Interview des Monats mit Jennifer Albrecht und Carsten Gähle von Otto Golze
Markenpräsentation statt Produktpräsentation
Mit starken Marken und Konzepten punkten: So lautet das Prinzip bei Golze. Die Niedersachsen sind langjährige Lizenzpartner von "Schöner Wohnen" und wollen die Kollektion am POS jetzt noch effektiver ins Sichtfeld rücken - mit aktuellen Markenshop-Konzepten. Eine neue Art der Kommunikation stimmt Golze auch bei der Bordürenteppich-Kollektion "Armada" an. Und schließlich hat Golze das Angebot an Webfellen ausgebaut. Carpet! Magazine sprach mit Carsten Gähle und Jennifer Albrecht.
Carpet! Magazine: Mit Schöner Wohnen hat Golze eine Marke an der Hand, die jeder kennt und die mit geschmackvollem Wohnen assoziiert wird. Dabei haben Sie dem Handel von Anfang an entsprechende Präsentationselemente an die Hand gegeben. Jetzt sind Sie sogar noch einen Schritt weiter gegangen und haben durchdachte, flexible Markenshop-Konzepte für unterschiedlich große Flächen entwickelt.
Gähle: Ja, und zwar nicht nur für Schöner Wohnen, sondern auch für unsere anderen beiden Marken, Joop! und Astra. Schöner Wohnen sehen wir als stärksten Asset, den wir durch das Shopsystem im stationären Handel maximal zur Geltung bringen wollen.
Der Punkt ist ja der: Jeder dritte Teppichkauf wird online vorbereitet. Der Endverbraucher informiert sich also im Internet schon mal über das Angebot, auch über die Schöner-Wohnen-Teppiche. Wenn er danach in die Teppichabteilung kommt, soll er die Welt von Schöner Wohnen erstens sofort finden und zweitens so sehr davon begeistert sein, dass er das Produkt gleich vor Ort kauft. Auf diese Weise nutzt der stationäre Handel das Internet und den Onlinehandel effektiv als Werbung für sich selbst.
Carpet! Magazine: Was ist das Besondere am neuen Shop-System?
Gähle: Die Markenshop-Konzepte vermitteln zuallererst: "Hier gibt es Schöner Wohnen". Dann erst geht es um die einzelnen Produkte. Wir müssen uns stärker vom Verkäufer einzelner Produkte zum Verkäufer von Marken und Konzepten entwickeln.
Für die Marke Schöner Wohnen und ihre verschiedenen Produkte haben wir sehr moderne, aufeinander abgestimmte Konzepte entwickelt. In Absprache mit dem Kunden erstellen wir aus den Einzelelementen einen Schöner-Wohnen-Shop, der zu ihm passt. Die Durchführung liegt dann komplett bei uns: Wir planen den Shop, installieren ihn, bestücken ihn mit Ware und sorgen auch dafür, dass nachgefüllt wird. Wenn die Wirkung stimmen soll, muss alles aus einer Hand sein. Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht; bei einem Möbel-Filialisten konnten wir unseren Produktumsatz im Laufe der Jahre verdreifachen. Mit den neuen Konzepten kann es nur noch mehr werden. Auch die Fläche für unsere Shops muss erstklassig sein und günstigstenfalls gleich vom Eingang aus sichtbar. Eine zugkräftige Marke im letzten Winkel zu verstecken, macht wenig Sinn und erreicht nicht den Erfolg, den wir uns vorstellen.
Carpet! Magazine: ... und das Verkaufspersonal muss damit zurechtkommen. Das stellen ja wiederum nicht Sie, das stellt der Handel.
Gähle: Deswegen lag ein weiterer Schwerpunkt darauf, das Konzept so leicht zugänglich und verständlich wie möglich zu gestalten - so, dass das Verkaufspersonal es gut erklären kann und der Endverbraucher es schnell versteht. Alles muss konsequent und eindeutig sein; es darf keine Ausnahmen geben. Beispielsweise müssen die Lieferzeiten für Wunschmaß-Teppiche bei uns immer 14 Tage betragen. Auf diese Weise kommuniziert der Shop auch den durchdachten Service, den wir bieten. Er zeigt den Mehrwert der Marke, der den Preis rechtfertigt.
Carpet! Magazine: Sie sprachen vorhin von verschiedenen Konzepten, die zum Markenshopsystem gehören.
