Condor Group
Condor-Gruppe sortiert ihre Marken
Produktion, Kapazität, Lager, Service, Sortiment, Segmente, Marken, Vertriebskanäle: Beim niederländischen Hersteller Condor wächst alles. Mit hohen Investitionen und geschickten Übernahmen hat sich das Unternehmen zu einem echten Komplettanbieter für textile Böden entwickelt.Timzo? Condor! Strong? Condor! Edel? Condor! Dura? Condor! Textimex? Condor! TWN? Condor! Die Condor-Gruppe hat in den zurückliegenden 36 Monaten zwei Unternehmen und insgesamt sechs Marken übernommen. Damit steuert die von den Brüdern Gerrit und Jan Hoekman 1992 gegründete Firma 28 Jahre später insgesamt sechs Tochterunternehmen mit zusammen zehn Marken für textile Bodenbeläge.
Komplettanbieter im Textilbelag
Die Niederländer bieten heute fast alles an textilen Böden, was auf den europäischen Märkten wichtig ist: Sie können Tufting, Vernadelung und Weben. Sie haben Teppichboden, Nadelvlies und Kunstrasen. Sie liefern Bahnenware, Läufer, Schmutzfang und Fliesen. Sie verwenden Schurwoll-, Polyamid 6.6-, Polyamid 6-, Polyester- und Polypropylen-Garne (PP). Sie beliefern Discounter im PP-Preiseinstieg unter Whitelabel, Großobjekte mit mehreren Tausend Quadratmetern Nadelvlies und gleichzeitig Highend-Raumausstatter über den Großhandel mit hochwertigen Qualitäten aus Schurwolle und Antron-Garn.
Gleichzeitig hat die rund 450 Mio. EUR Umsatz schwere Gruppe zwischen 2016 und 2018 die bemerkenswerte Summe von 35 Mio. EUR in Produktion, Lager, Logistik und Service gesteckt. In das 2019 in Betrieb genommene neue Lager- und Logistikzentrum am Hauptstandort in Hasselt ist ein Großteil dieser Investitionen geflossen. Es hat eine Kapazität von 80.000 Rollen und alle Lager- und Logistikaktivitäten der Tochtergesellschaft Condor Carpets unter einem Dach zusammengeführt. "Anstatt 1.500 Rollen können wir heute 2.000 bis 3.000 Rollen pro Tag abfertigen", erklärt Jan Hoekman jr., Operational Manager.
Zudem wurden eine neue Beschichtungsanlage mit einer Kapazität von 3.000 Rollen pro Tag, eine vollautomatische und multifunktionale Schneideanlage sowie neue Tuftinganlagen in Betrieb genommen. Das Kunstrasenwerk ist mittlerweile erheblich roboterisiert und die Kapazitäten der Garnproduktion bei Tochter Edel wurden ebenfalls ausgebaut.
Timzo rundet nach unten ab,
Edel nach oben
Die Condor Group hat die 2017 und 2018 übernommenen Hersteller Timzo und Edel im Hinblick auf Synergien fest eingebunden und ihnen innerhalb der Bereiche Entwicklung und Produktion strategische Funktionen zugewiesen. Timzo, der PP- und Schlingen-Spezialist, bedient den Preiseinstieg und kümmert sich zukünftig um alle Neuentwicklungen in diesem Bereich.
Edel rundet das Sortiment der Gruppe beispielsweise mit Polyamid 6.6 und Schurwolle nach oben hin ab. "Alle hochwertigen Qualitäten sollen zukünftig bei Edel entwickelt werden", gibt Hoekman die Richtung vor. Produkte, die preislich in der Mitte des Marktes vertrieben werden, laufen bei Condor. "Wir arbeiten eng mit Timzo und Edel zusammen und sind sehr froh, dass wir sie haben, weil wir effektiv und fokussiert unsere vielen Zielgruppen und deren Bedürfnisse abbilden können", zeigt sich Hoekman zufrieden.
Die Condor-Gruppe ist damit in den vergangenen Jahren zum größten und am breitesten aufgestellten Spezialisten für textile Bodenbelägen in Europa geworden. Diese Entwicklung wirft allerdings auch die Frage, ob es gelingt, die vielen und teilweise sehr unterschiedlichen, ja konträren Kundengruppen, Vertriebskanäle, Segmente und Marken klar zu positionieren und sich dabei nicht zu verzetteln?
Mit Dura Contract und Strong im Objekt
"In Deutschland haben wir den Vertrieb sauber aufgeteilt. Alles was Objekt ist, läuft über Vebe; alles was Handel ist, läuft über die Edel-Organisation", erklärt Vincent Vermoere, Geschäftsführer Vebe Deutschland. Im Handel steht die Marke Dura Living im Vordergrund, Edel- und TWN-Produkte dahinter. "Edel ist keine Marke in Deutschland; Dura aber immer noch sehr stark - vor allem im Großhandel. Deswegen gehen wir unter Dura in den Markt", erklärt Marieke von Dop, die das Produktmanagement bei Edel verantwortet.
Verantwortlich für den größer gewordenen Handelsvertrieb in Deutschland, Österreich und der Schweiz ist nach wie vor Peter Leinweber. Dem 56-Jährigen ist das Dura-Sortiment wohl bekannt; war er doch 22 Jahre für Deutschlands ehemals größten Teppichbodenhersteller tätig, bevor er 2014 zu Edel wechselte. Unterstützung erhält Leinweber von einem Condor-Vertriebsmitarbeiter.
