Heimtextil Frankfurt

Drei Messen und viele Fragen

Die Corona-Pandemie hat die Messe-Welt ordentlich durcheinandergewirbelt. Heimtextil und imm Cologne müssen mit Stornierungen und Reisebeschränkungen leben. Mit der ABK Open Home tritt zudem eine neue Messe auf den Plan, für die sich viele deutsche Aussteller entschieden haben. Wie geht die Branche mit der Situation um?

Die 50. Ausgabe der Frankfurter Heimtextil gipfelte 2019 in einer fulminaten Geburtstagsparty. Zwei Jahre nach dem großen Fest hält der Kater immer noch an. Zwar soll es nach der ausgefallenen Messe im Januar im kommenden Jahr wieder eine Präsenzveranstaltung geben. Doch wie sie am Ende aussehen wird, ist ungewiss.

Da sind die nach wie vor geltenden Reisebeschränkungen durch die Corona-Pandemie, die vielen internationalen Gästen eine Teilnahme nicht oder nur schwer möglich machen. Und da sind die Absagen vieler Aussteller, etwa aus dem Bereich der Hallen 11 und 12, die das Bild prägen werden.

Mehr als 3.000 Unternehmen präsentierten sich 2019 in Frankfurt. Aktuell meldet die Messe Frankfurt rund 1.600 Aussteller für den kommenden Januar.

"Vor allem von internationaler Seite erfährt die Heimtextil vier Monate vor Messebeginn großen Zuspruch", betont Olaf Schmidt, Vice President Textiles & Textiles Technologies der Messe Frankfurt. Der Zuspruch deutscher Unternehmen aus dem haustextilen Spektrum ist jedoch gering, wie ein Blick auf die vorläufige Ausstellerliste zeigt. Viele von ihnen wandern 2022 zur ersten ABK Open Home (siehe Seite 18) nach Bad Salzuflen ab.

Das bestätigt auch eine Haustex-Umfrage bei Unternehmen, die in den letzten Jahren stets auf der Heimtextil vertreten waren. Einige versichern zwar, 2023 zurückkehren zu wollen, andere aber stellen das Thema Messe grundsätzlich in Frage. "Am Ende ist alles eine Frage der Kosten und des Nutzens, und da nehmen wir definitiv eine Veränderung wahr", sagt etwa Michael Hauspurg, Geschäftsführer von Feiler. PAD-Inhaber Michael Rossmann formuliert es drastischer: "Bei den internationalen Messen sind die Preisvorstellungen langsam fernab jeglicher Realität. Sie haben keinen Charme, welchen wiederum wir Marken mit unseren kreativen Standbaukonzepten noch dazu investieren müssen, um dann dankbar zu sein, dass wir überhaupt einen Platz zugewiesen bekommen."

Andere Aussteller sind deutlich positiver gestimmt. Bettwaren-Hersteller Sanders-Kauffmann beispielsweise wird im Januar nicht in Frankfurt (aber auch nicht auf der ABK Open Home) vertreten sein und begründet dies mit den Reisebschränkungen für die wichtigen Kunden aus Fernost, Russland und Nordamerika. "Wir halten aber weiterhin an der Heimtextil als Begegnungsort im internationalen Kundenverkehr fest und freuen uns darauf, wenn diese dann wie gewohnt in 2023 stattfinden kann", betont Geschäftsführer Alexander Singer. Irisette-Vertriebsleiter Thomas Südholt unterstreicht ebenfalls: "Für 2023 planen wir wieder mit unserer Teilnahme."

In Frankfurt gibt man sich trotz allem optimistisch. "Der Wunsch nach persönlicher Begegnung und haptischen Produkterlebnissen ist größer denn je", erklärt Olaf Schmidt von der Heimtextil. "Wir freuen uns extrem darauf, die Branche wieder auf unserem Messegelände begrüßen zu dürfen und sind äußerst zuversichtlich, dass wir eine für alle Beteiligten sichere und erfolgreiche Heimtextil 2022 erleben." Traumina, Egeria oder Essenza Home sind Namen, die in Frankfurt vertreten sein werden, und auch Apelt hält der Messe mit einem Stand im DecoTeam-Areal in Halle 8 die Treue. "Wir sehen die Relevanzvon Messen in Präsenz, wir möchten unsere Neuheiten unseren Kunden zeigen und mit unserer Branche wieder im physischen Dialog stehen", unterstreicht Donata Apelt-Ihling, die zusätzlich mit einem Stand auf der ABK-Messe vertreten sein wird - der wiederum in Halle 12 in Frankfurt dann fehlt. "Wir hoffen natürlich, dass diese beiden Messen viele Besucher haben werden und sich unser Engagement und die damit verbundenenInvestitionen auszahlen, denn es gilt jetzt mehr denn je für alle - Aussteller und Fachpublikum - Flagge für Messen in Präsenz zu zeigen", so Apelt-Ihling.

