Werkmeister, Henstedt-Ulzburg
"Wir wollen den Endkunden emotional viel besser abholen"
Tue Gutes und rede darüber: Bei der norddeutschen Matratzenmanufaktur Werkmeister will man dies künftig noch stärker beherzigen. Mit einer neuen Kommunikationsstrategie und einem überarbeiteten Sortiment will das Unternehmen ins Frühjahr starten und die Bindung an den Fachhandel stärken, aber auch Endkunden verstärkt in den Blick nehmen. Haustex sprach mit den Gesellschaftern Michael Sailer und Claus Michael Brandtner sowie Marketingleiter Felix Schlüter über Pläne, Produkte und Perspektiven.
Haustex: Die Corona-Pandemie hat uns seit Jahresbeginn im Griff. Wie haben Sie diese Zeit erlebt und wie ist Werkmeister durch die Krise gekommen?
Michael Sailer: Wir haben im Lockdown zunächst eine richtige Vollbremsung gemacht, waren aber für unsere Kunden immer erreichbar. Relativ schnell war aber klar, dass nach wie vor Bestellungen reinkommen. Nach Ostern hat das Geschäft dann wieder richtig Fahrt aufgenommen, so dass wir die Mitarbeiter nach und nach aus der Kurzarbeit zurückholen konnten.
Claus Michael Brandtner: Wir haben in der Anfangszeit auch Masken genäht. Das war okay und trägt sich, aber es ist natürlich nicht unser Kerngeschäft.
Sailer: In der ersten Mai-Hälfte waren wir schon fast wieder auf dem alten Niveau. Seitdem rauscht es im Karton, um es salopp zu sagen. Das Sommerloch ist ausgefallen, mittlerweile liegen wir über Vorjahr.
Brandtner: Wir sind in einem guten Plus, im zweistelligen Bereich, so wie auch andere Mitbewerber. Momentan gehören wir unternehmerisch betrachtet zu den Gewinnern der Krise.
Haustex: Wie nachhaltig ist diese Sonderkonjunktur?
Sailer: Wir haben uns schon im Sommer gefragt, ob zu der Zeit die Kunden gekauft haben, die normalerweise in den umsatzstarken Monaten ab Herbst kämen, wo sie uns dann fehlen. Das können wir mittlerweile verneinen. Wir sehen, dass die Menschen in diesem Jahr andere Budgets haben: Sie verreisen nicht oder weniger, sie gehen weniger essen - sie haben einfach mehr Geld in der Kasse und investieren in ihr Zuhause.
Felix Schlüter: Es handelt sich dabei um wertige Investitionen, von denen der Fachhandel in Gänze profitiert. Mit Blick auf das kommende Jahr haben wir bereits einige Botschaften und Neuheiten vorbereitet. Wir sind aktiv und investieren in neue Themen...
Brandtner: ...und auf der anderen Seite werden wir gerade von Preiserhöhungen und fehlender Lieferfähigkeit erschlagen. Momentan haben wir es vierzehntägig mit Preiserhöhungen von sechs, acht oder zehn Prozent zu tun.
Haustex: Was heißt das konkret für Schaum, Federkerne und Textilien? Und wie gehen Sie damit in einer Situation um, in der die Nachfrage gerade sehr hoch ist?
Brandtner: Der Lieferant unserer Taschenfederkerne ist vollkommen ausgelastet und hat wenig Handlungsspielräume, um Termine anzupassen. Seine Kapazitäten sind völlig erschöpft. Das hat dazu geführt, dass wir unseren Kunden seit Ende Oktober in Teilbereichen keine verbindlichen Liefertermine mehr nennen konnten, weil auch wir mit Bestellungen überrollt worden sind. Das hat sich erst zu Ende November wieder normalisiert.
Schlüter: Angesichts dessen, was am Markt los ist, haben wir uns ganz gut durchmanövriert, weil wir entsprechend disponiert haben. Wir sind wie bestellt beliefert worden, aber die Nachfrage bei uns war dann deutlich höher als erwartet. Die Situation haben wir aber unseren Kunden gegenüber früh und offen kommuniziert.
Brandtner: Wir erhalten in Kürze wieder eine große Lieferung und sind guten Mutes, dass der Taschenfederkern weiterhin erfolgreich laufen wird. Das verschiebt sich immer mal: Es gab Zeiten, da konnten wir zwei Wochen nicht liefern, und es gab Zeiten, da ging es unseren Mitbewerbern so.
