Rummel Matratzen, Neustadt/Aisch
"Die Energie, die wir einbringen, ist im Produkt spürbar"
Aufbruchstimmung beim fränkischen Schlafsystemhersteller Rummel: Das Unternehmen ist gestärkt aus dem Lockdown hervorgegangen und arbeitet derzeit deutlich über Vorjahresniveau. Im Herbst startet eine neue Matratzen-Linie, die auch das Marketing verändern wird - Rummel will stärker ins Bewusstsein der Endverbraucher rücken. Auch personell gibt es interessante Veränderungen, wie Klaus Neudecker im Haustex-Interview verrät.
Haustex: Herr Neudecker, wir leben jetzt ein halbes Jahr mit Corona. Was macht das mit Ihnen und Ihrem Unternehmen?
Klaus Neudecker: Bei uns tut sich einiges. Wir haben schon im Vorfeld der Pandemie die Zeit genutzt, und seit Corona noch viel mehr. Im vergangenen Jahr hatten wir ein Brainstorming-Wochenende durchgeführt und dabei festgestellt, dass wir etwas verändern müssen, um in die Zukunft zu gehen. Corona hat das noch einmal verstärkt und wir haben gesehen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Haustex: Das klingt fast so, als wären sie entspannt durch die Krise gekommen
Neudecker: Wir haben eine Achterbahnfahrt erlebt und sind wie alle anderen auch unerwartet in den Lockdown geraten. Jeden Tag war Krisensitzung, niemand wusste so recht, was passiert und wie lange das dauern wird. Wir waren gut ins Jahr gestartet und hatten viele Überstunden angehäuft, die erst einmal abgebaut wurden. Kurzarbeit konnten wir vermeiden. Zu unserem Bilanzstichtag am 31. März haben wir eine saubere Inventur hingelegt, wir haben uns räumlich entsprechend aufgeteilt, waren nie komplett geschlossen und für unsere Kunden immer erreichbar. Unsere Fahrer haben wir zwischendurch in den Urlaub geschickt, ansonsten waren wir immer da.
Haustex: Wie ging es nach dem Lockdown für Sie weiter?
Neudecker: Das Geschäft hat sofort wahnsinnig angezogen und wir konnten auch unmittelbar liefern. Zunächst dachten wir, dass der Endverbraucher einfach etwas nachzuholen hat. Mittlerweile sind wir bei 20 Prozent Plus gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres. Das ist unglaublich!
Haustex: Wie erklären Sie sich das?
Neudecker: Es gibt verschiedene Erklärungen. Da ist das ganze Thema Cocooning. Für die Branche insgesamt war sicher auch wichtig, dass es keine Abwrackprämie gab und damit keinen Anreiz, einen neuen Pkw zu kaufen. Viele Menschen haben auf ihren Urlaub verzichtet. Die Verbraucher haben während des Lockdowns erst viel für den Garten ausgegeben, dann ging es von außen nach innen. Man hat es sich daheim gemütlich gemacht. Und dieser Effekt, dass man sein Geld schwer anderweitig ausgeben kann, ist irgendwann auch bei der Matratze angekommen.
Haustex: Die Menschen sind also nicht ins Netz abgewandert und dort geblieben?
Neudecker: Der Bettenhandel war sofort nach Ende des Lockdowns wieder da, das haben wir an den Umsätzen gemerkt. Viele Möbler hatten zunächst noch geschlossen, haben die Kurzarbeit noch genutzt oder konnten aufgrund ihrer Größe noch nicht wieder öffnen. Das hat sich mittlerweile wieder normalisiert.
Haustex: Trotzdem ist es erstaunlich: Das Schlafzimmer hat gegenüber Küche, Bad oder Wohnzimmer beim Verbraucher eine geringe Priorität. Hat sich das plötzlich geändert?
