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Die Mega macht Boden gut


Der handwerkseigene Großhändler wird bei Bodenbelägen gerne mal unterschätzt. Im Interview erklären Jan-Stefan Rohde, stellvertretender Bereichsleiter Einkauf, sowie Heiko Kaletta, Produktmanager Boden- und Wandbeläge, warum das Unternehmen in diesem Sortiment ein "schlafender Riese" ist, das stark aufgeholt hat.

BTH Heimtex: Die Mega als einer der bedeutendsten Großhändler in Deutschland hat seine Umsätze im Corona-Jahr 2020 sicherlich auch deutlich erhöhen können

Jan-Stefan Rohde: Das ist richtig. Unser Geschäftsbericht steht zwar offiziell noch aus, aber so viel kann ich vorab schon sagen: Wirtschaftlich liegt ein gutes Jahr hinter uns.

2020 wirtschaftlich gut gelaufen

BTH Heimtex: Obwohl die Mega-Gruppe mittlerweile ein Drittel ihrer Umsätze mit dem Sortimentsteil Boden macht, wird das Unternehmen in diesem Bereich gerne mal unterschätzt. Woran liegt das?

Rohde: Während wir uns im Sortiment Farbe bereits sehr gut aufgestellt sehen, sind wir der festen Überzeugung, dass wir im Bodenbereich noch viel mehr Marktanteile hinzugewinnen können. In diesem Sortiment sehe ich uns immer noch als schlafenden Riesen. Man muss aber auch sehen, dass wir in den vergangenen Jahren große und richtige Schritte gegangen sind und uns stark verbessert haben.

Heiko Kaletta: Wer sich auskennt, nimmt uns heute auch im Boden ernst. Andere denken vielleicht, dass wir als Malereinkaufsgenossenschaft ausschließlich Maler als Kunden haben und steckt die Mega in eine bestimmte Schublade.

BTH Heimtex: Wie sieht Ihre Kundenstruktur denn tatsächlich aus?

"Mega hat Preiswürdigkeit"

Kaletta: Im Bodensortiment ist der durchschnittliche Mega-Kunde ein kleiner oder mittlerer Handwerksbetrieb, der in der Regel im Privatbereich arbeitet und in kleineren Objekten bis 200, 300 Quadratmetern. Im Boden machen wir unseren Umsatz aber nur zur Hälfte mit Malern. Die anderen 50 % kommen von Bodenlegern, kleinen Fachmärkten und Einzelhändlern, Raumausstattern und Generalisten. Selbstverständlich arbeiten wir auch mit größeren Abnehmern und Key-Account-Kunden wie Wohnungsbaugesellschaften zusammen. Sie alle kaufen heute bei der Mega, weil sie gemerkt haben, dass wir im Boden eine gewisse Preiswürdigkeit haben und anderen Großhandelshäusern in nichts nachstehen.

Rohde: Für die Bodenbelagsindustrie werden wir von Jahr zu Jahr interessanter, weil wir die Zielgruppe Maler so stark und glaubwürdig wie wenige andere bundesweit tätige Großhändler abbilden. Als Genossenschaft gehören wir den Handwerkern, unter denen eben viele Maler sind. Wir haben den direkten Draht zu ihnen und wissen, was sie wollen, brauchen, und wie man sie richtig abholt für Boden. Und das nimmt man uns auch ab. Und im Hinblick auf die Ausbildungszahlen wird die Bedeutung von Malern für die Installation von Bodenbelägen in den kommenden Jahren weiter stark zunehmen. Die Mega hat ihr Sortiment schon immer auf das ganzheitliche Wohnen ausgerichtet.

BTH Heimtex: Was will und braucht der Maler denn im Sortiment Boden?

Kaletta: Der Maler denkt zuerst an die Wand; Boden kommt danach. Deshalb müssen wir ihn für Bodenbeläge mehr begeistern und emotionaler ansprechen. Wir machen uns deswegen über Aufbau, Struktur und Design unserer Bodenbelagskollektionen wesentlich mehr Gedanken und sind kreativer als jemand, der von Haus aus Bodenleger zu seiner Stammklientel zählt. Wir gestalten unsere Bücher selbsterklärend, anregend und anschaulich, weniger technisch und nicht ganz so trocken.

Kollektionen als stille Verkäufer

Rohde: Seit einigen Jahren ist unser Ansatz, die Kollektionen so zu gestalten, dass auch der Endkunde sie leicht versteht. Ein stiller Verkäufer im besten Sinne des Wortes. Und unsere Handwerker müssen das Gefühl haben: Mit einem Koffer der Mega führe ich meine Kunden immer zu einer Kaufentscheidung, weil er eine breite und passende Produktauswahl enthält.

