Tilo: Interview mit Herbert Kendler
"Das Kaufverhalten wird digitaler"
Das Jubiläumsjahr 2020, Tilo feiert sein 70-jähriges Bestehen, hatte man sich in Lohnsburg sicher anders vorgestellt. Vor allem, nachdem das Unternehmen 2019 wieder sehr positiv abschließen konnte. Das ambitionierte Investitionsprogramm, das Tilo 2018 angeschoben hatte, wird jedoch auch unter den "jetzigen schwierigen Bedingungen" umgesetzt, wie Parkett Magazin von Geschäftsführer Herbert Kendler erfuhr.
Parkett Magazin: 2019 war die Welt noch in Ordnung. Wie sah die Welt für Tilo im vergangenen Jahr bzw. im Geschäftsjahr 2019/20 aus? Wie hat sich Ihr Unternehmen entwickelt?
Herbert Kendler: Dank der stetigen Entwicklung unserer Kunden konnte Tilo das letzte Jahr 2019 wieder sehr positiv abschließen. Vielen Dank an alle Partner für die erfolgreiche und gemeinsame Arbeit. Das ermöglicht uns, die Modernisierung weiter voranzutreiben und die Kundenvorteile weiterzuentwickeln.
Und wie verlief der Start ins Geschäftsjahr 2020/21?
Der Start in das heurige Jahr verlief - in Anbetracht des hohen Niveaus der letzten Jahre - durchaus zufriedenstellend. Wobei bereits erste Unsicherheiten am Markt spürbar waren und es so oder so spannend geworden wäre.
Was haben Sie während des Lockdowns gemacht: Kurzarbeit, ganz heruntergefahren?
Wir haben sehr frühzeitig entschieden, dass wir als Unternehmen soziale Verantwortung gegenüber der Gesellschaft übernehmen. Nur durch Vermeidung von Kontakten kann die Ausbreitung der Infektion vermieden werden. Somit war die Schließung des Unternehmens der maximale Beitrag des Unternehmens an die Gesellschaft. Der Zeitpunkt des Lockdowns und des Restarts waren in Korrelation zur Ausbreitung der Infektionen in Österreich. Während dieser Zeit haben wir Kurzarbeit beantragt und unsere Krisenpläne laufend den aktuellen Umfeldbedingungen angepasst. Glücklicherweise haben wir bis heute keinen einzigen positiv getesteten Fall erleben müssen, und alle Mitarbeit haben ihre Arbeit behalten können.
Seither arbeiten wir ganz gut unter den strengen Eigenauflagen in unterschiedlichsten Modellen, um das Risiko für Mitarbeiter und Unternehmen möglichst gering zu halten. Es hat wieder einmal gezeigt, dass unsere Partnerschaften zu Kunden und Lieferanten krisenfest sind und wir gemeinsam durch Höhen und Tiefen gehen. Auch sie können sicher sein, dass uns das menschliche Wohl am Herzen liegt. So konnten wir in den letzten Wochen allen Kundenbedürfnissen nachkommen und uns der doch überraschenden guten Nachfrage glücklich schätzen.
Sie hatten 2018 Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe veranschlagt - in die Produktion und in die Digital-
isierung. Was haben Sie davon umsetzen können, was ist eventuell liegen geblieben, was steht noch an?
In Anbetracht des großen Vertrauens unserer Kunden in uns haben wir uns entschlossen, auch unter den jetzigen schwierigen Bedingungen die geplanten Investitionen weiter umzusetzen.Bei den Baumaßnahmen kam es zwar zu Verzögerungen, wir können aber demnächst die Installationen und Innenausbauten fertigstellen. Parallel dazu haben wir mit der Montage von Maschinen und Anlagenteilen begonnen. Erste Teilanlagen werden demnächst den Probebetrieb aufnehmen.
Schwerpunkt der Investitionen ist die Optimierung des Materialflusses, um die historisch gewachsenen Abläufe zu verbessern. Bei jedem Schritt der Erneuerung haben wir den Fokus auf die Digitalisierung gelegt. Beispielsweise wird in der eigenen Deckfertigung jedes Deck digitalisiert und die Daten über das neue ERP System weiterverarbeitet. Am Ende wurde der Materialfluss komplett neu ausgerichtet und die Parkettlinie mit dem Schwerpunkt der Deckfertigung auf den neuesten Stand gebracht. Damit einher gehen Optimierungen in den Bereichen Bereich Design- und Naturböden sowie Leisten und Treppenfertigung.
Wie stellt sich die aktuelle Marktsituation dar?
Hier können wir uns den Berichten unserer Marktbegleiter anschließen. Spannend wird die Entwicklung in den nächsten Monaten und Jahren. Die Auswirkungen der Epidemie sind nicht ausgestanden, bedenkt man die Entwicklungen bei den Genehmigungen von Neubauten. Spannend wird auch die Situation am Markt in Hinblick auf Schulungen, Veranstaltungen und Messen. Hier sehen wir noch lange keine Beruhigung und blicken mit großen Sorgen auf die Bau 2021. Viele Kunden berichten, dass sie sich die Teilnahme als Besucher aus heutiger Sicht nicht vorstellen können.
