Anker Gebr. Schoeller GmbH + Co. KG
Anker geht in die Offensive
Die mehrheitliche Übernahme durch das chinesische Teppichfliesen-Schwergewicht OFC flößt Anker neue Gestaltungskraft ein. Im Interview erklären die Verantwortlichen ihre Wachstumsstrategie für die Bereiche Teppichfliese, Aviation und Export.
BTH Heimtex: Herr Heer, als Sie vor zwei Jahren als Geschäftsführer zu Anker kamen, wurden Sie beschrieben als "erfahrener Manager für Unternehmen in besonderen Situationen". Ist Anker 24 Monate später immer noch in einer besonderen Situation?
Werner Heer: Anker hat viele Jahre gute Geschäfte gemacht und bis heute eine gute Reputation im Markt. In den letzten Jahren wurde allerdings zu wenig für die Zukunft getan. Deswegen stand das Unternehmen zuletzt nicht gut da. Die Gesellschafter haben mich daher mit einer klaren Aufgabe betraut: Die Zukunft von Anker soll gesichert werden.
Schnell war klar, dass es mit einer Finanzspritze allein nicht getan sein wird. Wir haben also schnell eine strategische Partnerschaft angestrebt. Genauso zügig sind wir zur Konklusion gekommen, dass wir uns vorzugsweise einen chinesischen Partner suchen.
BTH Heimtex: Sie haben aktiv gesucht und OFC angesprochen?
Heer: So ist es. Es war keine Übernahme von außen. Wir haben den intensiven Rechercheprozess selbst gestaltet, an dessen Ende OFC als unser Wunschkandidat stand, weil für beide Seiten ein größtmöglicher Nutzen stand.
BTH Heimtex: Warum einen Partner aus China?
Heer: In der Vergangenheit haben wir rund 30 % unseres Umsatzes im weltweiten Aviation-Geschäft erwirtschaftet. Dieses liegt wegen Corona derzeit am Boden und es wird einige Jahre dauern, bis es wieder auf ein normales Niveau zurückkehrt. In China ist uns bisher der Marktzugang nicht gelungen. Mit einem chinesischen Partner haben wir die Möglichkeit gesehen, diese Lücke zu schließen. Wir haben dort zusammen mit OFC erste Schritte unternommen, um die Marke Anker zu positionieren. Und das scheint zu gelingen. Mittelfristig werden wir mit einer chinesischen Tochtergesellschaft von Anker über eigene Vertriebsbüros und Außendienstmitarbeiter vor Ort vertreiben.
OFC verfügt bereits heute über 18 landesweite Vertriebs-, Produktions- und Logistikstandorte. China wird die Luftfahrtbranche als wichtige Verkehrsinfrastrukturmaßnahme massiv ausbauen. Davon wollen wir profitieren.
BTH Heimtex: Kam ein Partner aus Europa nicht in Frage?
Heer: Europäische Wettbewerber hätten eine Übernahme angestrebt und dabei Anker auf die Stärken wie beispielsweise die Weberei sowie die Marke reduziert. Die Firma als Gesamtunternehmen mit einer 167-jährigen Geschichte hätte dabei eine untergeordnete Rolle gespielt. Das wollte hier niemand.
BTH Heimtex: Nach was haben Sie stattdessen gesucht?
Herr: Nach einer Partnerschaft, die unsere Defizite im Bereich Teppichfliese hier in Europa eliminieren, und die uns im Markt sowie im Sortiment differenzieren kann. Damit lag der Fokus klar auf einem chinesischen Hersteller.
BTH Heimtex: Wie können Sie sich sicher sein, dass sich OFC nicht auch nur die Rosinen aus dem Kuchen pickt?
Heer: Den Chinesen ist der Wert der Marke Anker und der langen Tradition des Unternehmens sehr bewusst. Sie wollen Anker in seiner Substanz als Ganzes erhalten sowie die Eigenständigkeit fördern. Sie greifen nicht dominierend ein. Und es ist auch keine Überzeugungsarbeit nötig gewesen, um zu erklären, welche Bedürfnisse und Ansprüche wir haben. Im Gegenteil: Die Chinesen haben gefragt "Was braucht ihr?"
BTH Heimtex: Wie verteilen sich jetzt die Besitzanteile?
Karlheinz Werker: OFC hält 80 % der Anteile; die restlichen 20 % hält Vera Ahlemann. Sie ist eine Altgesellschafterin aus der ehemaligen Eigentümerfamilie Schoeller, die vital und über Jahre hinweg das Unternehmen gestützt hat. Die Chinesen haben großen Wert darauf gelegt, dass Mitglieder der Gründerfamilie Gesellschafter bleiben.
BTH Heimtex: Wie sieht die zukünftige Strategie von Anker in Deutschland, Europa und der Welt aus?
Heer: Anker bildet für die Chinesen das Tor zu ganz Europa; Düren wird zum logistischen Zentrum des Kontinents ausgebaut. Ab dem ersten Quartal 2021 werden wir ein marktgerechtes Teppichfliesen-Sortiment am Lager haben, mit dem wir zukünftig in Konkurrenz zu den etablierten europäischen Anbietern treten können.