BTH Heimtex: Wie entstehen Boden-Kollektionen bei der Mega?

Kaletta: Wir haben ein Kompetenzteam Boden, in dem Konzepte vorgestellt, besprochen und auf den Weg gebracht werden. Das Team wird von Jan-Stefan Rohde geleitet und besteht sowohl aus ständigen als auch aus wechselnden Mitgliedern. Je nachdem um welche Produkte es geht, ziehen wir beispielsweise Außendienstmitarbeiter hinzu, die ihr Know-how aus dem Tagesgeschäft einbringen. Im Anschluss legen wir die Kollektion. Das heißt, wir gestalten das Kollektionsbuch. Dieser Arbeitsschritt ist für uns sehr wichtig. Wir stellen nicht nur die einzelnen Qualitäten beispielsweise einer Teppichbodenkollektion farblich und qualitativ passend zusammen, sondern legen genau fest, welche Raumfotos an welcher Stelle platziert werden und welche Muster und Farben zusammenpassen. Das macht keine Agentur oder Mustermacher für uns. Das machen wir alles selbst und geben dem Mustermacher genau vor, wie er die Gestaltung umsetzen soll. Wir lassen viele Interieurfotos, die ein Kollektionsbuch bebildern, nach unseren eigenen Vorstellungen und Wünschen selbst fotografieren. Wir denken, dass man draußen im Markt unseren Kollektionen diesen Aufwand auch ansieht.

Rohde: Ist die Kollektion dann fertig, machen wir uns intensiv Gedanken um das Vermarktungskonzept mit Markteinführung, Begleitung und Steuerung. Wir erstellen einen Leitfaden für den Außendienst, ein Kollektionsprofil mit Verkaufsargumenten und natürlich technische Beschreibungen der einzelnen Produkte und ihrer Verarbeitung. Neuerdings gibt es zu jeder neuen Kollektion begleitende Videoclips. Einmal im Jahr veranstalten wir zudem intern Kick-Off-Präsentationen, zu denen wir den Innen- und Außendienst - das sind dann 350 bis 400 Personen - zusammenholen, um neue Kollektionen vorzustellen.

Videoclips zu neuen Kollektionen

BTH Heimtex: Was für Filme begleiten die Kollektionen?

Rohde: Wir haben auf die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie reagiert und eine Kampagne unter Mega TV gestartet. Jede neue Kollektion, die wir führen, erklären wir in einem oder mehreren kurzen Videoclips, die auch auf unserem Youtube-Kanal abrufbar sind. Mittlerweile sind mehr als 30 Stück verfügbar, die Kollektionen oder einzelne Produkte begleiten.

BTH Heimtex: Produzieren Sie die Filme selbst?

Kaletta: Ja. Wir produzieren sie komplett selbst mit eigenen Leuten, eigener Technik und in einem eigenen kleinen Aufnahmestudio, das wir in unserem Schulungszentrum in Hamburg eingerichtet haben. Wir benutzen kein Material von der Industrie, sondern stellen uns auch selbst vor die Kamera, um Kollektionen zu präsentieren, sie zu erklären und Tipps für die Verarbeitung zu geben.

Rohde: Dieses zusätzliche Medium brauchen wir heute. Und es wird auch genutzt, weil nicht jeder Kunde vom Außendienst besucht werden kann oder es wegen Corona derzeit nicht wünscht. Wir brauchen solche digitalen Hilfsmittel, weil wir ja weiter verkaufen wollen. Der ganze Markt digitalisiert sich.

BTH Heimtex: Stichwort Digitalisierung: Die Mega betreibt einen Online-Shop. Wird der genutzt?

Rohde: Der Kanal hat eine wachsende Fangemeinde. Jeder mit Kundennummer kann ihn nutzen. Wir forcieren das auch. Noch ist der dort generierte Umsatz vergleichbar mit dem einer unserer mittelgroßen Niederlassungen. Der Online-Shop wird mehr und mehr zur zentralen Informationsplattform für alle Geschäftsbeziehungen zwischen unseren rund 42.000 Kunden, unseren mehr als 5.600 Genossen und uns. Dort soll nach und nach alles zusammenlaufen. Beispielsweise wird dort auch der Mega-Designer, unser Raumvisualisierer, integriert. Alle onlinefähigen Produkte können bereits über den Shop bezogen werden. Das sind aktuell rund 70 % unserer Artikel. Wir haben eine eigene Abteilung gegründet, die sich einzig und allein um den Shop kümmert.

