Industrieverband Klebstoffe
Ansgar van Halteren sagt Tschüss und brennt mit "Duckmar" durch
Kunstgeschichtsstudium statt Klebstoff-Normung, Engagement bei der "Tafel" statt TKB-Fachtagung - Ansgar van Halteren scheidet Ende November 2020 als Hauptgeschäftsführer beim Industrieverband Klebstoffe (IVK) aus. Für den Zeitpunkt danach hat er schon reichlich Pläne, auch wenn sich diese wegen Corona zeitlich etwas verschieben werden. Der Klebstoffindustrie bleibt er durch viele persönliche Freundschaften verbunden.Als Hauptgeschäftsführer hat Ansgar van Halteren dem Industrieverband Klebstoffe (IVK) 37 Jahre lang die Treue gehalten. Ursprünglich wollte er bereits im September 2020 in den Ruhestand gehen, corona-bedingt hat er bis Ende November 2020 verlängert, um noch einige Projekte abschließen zu können. Van Halteren sagt rückblickend, er sei kein "Jobhopper" gewesen. Der 63-Jährige studierte Betriebswirtschaftslehre an der Westfälischen Wilhelms Universität in Münster. Seine damalige Freundin studierte in Düsseldorf, sodass er häufig am Rhein war. An der Düsseldorfer Heinrich Heine Universität gab es eine Stelle für Studentenjobs, die ihn zufällig zum Fachverband der Klebstoffindustrie führte. Seine Aufgabe: Das Zusammenlegen einer Loseblattsammlung. Damals gab es rund 8 D-Mark die Stunde, erinnert sich van Halteren. Da er seine Aufgabe gewissenhaft erledigte, erhielt der in Kleve geborene Rheinländer schnell Folgeaufträge. So räumte er das Archiv auf und unterstützte die Chefsekretärin bei der Buchhaltung.
Vom Studentenjob
zum Hauptgeschäftsführer
Eines Tages sprach ihn sein Chef an, dass der Verband eine Referentenstelle auszuschreiben hätte. "Ich sollte mich darauf bewerben, man würde mich ja schließlich schon kennen", erinnert sich van Halteren. Er habe 1983 nicht lange überlegt, die Zelte in Münster abgebrochen und sei nach Düsseldorf gezogen. Als Referent war er zunächst zuständig für Fragen des Marktes und für Statistiken, nach und nach kamen weitere Aufgaben hinzu.
Bereits 1983 und 1984 gab es erste Kontakte zur Technischen Kommission Bauklebstoffe (TKB), in der sich die Bauchemie engagiert. Als 1991 sein Chef in den Ruhestand ging, berief der Vorstand van Halteren zum Geschäftsführer, 1997 schließlich zum Hauptgeschäftsführer. Seit 2002 gehört er zudem dem Vorstand als stimmberechtigtes Mitglied an.
Auf die Frage, was ihm in 37 Jahren besonders viel Freude bereitet hat, kommt wie aus der Pistole geschossen: "Ich kann Ihnen sagen: alles!" Er sei 37 Jahre lang jeden Morgen gerne ins Büro gefahren, sehr häufig tatsächlich mit seinem schwarzen Citröen 2 CV, sprich mit seiner "Ente", die er liebevoll auf den Namen "Duckmar" getauft hat und die die einzige Geliebte sei, die van Halterens Ehefrau neben sich voll und ganz akzeptiere, wie der Rheinländer schmunzelnd erzählt.
Auswandern nach Australien?
Da van Halteren und seine Ehefrau gerne nach Australien reisten, und ihre Tochter dort sogar eine zeitlang zur Schule ging, gab es Anfang der 1990er-Jahre kurzfristig die Überlegung, als Verwalter einer Apfelplantage in den Norden von Melbourne nach Australien auszuwandern. "Ich habe damals allerdings gedacht: Du arbeitest dich gerne in Dinge ein, aber eines hast du im konkreten Fall nicht: Und das ist ein grüner Daumen." Nach Abwägung der Argumente war er sich sicher: "Das konnte eigentlich nur in die Hose gehen." Im Rückblick sagt er heute: "Ich habe nicht einen Tag im IVK bereut." Van Halteren konnte sich immer auf ein tolles Team im Verband verlassen, in dem es kaum Fluktuation gab.
An der Klebstoffbranche hat van Halteren besonders gut gefallen, dass es sich um eine sehr innovative Industrie handelt. Man treffe immer auf perspektivisch denkende Menschen, die permanent nach innovativen Lösungen suchen. Da die Branchenmitglieder zudem sehr kommunikativ seien, machte das die Arbeit in- wie extern sehr einfach, findet der Fan des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund, der eine Dauerkarte besitzt.
Klebstoffindustrie
verzeichnet Imagegewinn
Wenn man van Halteren nach besonderen Erfolgen befragt, dann sagt er: "Wir haben es in 30 Jahren geschafft, die Klebstoffindustrie in der öffentlichen Wahrnehmung in eine Position zu rücken, in die sie gehört." Es sei eine Industrie auf deren Basis und Technologie ganz viel möglich geworden sei. Als Beispiel nennt van Halteren die Miniaturisierung bei elektronischen Kommunikationsmitteln. "Ein Navigationsgerät oder ein Smartphone ist nur deshalb so klein, weil es nicht mehr gelötet, sondern geklebt wird", erklärt er. Herausragende Entwicklungen gebe es beispielsweise bei Medizinklebstoffen, aber genauso bei Bodenbelagsklebstoffen. Der Hauptgeschäftsführer ist überzeugt, dass die Bodenbranche dank der Gemeinschaft Emissionskontrollierte Verlegewerkstoffe (GEV) gut aufgestellt ist. Das gemeinsame Arbeiten in der Gemeinschaft habe der Verband erst möglich gemacht.
