GOTS-Standard

Betrug mit Bio-Baumwolle in Indien


Stuttgart. Bei eigenen Ermittlungen deckte der GlobalOrganic Textile Standard (GOTS) im Herbst diesen Jahres in Indien einen Betrug auf:gefälschte Zertifikate für 20.000 Tonnen Biobaumwolle. Dabei wurden keine GOTS-eigenenZertifikate gefälscht, sondern Bio-Zertifikate für die Rohfaser, die GOTS alsNachweis akzeptiert. Die Betrüger missbrauchten Zertifikatsvorlagen der zuständigen Regierungsstelle in Indien, versahen die Vorlagen mit gefälschten QR-Codes, die zu einer falschen Website führten, um sie als "authentisch" auszugeben. In der Folge wurden nach eigenen Angaben elf Unternehmen aus dem GOTS System ausgeschlossen und der Vertrag mit einem Zertifizierer beendet.

Seit Bekanntwerden dieses Betrugs erreichen Nachfragen von Geschäftskunden auch den Biotextil-Hersteller Cotonea aus Bempflingen. Dieser setzt zwar in der Regel auf den IVN Best, den Standard mit den höchstenAnsprüchen weltweit, nutzt aber auch GOTS für seine Produkte. GeschäftsführerRoland Stelzer: "Was der Global Organic Textile Standard leistet, ist grundsätzlich beachtlich undmaßgeblich."

Die Richtlinien und Kriterien, die der Standard zur Vergabe seinesSiegels definiert, gehörten zu den sinnvollsten und besonders richtungsweisenden. "Beispielsweise gibt der GOTS wie der IVN Best eine doppelte Sicherheit dadurch, dasses eine Positivliste gibt, nach der Chemikalien freigegeben werden müssen, undzusätzlich Rückstandskontrollen und Grenzwerte festgelegt sind." Doch Stelzer warnt: "Wer seineProduktionskette nicht genau kennt, ist vor einem Betrug nie hundertprozentigsicher."

Die steigende Nachfrage nach biologisch erzeugten Textilien mache betrügerischeAktivitäten seiner Einschätzung nach attraktiver. Umso mehr, wenn der Betrug amAnfang einer langen Kette geschehe und so schwieriger nachvollziehbar sei. Darumsei es umso wichtiger, sowohl die eigene Produktionskette als auch Schwachstellengenau zu kennen und zusätzlich zu vorhandenen Siegeln selbst zu prüfen.

In Kirgistan und Uganda hat Cotonea ökologische Anbau-Projekte selbst mit aufgebautund bezieht von dort die Biobaumwolle für die weiteren Produktionsschritte.Cotonea ist dementsprechend nicht von dem in Indien aufgedecktenBetrug betroffen. Das Unternehmen arbeitet zudem mit allen weiterverarbeitenden Betriebenentlang der Herstellungskette auf persönlicher Ebene.

Geschäftsführer Stelzer rät Konsumenten, Einkäufern und Labels, nicht nur auf Siegel zu achten,sondern auch sonst genau hinzuschauen. Eine Möglichkeit sei, den direktenLieferanten oder das Modelabel wiederum nach dessen Lieferanten zu fragen. DieArt, wie offen, transparent, engagiert und nachvollziehbar ein Unternehmen arbeitetund Auskunft geben kann, sage mehr aus als Werbephrasen.
aus Haustex 01/21 (Wirtschaft)