Neudecker: Das ist nach wie vor so. Für die Küche gab es eigentlich nie einen Lockdown. Bei uns gab es sicherlich einen Nachholeffekt, aber auch ein Gefühl für Regionalität. Wir konnten immer liefern, das war für uns sehr wichtig.
Haustex: Da hat es sich ausgezahlt, dass Ihre Vorlieferanten vor allem aus Deutschland kommen.
Neudecker: Absolut. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: der Reißverschluss. Wir haben uns schon im vorletzten Jahr entschieden, Reißverschlüsse wieder in Deutschland zu kaufen, obwohl das wirtschaftlich eigentlich kaum Sinn macht. Das hat uns aber jetzt enorm geholfen, lieferfähig zu sein und auch in Zukunft zu bleiben. Wir haben schon immer darauf geachtet, wo wir einkaufen. Unsere Schafwolle oder unser Polyester kaufen wir hier in der Region. Das sind vermeintliche Kleinigkeiten, die jetzt aber ganz wichtig geworden sind und bei denen wir überzeugt sind, dass sie auch in Zukunft sehr wichtig sein werden.
Haustex: Sie haben das Stichwort Regionalität schon genannt. Kann man sagen, dass sich das Bewusstsein der Verbraucher hier in den vergangenen Monaten verändert hat?
Neudecker: Ich hoffe es, auch, dass das in Zukunft noch zunimmt. Wir können natürlich nur dort verkaufen, wo wir auch platziert sind, und nur das ernten, was wir vorher gesät haben. Hätten wir mit unserem Außendienst und im Vertrieb keinen guten Job gemacht, dann würde jetzt auch nichts passieren. Wenn ich mich so umhöre, dann haben wir mit unseren 20 Prozent eine absolute Sonderstellung. Alle haben gut zu tun, das hören wir, aber in dem Umfang ist das schon eine Leistung.
Haustex: Wie haben ihre Handelspartner die Monate überstanden, und wie ist dort jetzt die Stimmung dort?
Neudecker: Gut! Eigentlich mega-gut. Der Außendienst bekommt kaum Termine. Das hat vor allem zwei Gründe. Einerseits, weil das Sortiment steht, die Händler verkaufen wollen und Kundentermine haben - das gilt für den klassischen Bettenfachhandel. Und im Möbelhandel sind die Verkäufer teilweise noch in Kurzarbeit, aber auch da heißt das Argument: Das Sortiment steht. Alle sind positiv gestimmt, und ich glaube, dass sowohl der Möbel- als auch der Bettenfachhandel von Corona profitieren.
Haustex: Und das, obwohl der Onlinehandel mittlerweile eine Größenordnung erreicht hat, die man auch in Ihrem Segment nicht ignorieren kann?
Neudecker: Wir hatten schon immer Konkurrenz und der Preisdruck war schon immer groß. Ob es die Abholmärkte waren, die wir nicht beliefern, oder andere Große. Es gab stets billige Matratzen, und dort spürt man natürlich wesentlich stärker, dass es jetzt Bett1.de gibt. Natürlich sagen uns die Fachhändler, dass sie viel stärker argumentieren und Gründe dafür finden müssen, warum ihre Produkte besser sind. Aber das musste man auch früher schon. Wir müssen die Zuspitzung in der Kommunikation ganz anders sichtbar machen. Denn nach wie vor gibt es die Endkunden, die es sich wert sind, hochwertige Produkte zu kaufen, wie wir sie anbieten. Das wird die große Aufgabe des Fachhandels bleiben: sich ganz klar zu positionieren und deutlich zu machen, wofür er steht.
Haustex: Worauf kommt es hier besonders an?
Neudecker: Man darf nicht den Fehler machen, alles mit allem zu vergleichen. Beim Kauf einer günstigen Online-Matratze geht es meist darum, das Thema Matratze einfach für sich zu erledigen. Die Frage für uns als Hersteller und für die Händler lautet also: Wie kann ich die Menschen noch glücklicher machen, die einen gewissen Anspruch an das Thema Schlafen beziehungsweise Matratze haben? Und wie kann ich die Themen wie Regionalität und regionale Lieferanten so authentisch und glaubwürdig kommunizieren, dass beim Verbraucher das Gefühl entsteht, ein besonderes, ein einzigartiges Produkt zu kaufen?
