Forbo Eurocol: Gespräch mit den Geschäftsführern Dr. Stefan Vollmuth und Jochen Schwemmle
"Neue 1K-Technologie bietet Potenzial"
Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Standortes Erfurt gaben die Geschäftsführer Dr. Stefan Vollmuth und Jochen Schwemmle spannende Einblicke bei Forbo Eurocol. Der Spezialist für Verlegewerkstoffe, der organisatorisch zum Belagshersteller Forbo Flooring Systems gehört, baut sein Sortiment der 1K-Produkte auf Silanbasis aus. Welche Vorteile diese Technologie bietet und warum sie perfekt zur aktuellen Marktsituation passt, erläutern die Geschäftsführer im Interview mit FussbodenTechnik.
FussbodenTechnik: Forbo Eurocol feiert in diesem Jahr 100 Jahre Standort Erfurt. Wie würdigen Sie dieses Jubiläum?
Dr. Stefan Vollmuth: Das 100-jährige Jubiläum ist ein bedeutendes Jubiläum für unseren historischen Standort. Es gibt zwei Stoßrichtungen, wie wir das Jubiläum würdigen: Einerseits wollen wir uns mit unserer Belegschaft bei einem Tag der offenen Tür der Erfurter Bevölkerung präsentieren. Für unsere Mitarbeiter sind die Feierlichkeiten ein willkommener Anlass, sich gegenseitig auszutauschen und zu feiern. Wir begleiten das Jubiläumsjahr für unsere Kunden mit attraktiven Vertriebsaktionen. 2020 planen wir vier größere Aktionen. Bereits im Februar sind wir mit der Aktion "Neues Jahr, neues Glück" mit einer Los- und Tombolaaktion gestartet. Daneben werden wir in diesem Jahr auch die Fußball-EM begleiten. Die letzten beiden Verkaufsaktionen sind noch nicht konkretisiert.
FT: Wo kann man Forbo Eurocol in diesem Jahr auf Messen antreffen?
Dr. Vollmuth: Wir haben 2020 auf der österreichischen Messe Casa in Salzburg ausgestellt. Ansonsten werden wir Kundenevents und Hausmessen den Vorzug geben. Wir halten das im Moment für zielführender, weil wir gerne dichter an unsere Kunden heran wollen. Dafür ist eine Hausmesse sicher geeigneter als eine große Messe. Die Bedeutung von Leitmessen ist nach meiner persönlichen Meinung rückläufig. Das hat damit zu tun, dass wir regelmäßig beim Einzelhandwerker vor Ort sind. Für den Export spielen Leitmessen weiterhin eine Rolle, aber dafür benötigen wir nicht unbedingt einen Messestand.
Jochen Schwemmle: Wir wollen uns auf die Kunden konzentrieren. Manchmal können wir gar nicht alle Kunden bewegen, uns auf einer Messe zu besuchen. Vielfach heißt es: Du bist ja sowieso nächste Woche bei mir im Betrieb vor Ort.
FT: Was zeichnet Forbo Eurocol als Verlegewerkstoffhersteller eigentlich aus?
Schwemmle: Ganz sicher, dass wir der Spezialist für den Boden sind. Wir fokussieren uns auf die fachgerechte Verlegung von Textilbelägen, elastischen Bodenbelägen und Parkett. Wir zeichnen uns schon immer dadurch aus, dass wir über ein komplettes Produktsortiment verfügen. Es reicht von der Untergrundvorbereitung bis hin zu den Parkettlacken auf der Oberfläche - und da sind wir umfassend und kompetent aufgestellt.
Neben Erfurt gibt es außerdem noch die Eurocol-Standorte in den Niederlanden und Russland, die für wertvolle Synergien sorgen: Das betrifft beispielsweise Marketing, Forschung & Entwicklung sowie Produktion. Wir wollen unser Know-how im Haus noch stärker grenzüberschreitend nutzen.
FT: Zusammenfassend kann man Forbo Eurocol als Vollsortimenter bezeichnen.
