XXXLutz fusioniert mit Tessner-Gruppe
So entsteht Deutschlands größter Möbelhändler
Bonn. Die Konzentration im Möbelhandel schreitet weiter voran: Das Bundeskartellamt hat der Fusion von XXXLutz mit der Tessner-Gruppe (Roller, Tejo’s, Schulenburg) unter Auflagen zugestimmt. Ist alles unter Dach und Fach, entsteht in Deutschland ein weiterer Möbelgigant - noch größer als Ikea.Die österreichische XXXLutz-Gruppe darf sich über ihre Mann Mobilia Beteiligungs GmbH mit 50 Prozent an der Tejo Möbel Management Holding sowie der Roller GmbH & Co. kg beteiligen. Das hat das Bundeskartellamt genehmigt, auch wenn die Angelegenheit noch nicht abgeschlossen und nur ein Teilerfolg für die Österreicher ist. Die Prüfung der wettbewerblichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Beschaffungsmärkte - also das Verhältnis zwischen Möbelhandel und Möbelhersteller - liegt nach Angaben des Kartellamtes in diesem Fall bei der Europäischen Kommission. Dieses Verfahren läuft noch. Außerdem dürfen nicht alle Standorte wie geplant übernommen werden.
Wenn alles unter Dach und Fach ist, entsteht ein wahrer Möbelgigant auf dem deutschen Markt. Die an der Fusion Beteiligten gehören zu den bundesweit führenden Möbelhändlern mit jeweils umfassendem Standortnetz und einem Online-Vertrieb. Bundesweit rangieren die XXXLutz-Gruppe nach Ikea auf Platz 2 der umsatzstärksten Möbeleinzelhändler und die Tessner-Gruppe auf Platz 4.
Die XXXLutz-Gruppe ist in den letzten Jahren durch Übernahmen von dritten Möbelhändlern und zum Teil auch durch eigene Neueröffnungen im Inland stark gewachsen. Sie ist - anders als die Tessner-Gruppe - europaweit aktiv und expandiert auch in anderen Ländern wie unter anderem in Frankreich mit der gegenwärtig von der französischen Wettbewerbsbehörde geprüften Übernahme von Conforama France.
In Deutschland sind die Österreicher mit über 200 Niederlassungen vertreten und verfügen in der Bundesrepublik mit XXXLutz, Dodenhof, Zurbrüggen, Möbelzentrum Pforzheim, Poco, Mömax, Osca und Sparkauf über mehrere etablierte Vertriebslinien. Zur Tessner-Gruppe gehören die Handelsketten Roller, Tejo’s SB Lagerkauf, Schulenburg sowie Meda Küchenstudios. Letztere sind aber nicht Gegenstand der Fusion. Diese bezieht sich auf 155 Standorte der Tessner-Gruppe. Nach der Entscheidung des Bundeskartellamtes dürfen 22 dieser Tessner-Standorte nicht übernommen werden, und ein weiterer XXXLutz-Standort muss abgegeben werden.
Entscheidung der EU-
Kommission steht noch aus
"In diesem Fall ist unser Verfahren nur der erste Teil der nötigen kartellbehördlichen Prüfungen", betont Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes. "Eine Entscheidung der Europäischen Kommission zu den Beschaffungsmärkten steht noch aus." Mit dem Zusammenschluss entstehe Deutschlands größter Möbelhändler. "Wir haben die Absatzseite, also die Auswirkungen des Vorhabens auf die Verbraucherinnen und Verbraucher, eingehend untersucht. Für 23 Standorte haben wir wettbewerbliche Bedenken", so Mundt.
Der Präsident der Behörde mahnt: "In den jeweiligen regionalen Märkten würde der Zusammenschluss zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs führen. Vor allem im Möbel-Discountbereich hätten die Kunden dort künftig keine hinreichende Auswahl mehr zwischen verschiedenen Händlern." Die Unternehmen müssten deshalb diese 23 Standorte zunächst an einen oder mehrere unabhängige Dritte veräußern, bevor sie den restlichen Zusammenschluss vollziehen dürfen, so Mundt.
Im Discountbereich haben die beiden Unternehmen insbesondere mit den Linien Poco beziehungsweise Mömax und Roller die mit Abstand führenden Positionen inne. Nach dem Zusammenschluss entsteht der auch insgesamt größte Möbelhändler in Deutschland - vor Ikea. Das Bundeskartellamt hat im Hauptprüfverfahren intensiv die lokal betroffenen Absatzmärkte des Möbeleinzelhandels ausgehend vom jeweiligen Einzugsgebiet der 155 Tessner-Standorte geprüft.
Berücksichtigt wurden alle stationären Möbelhändler (Einrichtungshäuser, Discounter, Fachgeschäfte wie beispielsweise Küchenstudios oder Polsterfachgeschäfte bis hin zu sonstigen Anbietern, etwa Baumärkten sowie der Online-Handel. Da sich der Schwerpunkt des Falles im Discountbereich abspielt, wurde das Discountsegment besonders eingehend geprüft.
In der überwiegenden Zahl der betroffenen Markträume, insbesondere in den Ballungsräumen, wird es auch nach dem Zusammenschluss hinreichenden Wettbewerb geben, urteilt das Bundeskartellamt: "Es gibt dort neben XXXLutz und den Unternehmen der Tessner-Gruppe jeweils eine nicht unerhebliche Zahl von konkurrierenden Möbelhändlern." Die Ermittlungen haben hingegen für 25 - sich teilweise überschneidende - Markträume gezeigt, dass die Fusion dort zu einer erheblichen Beeinträchtigung wirksamen Wettbewerbs führen würde. Nur durch die Veräußerung von 23 Standorten an Dritte lassen sich die Bedenken der Wettbewerbshüter ausräumen. Die Veräußerung ist Bedingung für die Freigabe der restlichen Transaktion.
Das Vorhaben wird ausnahmsweise nicht von einer Wettbewerbsbehörde sondern sowohl in Deutschland vom Bundeskartellamt (hinsichtlich der Auswirkungen auf der Absatzseite) als auch von der Europäischen Wettbewerbsbehörde bei der Europäischen Kommission (hinsichtlich der Beschaffungsmärkte) geprüft. Aufgrund der Umsätze der beteiligten Unternehmen von insgesamt mehr als fünf Mrd. Euro hätte das Zusammenschlussvorhaben insgesamt bei der Europäischen Kommission angemeldet werden müssen.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: "Wir haben die Auswirkungen des Vorhabens eingehend untersucht. Für 23 Standorte haben wir wettbewerbliche Bedenken."
aus
Haustex 12/20
(Wirtschaft)