Haustex: Diese Erkenntnis ist aber nicht neu
Neudecker: Genau. Aber wir leben tagtäglich in dem Business und vergessen zwischendurch auch manches wieder. Der Endverbraucher wird derweil sehr massiv mit dem Thema 199 Euro bespielt. Das ist an niemandem spurlos vorübergegangen. Umso stärker müssen wir jetzt klarmachen, wofür wir stehen. Dass wir nicht die Reichweite bekommen wie beispielsweise Bett1.de, ist klar. Trotzdem gibt es ja die Bedürfnisse der Verbraucher.
Haustex: In unserem letzten Interview vor vier Jahren haben Sie gesagt, Ihr meistverkauftes Modell sei eine Sensoflex-Matratze zum empfohlenen VK von mehr als 1.000 Euro. Würden Sie das immer noch so sagen, oder hat sich seither im Kaufverhalten etwas verändert? Sprich: Sind die Verbraucher nicht doch preissensibler geworden, vielleicht auch durch Corona?
Neudecker: Wenn ich auf unsere Umsätze schaue und mich frage, ob es einen erkennbaren Trend gibt - hin zum Hochwertigen, hin zu Taschenfederkern, zu Schaum oder zu Überbreiten, hin zu einem Verband? - dann muss ich sagen: Nein, wir spielen die komplette Bandbreite. Das hat sich auch durch Corona nicht verändert. Wir erkennen aber schon, um auf Ihre Frage zu kommen, dass es einen Trend zu Differenzierungen gibt. Sensoflex ist umsatzmäßig definitiv unser meistverkauftes Modell, in der Stückzahl ist es ein Verbandsmodell mit einem sehr guten Verband. Das brauchen wir im Portfolio, das können wir. Aber wir müssen auch in die Zukunft schauen.
Haustex: Das heißt?
Neudecker: Wir müssen noch viel spitzer werden, weil sich der Markt anders aufteilt. Man kann nicht einfach immer weiter noch hochwertiger verkaufen und jedes Jahr etwas teurer werden. Man braucht dafür auch immer klarere Argumente. Die digitalen Medien, in denen sich Verbraucher informieren und vergleichen, werden immer wichtiger. Das hat Corona beschleunigt. Deshalb müssen die Argumente klar sein und in diese Kanäle gespielt werden.
Haustex: Aber stiftet das Netz nicht eher Verwirrung, weil der Verbraucher hier mit dem großen Online-Angebot an Matratzen alleine gelassen wird?
Neudecker: Das ist so. Nach wie vor ist die Orientierungslosigkeit des Endverbrauchers die größte Herausforderung. Die lösen entweder die One-Fits-All-Anbieter oder der Fachhandel. Wir sind aber Produzenten, wir haben keinen Shop. Trotzdem stellen wir uns natürlich die Frage, wie wir den Verbraucher auch im Netz erreichen. Bisher haben wir ihn auf unsere Homepage geleitet, dort hat er einen Händler gefunden - und war wieder weg. Ob wir ihn dann jemals wieder erreichen, wissen wir nicht. Dieser Weg muss sich ändern.
Haustex: Wie soll das geschehen?
Neudecker: Wir verzeichnen eine Zunahme der White Label. Die Firma Rummel Matratzen als Marke gibt es nur in den Köpfen unserer Händler, aber nicht in denen der Endverbraucher. Genau dort müssen wir aber hin. Am Ende entscheidet der Endverbraucher sich für ein bestimmtes Produkt und darüber, ob ihm die Argumente für genau dieses Produkt gefallen. Genau deshalb haben wir uns gefragt, wie wir Rummel Matratzen als Marke in Zukunft stärken können.