Gähle: Das Programm umfasst sechs Module mit unterschiedlichem Flächenbedarf, vom großen Teppichshop über den hochwertigen Nature-Shop und die Wunschmaß-Insel bis hin zum Flachgewebe-Konzept im platzsparenden Präsenter. Dazu kommen noch Sauberlauf, Felle und Anti-Rutschvlies. Alles sehr hochwertig; beim Nature-Konzept gibt es beispielsweise keine Musterschals, sondern Musterkarten, wie man sie von exklusiven Einrichtern kennt. Die einzelnen Elemente ergeben, nach Bedarf kombiniert, immer ein stimmiges Ganzes.
Carpet! Magazine: Angenommen, jemand will alle verfügbaren Module unterbringen - wie groß wäre die ideale Fläche?
Gähle: Ideal wären etwa 60 m
2; bei 30 m
2 hätten immerhin noch zwei bis drei Konzepte Platz. Die Netto-Fläche aller sechs verfügbaren Elemente beträgt 21 m
2, aber natürlich muss man mindestens doppelt so viel einplanen, damit die Elemente richtig zur Geltung kommen und man sich dazwischen gut bewegen und auch mal etwas probelegen kann. Es besteht auch die Möglichkeit, die Module punktuell in der Teppichabteilung unterzubringen, wenn eine Shoplösung nicht möglich ist. Insgesamt zeigt jedes Konzept viele Produkte sehr effektiv auf kleiner Fläche. Und wenn die sich nur einmal jährlich drehen, hat man einen überdurchschnittlichen Quadratmeter-Umsatz - erfahrungsgemäß drehen sie sich aber zwei- bis dreimal. Dazu kommt ein mit gut 30 % recht hoher Anteil an Teppichen, die als Wunsch- oder Sondermaßteppich verkauft werden, also auf Bestellung bei uns konfektioniert werden und keine Kosten für den Handel verursacht haben.
Carpet! Magazine: Wann gehen Sie damit an den Start?
Gähle: Wir sind bereits mitten drin. Wir haben das Shopsystem mit den sechs Konzepten mehreren Kunden vorgestellt, und die waren begeistert. Entsprechend haben wir auch schon Shops installiert, die gut angelaufen sind. Vergleichbare Konzepte bieten wir übrigens auch für unsere anderen Marken an: für Joop! und natürlich auch für Astra.
Carpet! Magazine: Apropos Astra - speziell auf diesem Gebiet tut sich gerade sehr viel bei Golze: Sie gehen das Thema Bordürenteppiche ganz neu an.
Albrecht: Wir haben unsere Naturfaserkollektion Senses komplett überarbeitet. Mit neuen Qualitäten, neuen Farben und einem ganz neuen Auftritt. Und mit einem neuen Namen: Armada. Dabei handelt es sich um eine reine Servicekollektion: Alle Positionen lagern bei uns in Emmerthal; jeder Teppich wird auf Bestellung angefertigt. Das Programm geht jetzt im Herbst an den Start, im Oktober, und wird unser Hauptthema auf der Domotex sein.
Carpet! Magazine: Bei Senses standen für die Bordürenteppiche Flachweb-Qualitäten aus Sisal, Kokos, Seegras und Schurwolle zur Wahl. Wie sieht es bei Armada aus?
Albrecht: Da haben wir das Programm in vier Kollektionen unterteilt. Die Überschrift lautet "von hart bis zart"; entsprechend heißen die Kollektionen "hart", "unverwüstlich", "wollweich" und "zart". Dazu gibt es die passenden Bordüren. Alles zusammen präsentieren wir in einem großen Schuber. Für jede Kollektion und auch für die Bordüren haben wir eine eigene Klappkarte mit Mustern, passenden Stimmungsbildern und Piktogrammen zusammengestellt; bei den Bordüren gibt es einen herausnehmbaren Musterfächer. Neu ist auch, dass diverse Qualitäten anstatt mit einer Einfassung auch mit umgeschlagener Florseite und Filzrücken gefertigt werden können; wir nennen das "umgebuckt".
Carpet! Magazine: Was kann ich mir beispielsweise unter der Kollektion "hart" vorstellen?
