Mapei:
Herausforderung: Sanierungen im Objekt
Kein Bauvorhaben verlangt dem Handwerker mehr Fachkompetenz ab als die Sanierung eines Objekts. Es gibt für diese Herausforderungen kein Pauschalrezept; Maik Evers aus der Anwendungstechnik von Mapei zeigt aber mögliche Lösungswege auf.
Es gibt wohl keinen Auftrag, der dem ausführenden Handwerker mehr Fachkompetenz, handwerkliches Können sowie normativ-juristisches Wissen abverlangt als Sanierungen von Objekten. Hier trifft die Theorie des Planers auf die Realität der Baustelle: Altuntergründe, minderfeste Schichten, unpassendes Raumklima, Verschmutzungen durch andere Gewerke - die typischen Herausforderungen von Großbaustellen im Bestand kennt nahezu jeder Verleger.
Oftmals kann der Bodenleger bei seinem ersten Ortstermin nur bedingt Einsicht in den Bodenaufbau nehmen, da das Objekt ja noch genutzt werden muss. Die Art des Untergrundes kann daher oftmals nur vermutet werden. Unter Umständen gibt es da auch böse Überraschungen. Schaut man dann in das Leistungsverzeichnis - wenn denn vorhanden - so hält sich dort der Informationsgehalt auch in Grenzen
Kommt es dann zur Ausführung, gibt es ein paar grundsätzliche Vorgehensweisen, die beachtet werden müssen:
Situation 1: Alte Schichten
Nach der Belagsentfernung treten im Regelfall zunächst die alten Klebstoff- und Spachtelmassenschichten hervor. Die Entfernung des Altbelages ist somit oftmals ein Lotteriespiel. Im Kommentar zur DIN 18365 heißt es dazu unter anderem: "Das Gewährleistungsrisiko für auf Anordnung des Auftraggebers verbleibende Restschichten (z.B. alte Klebstoffreste) am Untergrund darf nicht beim Auftragnehmer liegen."
In der Theorie heißt das für den Verleger auf der Baustelle, dass grundsätzlich alle Restschichten zu entfernen sind. Zu empfehlen ist dabei ein mechanischer, allerdings für den Untergrund schonender Abtrag mit zum Beispiel Horizontalfräsen, Diamantschleifern oder Ähnlichem. Sollte dieser Aufwand vom Bauherrn nicht gewünscht sein - beispielsweise aus Kostengründen - und stattdessen direkt auf Restschichten aufgebaut werden, so muss der Bauherr vom Auftragnehmer beziehungsweise Verleger vorab über die Risiken aufgeklärt werden.
Liegen die alten Schichten fest, kann mit entsprechenden Produkten darauf aufgebaut werden. Bei wasserfesten Klebstoffresten kann in der Regel mit einem wässrigen Konzentrat grundiert werden - Herstellerempfehlung zum Verdünnungsgrad beachten; bei wasserlöslichen Resten sollte die Wahl auf eine reaktive Grundierung wie zum Beispiel PU-Grundierung fallen. Bei der Spachtelmasse sind spannungsarme Systeme zu bevorzugen, zum Beispiel Gipsspachtelmassen.
Eine Garantie, dass es nicht doch zu Ablösungen oder Ähnlichem kommen kann, gibt es jedoch nicht. Insbesondere ist ungewiss, wie sich die neuen Produkte mit dem Altuntergrund vertragen. Vorher fest liegende Spachtelmassen zeigen nach Auftrag einer Dispersionsgrundierung oftmals erst in den folgenden Tagen eine Reaktion. Es bauen sich Spannungen auf und die Spachtelmasse löst sich vom Untergrund. Es sollten daher immer Bedenken angemeldet werden, so dass der Verleger die Gewährleistung für Ablösungen, Geruchsbildungen oder Risse, die aus den alten Schichten herrühren, nach Möglichkeit nicht übernehmen muss.
Situation 2: Feuchter Untergrund
Ein häufiger Grund für Verzögerungen und auch für spätere Schäden ist vorhandene Feuchte im Estrich. Hier besteht in der Kürze der Zeit meist nur die Möglichkeit eine nachträgliche kapillarbrechende Schicht oberhalb der Estrichkonstruktion aufzutragen.
Dazu gibt es unterschiedliche Grundierungen. Wichtig: Sie ersetzen aber nicht die Bauwerksabdichtung, sondern stellen lediglich eine Dampfbremse dar. Übrigens ist die Überprüfung der Untergrundfeuchte mittels CM-Prüfung im Rahmen der Prüfpflichten nach DIN 18365 auch bei Altuntergründen erforderlich.
Ist es für den Verleger nicht ersichtlich, ob Feuchte im Untergrund vorhanden ist oder wirksam werden kann wie etwa bei Verlegung auf einem alten nicht-unterkellerten Betonuntergrund, sollte unbedingt Bedenken angemeldet werden. Es sollte die Bestätigung einer vorhandenen und funktionstüchtigen Bauwerksabdichtung durch den Bauherrn erfolgen.