Haustex: Mit welchem Ergebnis - wie wollen Sie sich im Bewusstsein der Endverbraucher festsetzen?
Neudecker: Wir wollen und müssen viel emotionaler werden. Der Ausgangspunkt unserer Überlegungen war die Überforderung der Verbraucher, die sich von der Warenflut erschlagen fühlen. Das ist ja nicht nur bei Matratzen so. Die Aufgabe war es also, Orientierung zu geben. Das beginnt damit, klar zu kommunizieren, wer und wie wir sind. Das klingt im ersten Moment vielleicht banal, ist aber eine große Herausforderung, um es so darzustellen, dass es für jeden Endkunden fühlbar ist. Der Matratzenkauf bedient nicht nur die Ratio, sondern hat ja auch sehr viel mit Emotion zu tun. Also: Wie kommen wir vom Kopf in die Bauchgegend, und zwar glaubwürdig und authentisch?
Haustex: Sind Sie da nicht längst mit dem Thema Träumen, das in ihrem Marketing in den vergangenen Jahren eine zentrale Rolle gespielt hat? Das ist doch etwas ganz anderes, als mit ergonomischen Argumenten zu kommen.
Neudecker: Wir wollen unsere innere Sicht auf das Thema Träumen noch klarer kommunizieren, damit der Händler und der Endkunde es noch besser verstehen kann. Wer gut schläft hat die Kraft, am Tag seine Ziele zu erreichen. Das drückt zum Beispiel eines unserer Zitate aus, die wir verwenden: "Ein Traum ist ein Wunsch deines Herzens." Das ist ein Zitat aus Cinderella, also aus einer emotionalen Disney-Inszenierung. Am Ende geht es darum, dem Kunden zu vermitteln, dass er sich mit unseren Produkten besser fühlt.
Haustex: Wie setzen Sie diese Botschaft um?
Neudecker: Wir haben ein neues, klareres Logo geschaffen und verzichten jetzt auf das rote Quadrat. Der Schriftzug konzentriert sich auf unsere Identität - alles aus einem Guss. Die Klarheit drückt sich auch in der Farbe Schwarz aus, die Teil unserer Identität ist. Das Shooting zu unserer neuen Manufaktur-Kampagne zeigt als eines der wichtigsten Bilder einen Großteil unseres Teams. Man sieht die Vertreter der wichtigsten Abteilungen, in denen unsere Produkte mit sehr viel Handarbeit hergestellt werden. Wir machen nach außen sichtbar, wer hinter dieser Arbeit steht, mit wem man es hier zu tun hat. Der Betrachter soll ein Gefühl dafür bekommen, woher das Produkt kommt, aus welchen Materialien wir es herstellen und wie nachhaltig wir sind. Wir rücken in der Bildsprache die Mitarbeiter in den Fokus und machen gleichzeitig die Fertigung erlebbar. Der Kunde bekommt also das Gefühl, wer sein Einzelstück für ihn herstellt und wer es liefert. Das alles haben wir in ganz hochwertigen Bildern neu gefasst.
Haustex: Sagen Ihre Bilder also mehr als tausend Worte?
Neudecker: Diese Bilder zeigen die Energie, die unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihre Arbeit legen. Und die Energie, die wir einbringen, ist auch im Produkt spürbar. Das wollen wir sichtbar machen, damit darüber auch gesprochen wird.
Haustex: Wo und wie werden diese Bilder eingesetzt?
Neudecker: Auf unserer neuen Homepage. Wir werden dort künftig ein Produkt herausstellen. Wenn Sie heute auf unsere Seite kommen, sehen Sie viele unterschiedliche Dinge. Wir können bei weitem nicht alles zeigen, denn vieles von dem, was wir herstellen, trägt nicht einmal unseren Namen. Künftig wird es so sein, dass die Besucher auf unserer Homepage nur noch die Matratze sehen, und zwar "Die Traumbühne". Sie steht dafür und verkörpert das, was wir täglich tun. Dahinter steht die Aussage: Wenn ich hundert Prozent ausgeschlafen bin, kann ich auch wieder hundert Prozent Leistung bringen. Dieser Anspruch mündet in dem einen Produkt, das wir auf der Seite zeigen.