Dr. Vollmuth: Völlig korrekt. Wir führen qualitativ hochwertige Dispersionsklebstoffe und sind ein absoluter Spezialist bei Produkten für die Belagsverlegung. Im Parkettbereich können wir unter und auf dem Parkett alle Verlegearbeiten und die Untergrundvorbereitung abdecken. Dort schält sich für uns die 1K-Technologie auf Silan-Basis immer stärker als zukünftige Technologie heraus und wir werden deren Weiterentwicklung forcieren. In puncto Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit sind die 1K-Produkte unschlagbar.
Forbo Eurocol steht zudem für langjährige, gut ausgebildete Mitarbeiter. Die Kollegen im Produktmanagement und in der Anwendungstechnik haben einen hohen Stellenwert bei Handwerksbetrieben, Sachverständigen und Gutachtern. Ein Alleinstellungsmerkmal ist, dass Bodenbeläge von Forbo Flooring Systems zusammen mit der Bauchemie von Forbo Eurocol unter einem Dach angeboten werden können.
FT: Kann man sagen, dass Sie so echte Systemlösungen anbieten können?
Dr. Vollmuth: Ja, wir sind tatsächlich in der komfortablen Situation, Systemlösungen anbieten zu können. Es ist ja der Staus quo in unserer Branche, dass man die Verlegewerkstoffe aus einer Hand nimmt und damit im System bleibt. Wir haben nicht ohne Grund einen sehr guten Linoleumklebstoff im Sortiment, weil unsere Muttergesellschaft der weltgrößte Linoleumbelagsproduzent ist. Aktuell entwickeln wir um unsere neue 1K-Technologie herum ein System-Paket an weiteren Produkten.
FT: Es gab ja bei Ihnen den Ansatz, sich mit Produkten für die Oberfläche zu beschäftigen, weil man klassische Verlegewerkstoffe nicht sieht. Welche Vorteile haben sich dadurch für Eurocol ergeben?
Schwemmle: Wir heben uns damit von anderen Marktbegleitern ab. Unser Engagement war ganz bewusst in Richtung Handwerker ausgerichtet, der auf diese Weise seine Kompetenzen einbringen und sich auch positiv im Markt differenzieren kann. Wir werden diesen Weg weiter beschreiten. Wir glauben, dass unser Engagement wesentlich zur Stärkung unseres Markenimages geführt hat. Unsere sichtbaren Dispersions- und Flüssigbeläge sorgen für Interesse und wir können uns in einem sehr intensiven Wettbewerb positiv profilieren. Wichtig ist auch hier der Systemansatz - von der Untergrundvorbereitung bis hin zum visuell ansprechenden Designboden aus einer Hand.
FT: Wie fällt das Zwischenfazit für die Neueinführung von Bodendesign und C-Floor, den Produkten an der Oberfläche, aus?
Dr. Vollmuth: Unabhängig von den positiven Umsatzzahlen schärfen Oberflächenprodukte unser Profil und sie sorgen für Aufmerksamkeit. Unsere Außendienstmitarbeiter berichten, dass sie den Unterschied ausmachen, wenn wir einen potenziellen Kunden ansprechen. Wir werden von dem Objekteur oder Raumausstatter anders wahrgenommen. Wir können viele attraktive Referenzen präsentieren und bieten auch dem Handwerker eine zusätzliche Profilschärfung. Er kann ein gutes, sehr werthaltiges Produkt verkaufen und sein handwerkliches Geschick unter Beweis stellen. Ich bin überzeugt, dass der Markt solche Produkte verlangt. Beton Design, Liquid Design und C-Floor sind bei uns weiterhin wichtige Themen.
FT: Wie werden Verarbeiter auf die neuen Themen "auf der Oberfläche" aufmerksam?
Dr. Vollmuth: Wir hatten unsere Premiere auf der Domotex vor zwei Jahren. Vielfach werden die neuen Themen über Mund-zu-Mund-Propaganda weitergetragen. Wir stellen diese Themen beim Kunden immer wieder vor und das trägt Früchte. Es kommen auch Kollegen von den besuchten Kunden zu uns und fragen gezielt nach.
FT: Werden die Verarbeiter weiterhin bezüglich der neuen Produktgruppen geschult?