Haustex: Ist denn das Thema für Werkmeister so entscheidend?
Sailer: Mittlerweile ja. Wir haben den Bereich seit 2016 auf fast ein Drittel unseres Umsatzes gesteigert.
Haustex: Wie sieht es beim PU-Schaum aus? Hier hört man aktuell von großen Schwierigkeiten bei den Lieferanten von Vorprodukten wie dem chemischen Grundstoff TDI.
Brandtner: Mir sei die Anmerkung gestattet, aber ich frage mich, wie es passieren kann, dass es bei den marktentscheidenden Herstellen Westeuropas der wesentlichen Komponenten zur Herstellung von Schäumen zeitgleich zu drastischen Produktionsausfällen kommen konnte. Die Konzentration auf wenige Keyplayer am Markt zeigt die Schwächen des Systems auf. Wir als Konsumenten und als Gesellschaft stehen dieser Konzentration machtlos gegenüber. Das betrifft sowohl die Lieferfähigkeit als auch die Preisentwicklung. Es ist schon paradox - Rohöl ist günstig, aber die Preise explodieren. Und die Schäumer, die dazwischenstehen, fragen sich, was sie machen sollen? Die wenigen Rohstoffe fließen in welche Produkte? Und welche Kunden sollen prioritär beliefert werden? Eine absolut unerfreuliche Lage für alle Beteiligten. Die Auswirkungen auf die Endconsumerpreise, und damit einhergehend auf die Unternehmensentwicklung, sind noch lange nicht abschließend zu erfassen, denn es ist absolut sicher, dass die Kosten keinesfalls in der uns treffenden Höhe weitergegeben werden können.
Haustex: Welche Auswirkungen hat das auf Ihre Fertigung?
Brandtner: Noch haben wir alle Schäume großzügig disponiert. Unser Lager ist voll und wir werden gut beliefert, so dass wir keinerlei Ausfälle haben und lieferfähig bleiben.
Haustex: Aber preislich dürften Sie an Grenzen stoßen, oder nicht?
Brandtner: Wir haben Erhöhungen im deutlich zweistelligen Bereich zu verkraften, aber selbst noch keine Preiserhöhung vorgenommen. Aber wir werden hier als einer der Letzten jetzt nachziehen. Ein weiteres Thema sind die Textilien, wo wir mit Preiserhöhungen von bis zu 40 Prozent kämpfen. Das können wir nicht einfach länger tragen.
Haustex: Lassen sich Preiserhöhungen momentan so ohne weiteres durchsetzen?
Sailer: Da unsere Kunden wissen, was auf dem Beschaffungsmarkt los ist, wird auch eine Preiserhöhung akzeptiert. Kürzlich sagte mir ein Kunde sogar, ihm sei es momentan wichtiger, dass wir liefern können, als den letzten Euro rauszuschlagen.
Haustex: Das sehen die Endverbraucher möglicherweise anders...
Sailer: Natürlich überlegen wir, ob eine Matratze von beispielsweise 799 Euro plötzlich 849 Euro kosten kann. Wir kennen ja auch die Argumentation unserer Handelspartner, dass bestimmte Preislagen sich bei ihnen nicht verkaufen lassen. Manchmal sollten wir da ruhig mutiger und selbstbewusster sein und sagen: Das ist ein tolles Produkt, Made in Germany, das ist seinen Preis wert!
Schlüter: Da wollen wir künftig intensiver rangehen, um genau das zu kommunizieren: Wertigkeit, Regionalität, Made in Germany. Wir leben das längst, aber wir müssen es noch lauter sagen.
Haustex: Sie verkaufen fast ausschließlich an den zumeist inhabergeführten, stationären Fachhandel, der zahlenmäßig tendenziell kleiner wird. Wie entwickelt sich dieses Geschäft für Sie?
Sailer: Wir sind in den Umsätzen der letzten Jahre relativ stabil. Wir sehen aber, dass der Durchschnittsumsatz pro Stück nach oben geht. Im Fachhandel ist sehr viel Bewegung. Viele Händler modernisieren ihre Geschäfte oder investieren in die Ausbildung von Mitarbeitern, um ihr Profil zu schärfen - Stichwort: 199-Euro-Matratze...