Haustex: Machen Sie sich da nicht kleiner als Sie sind, wenn Sie Ihre breite Kompetenz auf ein Produkt konzentrieren?
Neudecker: Die große Zunahme im Bereich White Label hat dazu geführt, dass wir mit der Marke Rummel Matratzen insgesamt schwächer geworden sind; bei Sensoflex ist das noch etwas anders. Wir zeigen momentan auf unserer Homepage zu viele Produkte. Der Endverbraucher will wissen: Für was steht die Firma, und wie kann ich das greifen? Wir werden den Bereich White Label in Zukunft sicher noch ausbauen, weil über die Verbände noch mehr Differenzierung kommen wird. Aber wir müssen trotzdem mit dem Endverbraucher kommunizieren. Er muss wissen, warum er uns will.
Haustex: Was wird das für ein Produkt sein, auf das Sie sich auf der neuen Homepage konzentrieren?
Neudecker: Es wird ein komplett neues Schlafsystem. "Die Traumbühne" wird neben beziehungsweise oberhalb von Sensoflex angesiedelt sein. Als Essenz all dessen, was wir hier tun. Wir werden sie sowohl auf unserer Homepage, als auch am POS bei unseren Händlern platzieren und auch ganz anders über Materialien sprechen. Eine weitere Besonderheit wird die individuelle Konfiguration sein: Über die Konfektionsgröße passen wir jedes Produkt einzeln an. Für den Endkunden heißt das: Das ist Dein Produkt, das ausschließlich für Dich passt.
Haustex: Was bedeutet das für die Vermarktung von Sensoflex oder MixOne?
Neudecker: Sensoflex wird unverändert weiter über die Vermessung verkauft, MixOne wird langfristig auch noch klarer positioniert. Für uns war wichtig: Wenn wir Rummel verändern, dann nicht nur Produkte, sondern alles, was wir tun - aber nicht breit, sondern spitz. Wir werden dabei im Markendesign etwas weicher und femininer. Wir haben unser Schwarz zum Beispiel etwas weniger hart gestaltet, setzen aber weiterhin auf seinen Wiedererkennungseffekt. Und wir signalisieren damit auch, wo wir stehen, nämlich ganz vorne. Denn auch dafür steht die Farbe Schwarz.
Haustex: Ihr neues Produkt siedeln Sie bewusst im Premiumbereich an. Warum?
Neudecker: Es kann nur dort angesiedelt sein. Wir glauben, dass wir langfristig auch nur dort mitspielen können. Das ist zunächst einmal relativ pragmatisch gedacht. Alles, was unter 1.000 Euro liegt, ist klassisch von unseren White-Label-Einkäufern besetzt. Es ergibt für uns keinen Sinn, hier ein Konkurrenz-Produkt zu platzieren. Wir wollen mit dem Manufaktur-Gedanken und der Energie, die in das Produkt hineinfließt, einen Käufer erreichen, der dessen Besonderheiten nachvollziehen kann und zu schätzen weiß.
Haustex: Wo wird sich das preislich bewegen?
Neudecker: Genau haben wir das noch nicht festgelegt, aber das wird sicher zwischen 1.300 und 1.500 Euro liegen.
Haustex: Ab wann werden Sie mit der Traumbühne am Markt sein?
Neudecker: Sobald die Homepage im Herbst steht, beginnt die Produktkommunikation. Und wir bespielen damit nicht nur den Fachhandel, sondern auch den Endverbraucher.
Haustex: Wenn Sie ein solches Produkt lancieren, dann setzen Sie großes Vertrauen in den stationären Fachhandel. Welche Chancen rechnen Sie sich hier aus?