Was wird aus Halle 9 in Köln?

Auch die Kölner Möbelmesse hat mit prominenten Absagen zu kämpfen, die das Bild der Sleep-Halle 9 deutlich verändern werden. Die Ausrichtung der imm Cologne mag einen stärkeren Fokus auf Europa haben, doch der Anspruch einer Weltleitmesse leidet auch hier, wenn nur ein Teil des Publikums vor Ort sein kann. Im Sleep-Bereich wird es 2022 einige Veränderungen geben.
So hat sich die EuroComfort Group (u.a. Badenia und Brinkhaus) in Köln wie in Frankfurt abgemeldet. Schweren Herzens, wie Geschäftsführer Rainer Brockmöller versichert, zumal CEO Thomas Bußkamp auch im Vorstand des Matratzenverbandes sitzt. "Das hat damit zu tun, dass viele unserer Wettbewerber dort nicht hingehen und auch viele Key Accounts und Exportkunden nicht kommen wollen oder dürfen", so Brockmöller.

Auch die Herbert Neumeyer Gruppe mit Zugpferd Frankenstolz wird nicht in Köln (ebenso wie in Frankfurt) vertreten sein und setzt erneut auf einen digitalen Showroom. Damit fallen frequenzträchtige große Stände weg; Tempur reagierte nicht auf die Haustex-Anfrage. Zwar könnte theoretisch auch Schlaraffia mit einer Präsenz in Halle 9 (statt wie zuletzt in Halle 5) für Aufmerksamkeit und Frequenz sorgen. Zudem gelten Hersteller wie Dormiente, Auping oder Metzeler als gesetzt und auch Emma/Dunlopillo wird in Köln dabei sein. Doch andere prominente Namen bleiben weg (wie Rummel) oder treten nur mit einem kleineren Stand an (wie beispielsweise Velda). Auch hier bleibt abzuwarten, wie attraktiv das Sleep-Segment unterm Strich tatsächlich sein kann.

Frank Cebulla von Swissflex ficht das nicht an: Sein Unternehmen ist in Köln dabei. "Gerade in diesen schwierigen und teils unsicheren Zeiten für den Facheinzelhandel möchten wir damit ein Zeichen unserer fortwährenden Präsenz und Unterstützung für unsere Handelspartner setzen", betont der Vertriebsleiter Deutschland. Ein Signal, das man bei der Koelnmesse gerne hören dürfte. Dort hatte man zuletzt an die Solidarität der Branche appelliert.

Die leistet beispielsweise Froli, wie Geschäftsführer Peter Liebing unterstreicht: "Unter kurzfristigen, rein wirtschaftlichen Aspekten betrachtet, hätten wir absagen müssen. Es entspricht jedoch unserer Unternehmensphilosophie, in die Zukunft zu investieren und damit in Nachhaltigkeit, unsere Kunden, Geschäftspartner und das Unternehmen am Standort Deutschland", sagt er, äußert aber gleichzeitig Zweifel, ob die geplanten Endkundentage Sinn ergeben: "Eine Fachmesse über vier Tage zu reduzierten Kosten hätten wir eindeutig befürwortet", so Liebing. "Wir erwarten leider, dass die Anzahl der Besucher, vor allem aus dem Ausland, weit hinter den früheren Zahlen zurückbleiben."

ABK Open mit neuem Format

Und dann ist da noch die Veranstaltung in Bad Salzuflen. Am 26. und 27. Januar wird dort erstmals die ABK Open Home über die Bühne gehen. Sie erscheint vielen deutschen Ausstellern offenbar als attraktive Alternative zur Heimtextil, nicht zuletzt unter Kostengesichtspunkten. Bettwäsche-Hersteller Irisette hat sich entschieden, an der Messe in Bad Salzuflen teilzunehmen, denn Präsenzmessen halte man in Velen-Ramsdorf grundsätzlich für wichtig. "Die ABK-Open bietet uns diese Möglichkeit mit einer kleineren, überschaubaren nationalen Messe zu günstigen Messekonditionen", betont Thomas Südholt. Am Ende gaben auch die Irisette-Kunden den Ausschlag - die wollten laut einer internen Befragung eher zur ABK-Veranstaltung nach Ostwestfalen kommen als nach Frankfurt.

"Die ABK hat aktuell die größten Chancen für unsere Unterstützung", sagt auch Michael Rossmann von PAD, der sich die Entscheidung nicht leicht gemacht hat, nach reiflicher Überlegung aber entschied, in Bad Salzuflen präsent zu sein. "Es gibt tolle Formate, die Spaß machen, und der Kunde, welcher mit Leidenschaft ein erfolgreiches Unternehmen führt, geht auch genau dort hin, wo er mit positiver Energie und Leidenschaft Menschen unserer Industrie findet", so Rossmann. "Dieser Ort kann überall sein."