Situation 3: Risse und Fugen
Vorhandene Risse und Scheinfugen sind mit geeigneten Rissharzen kraftschlüssig zu schließen - das ist soweit klar. Aber was ist bei vorhandenen Bewegungsfugen im Untergrund, die nach der Belagsentfernung zum Vorschein kommen? Diese waren bisher auch überlegt und der Bauherr wünscht jetzt natürlich auch eine fugenlose Fläche. Sind das überhaupt Bewegungsfugen? Einen Fugenplan gibt es natürlich nicht - also was tun? Schaut man in die gültigen Normen und Merkblätter ist der Sachverhalt eindeutig: Bewegungsfugen sind vom Planer vorzugeben und immer bis in den Oberbelag zu übernehmen. Dass dies in der Praxis nicht immer gemacht wird, weiß hingegen auch jeder. Es gibt durchaus Möglichkeiten, Bewegungsfugen zu überlegen, beispielsweise durch Entkopplungsunterlagen, Armierungsgelege oder elastische Spachtelungen zur Überkopplung.
Dabei sollte dem Auftragnehmer jedoch immer bewusst sein, dass er bei Überlegung einer solchen Fuge in der Haftung steht, sollte es an der Stelle zu Rissbildungen oder Ablösungen kommen. Fugen sollten daher nicht einfach überlegt werden, sondern bedürfen einer objektbezogenen Prüfung und Entscheidung im Einzelfall.
Situation 4: Mischuntergründe
Besonders spannend wird es, wenn unterschiedliche Untergründe aufeinander treffen. Die Fugen zwischen diesen Untergründen sollten am besten immer übernommen werden, da die unterschiedlichen Untergründe auch unterschiedliche physikalische Eigenschaften aufweisen wie zum Beispiel thermisch bedingte Längenänderungen, Druckfestigkeit oder thermoplastisches Verhalten. In gewissen Einzelfällen kommt der Verleger aber auch nicht darum herum, über Mischuntergründe zu verlegen. Jedoch gibt es auch dann keine einhundertprozentige Sicherheit. Daher sollte der Verleger sich bei derartigen Sanierungsaufbauten unbedingt vom Auftraggeber aus der Gewährleistung befreien lassen.
Situation 5: Minderfeste Estriche
Sind die vorgefundenen Estriche stark absandend, porös oder oberflächlich weich, kann nach zunächst mechanischem Abtrag die Oberfläche zusätzlich mit einer leicht verfestigenden Grundierung wie zum Beispiel einer Epoxidharzgrundierung behandelt werden. Die Oberfläche des Estrichs wird so leicht verstärkt. Jedoch gilt dies nur für die oberen 1 bis 3 mm, nicht jedoch für den gesamten Querschnitt. Hier sollte eine individuelle Bewertung der Estrichqualität erfolgen. Ist der Estrich allgemein nicht mehr tragfähig und kann sprichwörtlich mit der Schaufel herausgekehrt werden, so kommt nur ein vollständiger Rückbau und Neuaufbau in Frage.
Situation 6: Unpassendes Raumklima
Oftmals unterschätzt wird der Einfluss des Raumklimas auf die Verlegewerkstoffe. So variieren die Trocknungs- und Wartezeiten in Abhängigkeit von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Saugfähigkeit des Untergrundes. Bei wasserbasierten Produkten wie Dispersionsgrundierungen, Spachtelmassen und Dispersionsklebstoffen verkürzen hohe Temperaturen und niedrige Luftfeuchten diese Zeiten. Niedrige Temperaturen, hohe Luftfeuchten und nicht saugende Untergründe hingegen verlängern diese Zeiten. Bei reaktiven Produkten wie Epoxi- und PU-Grundierungen oder SMP-Parkettklebstoffen verkürzen hohe Temperaturen und hohe Luftfeuchten die Reaktionszeit; niedrige Temperaturen und niedrige Luftfeuchten verlängern diese Zeiten. Werden die notwendigen Wartezeiten nicht eingehalten, weil der Bauherr dem Auftragnehmer im Nacken sitzt, kann es sogar zu Schäden kommen, für die am Ende meist der Bodenleger die Verantwortung trägt.
Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich sagen, das es tatsächlich kein Pauschalrezept für jede Baustellensituation gibt. Die meisten Hersteller bieten aber entsprechende Produktsysteme für die Sanierung an, mit denen man sich behelfen kann. Ein Arbeiten im System ist dabei unerlässlich. Gleiches gilt für das notwendige Augenmaß des Profis: Schnell reagieren mit dem Einsatz spezieller Produkte auf der einen Seite; schnell Bedenken anmelden, wenn erforderlich, auf der anderen Seite.
Wichtig sind immer eine offene Kommunikation und Abstimmung mit dem Auftraggeber. Dabei sollten die Planung und vor allem die Entscheidung über das Vorgehen immer vom Auftraggeber gefällt werden. Es handelt sich um Sonderkonstruktionen, bei denen die Gewährleistung für den Aufbau möglichst beim Auftraggeber liegt.
Weitere Informationen und wichtige Hinweise zur Beurteilung von Untergründen (TKB 8), den Auswirkungen des Raumklimas auf die Verlegewerkstoffe (TKB 19) und zu gängigen Sonderkonstruktionen (TKB 20) geben die jeweiligen TKB-Merkblätter. Diese sind erhältlich unter www.klebstoffe.com.
Zum Thema Sanierung und Renovierung bietet Mapei unter www.mapei.de zahlreiche Systemlösungen unter anderem für den Bereich Fußbodentechnik und Parkett an.
aus
BTH Heimtex 06/21
(Wirtschaft)