Weitzer Parkett: Interview mit Josef Stoppacher
"Wir fokussieren uns auf das Wesentliche mit einer erhöhten Verfügbarkeit"
Weitzer Parkett hat unter Führung von Josef Stoppacher und Martin F. Karner in den letzten drei Jahren ein ambitioniertes Investitionsprogramm absolviert, restrukturiert und sich in Kroatien engagiert. Die dortige Parkettproduktion lief trotz der Corona-Pandemie an. Parkett Magazin fragte Josef Stoppacher nach dem aktuellen Status der Gruppe mit Stammsitz in Weiz.
Parkett Magazin: Herr Stoppacher, 2019 war die Welt noch in Ordnung. Wie sah die Welt für Weitzer Parkett im vergangenen Jahr aus?
Josef Stoppacher: Ich finde die Welt ist im Großen auch jetzt in Ordnung (abgesehen vom globalen menschlichen Leid), wirtschaftliche massive Herausforderungen hat es immer gegeben und wird es immer geben, dem müssen wir uns stellen. Wir kommen ja aus einigen schwierigen Jahren 2017 und 2018 nach der Entflechtung der Familienstämme 2016. 2019 hat sich für uns definitiv positiv dargestellt mit einem historischen Umsatz-Rekordwert in der Firmengeschichte. Auch das finanzielle Ergebnis lag gemäß Plan bzw. hat ihn übertroffen. Zusätzlich konnten wir einige wichtige Projekte abschließen und neue strategische Projekte einleiten.
Und wie verlief der Start ins Jahr 2020?
Bis zur Corona-Krise, die am 13. März bei uns in Österreich zum Lockdown geführt hat, schien das Jahr 2020 sogar sehr vielversprechend. Die Umsätze waren über Plan, der zu erwartende Auftragseingang sehr zufriedenstellend. Und dann kam Corona beginnend bereits mit massiven Einbrüchen in China im Februar.
Was haben Sie während des Lockdowns gemacht? Ganz geschlossen, Kurzarbeit?
Die Verhinderung von Kündigungen und die wirtschaftliche Stabilität (allen voran Liquiditätssicherung) stand ganz oben auf unserer Agenda. So haben wir das Angebot der österreichischen Regierung zur Kurzarbeit angenommen. Wir konnten alle Mitarbeiter behalten und die Produktion sowie Versorgungssicherheit aufrecht erhalten. Bisher ist es uns auch gelungen, ohne Covid19-Erkrankte in der Unternehmensgruppe die Zeit zu durchlaufen, durch umfassende Maßnahmen und der aktiven Mitarbeit aller unserer Mitarbeitenden. Unsere Lieferketten haben zu jedem Zeitpunkt gut funktioniert. Auch unserer hoher Grad an Eigenversorgung aus den eigenen Sägewerken hat sich als strategischer Asset bewiesen und gerade in dieser Zeit bewährt.
Wie stellt sich die aktuelle Marktsituation dar?
Nach relativ deutlichen Rückgängen Anfang des Jahres startend in China bzw. in den Monaten März und April haben sich die Monate Mai bis Juli besser entwickelt, als in diversen Forecast-Szenarien die im März erstellt wurden. Wir arbeiten jeden Tag hart daran, dass wir unsere Kunden so gut es geht bedienen können, und ich hoffe, dies wird auch so wahrgenommen. Somit sind wir mit den Entwicklungen der letzten Monate unter den harschen externen Umständen zufrieden.
Auch konnten wir am Höchststand der Covid 19-Krise unser neues Parkettwerk in Kroatien - unter nicht einfachen Bedingungen - erfolgreich in Betrieb nehmen. Die dort gefertigten Produkte gehen ausschließlich in das Projektsortiment.
Was hat sich im Unternehmen geändert,
was in den Abläufen?
Wir haben unsere Meetingkultur angepasst. Viele Meetings werden als Videokonferenz abgehalten. Die interne Kommunikation wurde um einen Videokanal erweitert. Eine Informationsveranstaltung für mehr als 100 Mitarbeitende ist ja derzeit nicht das geeignete Instrument. Die Umstellung auf Homeoffice hat sofort reibungslos funktioniert und ist jetzt gelebte Praxis. Generell arbeiten wir jetzt fokussierter. Natürlich bleibt aber der zwischenmenschliche Kontakt unersetzbar.
Eigentlich hatten Sie geplant, im Juni Ihr kroatisches Joint Venture neu zu eröffnen... wie weit sind Sie dort? Was ist dort passiert? Wie ist die weitere Planung?