BTH Heimtex: Kommen wir auf das Boden-Sortiment im Detail zu sprechen. Welche Bodenbelagsarten sind für Sie die wichtigsten?

Rohde: Rund die Hälfte unserer Boden-Umsätze kommen aus den elastischen Belägen, bei denen wiederum die Designbeläge/LVT dominieren. Rigid-Designbeläge lösen auch bei uns mehr und mehr die klassischen Vollvinyl-Klick ab. LVT auf HDF werden bei uns traditionell weniger nachgefragt. Nach wie vor wichtig für uns ist die klassische elastische Bahnenware wie CV, PVC homogen, Sicherheitsbeläge sowie Linoleum und Kautschuk. Textile Beläge tragen noch rund ein Viertel zum Boden-Umsatz bei. Das hat sich über die Jahre leider halbiert. Die restlichen Umsätze verteilen sich auf Laminat, Kork und Parkett. Zur neuen Kollektion Parkett Mega 3 kann man sich auch schon den Videoclip auf Mega TV anschauen. In diesem Bereich, den wir weiter ausbauen, sehen wir noch viel Potenzial und wollen wachsen.

Kaletta: Die Teppichfliese entwickelt sich sehr gut bei uns. Sie ist auch Teil der "Panorama", unserer Teppichboden-Hauptkollektion für den Wohnbereich. Der Maler greift mehr und mehr zu diesem Produkt. Im kleinen Objekt funktioniert sie schon; im Handel kommt sie langsam an. Unsere separate Kollektion "Elements", die wir vor einigen Jahren entwickelt hatten, und die Teppichfliese und LVT kombinierte, legen wir jetzt ausschließlich mit Teppichfliesen neu auf. Sie wird VK-Preislagen zwischen 30 und 60 EUR/m haben. Die Markteinführung ist für das erste Halbjahr geplant - wenn zeitlich alles klappt

Verständnis für höhe Frachtkosten

Rohde: Momentan dauert vieles länger wegen Corona. Betroffen sind beispielsweise die Zulieferer und auch Dienstleister wie beispielsweise die Mustermacherei. Wir haben etwa für die Pappe der Kollektionsbücher wesentlich längere Lieferzeiten als früher. Mit diesen und anderen Auswirkungen der Pandemie werden wir noch lange zu tun haben.

BTH Heimtex: Stichwort Zulieferer. Die Logistikketten aus Asien stehen ebenfalls aufgrund von Corona unter Druck. Die Frachtraten steigen teilweise um den Faktor zehn. Wie gehen Sie mit diesen Teuerungen um?

Rohde: Es gibt Lieferanten, die angekündigt haben, diese Mehrkosten an uns weiterzureichen. Wir diskutieren intern, wie wir damit umgehen. Eine Variante wäre, unseren Kunden punktuell und temporär Logistik-Aufschläge zu berechnen. Wir werden diese Problematik gemeinsam mit unseren Industriepartnern lösen. Verständnis für die Situation haben wir natürlich.

BTH Heimtex: Logistik als eine der Kernkompetenzen des Großhandels wird immer wichtiger, um eine hohe Warenverfügbarkeit zu gewährleisten. Wie organisiert die Mega ihre Logistik im Sortiment Boden?

Zentrallager in Hannover und Köln

Kaletta: Wir betreiben zwei Zentrallager: Hier in Hannover hauptsächlich für Rollenware, ein weiteres in Köln, wo der Schwerpunkt auf Palettenware liegt. Da sich der ganze Markt weg von der Rolle und hin zu palettenfähigen Bodenbelägen gedreht hat, investieren wir insgesamt und sukzessive in unsere Lager, um diesem Paradigmenwechsel Rechnung zu tragen. Nur auf diese Weise werden wir unserer klassischen Großhandelsfunktion weiterhin gerecht. Nur ein Beispiel: Wir müssen und wollen trotzdem bei unserer Teppichboden-Kollektion Panorama mit 200 Positionen für die große Mehrheit der Qualitäten zwei bis drei Rollen in zwei Breiten am Lager haben. Das erwarten unsere Kunden von uns. Aber gleichzeitig müssen wir uns auch an unserem Lagerumschlag messen lassen. Und die Panorama ist nicht unsere einzige Teppichboden-Kollektion

Rohde: Lagerumbau und gleichzeitig Lieferfähigkeit halten sind zusammengenommen eine Mammutaufgabe; aber wir kriegen das ganz gut hin. Und die Teppichbodenhersteller haben sich mittlerweile dem Trend angepasst, dass immer weniger Rolle und dafür mehr Coupons nachgefragt werden. Beide Seiten, die Industrie und wir, lernen. Im Bereich elastische Beläge loben uns große Lieferanten für unseren Forecast, welche Mengen wir in den kommenden drei Monaten benötigen. Das erleichtert den Herstellern ihre Produktionsplanung. Und auch wir profitieren davon, dass wir uns im Vorwege die Arbeit für die Prognose machen, denn wir werden deswegen bevorzugt beliefert.