Dr. Vollmuth: Wir führen bei uns im Haus aber genauso beim Verarbeiter vor Ort Schulungen durch, in der Regel sind es jährlich 40 bis 80 Schulungen. Wir bieten in unserer Anwendungstechnik Workshops an oder wir organisieren eine Schulung, indem man eine Musterfläche anlegt.
FT: Wir wird sich das Produktportfolio in diesem Jahr weiter entwickeln?
Schwemmle: Forbo Eurocol ist in der Historie als eigenständiges Unternehmen entstanden und hat sich über die Jahrzehnte mit eigenen Produkten und lokalen Produktportfolios entwickelt. Die Herausforderung besteht darin, dass wir ein Stück weit die Produktprogramme abgleichen und uns auf das Wesentliche konzentrieren wollen, um Synergien zu nutzen.
Ganz sicher müssen wir breit aufgestellt bleiben: Wir haben Universal- genau wie Spezialprodukte, beide Entwicklungen sind gleichrangig. Wir wollen den Kunden nicht in eine bestimmte Richtung drängen.
FT: Welche Themen treiben Forbo Eurocol sonst in diesem Jahr um?
Dr. Vollmuth: In erster Linie sind es die Produkt-Innovationen, wobei wir zwei Trends unterscheiden: Das eine hatten wir schon angesprochen, das ist die 1K-Technologie im Parkett basierend auf der MS-Technologie. Wir haben im vergangenen Jahr erfolgreich den 1K-Universal-Parkettklebstoff 153 Eurowood LE vorgestellt, der stark im Markt eingeschlagen ist. Um diese Technologie herum haben wir jetzt auch eine Feuchtigkeitsabsperrung auf Silanbasis in den Markt gebracht. Bislang musste der Verarbeiter an dieser Stelle Epoxy-Produkte einsetzen. Der Nachteil ist, man benötigt relativ viel Material, muss zweimal auftragen und braucht mindestens 48 Stunden Trocknungszeit. Unsere 1K-Absperrung auf Silan-Basis weist hier enorme Vorteile auf, sie muss nur einmal aufgetragen werden, ist nach drei Stunden abgebunden und man kann weiterarbeiten.
Das ist unsere Technologie der Zukunft, durchaus auch bei der Verlegung elastischer Bodenbeläge.
FT: Geht es bei 1K-Produkten vorrangig um Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit, oder auch um Verarbeitungssicherheit, weil nicht mehr angemischt werden muss?
Dr. Vollmuth: Die Technologie kombiniert sicherlich beides. Wenn wir über ein 2K-System reden, meinen wir in der Regel ein PU-System mit einem Isocyanathärter. Bei der Verarbeitung kommt es tatsächlich zu Anwendungsfehlern, wenn nicht richtig gemischt und umgetopft wird. In der automatisierten, industriellen Anwendung funktioniert das sicher gut, aber wir reden hier über eine manuelle Anwendung. 1K-Produkte sind aber in der Anwendung schlichtweg einfacher. Sie machen den Eimer auf, der Klebstoff erhärtet mit der Luftfeuchtigkeit und die Produkt-Performance ist mindestens genauso gut wie bei 2K-Produkten.
FT: Gibt es noch weitere Produkt-Trends?
Dr. Vollmuth: Der zweite Trend heißt "Quick & Easy". Wir stellen bei unseren Handwerkskunden fest, dass ein großer Mangel an Fachpersonal herrscht. Viele unserer Kunden könnten mehr Flächen ausführen, wenn sie zusätzliche Mitarbeiter hätten. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass man zunehmend auch auf Fachfremde zurückgreift, die aber einen anderen Ausbildungsstand aufweisen. Im Zuge dessen brauchen wir Produkte, die einfach, schnell und wenig fehleranfällig sind. Beispiele sind der 611 Eurostar Lino Plus oder der Universalklebstoff Eurostar 644 Multi Plus für elastische Bodenbeläge, die sich dadurch auszeichnen, dass der Bodenleger bei der Verlegung 10 bis 20 % Klebstoff einspart. Die Klebstoffe sind beide sehr einfach in der Anwendung.
