die Aufträge, historische Böden zu erneuern, kommen meist von öffentlicher Hand, unterliegen dem Spardiktat, und Fördermittel sind dünn gesät. "Es gibt bundesweit vielleicht fünf Betriebe, die auf diesem Gebiet einen Auftragsüberhang haben", heißt es von der Gruppenleitung. "Dazu muss man regional bekannt und gut vernetzt sein."
Gerd Kleditzsch ist einer von denen, die sich einen Namen gemacht haben. Auch, weil sein Betrieb wie eine kleine Manufaktur in der Lage ist, Parkett selber herzustellen. In den Paraderäumen des Dresdner Schlosses hat er rund 800 mehrschichtige Versailler Kassetten und Friese auf kreuzverleimtem Eichenträger mit 8 mm dicker Nutzschicht aus Eiche, Ahorn, Mahagoni und Räuchereiche verlegt. Die Oberfläche ist mit Hartwachsöl beschichtet. Dass zuvor 800 Stunden Untergrundvorbereitung und 13 t Spachtelmasse in die Arbeit eingeflossen sind, unterstreicht die Dimension des Vorhabens. Erstaunlich scheint in diesem Kontext das Planungs- und Arbeitstempo: Im Januar 2019 ging es los, bis Jahresende waren 1.100 m
2 fugenfrei genutet.
Von einem solchen Auftrag können andere Restauratoren nur träumen. Für viele ist die Fachgruppentagung eher ein soziales Ereignis, das dem Zusammenhalt dient. Im Jahr 2020 wollen sich die Experten in Wien treffen. Denn Absolventen kommen nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus Österreich, Südtirol, der Schweiz und Polen.
Novelle der Restauratoren-
Ausbildung - kein Kurs in 2020
Der Weg zum Titel "Geprüfte/r Restaurator/in" im Parkettlegerhandwerk wird länger. Waren bisher um die 450 Stunden zu absolvieren, können es künftig 700 bis 800 Stunden werden. Was in der Vergangenheit in einem halben Jahr zu bewältigen war, wird nun ein bis anderthalb Jahre dauern. Das liegt an einer neuen Ausbildungsverordnung, die immerhin eine deutliche Aufwertung der aus dem Handwerk stammenden Restauratoren mit sich bringt. Sie werden den akademisch gebildeten Restauratoren gleichgestellt.
Die Veröffentlichung der neuen Verordnung im Bundesgesetzblatt war zunächst Ende 2019 geplant. Bis dahin hatte die Vorlage unter Federführung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) verschiedene Gremien zu durchlaufen: Einvernehmen mit dem Bundeswirtschaftsministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), Rechtsförmlichkeitsprüfung durch das Bundesjustizministerium (BMJV), Befassung des Normenkontrollrates und Unterzeichnung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
Einen Ausbildungskurs für Parkettrestauratoren wird es 2020 nicht geben. Erst muss ein neuer Rahmenlehrplan genehmigt werden. Den Grund nennt Dieter Humm: "Wir möchten das Privileg behalten, unsere Leute selbst auszubilden. Dazu müssen wir ein nachprüfbares, recht schulisches Konzept einreichen." Die Grundlage dafür wurde durch eine Arbeit von Prof. Dr. Andreas Rapp bereits geschaffen. Nicht alle Lehrinhalte lassen sich allerdings durch den festen Stamm brancheninterner Ausbilder abdecken. "Themen wie Architekturgeschichte, Stilkunde und unterschiedliche Verordnungen in den Bundesländern geben wir gern ab", sagt Jochen Michalik, Vorsitzender der Restauratorengruppe.
| Henrik Stoldt
aus
Parkett Magazin 01/20
(Wirtschaft)