Associated Weavers Europe NV

Associated Weavers startet Objektgeschäft

Associated Weavers hat sich im vergangenen Jahrzehnt vom Volumenhersteller zum angesehenen Ideengeber für den deutschen Teppichbodenhandel entwickelt. Jetzt folgt die nächste Häutung: Der belgische Tufter hat seine erste Objektkollektion aufgelegt.

Es war eine kleine Sensation, die die Verantwortlichen von Associated Weavers (AW) im vergangenen Dezember auf ihrer Hausmesse in Ronse den anwesenden Kunden aus aller Welt verkündeten: Der belgische Tufter bietet erstmals in seiner mehr als 50-jährigen Firmengeschichte textile Beläge für das Objektgeschäft an.

Hatten die Belgier, die mit jährlich rund 26 Mio. m2 produziertem Teppichboden zu den wichtigsten Herstellern Europas gehören, sich von jeher doch ausschließlich auf Tuftingware für den Wohnbereich konzentriert. Ab sofort verfügt AW auch über sechs Objektqualitäten in der Beanspruchungsklasse 33, gefertigt aus solution-dyed Polyamid.

Vom Volumen- zum Objektgeschäft

So überraschend die Sortimentsdiversifizierung kommt - folgerichtig und konsequent ist sie allemal: Associated Weavers hat sich in den vergangenen zehn bis 15 Jahren gehäutet: Vom Volumenanbieter und Marktführer für 1/10’’-Druckware zu einem angesehenen Ideengeber für die innovative und emotionale Vermarktung von Teppichboden im Handel. Jahr für Jahr vermeldeten die Flamen Umsatzwachstum, während die allgemeine Nachfrage nach Teppichboden sank. Wettbewerber schauten neidisch nach Ronse und kamen mit dem Abkupfern der Sortimente und Konzepte gar nicht hinterher, so sehr sprudelten die Ideen unter CEO Erik Deporte, Karl van der Spiegel, Jean-Marie Linskens und später auch Emmanuel Lioen.

In den vergangenen drei Jahren stieß die Entwicklung allerdings an ihre natürlichen Grenzen, der Umsatz stagnierte und gab auch nach. "In den Märkten, in denen wir aktiv sind, haben wir in der Regel einen sehr hohen Marktanteil. Wir haben ein bestimmtes Niveau erreicht. Wir tun alles, um weiter zu wachsen, aber wir bleiben Realisten: Es ist dann manchmal schon schwer, seinen hohen Marktanteil zu halten", erklärt Vertriebsdirektor Jean-Marie Linskens. Zudem leide das Produkt Teppichboden seit geraumer Zeit unter einem kontinuierlichen Nachfragerückgang beim Endverbraucher.

Keine direkte Objekt-Akquise

Diese Situation ist ein Grund, warum AW sich aufgemacht hat in Richtung Objektgeschäft. Der Strategiewechsel ändert aber erst einmal nichts an der Vertriebsarbeit der neunköpfigen Außendienstmannschaft für Deutschland, Österreich und die Schweiz. "Wir haben einen exzellenten Handelsvertrieb, der weiterhin mit einer hohem Serviceausrichtung alle unsere Kunden im Handel betreut", unterstreicht Linskens. Aktuell ist AW an 919 Verkaufspunkten in Deutschland mit seinen textilen Böden vertreten; rund 1.500 sind es europaweit - Großbritannien nicht eingerechnet.

Man werde keine Objekte akquirieren, heißt es. "Wir sind allerdings überzeugt, dass viele kleine Objekte zwischen 100 und 300 m2 über unsere heutigen Handelspartner bedient werden", stellt der Vertriebsdirektor fest. Davon habe man bisher kaum partizipiert, weil das entsprechende Sortiment fehlte.

Sechs Objekt-Velours "Work"

Spätestens ab September 2020 soll das ein Ende haben. Dann wird die neueste und vierte Generation des erfolgreichen Butterfly-Ständers des "Carpet Your Life"-Konzeptes im Markt verteilt sein - mit voller Vermarktungsunterstützung, so wie ursprünglich geplant. Das neue Display ist erstmals in die beiden Bereiche "Home" und "Work" aufgeteilt. "Es enthält neben den 16 Wohnqualitäten in einem ersten Schritt auch sechs Veloursqualitäten für den Objekteinsatz mit Beanspruchungsklasse 33", erklärt Marketingleiter Emmanuel Lioen. Die Objektprodukte richten sich an die vier Fokussegmente Hotel/Gastronomie, Büro, Gesundheitswesen und Ladenbau.