FT: Sind Ihre Produkte auch auf mobile Generalisten zugeschnitten?
Schwemmle: Der Mangel an Fachkräften führt dazu, dass wir noch stärker in der Entwicklung auf schnelle, sicher und einfach zu verarbeitende, nachhaltige und technisch überzeugende Lösungen abheben. Diese vier Anforderungskriterien sind zentral, egal über welche Produktgruppen wir sprechen.
FT: Worauf können sich die Kunden von Forbo Eurocol noch freuen?
Dr. Vollmuth: Wir wollen das Thema Digitalisierung weiter vorantreiben. Wir werden uns stärker in Social Media-Angeboten bewegen. Wir wollen die Verarbeiter mit Webinaren und mobilen Fortbildungsmöglichkeiten tatkräftig unterstützen. Mittelfristig werden wir ein Kundenportal installieren, wo der Kunde online alle seine Unterlagen einsehen kann - bis hin zum Bestellprozess.
FT: Ganz anderes Thema: Worauf setzen Sie bei der Kennzeichnung von emissionsarmen Produkten? Geben Sie dem Emicode oder dem Blauen Engel den Vorzug?
Dr. Vollmuth: Der Emicode ist aus unserer Sicht der Vorläufer des Blauen Engels, er ist von der Industrie viel früher eingeführt worden und hat sich beim Endkunden durchgesetzt. Nichtsdestotrotz ist der Blaue Engel beim Endkunden sehr populär. Das muss man einfach so sehen. Wir geben keinem von beiden den Vorzug, wir müssen beide verwenden, weil sie in Ausschreibungen genannt werden.
FT: Eine Frage als Ausblick: Was sind kommende, spruchreife Themen bei Forbo Eurocol?
Schwemmle: Wir werden digitaler werden. Wir werden stärker mit der 1K-Technologie unterwegs sein. Und wir werden dem Trend Quick & Easy weiter Rechnung tragen. Dem Trend zur Nachhaltigkeit werden wir mit überraschenden Produktlösungen entsprechen. Das sind für uns die wichtigsten Themen. Wir sind sehr regional unterwegs, das ist auch gut so, weil die Märkte um unsere Standorte Niederlande, Deutschland und Russland herum völlig unterschiedlich sind. Wir werden trotzdem die Synergien und Kompetenzen an den drei Standorten zugunsten unserer Kunden nutzen. Wir sind in Erfurt das Kompetenzcenter für die 1K-Technologie und Parkett, während in den Niederlanden Dispersions- und Fliesenklebstoffe dominieren.
Dr. Stefan Vollmuth zur Person
Dr. Stefan Vollmuth (52) ist operativ der Geschäftsführer des Standortes Erfurt und verantwortet das deutsche Werk, die Produktion und den Vertrieb. Er ist zudem Mitglied des Managementteams in der Business Unit Forbo Eurocol. Der promovierte Chemiker begann seine Karriere in der Wasserchemie als Laborleiter und technischer Leiter. Er blickt inzwischen auf eine rund 15-jährige Erfahrung als Geschäftsführer in der mittelständischen Chemie-Industrie mit Schwerpunkten in den Bereichen Wasserchemie, Lack und Klebstoffe zurück. Dr. Vollmuth kam im Oktober 2017 zu Forbo Eurocol.
Jochen Schwemmle zur Person
Jochen Schwemmle (56) ist seit Oktober 2012 als Vice President für die Business Unit Forbo Eurocol verantwortlich. Neben Erfurt gehören dazu noch die beiden Standorte in den Niederlanden und Russland. Der Betriebswirt hat als roten Faden die Chemie in seinem Lebenslauf. Er startete in der Pharmaindustrie, war Geschäftsführer in der Lackindustrie und Lackverarbeitung und wechselte schließlich zur Forbo Bonding als Regionalleiter Europa. Diese Division mit den Industrieklebstoffen wurde an HB Fuller verkauft. Die Bauklebstoffe verblieben bei Forbo.
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FussbodenTechnik 02/20
(Wirtschaft)