Im Dezember 2019 wurde der erste Quadratmeter Parkett produziert im Rahmen eines kurzen Anlagentest. Bedingt durch Corona gab es jedoch einige Monate Verzögerung, da beispielsweise auch Behörden in Kroatien keine Termine wahrgenommen haben und unsere Mitarbeiter aus den Werken in Österreich das Hochfahren vor Ort nicht begleiten konnten. Trotzdem ist es uns dann gelungen, die Testproduktion im Mai zu starten und das Werk läuft jetzt planmäßig.
Sie hatten von 2016 bis 2018 ein umfassendes Investitionsprogramm durchgezogen, mit Rationalisierungen, Produktivitäts- und Kapazitätssteigerungen und auch Mitarbeiterabbau. Trägt das Früchte? Wo liegen Sie nun in den Kapazitäten und bei den Mitarbeiterzahlen - für die Gruppe und möglichst auch separat nach Unternehmenseinheiten?
Die Investition wurde Mitte 2019 planmäßig abgeschlossen, und die Anlagen produzieren höchst verlässlich. Die zur Verfügung stehende Kapazität hat sich somit am Standort in Weiz in etwa verdoppelt. Der große Benefit liegt aber beim Thema Effizienz, Flexibilität, Ressourcen-Einsatz und Emissionen.
Die Weitzer Gruppe umfasst derzeit ca. 620 Mitarbeiter, am Standort Weiz ca. 300 (in diversen rechtlichen Einheiten), am Standort Güssing ca. 110, im Werk in Ungarn ca. 50, und im Werk in Kroatien ca. 150 Mitarbeiter, plus ca. 10 Vertriebsmitarbeiter außerhalb von Österreich. Weitere Details kommunizieren wir nicht.
Bei unserem letzten Gespräch begründeten Sie die eben genannten Maßnahmen mit stetig steigenden Kosten pro Einheit und daraus folgendem Kapazitäts- und Umsatzdruck. Aber kann "immer höher, schneller, weiter" endlos funktionieren? Geht es nicht darum, mehr Deckungsbeitrag zu erzielen, höherwertiger zu verkaufen?
Endloses Wachstum gibt es in unserer Branche sicher nicht. Zum einen hängen wir von der verfügbaren hochwertigen Rohstoffmenge an Eiche ab, zum anderen ist der Parkett-Anteil mit 5 % am Bodenbelag sehr konstant auf zu niedrigem Niveau. Somit gibt es "eingangs-" und "ausgangsseitige" starke Limitierungen. Aber wie jede ressourcennahe produzierende Industrie gibt es ein Fundamental-Gesetz: "Economies of Scale", d.h. Effizienzen bei Größe. Außerdem glaube ich fest daran, dass jetzt und in Zukunft das Prinzip gilt, mit mehr Effizienz bzw. geringerem Ressourceneinsatz mehr aus einem vergleichbaren Stamm herauszuschneiden.
Sind weiterhin die Schwerpunkte verteilt mit Zweischichtparkett in Weiz und Dreischichtparkett in Güssing? Welche Rolle spielt der kroatische Standort?
Am Standort Güssing wird weiterhin Dreischichtparkett produziert. Die Standorte Weiz und Kroatien produzieren Zweischichtparkett, überwiegend für das Projektgeschäft. Eine weitere Entwicklung des Standortes Weiz ist in Analyse.
Noch einmal zurück zur Corona-Pandemie: Welche Auswirkungen hat sie auf die österreichische Parkettbranche?
Persönlich glaube ich kurzfristige keine wesentlichen. Soweit mir aus durchaus offenen Gesprächen mit unseren Kollegen bekannt ist, hat sich der Markt auch während der Krise besser dargestellt als in vielen anderen Staaten in Europa. D.h. auch wenn es Einbußen gab, war er relativ stabil. Das ist natürlich die Basis für die weitere Existenz der Unternehmen und den Produktionsstandort Österreich für alle Unternehmen. Ob wir in fünf Jahren noch die selben Unternehmen bzw. Standorte in Österreich sehen, wage ich allerdings zu bezweifeln - allerdings spielen hier sicher viele Faktoren eine Rolle.
Ein positiver Effekt: Die schon zuvor gut funktionierende Kommunikation auf Basis eines Vertrauens z.B. zu technischen Themen, hat sich während der Krise weiter verbessert. Ich denke, hier haben wir in Europa etwas Einzigartiges geschaffen.
Wagen Sie einen Ausblick auf den
weiteren Jahresverlauf und 2021?
Das, was vielen Forecasts gemein ist, ist der Fakt, dass sie falsch sind. Umso schwieriger ist es eine Prognose abzugeben. Ich persönlich glaube, dass einige Staaten in Europa relativ schnell wieder zu Wachstum kommen können bzw. die Krise schneller überwinden. Einige Staaten werden jedoch noch massiv und Jahre damit zu kämpfen haben, daran hängt der Wille für Investoren (private, Staaten, Unternehmen), Geld für Parkett auszugeben. Der Trend zur Nachhaltigkeit wird sicher bleiben bzw. verstärkt. Hoffentlich auch der Trend, hochwertigere Produkte aus Europa zu kaufen.