Neudecker: Wenn der Möbelfachhandel, der immer schon zu unserer Käuferschicht gehörte, eine gute Abteilung hat, werden wir das dort auch gut platzieren können. Und im Bettenfachhandel ohnehin. Beide brauchen eine Marke, die emotional aufgeladen, aber auch glaubwürdig ist. Wenn sich das Thema Regionalität weiter durchsetzt und wir mit einer klareren Sprache nach außen gehen, sind wir hier gut aufgestellt. Wir müssen dort platziert sein, wo sich ein Händler klar positioniert hat.
Haustex: Legt man das Haustex-Kundenbarometer zugrunde, müssen Sie sich keine Sorgen machen: Dort liegen Sie in der Verbreitung seit Jahren ganz vorne und haben zuletzt bei der Verkäuflichkeit und beim Preis-/Leistungsverhältnis erste Plätze belegt.
Neudecker: Das stimmt, aber immer als Unternehmen, nicht als Marke. Das ist der Unterschied. Immer im White Label. Verbände und der Fachhandel kaufen bei uns individuelle Produkte, auf denen ihr Name oder der ihrer Marke steht. Da machen wir einen richtig guten Job. Die Händler sehen natürlich uns als Unternehmen dahinter, aber nicht der Endverbraucher. Wenn ich über unsere Positionierung nachdenke, dann tun wir so gut wie nichts für die Marke Rummel. Das wollen wir ändern, und das muss in ein Produkt münden. Denn nur das kauft der Endverbraucher.
Haustex: Wie wollen Sie hier strategisch vorgehen?
Neudecker: Der entscheidende Punkt dabei ist, dass wir nicht schon morgen 100 fahren müssen, sondern es langsam angehen lassen können. Es geht uns nicht darum, im nächsten halben Jahr schon Unmengen von Platzierungen zu haben - wohl wissend, dass ohnehin niemand auf uns wartet. Wir kennen ja auch unseren Markt, wo möglichst wenig Veränderung gefragt ist. Deshalb ist es für uns auch nicht notwendig, möglichst schnell zu sein. Für uns ist das eher ein Prozess. Es geht vor allem darum zu zeigen, wofür wir stehen, und unsere Kunden step by step von der neuen Traumbühne zu überzeugen.
Haustex: Zum Launch von MixOne haben Sie eine große Kundenveranstaltung durchgeführt. Wie kommt die Traumbühne unter Corona-Bedingungen zu denen, die das Produkt verkaufen sollen?
Neudecker: Das ist tatsächlich eine Herausforderung. Und das wird auf unterschiedlichen Ebenen stattfinden. Wir können aktuell keine große Veranstaltung planen, sehen das aber auch gar nicht als so entscheidend an. Wir haben in den letzten Jahren gemerkt: Immer dann, wenn der Kunde zu uns gekommen ist und Zeit mitgebracht hat, dann konnten wir ihn auch überzeugen. Das, was wir mit dem neuen Shooting jetzt bebildert haben, sieht er dann live, wir gehen ja mit ihm auch in die Fertigung. Auch deswegen ist es ein Prozess. Wir kriegen nicht mit einem Wumms wie bei MixOne gleiche eine hohe Zahl an Platzierungen, dafür spricht auch das Produkt nicht. Die Traumbühne muss man erfühlen und erleben.
Haustex: Dafür wäre auch Köln im Januar ein idealer Ort
Neudecker: Wir haben die Möbelmesse abgesagt. Wir hätten die Traumbühne gerne dort präsentiert, vielleicht hätte dort dieser Wumms auch in anderer Form stattgefunden. Aber wir haben uns anders entschieden. Wenn wir die Kunden zu uns holen, können wir den Abstand und das Hygienekonzept einhalten, und wir sprechen persönlich miteinander. Das macht viel aus.
Haustex: Kann man daraus schließen, dass die Möbelmesse für Sie gar nicht so wichtig ist?