Wie begegnen Sie den derzeitigen Herausforderungen? Haben Sie im Unternehmen etwas geändert, in den Abläufen?
Durch die Hygienevorschriften, um das operative Geschäft aufrechtzuerhalten und abzusichern, hat sich zum Beispiel die Arbeitsweise im Büro wesentlich verändert. Homeoffice, Videokonferenzen oder versetzte Arbeitszeiten sind alltäglich. Oftmals können wir dadurch Vorteile feststellen und alte Muster effizienter gestalten. In anderen Bereichen haben wir gelernt, dass die Interaktivität zwischen den Bereichen und Mitarbeitern wieder ermöglicht werden muss, um Kreativität und gegenseitige Bereicherung zu ermöglichen.
Im Produktionsbereich konnten wir durch relativ einfache Schutzmaßnahmen und Organisationsänderungen weiterarbeiten. Gut und gemeinsam haben sich auch die Zusammenarbeit und Abläufe zwischen Kunden und Vertrieb entwickelt.
Sie sind breit aufgestellt, einer der wenigen hybriden Bodenanbieter in Österreich. Wie entwickeln sich Ihre Sortimentsbereiche Parkett, Natur und Design?
Unser Fokus liegt auf Parkett und Designböden. Hier sind wir mit der Entwicklung gut zufrieden. Die Lieferfähigkeit ist wieder auf dem gewohnten Niveau, das Qualitätsniveau konnte über die ganze Lieferkette gehalten werden. Neben der Entwicklung des Bodensortiments freuen wir uns auch über stabile Entwicklung bei den zu den Böden passenden Leisten und Treppen.
Wo sehen Sie die besten Perspektiven für sich?
In unseren Kernbereichen Parkett, Designboden, Treppe und Leiste.
Die Digitalisierung steht bei Ihnen ganz oben auf der Agenda. Hat sich vor dem Hintergrund der Pandemie das Käuferverhalten verändert? Wenn ja wie? Und wie reagieren Sie darauf? Beschleunigt das Ihre diesbezüglichen Ambitionen?
Wir haben auch hier unseren eingeschlagenen Weg beibehalten. Die Pandemie hat sicherlich die Akzeptanz und vielleicht auch die Zeit zur Auseinandersetzung mit digitalen Themen und Inhalten beschleunigt. Riesig freuen wir uns über die Rückmeldungen vom Markt bezüglich unserer App "Tilo Bodenleger". Sie ist über den Google Playstore und den iTune Store erhältlich. Hier wird ganz klar erkennbar, was wir unter Digitalisierung und Vereinfachung verstehen.
Ansonsten können wir bestätigen, dass sich mehr und mehr das Kaufverhalten digitaler abspielt. Aus unserer Sicht aber nicht "eliminierend", sondern ergänzend zum klassischen Weg über den Handel. Auch hier setzen wir alles daran, unsere Händler zu unterstützen, ihre Online-Auftritte möglichst einfach auch durch Unterstützung von Seiten Tilo zu optimieren.
Wie sehen Sie generell den Verkauf/die Vermarktung digital versus am PoS?
Wie eben erwähnt ergänzend. Wir verstehen uns als ein Glied in der Kette mit unseren Kunden und Partnern. Darum bieten wir auch hier digitale Unterstützung für unsere Kunden an, von digitalen Schulungen bis hin zu fertig verwendbaren Facebook-Werbungen.
Letzte Frage: Wagen Sie einen Ausblick auf den weiteren Jahresverlauf und 2021?
Die obersten Ziele sind, die Anforderungen unserer Kunden zu erfüllen und unsere Mitarbeiter gesund durch die Zeit zu bringen. Dafür kämpfen wir jeden Tag. Dann können wir weiter investieren, um noch besser zu werden und Kundennutzen zu stiften, als auch Arbeitsplätze abzusichern, jene bei Tilo als auch bei unseren Kunden und Lieferanten.
| Die Fragen stellte Claudia Weidt.
i Tilo
Tilo GmbH
Magetsham 19, A-4923 Lohnsburg
Tel.: +43 7754 400
www.tilo.com, office@tilo.com
Gründung: 1950 als Tischlerei Lohnsburg (Tilo) durch Gustav Schrattenecker
Muttergesellschaft: Schrattenecker Holding GmbH
Umsatz: 59 Mio. EUR (2019)
Exportanteil: 55 %, Kernmärkte DACH-Länder
Produktion: 2,5 Mio. m
2 (2019)
Mitarbeiter: ca. 250 (2019)
Geschäftsführung: Herbert Kendler
Leitung Marketing: Christoph Maier
Leitung Produktmanagement & Service: Thomas Wielend
Vertriebsleitung: Maximilian Reich
Sortiment: Drei- und Zweischichtparkett mit Nut und Feder und Klicksystem, Naturböden (Kork-, Linoleum- und Furnierböden), Designböden, Treppensysteme, Leisten
aus
Parkett Magazin 05/20
(Wirtschaft)