Alles ist lagerhaltig und gefertigt aus solution-dyed Polyamid, welches innerhalb der Muttergesellschaft Belgotex unter dem Markennamen iMax auch selbst produziert wird. Zwei der Objektqualitäten sind zudem als Fliese verfügbar; in einem zweiten Schritt kommen zwei weitere Work-Qualitäten hinzu. "Mit dieser technischen Ausgestaltung des neuen Sortiments unterscheiden wir uns vom Wettbewerb, der in den selben Kanälen aktiv ist", zeigt Linskens sich optimistisch.

Der Verkaufsdirektor ist auch im Hinblick auf die Corona-Auswirkungen auf das Unternehmen verhalten optimistisch. Während Linskens Ende April noch von einem Umsatzminus von 20 % für 2020 ausgegangen war, prognostiziert der 58-Jährige Anfang Juni den Rückgang nur noch auf rund 10 %. "Viele Märkte scheinen sich wieder relativ schnell zu erholen. Der Mai kommt in Deutschland fast an 2019 heran, der Juni wird über Vorjahr liegen - wir haben einen erfreulich guten Auftragseingang. Ich gehe davon aus, dass wir eine sehr gute zweite Jahreshälfte erleben werden." Für AW insgesamt sei man allerdings zurückhaltender: West- und Südeuropa brauchten noch mehr Zeit. Und die entscheidende Frage sei, wann der englische Markt auf ein akzeptables Niveau zurückkehre. Zwischen 40 und 45 % seines Gesamtumsatzes macht AW immerhin auf den britischen Inseln - sie sind der wichtigste Einzelmarkt für den Tufter.

Kritik an
Handel und Großhandel

Neben Corona treiben Vertriebsdirektor Linskens derzeit zwei weitere Themen in Handel und Großhandel um, die wohl der gesamten Industrie schon länger Kopfzerbrechen bereiten. Im Handel ist es die Preiskalkulation. Trotz oder gerade wegen der anhaltend schwachen Nachfrage des Endkonsumenten nach Teppichboden, ändere dieser wenig an seinen Verkaufspreisen, konstatiert Linskens. Aus Sicht des Handels sei dieses Vorgehen zwar nachvollziehbar: Wenn weniger abgesetzt werden kann, erhöht man die Preise, um auf seine gewohnte Marge mit den textilen Böden zu kommen. Doch dieses Vorgehen führe dazu, dass der Preisunterschied zu Alternativprodukten, die aus Sicht der Endkonsumenten auch ihren Wert haben, unverhältnismäßig groß werden, gibt Linskens zu bedenken. Dadurch sinke die Menge verkaufter Teppichböden im Handel weiter; die Endkonsumenten griffen eher zu anderen Bodenbelagsarten.

Im Großhandel beobachtet Linskens, dass bei einer Kollektion, die Grossisten und Industrie zusammen auflegen, heute häufig Aufwand, Kosten und Nutzen in keinem guten Verhältnis mehr zueinander stehen. "Wir sind kaum mehr in der Lage, vernünftige Kollektionen zu machen und sie auch zu finanzieren", gibt der erfahrene Vertriebsdirektor zu bedenken. Die Auflage von Kollektionen sei heute viel zu hoch. Es sei ein Problem, wenn beispielsweise von 10.000 Koffern nur ein Drittel wirklich guten Umsatz brächte. "Beide Seiten - Großhändler und Industrie - müssen dieses Problem wirklich lösen".
| jochen.lange@snfachpresse.de

Associated Weavers kurz notiert

Messen
Associated Weavers geht 2021 zum dritten Mal in Folge nicht auf die Domotex. Statt in Hannover empfangen die Flamen ihre Kunden aus aller Welt - soweit es die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie zu lassen - in ihrem Showroom in Ronse während der "Belgischen Woche" Ende November 2020.

Econyl-Kollektion Sedna
Die "grüne" Wohnkollektion Sedna aus Econyl-Garn, welches unter anderem aus regenerierten Fischernetzen produziert wird, hat sich seit ihrer Einführung 2019 zum Coupon-Bestseller im AW-Sortiment entwickelt. Das Display steht mittlerweile in rund 1.500 Geschäften in Europa außerhalb Großbritanniens. In Deutschland haben sich 574 Partner für den Verkaufsständer entschieden; weitere haben Sedna im Rollenverkauf oder in eigenen Verkaufsständern aufgenommen. Viele Handelspartner- beispielsweise Kibek und Hammer - griffen das Thema Nachhaltigkeit in ihren Werbemaßnahmen erfolgreich auf.
aus BTH Heimtex 09/20 (Wirtschaft)