Neudecker: Man muss generell abwarten, wie sich die Messen entwickeln und welche Erfahrungen da jetzt gemacht werden. Nur weil man einmal nicht da ist, heißt das aber nicht, dass man nicht mehr zurückkommt. Das Beispiel der Hausmesse bei Elegante zeigt aber auch, dass sich Wettbewerber zusammenschließen und gemeinsam erfolgreich etwas auf die Beine stellen können. Dazu kommen die Verbandsmessen. Grundsätzlich glaube ich, dass wir die physische Nähe als Menschen brauchen. Aber das können wir im Januar in Köln unter den Corona-Bedingungen nicht wie gewohnt bespielen. Ich war eigentlich ein Befürworter, dass wir diesen Marktplatz nutzen. Es geht doch darum, dass man sich trifft und unterhält, dass man gemeinsam etwas isst und trinkt. Das alles macht eine Messe aus. Das wird jetzt aber so erheblich erschwert, dass wir uns entschieden haben, nicht hinzugehen. Aber mit der Maßgabe, im Jahr darauf zurückzukommen. Wir haben einen voll funktionsfähigen Stand, der eingelagert ist.
Haustex: Wie entwickelt sich Rummel Matratzen als Unternehmen weiter, sowohl personell als auch der Standort selbst?
Neudecker: Aktuell beschäftigen wir 170 Mitarbeiter und haben uns zuletzt kompetente personelle Verstärkung geholt. In der Kommunikation macht jetzt Daniel Scheiterlein als Creative Director das sichtbar, worüber wir hier gesprochen haben. Dazu gehört auch die strategische Betreuung. Und in der Geschäftsleitung haben wir zum 1. September Christian-Ulf Reschke begrüßt, der eine hohe Vertriebskompetenz mitbringt. Was den Standort angeht: Wir haben im ersten Bauabschnitt unsere Lattenrost-Produktion erweitert, der zweite Bauabschnitt für die Matratzenfertigung folgt; entweder entscheiden wir darüber im nächsten Jahr, oder wir starten dann schon damit. Beim Thema Industrie 4.0 sind wir zwar sehr weit, aber trotzdem nehmen wir noch zu viele Dinge in die Hand. Wir können innerhalb von drei Tagen produzieren, denken aber darüber nach, ob wir das noch verkürzen können.
Haustex: Lässt sich denn noch so viel automatisieren? Sie arbeiten ja auch mit Losgröße 1 und setzen stark auf Individualisierung. Steht nicht dieser Manufakturgedanke gerade dafür, dass hier Menschen arbeiten?
Neudecker: Unbedingt! Wir werden Gott sei Dank auch in Zukunft immer mit Menschen zu tun haben. Aber wir werden die Wege des Produktes, das sehr voluminös ist, sinnvoller und effektiver gestalten. Es ist wahnsinnig eng bei uns, weil wir in den letzten Jahren auch sehr gewachsen sind. Jetzt wird es Zeit zu investieren.
Klaus Neudecker
Klaus Neudecker studierte an der Nürnberger Privatakademie mit Schwerpunkt Marketing und absolvierte gleichzeitig Praktika bei Adidas und Puma. Nach dem Studium begann er seine berufliche Laufbahn bei Uvex Sports. Nach drei Jahren wechselte er für zwei Jahre in den Vertrieb des Express-Unternehmens TNT. 1997 erfolgte der Eintritt bei Rummel als Marketing-Leiter. Seit 2000 ist er Mitglied der Geschäftsleitung.
Die wichtigsten Aussagen:
Aktuell liegt der Umsatz im
Vorjahresvergleich 20 Prozent im Plus
Im Herbst startet das neue Schlafsystem
"Die Traumbühne"
Die neue Kommunikation soll die Marke
Rummel Matratzen stärken
Rummel nimmt im Januar nicht an der
Kölner Möbelmesse teil
aus
Haustex 09/20
(Wirtschaft)