BTH Heimtex: Als Genossenschaft ist die Mega ihren Anteilseignern, den Handwerkern, verpflichtet. In Ihren Geschäftsberichten schreiben Sie, dass die Mega Sortimente und Markenvielfalt erhalten und den freien, lieferantenungebundenen Großhandel in Deutschland weiter stärken will. Sie suchen "partnerschaftliche Allianzen". Was bedeutet dieser besondere Anspruch konkret im Boden-Sortiment?

Mega fördert Lieferantenvielfalt

Kaletta: Wir wollen im Boden nicht als Hersteller agieren, sondern fördern die Vielfalt der Industrie. Unsere Kunden sollen die Produkte bekommen, die sie möchten, und nicht nur aus denen wählen können, die wir in unseren eigenen Kollektionen zusammengestellt haben. Auch wenn das manchmal zu Lasten unserer Haus-Kollektionen geht. Aber das ist unser Anspruch.

Rohde: Die Industrie honoriert diesen partnerschaftlichen Ansatz. Sie nimmt uns auch viel stärker wahr und fragt auch öfter an, ob man exklusive Sortimente oder Konzepte zusammen auflegen kann.

Kaletta: Dazu gehört auch eine gewissenhafte Produktauswahl und Kollektionierung. Wir gehen nicht jeden Preis mit, weil wir angetreten sind, einen gewissen Qualitätsstandard draußen im Markt zu halten. Wir sparen nicht an der Qualität und geben unseren Handwerkern ausschließlich Produkte an die Hand, von denen wir selbst überzeugt sind. Auch weil es immer mehr Verarbeiter gibt, die das Bodenlegen nicht klassisch gelernt haben. Gerade sie brauchen Produkte, die zuverlässig funktionieren. Es hier allen recht zu machen, ist manchmal ein schmaler Grad.
| Das Gespräch führte Jochen Lange


Jan-Stefan Rohde - zur Person
Stellvertretender Bereichsleiter Einkauf

Der 55-Jährige ist gelernter Einzelhandelskaufmann und hat nach der Bundeswehr bei Kibek Karriere gemacht. In den 18 Jahren, die er dort arbeitete war Rohde Abteilungsleiter und mit für den Einkauf bei der Fachmarktkette zuständig.

Dann holte ihn die Norddeutsche Teppichfabrik als Verkaufsleiter. Zweieinhalb Jahre später trennten sich die Wege und Kurt Reichelt holte Rohde zum Fachhandelsring, für den er drei Jahre lang tätig war. Nach einer Zwischenstation bei Boden- und Zubehöranbieter Repac kam der Anruf von Werner Balgemann von der Mega. Rohde sollte sein Nachfolger auf der Position des Sortimentsmanagers Boden- und Wandbeläge werden. 2014 trat Rohde die Stelle an und ist heute auch stellvertretender Bereichsleiter Einkauf.


Heiko Kaletta - zur Person
Produktmanager Boden- und Wandbeläge

Schon als Jugendlicher hat Heiko Kaletta in den Ferien bei der Fachmarktkette Heineking, bei der sein Onkel Werner Balgemann Prokurist war, mit Bodenbelägen gearbeitet. Nach Abitur und Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann holte ihn sein Onkel dann zur Hakotex BVG nach Bielefeld, wo er später Assistent der Geschäftsleitung wurde. Nach der Übernahme der Hacotex durch die Mega 1997 wurde der 46-jährige Kaletta später bei dem Hamburger Großhändler als Produktmanager verantwortlich für den gesamten Bereich Boden sowie die Objektabteilung Boden. Nachdem Kaletta ab Anfang 2019 für rund anderthalb Jahre Station beim Wettbewerber Schlau Großhandel gemacht hatte, kehrte er im Juni 2020 wieder als Produktmanager Boden und Wandbeläge zurück zur Mega, für die er dann bis heute insgesamt 25 Jahre tätig ist.
aus BTH Heimtex 04/21 (Wirtschaft)