Brandtner: Wir sind, gemessen an unserer Betriebsgröße, ein relativ kleiner Anbieter. Wir können, werden und wollen nicht mit dem Massengeschäft konkurrieren. Daher wird die Fokussierung auf den Fachhandel bleiben. Bei uns macht es nicht die Menge, sondern die Qualität. Wir leben von den Kunden, die Verständnis für das Produkt und dessen Qualität haben, die nicht über die Menge verkaufen. Das ist natürlich eine Nische, in der wir uns bewegen, und wir werden mit unserem Umsatz niemals in die Regionen der Massenproduzenten vorstoßen. Aber wir haben ein stetiges Wachstum.
Haustex: Wie können Sie den Fachhändler unterstützen, der gegen Online-Anbieter oder 199-Euro-Matratzen argumentieren muss?
Brandtner: Bei unserer Hausmesse im vergangenen Jahr haben wir so gut wie keine Neuheit präsentiert. Wir haben uns nicht um Produkte gekümmert, sondern um die Frage, wie wir den Handel unterstützen können, um Frequenz zu schaffen. Aktuell fokussieren wir uns auf den Endverbraucher. Da geht es vor allem um Emotionen. Wir unterscheiden uns von vielen anderen, weil wir kommissionsweise und sehr individuell produzieren. Das heißt, wir verändern je nach Kundenwunsch auch das Schnittbild einer Matratze. Auch das wollen wir noch viel stärker kommunizieren.
Schlüter: Wir wollen mit unseren individuellen Produkten in einen individuellen Austausch mit dem Händler kommen. Er muss sagen, was er vor Ort für sich braucht, ob sein Fokus beispielsweise mehr auf der Ergonomie liegt oder auf dem Design. Jeder Händler hat da seinen Schwerpunkt, und deshalb wollen wir zielgerichtet mit jedem Händler schauen, welche Maßnahmen für ihn passend sind.
Haustex: Was bedeutet das konkret?
Schlüter: Wir haben uns beispielsweise gemeinsam mit unserer Agentur den Aufritt von Händlern an ihrem Standort angeschaut, haben auch ihre Schaufensterfronten fotografiert und ihnen Vorschläge gemacht, was man schon mit Bordmitteln anders gestalten kann. Im vergangenen Jahr haben wir ein Seminarprogramm gestartet, um etwa gemeinsam mit den Händlern ihre Websites zu analysieren und Optimierungspotentiale zu finden. Diese Seminare wollen wir nach den Corona-Einschränkungen auf jeden Fall weiterführen.
Brandtner: Wir bieten den Händlern eine zentrale Unterstützung durch unsere Agentur an. Wir tragen weitgehend die Kosten, und die Händler kommen in einen gemeinsamen Austausch. Das A und O ist dabei die Bereitschaft des Händlers, sich selbst kritisch zu hinterfragen.
Schlüter: Wir versuchen, die Händler so gut es geht mit Wissen zu versorgen und für den Verkauf vorzubereiten. Gleichzeitig wollen wir uns aber künftig auch beim Endkunden mehr Gehör verschaffen und dabei in der gesamten Tonalität von der reinen Produktargumentation wegkommen, hin zur Sprache der Endkunden. Wir wollen nicht mehr als kühle, technische Ergonomiepäpste auftreten, sondern mit einer etwas frecheren Ansprache an die Verbraucher herantreten. Aber egal, über welchen Kontaktpunkt ein Verbraucher am Ende auf uns stößt: Das Ziel bleibt immer, dass ein Händler aufgesucht wird, der die Beratung, den Verkauf und den Service durchführt.
Brandtner: Der Verbraucher sucht nicht in erster Linie ein technisches Produkt, sondern er will sich wohlfühlen.
Schlüter: Er sucht eine Lösung für seine Lebenssituation und will in der Regel aus unterschiedlichen Motiven eine Verbesserung herbeiführen. Diese unterschiedlichen Lebenslagen versuchen wir herauszufiltern und eine entsprechende Kundenansprache zu gestalten.
Haustex: Wie muss man sich das vorstellen?