Richten wir den Blick in die andere Richtung, erhofft sich OFC mit unseren Webprodukten Zugang zum Luftfahrtgeschäft sowie größere Absatzchancen im angestammten hochwertigen Wohnsegment in seinem Heimatland. Die chinesische Oberschicht ist sehr kaufkräftig. Sie liebt deutsche Markenprodukte und legt gleichzeitig viel Wert darauf, dass sie nicht in China veredelt, sondern direkt in Deutschland produziert werden.
BTH Heimtex: Aber in China kennt niemand die Marke Anker
Rüdiger Felder: Wie gesagt: Wir sind bereits dabei, die Marke bekannt zu machen. Auf der Domotex Shanghai im März 2021 starten wir mit einer großen Auftaktveranstaltung offiziell den Markteintritt von Anker in China.
BTH Heimtex: Zurück nach Deutschland: Wie gestaltet sich Ihre Zusammenarbeit mit dem Großhandel?
Erwin Landherr: Wir wickeln rund 38 % unseres Umsatzes über den Großhandel ab. Die Zusammenarbeit läuft gut; wir agieren häufig Hand in Hand.
Heer: Während sich bei Anker vieles verändert, ist unser Großhandelsgeschäft ein Feld, welches mit seiner regionalen Verankerung für uns wichtig bleibt und in Teilen ausgebaut wird.
BTH Heimtex: Profitieren die Großhandelspartner denn von Ihrem neuen Teppichfliesen-Sortiment von OFC?
Landherr: Definitiv. Wir führen im ersten Halbjahr 2021 eine neue, speziell auf den Großhandel ausgerichtete Kollektion unter der Marke Anker ein. Sie besteht aus einer Auswahl an Fliesenqualitäten von OFC. Sie ist eine breite und wettbewerbsfähige Kollektion. In der Marktbearbeitung haben wir die Produkte einigen Objektentscheidern bereits gezeigt.
BTH Heimtex: Wie sind die Reaktionen?
Landherr: Wir haben eine extrem gute Resonanz auf das Sortiment.
BTH Heimtex: Verfügen die Produkte aus China über alle nötigen Zulassungen und Zertifikate für den Vertrieb in Europa und Deutschland?
Landherr: Alle Produkte werden geprüft und erhalten alle nötigen Zulassungen.
| Die Fragen stellte Jochen Lange | jochen.lange@snfachpresse.deDaten + Fakten Anker
Anker Gebr. Schoeller GmbH + Co. KG
52353 Düren
Tel.: 02421 / 8 04-0
anker@anker-dueren.de
www.anker.eu
Geschäftsführer: Werner Heer
Gesamtvertriebsleiter: Erwin Landherr
Leiter Einkauf, Supply-Chain-Management: Karlheinz Werker
Leiter Marketing: Rüdiger Felder
Gründung: 1854
Umsatz 2019: 38,5 Mio. EUR
Mitarbeiter: 260 inklusive Töchter Pikumag, Pößneck, und Gebr. Thelen, Stolberg/Schevenhütte
Außendienst: 22 inklusive Key-Account-Manager
Minderheitsgesellschafterin (20 % der Anteile): Vera Ahlemann, geb. Schoeller
Muttergesellschaft (80 % der Anteile):
OFC Commercial Carpet Co.,Ltd
Donggang Town, Xishan
District Wuxi Cit
www.ofc-carpet.com
Gründung: 2003
Umsatz 2019: 160 Mio. EUR
Produkte: Teppichfliesen, auch mit Bitumen- und PVC-freiem Rücken
Produktionskapazität: 30 Mio. qm
Vertriebsregionen: Asien, Australien, Neuseeland, Nordamerika
Anker und die Chinesen
Da haben sich zwei gefunden
Weil die paritätischen Mehrheitsverhältnisse der Inhaberfamilie Schoeller im Gesellschafterkreis Entscheidungen über die Zukunft bei Anker zunehmend erschwerten, war der Hersteller textiler Bodenbeläge seit Mai 2019 aktiv auf der Suche nach einem strategischen Partner. Der wurde mit der chinesischen Firma OFC gefunden. Die im Januar 2020 angekündigte Mehrheitsbeteiligung der Chinesen ist Mitte September vollzogen worden. In der neuen Konstellation wird ein Beirat als Bindeglied fungieren zwischen der Unternehmensleitung um Geschäftsführer Werner Heer und der Altgesellschafterin Vera Ahlemann aus der Gründerfamilie Schoeller, die als Person noch 20 % der Unternehmensanteile hält.
OFC ist nach eigenen Angaben Marktführer im Bereich Teppichfliesen in China. Das 2003 gegründete Familienunternehmen unterhält in China drei Produktionsstandorte, zwei Entwicklungszentren und 18 Vertriebsniederlassungen. Wichtige Auslandsmärkte sind Japan, Singapur, Malaysia, Australien, Neuseeland, Kanada sowie die USA. Der Umsatz wird auf 160 Mio. EUR geschätzt.
aus
BTH Heimtex 01/21
(Wirtschaft)