Südbund Einkaufsverband für Heimtextilien eG
Interview des Monats
Der Südbund ist mit seinen "Wohntagen" erfolgreich und bietet den angeschlossenen Fachgeschäften ein breites Spektrum an Dienstleistungen bis zu den Wohnwelten-Eigenkollektionen. 2022 wird die Genossenschaft 90 Jahre alt.BTH Heimtex: Herr Kurringer, wie geht es dem Südbund und seinen angeschlossenen Fachgeschäften in Zeiten von Corona?
Klaus Kurringer: Sehr gut. Unsere Auftragsbücher sind derzeit voll. Der Endverbraucher hat den Raumausstatter in der Krise jetzt bewusst wahrgenommen. Dieser positive Trend hält weiterhin an, obwohl es wieder Urlaubsreisen und Sportveranstaltungen gibt. Unsere Häuser haben jedenfalls genügend Aufträge. Was jetzt eher problematisch ist - man merkt es im Objektbereich, aber inzwischen auch in Richtung Endkunde -, dass Ware nicht lieferbar ist.
Zu Beginn der Pandemie im März 2020 gab es eine große Unsicherheit in der Branche. Als erstes wurde der Münchner Stofffrühling abgesagt. Dann mussten die Fachgeschäfte zwei Monate schließen. Unsere Umsätze sind daraufhin extrem eingebrochen. Im April um 20 %, im Mai um 8 %. Die Frage war: Was muss man für die Mitglieder machen? Der Südbund hat Zentralregulierung und übernimmt Verantwortung ab der Bestellung. Die Zahlung muss gewährleistet sein, auch bei einer coronabedingten Betriebsschließung. Für diese komplexen Aufgaben wurden Lösungen gefunden.
Als im Juni 2020 wieder aufgemacht werden durfte, gab es eine Umsatzexplosion. Zum Glück konnte der Raumausstatter handwerklich arbeiten. Insgesamt lagen wir im Vergleich zu 2019 beim Gesamtumsatz 7 % über unserer Planung.
BTH Heimtex: 2022 wird der Südbund Jahr 90 alt. Herr Hehn, wie wird gefeiert?
Bernhard Hehn: Die ganz große Veranstaltung wollen wir uns für das 100-jährige Jubiläum aufsparen. Aber wir möchten unsere Fachgeschäfte mit einer Aussendung überraschen und laden sie zu einer kleinen Geburtstagsfeier ein - jeden bei sich vor Ort. Werblich fügen wir das 90 Jahre-Logo dezent in alle unsere Kommunikationsmaßnahmen ein. Auf den Social Media-Kanälen posten wir im Gesamtjahr 2022 einen Rückblick auf die Historie. Jedenfalls schafft es bei Kunden und Lieferanten Vertrauen, wenn es einen Verband schon so lange gibt.
BTH Heimtex: Kommen wir zu den Südbund Wohntagen. Kann die beliebte Messe wieder in Ihrer Zentrale in Backnang stattfinden?
Kurringer: Ja, im Januar mussten wir sie wegen Corona leider absagen.
Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass sich die Wohntage zu der Stoff-Messe in Deutschland entwickeln? Das ist einerseits schön für den Verband. Aber trotzdem schlecht, weil es kaum etwas Vergleichbares gibt.
Die wichtige Leitmesse Heimtextil in Frankfurt kämpft mit dem Problem, dass immer weniger D/A/CH-Lieferanten aus dem Bereich Gardinen, Dekostoffe und Sonnenschutz ausstellen. Zugleich gehen die Besucherzahlen bei den Raumausstattern zurück, auch weil es weniger Betriebe gibt. Gerade für den Raumausstatter hat die Messe in den letzten Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, um einen Besuch noch attraktiver zu machen. Zusätzliche kostenlose Leistungen wie das Insiderprogramm wurden hinzugefügt. Die Situation für die Messegesellschaft ist schwierig, die ja einen sehr guten Job macht. Dennoch sind Besucherzahlen letztendlich ein Gradmesser für die Leistungsfähigkeit und den Erfolg einer Veranstaltung.
BTH Heimtex: Werden Sie weiterhin zweimal pro Jahr Ihre Wohntage durchführen?
