Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz

"Innendämmung erfordert Beratung"


Malermeister Guido Müller ist seit November 2020 Präsident des Bundesverbands Farbe, Gestaltung, Bautenschutz. Er meint, Innendämmung trage in jedem Fall dazu bei, klimapolitische Ziele zu erreichen. Sie werde die technisch überlegene Außendämmung aber nicht ersetzen.

BTH Heimtex: Welche Arten von Innendämmung gibt es aktuell auf dem Markt?

Müller: Inzwischen gibt es im Markt nahezu unzählige Materialien für Innendämmungen. Diese lassen sich zu einem Großteil in Dämmsysteme mit und ohne Diffusionsbremse einteilen. Ohne Dampfsperre dämmen Plattenwerkstoffe beispielsweise aus Mineralschaum und Kalziumsilikat, die als meist komplette Systemsets mit Klebemörtel, Spachtel, Armierungsgewebe und Oberputze angeboten werden. Hierbei handelt es sich um kapillaraktive Innendämmungen. Sie sind von einem weit verzweigten System winziger Hohlräume durchzogen, weshalb sie hervorragend Feuchtigkeit sowohl aus der Raumluft als auch aus dem Mauerwerk puffern und später wieder abgeben können. Demgegenüber verfügen Glaswolle und Steinwolle über großartige Dämmeigenschaften, jedoch müssen sie mit einer Dampfbremsfolie geschützt werden. Neben diesen gängigen Systemen gibt es auch meist etwas aufwendigere Schütt- und Einblasdämmungen.

BTH Heimtex: Wie entwickelt sich die Nachfrage?

Müller: Sie stagniert aus meiner Sicht auf einem nach wie vor zu niedrigen Niveau. Dies hängt sicherlich mit den mit der Innendämmung einhergehenden Legenden von schlechten Ökobilanzen zusammen. So besagt ein sich hartnäckig haltender Mythos, dass Dämmung die Häuser am Atmen hindert, was sich unweigerlich in Form von Schimmelpilzen widerspiegelt. Das Gegenteil ist allerdings der Fall: Sorgfältig geplante und umgesetzte Dämmmaßnahmen können eine effektive Lösung gegen einen Schimmelpilzbefall darstellen. Aus diesem Grund bedarf es einer stetigen Aufklärung und Beratung, auch von unserem Handwerk. Gleichzeitig müssen wir sehr hohe Anforderungen an die Qualifizierung und Schulung unserer Mitarbeiter stellen, um als Problemlöser am Markt Anerkennung zu finden.

BTH Heimtex: Wann ist die Innendämmung der Außendämmung vorzuziehen?

Guido Müller: Innendämmung, die einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der klimapolitischen Ziele leistet, empfiehlt sich grundsätzlich dann, wenn die Fassade von außen nicht gedämmt werden kann. Dies ist beispielsweise bei einem Großteil der denkmalgeschützten Objekte oder Fachwerkbauten der Fall. In solchen Fällen ist Innendämmung häufig die einzig praktikable Möglichkeit, den steigenden Anforderungen seitens der Nutzung einerseits und den ebenfalls steigenden Anforderungen des Energieverbrauchs anderseits wirksam und nachhaltig zu begegnen. Im Übrigen kommen auch Innendämmungen zur Anwendung, wenn nur einzelne Räume oder einzelne Wohnungen ertüchtigt werden sollen. Nichtsdestotrotz sind Außendämmungen Innendämmungen technisch überlegen.

BTH Heimtex: Raten Sie zu Innendämmung, wenn sich Hausbesitzer eine Außendämmung nicht leisten können oder wollen?

Müller: Die Auswahl einer Dämmmaßnahme bedarf einer Einzelfallbetrachtung. Blinder Aktionismus nach dem Motto "besser Innendämmung als keine" ist kein guter Berater. So müssen für die Innendämmung bestimmte bauliche Voraussetzungen erfüllt sein. Beispielsweise sollten die Wände trocken und der Schutz gegen Schlagregen gewährleistet sein. Weil die tragende Wand wegen der Dämmung auf der Innenseite kalt bleibt und von der warmen Raumluft abgeschirmt wird, sollte die Innendämmung genau geplant und fachgerecht ausgeführt werden, damit es nicht zu Tauwasser und Bauschäden durch Feuchtigkeit kommt. Aus diesem Grund ist es ratsam, sowohl die Planung als auch die Durchführung in die Hand von qualifizierten Fachleuten zu legen.

BTH Heimtex: Wird Innendämmung eines Tages die Außendämmung ersetzen?

Müller: Nein. Wie zuvor bereits angedeutet, sprechen wichtige Vorteile für eine Außendämmung, weshalb Innendämmung diese auf absehbare Zeit nicht ersetzen kann. So geht beispielsweise bei Dämmungen von außen kein kostbarer Wohnraum verloren. Auch können durch außenseitige Wärmedämm-Verbundsysteme Wärmebrücken deutlich besser vermieden werden. Letztlich kommt es auf die individuellen Objektgegebenheiten und die Bedürfnisse der Nutzer an, um ein Urteil darüber zu fällen, ob eine Innen- oder Außendämmung im Einzelfall besser geeignet ist.
"Innendämmung erfordert Beratung"
Foto/Grafik: Bundesverband Farbe
"Die Nachfrage stagniert auf einem nach wie vor zu niedrigen Niveau."

Guido Müller, Präsident Bundesverband Farbe
aus BTH Heimtex 02/21 (Wirtschaft)