Albrecht: "Hart" umfasst alle Naturfaser-Flachgewebe. Sie sind in verschiedenen Webstrukturen und Farbstellungen lieferbar und haben den für Naturfasern typischen robusten Griff.
Carpet! Magazine: Die Bilder dazu sind auch sehr ungewöhnlich.
Gähle: Wir haben uns bewusst gegen typische Natur-Stimmungsbilder entschieden, stattdessen wollten wir es ausdrucksstärker. Darum haben wir einen starken Footballspieler gewählt und einen "harten" Biker. Das sind moderne Typen, sogenannte "Characters"; jede Kollektion hat ihre eigenen. Die Kollektion "unverwüstlich" zum Beispiel zeigt eine Boxerin und umfasst Outdoor-Flachgewebe aus Kunstfaser im Naturlook. Die Kollektion "wollweich" wird durch eine Frau im kuscheligen Strickpulli, eine Soulsängerin und einen Holzfäller mit Wollmütze präsentiert; dabei geht es um Schurwollteppiche mit Schlingen oder Flor. Und die Kollektion "zart" hat ein Baby auf dem Titelbild: Die kuscheligen Teppiche werden aus weichen Mikrofasern gefertigt.
Die visuelle Ansprache ist also eine ganz andere als bisher, eine ungewöhnliche, überraschende. Und das erzeugt Aufmerksamkeit. Ähnliches gilt für die Texte dazu. "Der ist kein Sensibelchen", heißt es etwa neben dem Biker-Bild der Kollektion "hart", und die Soulsängerin der "wollweich"-Kollektion verspricht "weichen Soul für Ihre Füße".
Dazu hat jede Armada-Kollektion als Wiedererkennungszeichen ihr eigenes Piktogramm: "Hart" hat einen Ritter, "zart" eine Feder. Es ist also auch hier alles in Richtung Markenkommunikation durchkonzipiert. Entsprechend wollen wir die Armada-Characters im Astra-Markenshop auf Postern groß rausbringen.
Carpet! Magazine: Felle sind in den Teppichabteilungen ein echter Dauerbrenner; Golze ist bereits zur Domotex 2017 mit der Qualität Mia in das Thema eingestiegen.
Albrecht: Seitdem ist es bei uns extrem gewachsen. Und ganz im Sinne unseres Prinzips, dass alles konsequent und eindeutig sein muss, haben alle neuen und alten Felle zwei Dinge gemeinsam: Erstens sind es Web-Felle, also sozusagen vegane Felle. Und zweitens sind alle Felle maschinenwaschbar. Das ist gerade für Kinder ideal - weil das Material so schön kuschelig ist, sich aber auch schnell und unkompliziert reinigen lässt.
Carpet! Magazine: Und diese Felle gibt es jetzt gleich in mehreren Ausführungen.
Albrecht: Unter der Marke Astra haben wir nach wie vor die langflorige Qualität Mia, die wir um viele Farben und Formen erweitert haben. Auch recht intensive Töne sind dazugekommen; es gibt sogar eine Qualität mit Lurexfäden. Eine schöne Alternative zu Sitzkissen bieten wir mit unseren runden Mia-Sitzfellen. Die zweite und ganz neue Astra-Fellqualität heißt Bella. Sie hat einen besonders dichten, weichen Flor und ist auch im Teppichformat erhältlich.
Auch das Schöner-Wohnen-Programm haben wir um Fell-Qualitäten ergänzt, hauptsächlich in dezenten Tönen: Delight ist langflorig und vermittelt durch andersfarbige Faserspitzen eine besondere optische Tiefe. Tender ist sehr fein, etwas kürzerflorig und kuschelig-weich. Wer es anfasst, ist sozusagen verloren ... Hier sind aktuell Töne wie Altrosé, Nachtblau und warmes Beige hinzugekommen. Tender gibt es ebenfalls in verschiedenen Größen und Formaten.•
Carsten Gähle
"Wir müssen uns stärker vom Verkäufer einzelner Produkte zum Verkäufer von Marken und Konzepten entwickeln."
Carsten Gähle
"Bei Armada haben wir uns bewusst gegen typische Natur-Stimmungsbilder entschieden, stattdessen wollten wir es ausdrucksstärker. Mit modernen Typen, sogenannten "Characters"; jede Kollektion hat ihre eigenen."
aus
Carpet! 04/19
(Wirtschaft)