Schlüter: Bis jetzt sehen Sie auf unserer Homepage die Produktbilder - Matratzen über Matratzen. Das hilft dem Endkunden nicht wirklich weiter, denn er kann daraus keine Orientierung für sich ableiten. Das wollen wir verbessern. Die neue Bildsprache soll wesentlich zielgruppenspezifischer werden. Wir wollen den Endkunden emotional viel besser abholen. Er soll sehen: Wir haben eine passende Lösung für Dich. Wie die Produktlösung konkret aussieht, ist dann aber Sache des Händlers in der Beratung vor Ort.
Haustex: Der Endkunde findet im Netz bei der Matratzensuche eher den Händler vor Ort als eine bestimmte Matratzenmarke, die in seinem Bewusstsein ja kaum verankert ist. Ist das, was Sie beschreiben, der Versuch, stärker als Marke aufzutreten?
Schlüter: Sicher, denn eine starke Marke dient immer auch dem Handel. Aber das ist eine riesige Aufgabe. Wir können unseren Marketing-Etat nicht mit dem der großen Online-Anbieter vergleichen. Ich denke aber, dass wir unsere Wahrnehmung im Internet mit zielgerichteten Maßnahmen merklich verbessern können. Ziel ist es gleichzeitig die lokale Sichtbarkeit unserer Handelspartner zu steigern. Um dies zu erreichen, werden wir die Handelspartner auf unserer Homepage stärker gewichten.
Haustex: Aber der Händler muss keine Sorge haben, dass Sie auch an den Endverbraucher verkaufen, wenn Sie diesen künftig stärker und direkter adressieren?
Brandtner: Wir haben keinen Online-Shop und wollen auch künftig keinen in Auftrag geben.
Schlüter: Unsere Zielsetzung ist immer die Hinleitung zum Fachhändler. Deshalb bekommt er mehr Präsenz auf der neuen Website eingeräumt. Jeder Händler profitiert davon, wenn die Marke, die er bei sich im Geschäft präsentiert, schon im Vorfeld, aber auch im Nachgang für den Kunden sichtbar wird. Der Endkunde sucht immer eine Sicherheit und eine Kaufbestätigung. Zur Orientierung im Vorfeld und anschließend, wenn er sich fragt, ob er das Richtige gekauft hat. An diesen zwei Kontaktpunkten bekommen wir für den Endkunden eine besondere Relevanz, um eine Kaufentscheidung zu verstärken oder im Anschluss Sicherheit zu vermitteln.
Haustex: Wen soll die neue Homepage ansprechen?
Schlüter: Alle unsere Zielgruppen: junge Menschen wie Senioren. Wir versuchen - neben der direkten Händlerunterstützung - Endkunden über unsere neue Website für Werkmeister zu begeistern. Mit der Intention, den Fachhandel aufzusuchen. Aber wir gehen weg davon, unsere Produkte auf der Homepage rauf und runter zu erklären. Wir wollen helfen, die Begeisterung für wertiges Schlafen mit Werkmeister zu entfachen.
Haustex: Wann wollen Sie live gehen?
Schlüter: Im Frühjahr mit der Vorstellung des neuen Sortimentes.
Haustex: Mit welchen Neuheiten werden Sie aufwarten?
Sailer: Wir werden nicht das Rad neu erfinden, sondern Bewährtes punktuell weiterentwickeln. Zum Beispiel unsere Unterfederung Konturo, die wir im vergangenen Jahr vorgestellt haben. Im Erscheinungsbild der Matratzenbezüge werden wir sicherlich einen großen Sprung machen, und wir werden unser Sortiment stärker nach den Lebensphasen der Menschen ausrichten und entsprechend positionieren.
Brandtner: Unsere Bezüge ändern sich in der Optik und in der Haptik. Die Nutzeneigenschaften werden verbessert und das Design ändert sich. Wenn Sie so wollen: Die weiße Fläche im Laden wird von uns farblich aufgebrochen.
Schlüter: Wir werden im Latex-Bereich außerdem ein Natursortiment aus Matratze und Kissen einführen, das es so von Werkmeister bislang noch nicht gibt. Wir haben uns hier den Anspruch gesetzt, eine Naturmatratze mit sehr guter Schnitttechnik und Ergonomie zu kreieren.
