Neutex/Hoftex Group AG im Interview
"Es muss ein Umdenken in der Gesellschaft stattfinden"
Als Mitglied der Hoftex Group AG, einem börsennotierten Unternehmen der Textilindustrie, profitiert Neutex von den Vorzügen einer international ausgerichteten Firmengruppe. Neutex ist einer der wenigen vollstufigen Betriebe in Deutschland und hat die Produktion vom Rohgarn bis zum Fertigprodukt komplett in der eigenen Hand: Rund 4,5 Mio. Quadratmeter Dekostoffe verlassen jährlich allein den Standort Münchberg in Oberfranken. Neutex ist Lieferant der führenden Großhändler, Fachmärkte und Einrichtungshäuser in Europa. Wir haben mit den Geschäftsführern Joseph Wheeler (Sales & Marketing) und Andreas Peter (Produktion & Einkauf) über die Nachhaltigkeits-Strategie des Unternehmens gesprochen.
BTH Heimtex: Welchen Stellenwert nimmt das Thema Nachhaltigkeit innerhalb der Hoftex Group AG im Allgemeinen und innerhalb der Neutex Home Deco als vollstufigem Betrieb im Speziellen ein?
Joseph Wheeler: Das Thema Nachhaltigkeit nimmt einen immer wichtigeren Stellenwert ein. Jeder sollte sich der Verantwortung für unseren Planeten und für die nachfolgenden Generationen bewusst sein. Sowohl bei der Beschaffung der Rohstoffe, Chemikalien und Farbstoffe als auch bei der sozialen Verantwortung muss ein Umdenken in der Gesellschaft stattfinden.
Wie definieren Sie für Ihr Unternehmen Nachhaltigkeit? Und wo sehen Sie sich auf dem Weg hin zu einer nachhaltigen Produktion?
Wheeler: Nachhaltigkeit ist für uns mehr als nur ein Label, sie ist ein integraler Bestandteil unserer Unternehmenskultur. Angefangen bei unserer Verpflichtung, die lokale Industrie zu unterstützen und einen engen Kontakt mit unseren Rohstoff-Lieferanten zu pflegen, um sicherzustellen, dass alle Aspekte unseres Endprodukts nicht nur sicher für den Endverbraucher sind, sondern auch die geringstmöglichen Auswirkungen auf unsere Umwelt haben. Wir sehen uns nicht mehr am Anfang, aber da wir uns hohe Ziele für unsere Organisation gesetzt haben, haben wir noch ein Stück Weg vor uns.
Wie setzen Sie das Thema konkret im unternehmerischen Alltag um?
Andreas Peter: Es wurde für jede neue Kollektion gezielt eine nachhaltige Kollektion - Neutex Eco - entwickelt. Hier wird neben dem Einsatz von recycelten Rohstoffen auch auf den Einsatz von nachhaltigen Materialien bei der Erstellung des Mustermaterials geachtet.
Als großes Ziel haben wir uns die Zertifizierung Made in Green by Ökotex gesetzt. Noch in diesem Jahr streben wir die Zertifizierung an. Ziel ist für uns auch, das Thema Rückverfolgbarkeit der Produktionskette für den Endverbraucher zu schaffen. Es ist uns wichtig, neben der seit vielen Jahren bereits nach Ökotex Standard 100 zertifizierten Gesamtkollektion auch die Produktion zertifizieren zu lassen. So können wir uns zukunftsorientiert aufstellen und unsere Marktposition weiter ausbauen.
In den verschiedenen Branchen und Unternehmen gibt es vielfältige Herangehensweisen an das Thema Nachhaltigkeit - Recycling ist ein Konzept, CtoC, also das Prinzip der Kreislaufwirtschaft, gilt allgemeinhin als Königsdisziplin. Wie beurteilen Sie das und welchen Weg werden Sie mit Neutex mittel- bis langfristig gehen?
Peter: Das beste Beispiel ist die Natur. Hier gibt es keine Abfälle. Alles wird wieder in den Kreislauf gebracht. Wir alle sollten uns hieran ein Beispiel nehmen, denn nur so wird es gelingen, die Auswirkungen der Industrialisierung zu reduzieren. Wir beschäftigen uns aktuell in Arbeitsgruppen intensiv mit diesem Thema.
Sehen Sie im Greenwashing eine ernstzunehmende Gefahr auf dem Weg, auf breiter Ebene in der Bevölkerung ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu schaffen?
Wheeler: Das ist auf jeden Fall eine ernstzunehmende Gefahr. Das Bewusstsein zu schaffen ist das eine, jedoch ist es ungemein schwierig für den Endverbraucher richtig zu beurteilen, wo es sich um Greenwashing handelt und wo nicht.
Vermüllte Ozeane, Klimawandel, Hungersnöte - das sind einige der globalen Auswirkungen unseres Konsumverhaltens. Glauben Sie, dass eine auf Konsum getrimmte Gesellschaft ihr Verhalten überhaupt nachhaltig verändern kann?
Peter: Das Ziel muss auf jeden Fall mit hohem Engagement verfolgt werden. Es ist aber sicherlich ein langer Weg, da die Prioritäten je nach Wohlstandslevel sehr unterschiedlich sind.
Nochmal Thema Konsum: Die Vereinten Nationen haben 17 Nachhaltigkeits-Ziele formuliert, darunter auch das Ziel, Konsum und Produktion nachhaltig(er) zu gestalten. Welche ethische Aufgabe für Unternehmen sehen Sie in diesem definierten Ziel, dessen Umsetzung für das Jahr 2030 festgelegt ist?
Wheeler: Ohne Zweifel haben wir alle eine ethische Verantwortung und halten die angestrebte Zertifizierung Made in Green by Ökotex für das richtige Instrument. Alle 17 SDGs werden dadurch direkt oder indirekt positiv beeinflusst. Uns hat der ganzheitliche Umfang mit den Modulen Qualitätsmanagement, Umweltmanagement, Gesundheitsschutz, Arbeitssicherheit und soziale Verantwortung überzeugt.
| Die Fragen stellte Michaela Fischer
aus
BTH Heimtex 07/21
(Wirtschaft)