Im Objekt agiert die Gruppe zukünftig mit einer Zwei-Marken-Strategie: Dura Contract für Tufting- und Strong für alle Nadelvliesprodukte. Die Marken Sanyl und Textimex werden Anfang 2021 unter Strong integriert. Die bestehende Dura-Kollektion mit zwei Karten Tuftingartikeln und einer Karte Textimex-Nadelvlies läuft erst einmal eins zu eins weiter im Markt. "Vor allem der deutsche Großhandel hat positiv reagiert; er möchte die Marke Dura weiterführen", unterstreicht Vermoere. Textimex sei von geringerer Bedeutung.
Vorerst
Überschneidungen
Parallel vertreiben die Niederländer die angestammten Kollektionen und Produkte ihrer beiden Unternehmen Vebe und Condor in unterschiedlichen Kanälen und Kundengruppen auf dem D/A/CH-Markt weiter. In der aktuellen Phase des Übergangs habe man natürlich einige Überschneidungen und Dopplungen im Markt, bestätigt Vermoere.
"Was allerdings bleibt, ist die Philosophie, nicht an die Kunden unserer Kunden zu verkaufen", versichert der Geschäftsführer. Selbstverständlich werde man mit seinem Objektaußendienst versuchen, Großprojekte zu akquirieren; von dieser in den vergangenen Jahren intensiver geworden Objektarbeit werde der Großhandel profitieren.
Zehn Außendienstmitarbeiter
in Deutschland
Mit den Übernahmen ist auch die Außendienstmannschaft in Deutschland gewachsen. "Für uns sind heute zehn Mitarbeiter aktiv", zählt Hoekman auf. Fünf Berater sind im Objekt tätig, zwei Personen betreuen den Groß- und Fachhandel und drei sind Ansprechpartner für Großfläche, DIY und Discount.
Stefan Hohmann beispielsweise - ebenfalls langjähriger Mitarbeiter der Dura, bei den Hessen zuletzt Vertriebsleiter Objekt und von Condor übernommen - betreut bestimmte Key Accounts und die Region Mitteldeutschland inklusive Frankfurt und Fulda. Das gesamte Team stimme sich eng ab, um die zuletzt rasant gewachsene Sortimentsstruktur und die sich daraus ergebenen Überschneidungen in den Kundengruppen, den Segmenten und Regionen sauber zu platzieren.
Deutschsprachiger Innendienst
Unterstützt wird das Außendienstteam vom Innendienst der deutschen Vebe-Tochter in Krefeld sowie von den Condor- und Edel-Kollegen in den Niederlanden. "Wir haben alle Kunden über die neuen Abläufe, Zuständigkeiten und Ansprechpartner informiert", berichtet Hoekman.
Die klare Trennung beispielsweise zwischen Dura Contract und Dura Living ist bereits seit 1. April 2020 offiziell vollzogen - auch mit zwei neuen Logos. Corona habe die Übersetzung in den Markt verzögert. Man werde die zweite Jahreshälfte nutzen, um die Marken zu aktivieren, kündigt Vermoere an. Es brauche alles noch ein wenig Zeit, um die neue Markenpositionierung zu erklären.
"Die Krise hat uns weh getan"
Stichwort Corona: Auch die Condor-Gruppe ist stark getroffen von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Beschränkungen durch die Pandemie in Europa. Besonders drei Faktoren haben dazu geführt, dass "die Krise uns schon weh getan hat", konstatiert Hoekman. Rund ein Viertel des Gruppenumsatzes macht die Gruppe normalerweise auf dem britischen Markt. Dieser Anteil ist erheblich geschrumpft. Mit der Automobilindustrie ist besonders in Deutschland ein zweites wichtiges Standbein der Niederländer - über die Tochter Cartex - schwer beeinträchtigt. Vebe erwirtschaftet rund ein Drittel seiner Erlöse in diesem Segment. Die Gruppe macht schätzungsweise ein Viertel ihres Gesamtumsatzes in Deutschland. Und Corona hat, drittens, den ohnehin schon länger schwächelnden Absatz von Teppichboden im Handel, der wichtig ist vor allem für Condor Carpets, weiter gedrückt.
"Da wir mittlerweile auf vielen Standbeinen stehen und wir von keinem Segment extrem abhängig sind, blicken wir trotzdem optimistisch in die Zukunft", sagt Hoekman, Sohn des Unternehmensgründers Jan Hoekman. Viele Segmente laufen auch gut, beispielsweise Objekt, Kunstrasen und Schmutzfang; mit Teppichfliesen habe man in Deutschland während der Krise sogar ein Plus gemacht. Die Produktion habe sich mittlerweile wieder normalisiert. Man habe sie auf rund 90 % der Herstellungsmenge vor Corona hochfahren können, sagt Hoekman.
|jochen.lange@snfachpresse.de
Condor-Gruppe kurz notiert
Covid-19
Schmerzlich nah ist die Corona-Pandemie der Condor-Gruppe gekommen. Ein Mitarbeiter der Tochtergesellschaft Timzo ist an Covid-19 gestorben. Ein Schock für das gesamte Familienunternehmen.
Domotex nein, BAU vielleicht
Erstmals in seiner 28-jährigen Unternehmensgeschichte wird Condor nicht auf der Domotex in Hannover ausstellen. Die Entscheidung sei ihnen sehr schwer gefallen; doch in Corona-Zeiten gehe die Sicherheit von Mitarbeitern und Kunden vor, berichten die Verantwortlichen. Außerdem sei zu erwarten, dass wesentlich weniger Besucher im Januar 2020 kommen werden, sagt Jan Hoekman jr. aus der Eigentümerfamilie. Ob Condor auf die BAU geht, werde nach der Sommerpause entschieden; angemeldet ist der Hersteller.
aus
BTH Heimtex 09/20
(Wirtschaft)