Brandtner: Für unsere Unterfederung Konturo haben wir Werbemittel geschaffen, die die Verständlichkeit des Produktes vereinfachen werden. Dies zielt, in Kombination mit unseren individuellen Schnittbildern der Matratzen, auf die unterschiedlichen Lebensphasen ab. Man braucht nicht gleich einen neuen Rahmen oder eine neue Matratze, wenn sich die Liegebedürfnisse verändern, zum Beispiel während einer Schwangerschaft oder bedingt durch einen Krankheitsfall. Mit wenig Aufwand und Geld lassen sich bei Konturo einzelne Elemente verändern, damit man sie auf die neue Lebenssituation anpassen kann - und das ganz ohne Schraubenzieher.
Haustex: Wie wollen sie diese Botschaften den Endkunden vermitteln?
Schlüter: Wir haben zum Beispiel einen leicht verständlichen Produktfilm entwickelt, in dem dies nachvollziehbar erklärt wird. So ähnlich wie in der Sendung mit der Maus. Der Verbraucher soll möglichst schnell erkennen, was Konturo kann. Die Botschaft: Egal, wie du geschaffen bist, hier findest du die richtige Lösung. Den Film kann der Händler für sich nutzen, aber auch wir werden ihn über unsere Online-Kanäle streuen. Er ist kurz, kompakt, mit sympathischer Stimme gesprochen - und das Gegenteil einer technisch-kühlen Produkterklärung.
Sailer: Erlauben Sie mir noch eine Bemerkung zu unserem Taschenfederkern-Sortiment. Damit sind wir 2016 erstmals nach etlichen Jahren wieder angetreten. Die Skeptiker von damals sagen uns heute, dass sie es nicht für möglich gehalten hätten, dass Werkmeister es schafft, solche soliden, gut funktionierenden Produkte auf diesem Komfortlevel zu bauen.
Brandtner: Wir fertigen auch eine nicht unbedeutende Menge im Bereich White Label, wo wir Kunden haben, die hier unsere teuersten Produkte kaufen, die noch deutlich über dem liegen, was wir unter der Marke Werkmeister produzieren. Und von diesen sehr hochwertigen Kunden bekommen wir mittlerweile Anfragen, ob wir beim Taschenfederkern nicht auch die Liga oberhalb von 2.000 bedienen wollen - weil sie uns das zutrauen. Wir werden also im Bereich White Label noch weiter nach oben gehen.
Sailer: Gerade unsere Schweizer Kunden wissen das sehr zu schätzen, hier kommen wir immer weiter voran.
Haustex: Sie hatten das Lebensphasenkonzept angesprochen, mit dem sie Kunden aller Altersstufen ansprechen wollen. Wie lässt sich das abbilden, wenn die Spannbreite von sehr jungen Menschen bis zum Premiumkäufer reicht?
Schlüter: Wir haben in der Vergangenheit schon viel davon umgesetzt. Wir führen beispielsweise Babymatratzen, haben das Thema aber eher stiefmütterlich behandelt. Auf unserer neuen Website wird es einen eigenen Bereich mit einer sehr emotionalen Bilderwelt hierzu geben. Und das deklinieren wird durch alle weiteren Kundengruppen durch bis hin zu speziellen Produkten für Senioren. Es wird also einen Mix geben aus bewährten Produkten, die wir modifizieren und besser präsentieren, und neuen Produkten, wie beispielsweise beim Seniorenthema. Wir wollen das Sortiment klarer abgrenzen, und es wird eine wertigere Designsprache geben.
Haustex: Farbige Matratzenbezüge bieten einige Hersteller bereits an, warum jetzt auch Werkmeister?
Sailer: In einer Matratzenausstellung können Sie eine Werkmeister-Matratze nicht auf den ersten Blick identifizieren, das wird sich künftig ändern. Es wird hanseatisch-dezent sein, aber nicht zu übersehen.
Haustex: All diese Neuerungen würde man normalerweise auf einer Messe oder einer vergleichbaren Veranstaltung präsentieren. Was schwebt Ihnen unter den aktuellen Bedingungen vor?
Schlüter: Es wird keine Hausmesse geben, so wie wir sie 2019 durchgeführt haben, das ist aktuell einfach nicht sicher planbar. Natürlich werden wir unseren Showroom entsprechend vorbereiten und Gäste im Rahmen der Corona-Regeln empfangen können, da werden wir Lösungen finden. Aber wir werden vor allem mit dem Außendienst und insbesondere mit Herrn Sailer als Vetriebsvorstand die Kunden direkt besuchen, um ihnen unsere Produkte und unsere Kommunikationsthemen vorzustellen. Wenn Sie so wollen: Wir machen eine kleine Roadshow mit individueller Betreuung. Alles natürlich unter dem Vorbehalt der weiteren Corona-Entwicklungen.