Kurringer: Natürlich, denn neben der Herbstmesse Ende September ist gerade auch der Termin im Januar für die Lieferanten interessant, weil dann die Kollektionsvorstellungen stattfinden. Wir sehen, wie wichtig für den Außendienst eine stationäre Messe ist, um Kundenkontakte halten zu können. Zumal der Trend bei den Unternehmen dazu geht, dass sie nicht mehr zwingend zwei Kollektionen im Jahr auflegen. Somit haben die Außendienstler ein Problem, Neuheiten präsentieren zu können. Dagegen kommt der Raumausstatter, Bodenleger oder Maler bewusst zu den Wohntagen, um seine Lieferanten zu sehen und sich dadurch auch Zeit zu sparen.
Unsere kleine zweitägige Messe mit ihren rund 1.100 Besuchern hat Flair, man kennt sich und pflegt eine vertrauensvolle Beziehung. Auch alle 42 Mitarbeiter vom Südbund sind involviert, so dass sie für die Kunden nicht nur eine Telefonstimme sind.
BTH Heimtex: Mehr als die Hälfte der Besucher auf den Wohntagen hat keine Kundenbeziehung zum Südbund. Profitieren Sie trotzdem davon?
Kurringer: Es steckt schon das Thema Branche dahinter. Der Südbund ist eine Genossenschaft. Hier steht nicht die Gewinnmaximierung im Vordergrund. Der Unternehmenszweck ist die Förderung der Mitglieder und Kunden. Das bedeutet, dass wir etwas für die Branche tun, wenn auch nicht viel daran verdient ist.
Außerdem klopfen bei uns viele Lieferanten an, die eine Geschäftsbeziehung eingehen möchten - auch als Aussteller auf den Wohntagen. Ohne die Messe hätte der Südbund den einen oder anderen hochwertigen Stoff-Verleger nicht gewinnen können.
Durch die eigene Immobilie in Backnang haben wir ein super Preis-Leistungs-Verhältnis für die Standfläche. Diese ist allerdings auf 6.000 m gedeckelt und die Ausstellerzahl auf rund 110 begrenzt. Und auch bei den gelisteten Lieferanten konzentrieren wir uns auf 350 Firmen. Denn der Markt hat einen bestimmten Umsatz, den sich die Unternehmen untereinander aufteilen müssen.
Ebenso schauen wir jährlich bei unseren Kunden die Gebiete an. Wenn ein Betrieb dauerhaft Minderumsatz mit uns macht und nicht mit uns zusammenarbeiten will, dann trennen wir uns.
BTH Heimtex: Der Südbund entwickelt für seine Fachgeschäfte zweimal jährlich Eigenkollektionen unter der Marke Wohnwelten: Stoffe, Teppichboden, Parkett und Designbeläge. Welche Strategie steckt dahinter?
Kurringer: Wir bieten unseren Fachgeschäften damit ein Alleinstellungsmerkmal. Nur Südbund-Häuser erhalten die Ware und kommen somit aus der Vergleichbarkeit im Internet heraus. Eine Besonderheit ist, dass wir die Produkte größtenteils auf Lager haben und sie deshalb zeitnah liefern können. Das Fachgeschäft weiß: Beim Südbund bekomme ich eine gute Qualität und einen guten Preis. Die Marge, die der Raumausstatter erzielen kann, ist sehr gut. Als Verband subventionieren wir die Eigenkollektionen wie jeder andere Lieferant erheblich.
Hehn: Was unsere Wohnwelten-Kollektionen noch auszeichnet ist, dass es sich um eine ausgewählte, verkäufliche Ware handelt. Aus einer Vielzahl an Stoffen oder Bodenbelägen dampfen wir das Sortiment ein. Speziell bei den Stoffwelten sind die gemusterten Artikel exklusiv und werden extra für uns hergestellt. Die Eigenkollektionen sind ein Angebot, sollen aber kein Automatismus sein.
Kurringer: Wir arbeiten sehr serviceorientiert, auf jeder Ebene. Unsere drei Außendienstmitarbeiter stellen die Eigenkollektionen persönlich vor. In der Corona-Krise sind wir relativ früh gereist. Das kam bei den Mitgliedern und Kunden gut an. Wir sehen das als eine Art Selbstverpflichtung: Wenn der Raumausstatter Umsatz für uns macht, dann müssen wir uns auch zu ihm hinbewegen.