Mit welchen aktuellen Projekten sind Sie beschäftigt?
Unser wichtigstes Projekt ist noch immer Kroatien - und dort die Produktion weiter stabil mit unseren Qualitätsversprechen sicherzustellen bzw. weiter gemäß unseres Hochlaufplans zu entwickeln. Eine weitere Optimierung und Integration in die Unternehmensgruppe beschäftigt uns sicher noch weiterhin.
Die Wurzeln von Weitzer gehen auf das Jahr 1831 zurück, d.h. 2021 wäre ein guter Zeitpunkt 190 Jahre zu zelebrieren, hierzu gibt es Überlegungen - die jedoch schon bis zu einem gewissen Grad von Covid19 "verändert" wurden..
Wie sieht das aktuelle Sortiment aus?
Wir bauen sehr stark auf den Artikeln auf, die vom Kunden bzw. Markt gewünscht werden. Eine frühere Strategie von möglichst vielen Hölzern, Farben, Oberflächen, Sortierungen und daraus resultierenden Kombinationen haben wir verlassen. Es geht eher in Richtung Fokussierung und Reduzierung auf das "Wesentliche", hier jedoch die Verfügbarkeit noch zu erhöhen. An einigen Produktneuheiten arbeiten wir, und werden sie vermutlich 2021 vorstellen.
Sie hatten im Herbst 2019 ein gemeinschaftliches Pilotprojekt mit zwei Kollegenbetrieben für die Ansprache des Endverbrauchers in der Steiermark gestartet. Wie ist das gelaufen? Beispiele? Soll es fortgesetzt werden?
Wir haben die Marketingkampagne als erfolgreich bewertet - damals nur regional in Österreich in der Steiermark durchgeführt. Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen werden wir im Herbst eine neue Kampagne starten. Diesmal werden zu uns drei österreichischen Produzenten auch ein namhafter Produzent aus Europa hinzustoßen und wir werden die Kampagne in zwei Staaten vollinhaltlich ausrollen.
Stichwort Kommunikation und Marketing: Nehmen Sie an der Bau 2021 teil? Wenn nicht: Wie organisieren Sie dann die Kundenansprache?
Ich halte die Durchführung der Bau 2021 persönlich sehr kritisch - aus zwei Gründen: Bei derzeit ca. 10 % der Flugbewegungen weltweit und einer anrollenden zweiten Welle sehe ich die Teilnahme in gewohnten Besucherzahlen als äußerst fragwürdig. Und mindestens gleich kritisch sehe ich das Risiko eines Super-Spreader - bei allen Sicherheitsmaßnahmen - und damit potentielle Ansteckungsgefahr unserer Kolleginnen und Kollegen. Daher mein Appell an einen verantwortlichen Veranstalter, die "Bau" auf 2022 zu verschieben. Eine Teilnahme von Weitzer Parkett sehe ich unter derzeitigen Rahmenbedingungen daher nicht.
| Die Fragen stellte Claudia Weidt
i Weitzer Parkett
Weitzer Parkett GmbH & Co. KG,
Teil der Weitzer Holding
(Unternehmensgruppe)
Klammstr. 24
A-8160 Weiz
www.weitzer-parkett.com,
office@weitzer-parkett.com
Gründung: 1831, 1955 Beginn Parkettproduktion
Eigentümer:
Wilfried Weitzer,
Dr. Nicola Weitzer, Mag.
Alexandra Decker-Weitzer
Gruppen-Umsatz (extern, 2019): 80 Mio. EUR
Exportanteil: 55 %
Produktion (2019): 2.7 m
2Mitarbeiter: 620
Werke: Weiz (Zweischichtparkett), Güssing (Dreischichtparkett), Sägewerk in Gyékénes (Ungarn), Turopolje (Kroatien; Zweischichtparkett und Sägewerk)
Geschäftsführung:
Josef Stoppacher (kaufmännische GF), Martin Karner (technische GF)
Leitung Produktentwicklung und Marketing: Daniel Zettl-Gottmann
Vertriebsleitung: Christian Heuberger
Leitung Kommunikation: Michaela Mayr
Sortiment: Dreischicht- und Zweischichtparkett (Landhausdielen), Langriemen, Stab, Treppensysteme
Anteile: Dreischichtparkett leicht über 50 %, Zweischichtparkett leicht unter 50 %
Kundengruppen:
Großhandel, Fachhandel, Parkett und Bodenleger
aus
Parkett Magazin 05/20
(Wirtschaft)