Haustex: Kommen wir noch einmal auf das Thema Nachhaltigkeit zu sprechen. Welchen Stellenwert hat das in Ihrem Unternehmen?
Schlüter: Nachhaltigkeit wird immer wichtiger. Werkmeister war immer inhabergeführt, regional tätig und hat immer versucht, seine Rohstoffe aus Deutschland, maximal aus den Anrainerstaaten zu beziehen. Made in Germany ist für uns ebenfalls von zentraler Bedeutung. Nachhaltigkeit geht also weit über das Thema "Bio" hinaus. Es bedeutet auch, Mitarbeiter zu binden, soziale Verantwortung zu übernehmen und vieles andere mehr. Wir schauen uns all diese Themen an, auf die wir Einfluss nehmen können, und analysieren sämtliche Prozesse daraufhin, ob wir sie nachhaltiger und damit verantwortungsvoller gestalten können.
Haustex: Können Sie ein Beispiel nennen?
Schlüter: Das fängt bei relativ banalen Dingen wie dem Druckerpapier hier im Hause an, oder dem Umstand, dass nicht mehr in jedem Büro ein Drucker steht, was Toner und Strom spart. Es geht aber zum Beispiel auch um Streuprospekte, die wir klimaneutral drucken lassen. Oder um ein relativ großes Thema wie die Matratzenfolie, die wir jetzt in einer reduzierten Stärke und mit einem höheren Recyclinganteil verwenden. Aber auch um Fragen der Müllvermeidung. So gehen wir sukzessive voran.
Brandtner: Es betrifft auch unsere Zulieferer. Sie müssen uns über ihre Auditierung und Zertifizierung zeigen, dass ihr Umweltbewusstsein so fundiert ist, dass es unserer DNA entspricht. Das hat auch eine soziale Komponente. Wir wollen kein Material kaufen, das vielleicht günstig ist, aber zu Bedingungen produziert wird, wo wir nicht dahinterstehen.
Haustex: Hinzu kommt noch die nicht unerhebliche Frage der Entsorgung...
Brandtner: Das Thema sitzt mir persönlich doch recht quer: Was passiert am Lebensende einer Matratze? Der Kunde kommt zur Kaufentscheidung, erwirbt vielleicht eine billige Online-Matratze und stellt nach kurzer Zeit fest, dass sie doch nicht die richtige ist. Die 199 Euro waren es ihm aber wert, es mal auszuprobieren. Anschließend geht er ins Bettenfachgeschät, lässt sich beraten und kauft dort eine hochwertige Matratze. Zum Dank lässt er den Fachhändler dann sein 199-Euro-Produkt entsorgen. Diese Dinge laufen völlig aus dem Ruder, und das ist dem Händler gegenüber nicht fair.
Haustex: Sprechen wir zum Schluss noch einmal über Werkmeister. Sie sind vor über sechs Jahren zu dritt angetreten und haben das Unternehmen übernommen. Jens Anweiler musste Ende 2018 gesundheitsbedingt ausscheiden. Wie sind Sie mit der Situation klargekommen?
Brandtner: Unser Kollege Jens Anweiler, mit dem wir die Übernahme gestartet haben, ist mittlerweile leider verstorben. Michael Sailer und ich haben seine Anteile übernommen und sind jetzt die beiden Gesellschafter. Wir hatten 2014 mit der Marke Werkmeister ein renommiertes Unternehmen übernommen. Dazu gehörte auch das Gebäude, das 2008 errichtet wurde und für das wir eine erhebliche Finanzierungslast gestemmt haben. Wir haben anschließend den Maschinenpark praktisch komplett ausgetauscht und erweitert, ein IT-Projekt gestartet, organisatorisch und beim Personal aufgebaut und so weiter. Zu dritt war das alles überschaubar, zu zweit tragen wir als Gesellschafter schon eine deutlich größere Last auf unseren Schultern. Und wir merken natürlich auch, dass all dies eine ganze Menge Arbeit ist.
