Der Handel investiert in Emotionalisierung und Digitalisierung
Der Boden als Bühne
Der stationäre Handel hat erkannt, dass er dem Kunden über das Sortiment hinaus Gründe geben muss, in den Laden zu kommen. Zum Beispiel, indem er ein emotionales, interaktives Einkaufserlebnis schafft. Anregungen dafür waren auf der Euroshop zu sehen. Parkett Magazin hat sich auf der Messe umgeschaut.Als eine der letzten großen Messen bevor die Corona-Pandemie weltweit das Wirtschaftsleben lahm legte, fand Ende Februar die Euroshop in Düsseldorf statt. 2.300 Aussteller aus 57 Nationen zeigten auf der "wichtigsten Plattform für die globale Retail-Szene" alles rund um die Einrichtung, Ausstattung und den Betrieb von Shops und Ladengeschäften und berichteten von "sehr guten Kontakten und Geschäftsabschlüssen".
94.000 Besucher waren an den Rhein gekommen, um sich in den 16 Messehallen über Trends, Konzepte und Produkte zu informieren - auch Bodenbeläge, die traditionell in den Hallen 10 und 11 residieren. Das waren 19.000 weniger als zur Rekordveranstaltung 2017, bedingt durch das aufkommende Corona-Problem.
Begleitet wurde das Angebot der Aussteller von interessanten Vorträgen zu verschiedenen Themen. Unter anderem, wie es dem stationären Handel gelingen kann, im Wettstreit mit der Online-Konkurrenz zu bestehen. "Die Händler haben erkannt, dass sie den Kunden über das Sortiment hinaus Gründe geben müssen, in den Laden zu kommen", konstatierte Branchenkenner Michael Gerling, Vorsitzender des Euroshop-Beirats und Geschäftsführer des Kölner EHI Retail Instituts. Durch den Wettbewerb werde der gesamte Einzelhandel in seinem Niveau nach oben gedrückt. "Im Ladenbau wird in die Schaffung von Erlebniswelten investiert." Ein weiterer Fokus liege auf der Digitalisierung: "Sie ermöglicht es dem Händler einerseits, den Kunden noch mehr Services anzubieten sowie On- und Offline-Kanäle miteinander zu verknüpfen, andererseits vereinfacht sie Prozessabläufe, Logistik und vieles mehr."
Studien belegen: Junge Kunden suchen
ein interaktives Einkaufserlebnis
Im Modehandel werden interaktive Spiegel getestet, im Kosmetikbereich wird die Haut von Kunden gescannt, analysiert und dann personalisierte Produktempfehlungen gemacht, im neuen Flagship-Store von Puma in New York City können Kunden mit F1-Rennsimulatoren die Straßen der Stadt entlangrasen.
Das lässt sich nicht 1:1 auf unsere Branche übertragen, aber zumindest sollte man eine Studie von Hitachi Consulting mit 2.000 Verbrauchern im Alter zwischen 24 und 35 Jahren im Hinterkopf behalten, die ergab, dass mehr als zwei Drittel der Befragten eher bei einem Einzelhändler einkaufen würden, der das Einkaufserlebnis mit innovativer Technologie aufwertet.
Eine andere Studie von A.T. Kearney stellte fest, dass 75 % der Verbraucher moderne Retail-Technologien wie Augmented Reality, mobile Kassen, kassenlose Bezahlung, interaktive Bildschirme und 3D-Druck kennen, aber der stationäre Handel diese viel zu wenig einsetzt. Dabei sei es umso wichtiger, dass Kunden einzigartige und emotionale ansprechende Erfahrungen im stationären Handel machen, je einfacher sie ihre rationalen Bedürfnisse im Online-Handel stillen können, meinen Experten.
Modern, strapazierfähig,
verlegefreundlich, individuell
Dabei spielt auch der Boden eine Rolle, wie es Matthias Windmöller, geschäftsführender Gesellschafter der Windmöller-Gruppe mit ihren Wineo-Produkten formuliert: "Werden Verkaufsflächen als attraktiv empfunden, liegt das nicht zuletzt am Bodenbelag. Allein aufgrund seiner Fläche beeinflusst er maßgeblich die Atmosphäre eines Shops. Er ist die Bühne, auf dem die Ware, Dienstleistungen und das übrige Interieur in Szene gesetzt werden."
Der Boden in Shops soll modern, strapazierfähig, leicht und schnell zu verlegen sein - zunehmend auch individuell alles Argumente, die Designbeläge für sich in Anspruch nehmen und damit viele Flächen im Handel erobert haben. Der Digitaldruck, zum Beispiel von Gerflor, eröffnet hier neue gestalterische Horizonte. Wobei neben den klassischen LVT aus PVC (Gerflor, Objectflor, Forbo Flooring) zunehmend andere Optionen etwa aus Kork (Amorim) oder alternativen Werkstoffen (Wineo, Kährs, Objectflor) in den Vordergrund rücken. David Thielen, Key Account Manager Retail & Stores von Wineo: "Unser Purline-Bioboden wurde unter die Top 15 der innovativsten Produkte der Euroshop gewählt. Die hohe Resonanz auch von Besucherseite zeigt, dass Nachhaltigkeit und Ökologie im Store-Design inzwischen eine Schlüsselrolle spielen."
Auch Parkett ist geeignet
Davon erhofft sich auch Ulrich Scheffold, General Manager Deutschland des kreativen italienischen Parkettherstellers Margaritelli, Impulse für Parkett. "Es würde unserer Umwelt gut tun, mehr über ordnungsgemäße Verwendung von Holz und eine nachhaltige Forstwirtschaft mit natürlicher Regeneration nachzudenken." Auch mit der Konfektionierung von Holzböden ließen sich nahezu alle Wünsche der Designer und Architekten erfüllen.
Parkett bzw. Holz konzentriert sich zum einen auf den High Class-Bereich zum Beispiel Flagship-Stores von Premiummarken, zum anderen auf außergewöhnliche, originelle Shop-Konzepte, die auf originäre, authentische Materialien setzen. In Düsseldorf war der Parkettbereich nur über Margaritelli mit seiner Marke Listone Giordano, den Schwarzwälder Dielenproduzenten Hiram und das niederländische Unternehmen Dennebos vertreten. Kährs verleugnete zwar nicht sein Kernprodukt Parkett, setzte den Fokus aber eindeutig auf LVT und PVC-freie Designbeläge.
Die nächste Euroshop ist für den 26. Februar bis 3. März 2023 terminiert.
aus
Parkett Magazin 03/20
(Wirtschaft)