Bauwerk Österreich: Interview mit Michael Edlinger

"Unseren Verlegerkunden gilt unsere höchste Aufmerksamkeit"


Zwar produziert Bauwerk seit 2013 kein Parkett mehr vor Ort, doch Österreich ist unverändert ein wichtiger Markt, der mit spezifischen Produkten und Leistungen bedient wird. Der dortige Geschäftsführer Michael Edlinger und sein Team fokussieren sich vor allem auf die Bedürfnisse ihrer Kunden aus dem Handwerk. Parkett Magazin wollte wissen, wie das Unternehmen dabei vorgeht.

Parkett Magazin: Bauwerk ist in der Außenwahrnehmung vordergründig ein Schweizer Unternehmen. Wie verstehen Sie sich selbst?

Michael Edlinger: Natürlich sind wir ein Schweizer Unternehmen, daran besteht überhaupt kein Zweifel. Zwar sind wir seit dem Zusammenschluss mit unserer norwegischen Schwester Boen zu der Bauwerk Boen Group viel internationaler aufgestellt als früher, aber die Marke Bauwerk ist seit den Anfängen durch Ernst Göhner in den 1930er Jahren fest in der Schweiz verwurzelt. Dennoch verstehen wir uns als österreichischer Vertrieb auch als österreichisches Unternehmen, das Produkte und Leistungen anfordert und vermarktet, die den Bedürfnissen des österreichischen Marktes entsprechen und teilweise sogar ganz speziell für diesen entwickelt werden.

Wie ist Bauwerk Österreich aufgestellt und organisiert?

Um gleich an die vorige Frage anzuknüpfen: Bauwerk beliefert eigentlich alle Länder aus einem Zentrallager in Baindt, mit einer Ausnahme. Für Wien betreiben wir in Brunn am Gebirge nach wie vor ein Abhollager. Warum? Weil der Wiener Markt es braucht. Baustellenanlieferungen sind in der Großstadt teilweise schwierig und viele Verleger haben wegen der Immobilienpreise kein eigenes Lager. Daher stellen wir diese Leistung bereit. Zusätzlich stellen wir aber natürlich auch täglich zu.

Daneben betreiben wir zwei Parkettwelten, in Salzburg und im Börseviertel in Wien. Unsere Vertriebsniederlassung sitzt in Salzburg, von wo aus der Innendienst, die Anwendungstechnik, das Marketing, der Musterversand und viele andere agieren. Und dann ist da natürlich noch unser Außendienstteam: Fünf Gebietsleiter und zwei Spezialisten für die Objektberatung, die täglich in ganz Österreich unterwegs sind.

Wie autonom können Sie agieren, strategisch und direkt operativ? Wieweit interagieren Sie mit Schwestergesellschaften?

Die Interaktion mit den Schwestergesellschaften funktioniert wie bei vielen multinationalen Unternehmen - grundsätzlich eigenständig, aber in enger Abstimmung. Es ist aber jetzt gerade Teil unserer konzernalen Neuausrichtung, dass wir in den einzelnen Märkten noch mehr Freiheiten bekommen, um die unterschiedlichen Anfordernisse noch besser abdecken zu können.

Es ist nur eine Kleinigkeit, aber ein gutes Beispiel: Im ganzen Unternehmen spielt Stabparkett keine Rolle. Dennoch bemühen wir uns jedes Jahr aufs Neue die Mengen zu besorgen, die wir vornehmlich für den Wiener Markt benötigen. Ähnlich ist es mit Sockelleisten. Während Bauwerk in den anderen Ländern nur mehr ein sehr überschaubares Sortiment an Leisten bereitstellt, haben wir in Österreich noch ein recht stattliches Portfolio.

Bedienen Sie mit Bauwerk Österreich ausschließlich den österreichischen Markt?

Ein klares Jein! Ja, eigentlich nur den österreichischen Markt, aber eben plus Südtirol. Das behandeln wir vor allem wegen der Sprache ähnlich wie ein zusätzliches Bundesland und möchten auf gar keinen Fall darauf verzichten.

Österreich ist eine Parkettnation mit vielen kompetenten Herstellern. Wie argumentieren Sie für Ihr Haus? Welche(n) USP führen Sie an? Ist es ein Nachteil, dass Sie keine Produktion mehr in Österreich vor Ort betreiben?

In Österreich finden wir tatsächlich viele Wettbewerber auf hohem Niveau, das kann ich voll unterstreichen. Das macht unseren Job zwar nicht leichter, bringt aber durchaus Vorteile für die Kunden, denn ein Nachlassen kann sich da keiner leisten. Schön finde ich aber, dass man sich mit den bekannten kompetenten Mitbewerbern stets auf Augenhöhe begegnet.

Was uns auszeichnet? Die Bauwerk Qualität ist geradezu sprichwörtlich, das muss ich nicht betonen. Daneben bin ich überzeugt davon, dass wir bei der Leistungsfähigkeit im Objekt nur mehr ganz wenige Konkurrenten haben. Aus der End- bzw. Shop-Kunden-Perspektive unser größter USP ist aber meiner Meinung nach unser Beratungsansatz. Den kannte ich vorher so in der Branche nicht und habe ich so auch sonst noch nirgends gesehen.