Neben fröhlichen gab es für van Halteren auch traurige Momente. Dass er seinen Freund Jürgen Gehring (Bostik) Anfang 2019 beerdigen musste, geht ihm auch heute noch nahe. Fröhliche Momente seien die Begegnungen mit jedem einzelnen "Klebstoffmenschen" gewesen. Es gebe einen großen Zusammenhalt in der Branche, und man könne sich auch über das Geschäftliche hinaus austauschen. Van Halteren pflegt Freundschaften, z. B. zu Dr. Roland Krieger, früherer TKB-Vorsitzender, und Dr. Udo Windhövel (früher Henkel-Bautechnik), mit denen er gerne Skat spielt. Es gibt zahlreiche freundschaftliche Verbundenheiten, die über die Jahrzehnte gewachsen sind. Diese alle an dieser Stelle aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Zudem gibt es im Industrieverband Klebstoffe einen Seniorenkreis, in dem sich ehemalige Vorstandsmitglieder treffen. Dieses Angebot möchte van Halteren auf jeden Fall wahrnehmen.
Mit vier TKB-Vorsitzenden zusammengearbeitet
In seiner Amtszeit hat der Hauptgeschäftsführer vier TKB-Vorsitzende erlebt: Zunächst war das Otto Stein, der Technische Direktor bei dem Unternehmen Helmitin, das später zu Forbo wurde. Daran schloss sich Dr. Roland Krieger (Uzin) an, der "gefühlte Jahrzehnte" das Amt prägte. Es folgte Dr. Frank Gahlmann (Stauf), mit dem van Halteren bis heute noch zu Karnevalssitzungen geht. Aktuell wird die Technische Kommission Bauklebstoffe (TKB) von Dr. Norbert Arnold (Uzin) geleitet. Jeder der vier habe seine eigene Ausrichtung gehabt: Otto Stein habe das gemeinsame Netzwerk der Branchenteilnehmer vorangetrieben und die Gründung des Teppichforschungsinstituts (TFI) möglich gemacht. Dr. Roland Krieger systematisierte die Verbandsaktivitäten und stieß die Türen Richtung Handwerk auf. Dr. Frank Gahlmann schaffte es, viele von der TKB erarbeitete Themen systematisch in eigenen Merkblättern zu manifestieren. Dr. Norbert Arnold sei es aktuell sehr wichtig, die Zusammenarbeit mit dem Handwerk weiter zu intensivieren und auszubauen.
An welche Anekdote erinnert sich van Halteren gerne? Vor vielen Jahren brachte ein großes Bauchemieunternehmen mit Sitz im Rheinland einen Fengshui-zertifizierten Belagsklebstoff auf den Markt. Der seinerzeit verantwortliche Geschäftsführer dieses Unternehmens hatte einen Fengshui-Meister gefunden, der das Produkt als Fengshui-geeignet auswies. Auf einer großen Bauklebstoffversammlung habe daraufhin der damalige TKB-Vorsitzende Dr. Roland Krieger öffentlich gemutmaßt: "Dieses Bauchemie-Unternehmen schickt jetzt keine Anwendungstechniker mehr auf die Baustelle, sondern Schamanen!" Schallendes Gelächter sei die Folge gewesen.
Aktuell sind anspruchsvolle und herausfordernde Themen wie Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft bzw. Green Deal auf der Agenda des Verbandes. Nach Einschätzung von van Halteren wird sich dabei nicht zwangsläufig die Chemie der Klebstoffe ändern - aber definitiv die "Architektur" der Klebung bzw. des Bodenaufbaus. "Ich denke, dass sich auch die Techniken des Verlegens und des Fußbodenaufbaus in den nächsten Jahren modifizieren werden." Ein eingebautes Parkett oder einen eingebauten Teppichboden zukünftig so ausbauen zu können, dass er unter Aspekten des Recyclings letztlich herausnehmbar ist. Ziel sei so eine Art "Debonding on Command", frei übersetzt: Kleben auf Knopfdruck.
Dr. Haye folgt auf van Halteren
Van Halteren freut sich, dass mit Dr. Vera Haye seine Nachfolgerin bereits feststeht. Er beschreibt sie als smarte, intelligente und sehr engagierte Mikrobiologin. "Sie hat lange Zeit für das Cluster Industrielle Biotechnologie in Düsseldorf gearbeitet und im Rahmen ihrer Arbeit viele klebstoffrelevante Projekte mit begleitet, teilweise zum Patent geführt, wenn es um Bio-Rohstoffe oder biobasierte Klebstoffe ging." Sie habe einen ausgesprochen guten Draht in relevante Klebstofffirmen und verfüge bereits über ein gutes Netzwerk.
Was wünscht sich van Halteren? "Einfach nur, dass die Leute mich in guter Erinnerung behalten." Wenn er Ende November ausscheidet, möchte van Halteren sein Team gerne zu Reibekuchen und Glühwein auf einem Weihnachtsmarkt einladen. Er hofft sehr, dass die Corona-Beschränkungen ihm keinen Strich durch die Rechnung machen werden.
aus
FussbodenTechnik 06/20
(Personalien)