Haustex: Werden Sie die Struktur mit zwei Geschäftsführenden Gesellschaftern beibehalten?
Brandtner: Wir haben uns gefragt, wie es weitergeht. Denn wir wollen einerseits frisches Blut bringen, aber andererseits Werkmeister in seiner DNA beibehalten. Nicht zuletzt wollen wir rechtzeitig an die Nachfolge denken, damit kann man ja nicht früh genug anfangen. Ich werde in Kürze 62 Jahre alt und in einigen Jahren ausscheiden.
Haustex: Das heißt, dass es bereits eine Nachfolgeregelung gibt?
Brandtner: Ja, mein Sohn Hannes Brandtner hat sich zum 1. Januar 2021 in das Unternehmen eingekauft. Er ist gelernter Konstrukteur im Maschinenbau und hat anschließend Wirtschaftsingenieurwesen studiert. Bei Werkmeister wird er als dritter gleichberechtigter Gesellschafter im Alter von 30 Jahren einsteigen und Aufgaben im Bereich Produktmanagement und Marktstrategie übernehmen.
Haustex: Dann können sie vergleichsweise entspannt in die Zukunft schauen?
Brandtner: Die Botschaft dahinter lautet: Wir verstehen uns weiter als Familienbetrieb, die nächste Generation wird rechtzeitig herangeführt und der Standort bleibt erhalten. Das ist ein klares Signal, dass wir an die Zukunft unseres Unternehmens glauben.
Claus Michael Brandtner
Claus Michael Brandtner studierte in Rosenheim Holztechnik. Der Diplom-Ingenieur ging dann zu einem renommierten Beratungsunternehmen für die Möbelindustrie und beriet diverse internationale Möbelunternehmen. 1993 wechselte er als technischer Leiter zu Swissflex. Nach der Übernahme durch den Recticel-Konzern wechselte Brandtner in die Selbständigkeit und beriet zahlreiche Möbel- und Matratzenunternehmen, arbeitete als technischer Leiter eines Polstermöbel-Herstellers und wechselte für kurze Zeit zu einem Automobilzulieferer. Zuletzt war er Geschäftsführer eines hochwertigen Schweizer Büromöbelherstellers, bevor er im März 2014 zum Geschäftsführenden Gesellschafter von Werkmeister wurde.
Michael Sailer
Michael Sailer ist gelernter Einzelhandelskaufmann und Handelsfachwirt. 1994 wechselte der gebürtige Saarländer zu Swissflex als Verkaufs- und Marketingberater für Norddeutschland. 2003 wurde Sailer zum Verkaufsleiter Swissflex Deutschland ernannt. Im Oktober 2008 erfolgte der Wechsel zu Werkmeister in gleicher Position und in 2012 die Erteilung der Prokura. Seit März 2014 ist er Geschäftsführender Gesellschafter von Werkmeister.
Felix Schlüter
Felix Schlüter ist im Bettenfachgeschäft seiner Familie in Bielefeld groß geworden, wo er bereits während seiner Schul-, Ausbildungs- und Studienzeit in allen Bereichen mitarbeitete. Nach einer Ausbildung zum Versicherungskaufmann und einer Weiterbildung zum Versicherungsfachwirt mit Schwerpunkt Marketing studierte Schlüter Marketingmanagement an der Fachhochschule des Mittelstands in Bielefeld. Seine Bachelorarbeit schrieb er über das B2B-Marketingkonzept der Firma Werkmeister, bei der er seit November 2014 beschäftigt ist. Aktuell arbeitet er als Marketingleiter und wirkt in enger Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung an vertrieblichen und strategischen Themen mit.
Werkmeister - in Kürze
Erich Werkmeister GmbH & Co. KG
Siebenstücken 3-5
24558 Henstedt-Ulzburg
Telefon: 04193 - 77946-12
Fax: 04193 - 77946-99
eMail: info@werkmeister-schlafkultur.de
Web: www.werkmeister-schlafkultur.de
Geschäftsführende Gesellschafter:
Claus Michael Brandtner, Michael Sailer
Mitarbeiter: 62
Produkte:
Matratzen (Schaum- Taschenfederkern- Latex), Nackenstützkissen, Kindermatratzen,
Unterfederungen, Topper
aus
Haustex 12/20
(Wirtschaft)