Handelsverband und Bündnis 90/Die Grünen

Gemeinsame Sache

Berlin. Das Verhältnis zwischen Einzelhandel und Grünen war nicht immer konfliktfrei. Doch jetzt beschlossen Handelsverband und die Bundestagsfraktion sogar einen gemeinsamen Forderungskatalog an die Bundesregierung.

"So retten wir unsere Innenstädte" heißt das Papier, das beim Innenstadtgipfel der grünen Bundestagsfraktion Mitte November vorgestellt wurde. Der Zehn-Punkte-Plan wurde unter anderem von Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt und Stefan Genth unterzeichnet, dem Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes (HDE). Außerdem wird das Papier Hotel- und Geststättenverband Dehoga sowie dem Deutschen Kulturrat mitgetragen. Parallel brachte die Bundestagsfraktion der Grünen einen umfangreichen Antrag unter dem Titel "Unsere Innenstädte fit für die Zukunft machen" ins Parlament ein.

Die Corona-Pandemie bedeutet aus Sicht der Grünen die akute Gefahr, dass vor allem kleine Händler und Traditionsbetriebe vor dem Aus stehen. "Es droht eine Verödung unserer Innenstädte. Dem wollen wir entgegenwirken", betont Göring-Eckardt. "Viele Einzelhändler, kulturelle Einrichtungen und soziale Initiativen befinden sich aufgrund steigender Mietkosten oder übermächtiger Onlinekonkurrenz schon seit Jahren in einem andauernden Existenzkampf", heißt es in em gemeinsamen Papier. "Händler, Gewerbetreibende, Gastronomie und sogar große Kaufhäuser: Wer es bis heute geschafft hat, ist jetzt durch die Corona-Krise und die damit verbundenen Shutdowns akut gefährdet."

Dagegen setzt die Fraktion ein Maßnahmenbündel (siehe Kasten). In ihrem Antrag plädieren die Abgeordneten für einen Innenstadt-Krisen-Gipfel sowie die Förderung innovativer Konzepte und eine Stärkung des Immobilien- und Bodenkaufs durch Kommunen. HDE, Dehoga, Kulturrat und Grünen-Fraktion sehen bisher weder für die strukturellen Probleme noch für die akute Krise der Innenstädte eine befriedigende Antwort der Bundesregierung: "Es geht um wirtschaftliche Existenzen, kulturelle Vielfalt und für viele auch darum, ein Stück Heimat zu retten. Dafür braucht es Nothilfe und strukturelle Reformen."


Rettung der Innenstädte: Zehn Forderungen an die Bundesregierung
Grüne, HDE, Dehoga und Deutscher Kulturrat fordern weniger Bürokratie bei den Hilfsprogrammen und Rechtssicherheit bei Gewerbemieten. Unter anderem werden gefordert:

• ein Städtebaunotfallfonds über 500 Millionen Euro. Darüber sollen Kommunen gezielt Immobilien ankaufen können, damit aus ungenutzten Flächen und Leerstand frische Ideen entstehen können.

• ein Kulturrettungsfonds, mit dem Kulturschaffende und die Veranstaltungsbranche unterstützt werden. So soll auch gegen die kulturelle Verödung angekämpft werden.

• bessere Verkehrskonzepte und Grünflächen für mehr Aufenthaltsqualität in Innenstädten und Ortskernen. Bund, Länder und Kommunen sollen einen gemeinsamen Aktionsplan für eine bessere Fußverkehrs- und Radinfrastruktur in den Städten auflegen. Städte sollen außerdem mit einem 800-Millionen-Euro-Investitionsprogramm weiter begrünt werden.

• Eine Digitalisierungsoffensive für den lokalen Handel, unter anderem durch schnelle Breitband-Internetanschlüsse. Im Rahmen der Städtebauförderung sollen 290 Millionen Euro für Smart Cities Projekte bereitgestellt werden, um Digitalisierungsinitiativen auszubauen.

• Ein Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen soll die Marktmacht von Online-Giganten begrenzen und kleineren Unternehmen auch online eine faire Chance geben.

Last but not least wird ein konkreter Stufenplan für die Zeit nach den Lockdown gefordert und eine klare Kommunikation, bei welchen Inzidenzwerten welche Branchen unter welchen Bedingungen wieder hochfahren können.
Gemeinsame Sache
Foto/Grafik: Bündnis 90/Die Grünen
In der Bundespressekonferenz präsentierten Grüne und Handelsverband mit ihren Mitstreitern den gemeinsamen Forderungskatalog.
aus Haustex 01/21 (Wirtschaft)