Wir drehen jetzt Videos über die Wohnwelten-Kollektionen, inzwischen endverbrauchergerecht, also für B2C wie auch B2B. Die Filme stehen für jeden abrufbar auf unserem Youtube-Kanal und der Homepage bereit.
BTH Heimtex: Die Marketingunterstützung ist ein wichtiger Schwerpunkt der Einkaufsgenossenschaft. Welche Leistungen bieten Sie an?
Hehn: Wir agieren wie eine Full-Service-Werbeagentur für unsere Fachgeschäfte. Die Marketingabteilung mit sieben Mitarbeitern bietet die gesamte Bandbreite der Themen: Print, Online, Point of Sale. Der Bereich Online wird zunehmend wichtiger. Unser Angebot beginnt bei der Webseite und wird so unterfüttert, dass das Fachgeschäft auch in der Google-Welt und auf den Social Media-Kanälen sichtbar wird. Wir beraten, übernehmen die Mediengestaltung und organisieren die Umsetzung, teils zusammen mit externen Dienstleistern.
Die Werbung hat sich ja dahin gewandelt, dass alles individueller geworden ist und viel verteilter, also weg von der klassischen Sammelproduktion. So will der eine Raumausstatter im Februar, der andere im Oktober werben. Gemeinsamer Nenner ist inzwischen nur, dass Werbung gebraucht wird und notwendig ist.
BTH Heimtex: Können Sie konkrete Beispiele nennen?
Hehn: Die Spielarten sind sehr breit gefasst. Grundsätzlich gibt es den Komplettgedanken. Das Fachgeschäft bekommt zum Beispiel eine Partnerwebseite und muss sich keine Gedanken machen über Programmierung und Design bis hin zum Pflegeservice der Homepage und der Social Media Kanäle.
Bei Online-Seminaren führen wir unsere Häuser an Themen wie Google Ads, Webseite oder Soziale Medien heran. Ein weiteres Tool ist die Bilddatenbank im Mitgliederbereich, die für Print- und Online-Werbung genutzt werden kann. Auch hier besteht wieder der große Vorteil, dass wir als Genossenschaft nicht profitorientiert arbeiten. Das heißt, die Maßnahmen sind insgesamt sehr günstig für unsere Fachgeschäfte.
Kurringer: Auch unsere Marke Raum bauen wir gezielt gegenüber dem Endverbraucher auf. Das Qualitätssiegel für individuelle Wohngestaltung auf höchstem Niveau steht für Premium-Produkte, Premium-Handwerk und Premium-Service. Etwa ein Fünftel der Südbund Fachgeschäfte sind Raum-Premium-Partner, die sehr aktiv in der Werbung sind.
Übrigens bekommen wir in letzter Zeit viele Anfragen von Unternehmen, die nicht als Möbelgeschäft fungieren wollen. Sie möchten einfach nur Raumausstatter sein und sich auf die handwerkliche Komponente konzentrieren. Als Mitglied beim Südbund ist das möglich. Für jede Betriebsgröße gibt es bei uns eine individuelle Lösung. Keiner wird in ein Konzept gezwungen.
BTH Heimtex: Kommen wir zum Abschluss noch zum Thema Nachhaltigkeit. Wie hat sich der Südbund hier positioniert?
Kurringer: Das ist bei uns schon ein Thema, das wir auch werblich herausstellen. Wir haben zum Beispiel eine Teppichboden-Klappkarte mit Qualitäten, die zu 40 % aus Maisfaser bestehen, oder Teppichboden aus Schafwolle. Es gibt einzelne Stoffe in der Eigenkollektion, die nachhaltig sind, aber kein Komplettprogramm. Solche Spezialsachen machen unsere Lieferanten. Wir sind dafür zu klein.
Bei den Fachgeschäften ist die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten allerdings nicht so stark. Das wird immer größer dargestellt, als es tatsächlich ist. Und wenn der Kunde dann noch die Alternative für ein günstigeres Produkt hat, wird dieses genommen. Nachhaltig ist schön, aber nur, wenn es nicht mehr kostet.
| Das Interview führte Petra Lepp-Arnold.
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BTH Heimtex 10/21
(Wirtschaft)