Welche sind Ihre primären Kunden-Zielgruppen? Wie läuft die Zusammenarbeit? Welche besonderen Leistungen bieten Sie Ihren Kunden?

Unsere kaufenden Kunden sind Verleger. Ihnen gilt unsere höchste Aufmerksamkeit. Alle und wirklich alle anderen Tätigkeiten, von der Architektenbetreuung über die Objektberatung bis zur Endkundenberatung in der Parkettwelt, sollen es dem Verleger ermöglichen, unsere Produkte leichter, besser, schneller und zu einem vernünftigen Preis an die Frau oder den Mann zu bringen. Am Ende des Tages sollen ja alle Beteiligten davon und glücklich damit leben können.

Machen Sie auch Direktgeschäft?

Nein. Oder halt, mit einer Ausnahme: Wir verkaufen Pflegemittel in den Parkettwelten und über einen Webshop.

Welche Rolle spielen die Parkettwelten in Ihrer Vermarktungsstrategie bzw. Ihrem Vertrieb?

Die Parkettwelten haben drei grundsätzliche Funktionen: Wir unterstützen dort Parkettinteressenten bei der Auswahl des individuell richtigen Parketts. Wenn diese noch keinen Verleger haben, was oft der Fall ist, dann spielen wir den Ball an unsere Partner weiter. Daneben stellen wir die Parkettwelten und unsere Beratungsleistung unseren Verlegern gratis zur Verfügung. Wenn Partnerbetriebe ihre Kunden zu uns schicken, machen wir die komplette Beratung inklusive der heiklen Erörterung wie der Preis zustande kommt und was den feinen Unterschied dabei ausmacht. Sofort nach dem Kundenbesuch bekommt unser Partner das Beratungsprotokoll mit allen Informationen und braucht "nur" noch das Angebot zu erstellen. Und dann natürlich das was er am besten kann: Sein Handwerk verrichten. Die dritte Funktion ist das Kompetenzzentrum, das die Parkettwelten samt unseren Objektberatern für Bauträger und Architekten darstellen. Ein stark steigender Anteil an Besuchern ist diesem Segment zuzurechnen, weil man sich als Planer nicht mehr mit jedem Baustoff auskennen kann.

Wie verändert sich vor dem Hintergrund der digitalen Transformation das Käuferverhalten? Die FEP hat in ihrer letzten Verbraucherstudie herausgefunden, dass Parkett zwar online wahrgenommen wird, die Kaufentscheidung für Parkett aber letztlich am PoS fällt bzw. dort noch zugunsten Parkett beeinflusst werden kann...

Gerade in den Zeiten des Lockdowns konnten wir die rasant steigenden Zugriffszahlen auf unsere Homepage, den Visualizer und die anderen digitalen Beratungstools, die wir anbieten, feststellen. "Beratung auf Distanz" hatte Hochsaison. Ich glaube, dass sich in diesen Zeiten der Teil der Customer Journey, der sich auf der digitalen Seite abspielt, einfach verlängert. Kunden inspirieren, informieren und vergleichen online. Wenn sie dann "die Linie" in die analoge Welt überqueren, laufen sie nicht mehr zu zwei oder drei Verlegern, um Angebote zu vergleichen, sondern bleiben im Regelfall bei jenem den sie online auserkoren haben. Digitale Sichtbarkeit, ansprechende Webauftritte und kompetente Inhalte sind jetzt ein "must have". Wir bieten daher unseren Partnern Microsites auf unserer Website, was vor allem für kleinere Betriebe ohne Marketingbudget und wenig Zeit einen absoluten Vorteil darstellt.

Welche sind Ihre wichtigsten Produkte für den österreichischen Markt?

Wir kommen aus dem Objektwohnbau, das ist unsere Kernkompetenz. Daneben haben wir aber über die Jahre ein umfangreiches Sortiment unterschiedlichster Parkettprodukte und Services aufgebaut. Kurz würde ich antworten unser Zweischicht Sortiment.

Welche Trends sehen Sie allgemein bei Parkett?

Ich finde diese Frage viel schwieriger als sie erscheint, weil das schon innerhalb von Österreich so unterschiedlich ist. Teilweise werden gerade superhelle Farbtöne verstärkt nachgefragt und dann wieder sehr klare unbehandelte Eichenoptik. Fischgrat ist gerade in voller Flughöhe, das ist bekannt. Spezielle, ungewöhnlich Formate mit einem hohen Grad an Individualität sowie Oberflächen mit Mehrwert sehe ich als Zukunftstrend.
| Die Fragen stellte Claudia Weidt

i Bauwerk Parkett Österreich

Bauwerk Parkett Vertriebs GmbH
Gnigler Straße 61
A-5020 Salzburg
Tel.: +43662873871-0
www.bauwerk.com,
salzburg@bauwerk.com

Gründung: 1954 (gegründet als Mosaik-Parkett Ges.m.b.H.)
Umsatz: ca. 15 Mio. EUR
Mitarbeiterzahl: 28
Geschäftsführung/Vertriebsleitung: Michael Edlinger
Marketingleitung: Martin Bosch
Sortiment: Parkett und Zubehör
aus Parkett Magazin 05/20 (Wirtschaft)