Matratzenhersteller Rummel, ein wichtiger Verbandslieferant der ABK, wird ebenfalls nach Bad Salzuflen gehen. "Wir werden dazu beitragen, dass die Messe attraktiv wird", sagt Klaus Neudecker aus der Geschäftsleitung. Der Aufwand werde vergleichbar sein zu dem der Sommer-Veranstaltung in Halle/Westf. Und: "Ich glaube, dass Konzepte wie die ABK Open auch in Zukunft funktionieren, wenn sie von neutraler Seite gemacht werden."

Stimmen zur Messe-Teilnahme 2022
Thomas Südholt, Irisette
Irisette als Markenanbieter ist von der Wichtigkeit von Präsenzmessen überzeugt. Marken brauchen ein- bis zweimal im Jahr eine Bühne, um Kollektionen, Neuigkeiten und USPs der Marke in einem angemessenen Rahmen darstellen zu können. Deshalb haben wir uns bereits sehr früh - unverbindlich - für die Heimtextil 2022 in Frankfurt angemeldet. Eine aktuelle Stimmungsabfrage bei unseren Kunden hat uns dann jedoch Anfang September zu einem Umdenken bewogen. Die Mehrzahl unserer deutschen Kunden hat sich in unseren Gesprächen gegen einen Besuch ausgesprochen bzw. war noch sehr unentschlossen. Die nicht vorhersehbare Corona-Situation hat bei vielen gegen eine Teilnahme gesprochen bzw. zu Verunsicherung geführt. Diese Aussagen habeneine erfolgreiche Messeteilnahme für uns schlichtweg nicht planbar gemacht, daher haben wir der Messe Frankfurt schweren Herzens mitgeteilt, dass wir im Jahr 2022 nicht teilnehmen. Für die ABK-Open Home Ende Januar haben wir uns im Anschluss an diese Entscheidung angemeldet. Auch die Rückfrage bei unseren Kunden hat unsere Entscheidung hierzu bestätigt.

Donata Apelt-Ihling, Apelt
Wir werden zur Heimtextil gehen - gemeinsam mit DecoTeam auf einem tollen, neuen DecoTeam Areal - mit einem Apelt-Markenstand in Halle 8. Apelt zeigt ein ganz neu gestaltetes Standkonzept - kreativ undzeitgemäß, wo wir unsere neuen Kollektionen in Deko/Gardine, Tischwäsche, Kissen und Bettwäsche wirkungsvoll präsentieren. Auf der ABK-Messe werden wir ebenfalls einen Stand haben, um unsere hochwertigen neuen Bettwäsche-Designs für Frühjahr/Sommer 22 dem Fachpublikum zu präsentieren.

Michael Rossmann, PAD
Die ABK hat aktuell die größten Chancen für unsere Unterstützung. Die Pandemie hat uns gezeigt, wie dankbar und treu unsere Kunden für alternative wie innovative Konzepte und Ideen innerhalb unserer Kollektionsvorstellungen sind. Bei den Internationalen Messen sind die Preisvorstellungen langsam jeglicher Realität, haben keinen Charme, welchen wiederum wir Marken mit unseren Kreativen Standbaukonzepten noch dazu investieren müssen und dann dankbar sein, dass wir überhaupt einen Platz zugewiesen bekommen. Leider versuchen wir seit nun mehreren Monaten, den Vorteil für uns auf diesen großen Messe-Plattformen zu finden. Außer der Erwartung, dass wir Marken die utopischen Kosten selbstverständlich auf uns nehmen, erkennen die Veranstalter nicht mehr, wer Kunde ist und wo dessen Mehrwert liegt. Leider haben aus diesem Grunde viele unserer textilen Markenkollegen bereits beschlossen, keine Internationale Branchenmesse zu machen.

Peter Van Rompuy, Veldeman
Wir nehmen mit großer Erwartung an der imm Cologne teil, weil wir hier, genau wie in Brüssel und auf der Velda Hausmesse Anfang Oktober ein komplett neues Marketing Konzept mit Produktinnovationen vorstellen. Zu der Hausmesse wird unsere Website auch neu aktiviert. Unser Ausstellungsraum wurde komplett neu gestaltet. Die imm Cologne ist für uns nicht nur in erster Linie eine Messe für deutsche, sondern für alle Kunden. Wir erwarten auch diesmal viele Exportkunden und Kunden aus den Niederlanden. Wir wissen, dass nahmhafte deutsche Kollegen nicht ausstellen werden, das ändert unsere Entscheidung jedoch nicht.

Peter Liebing, Froli
Bei Froli denken und handeln wir nachhaltig, partnerschaftlich und mit langfristigen Zielen. Gerne möchten wir unseren Geschäftspartnern und Interessenten auf der imm Cologne endlich wieder die Möglichkeit geben, uns im Rahmen einer Präsenzmesse zu treffen und die innovativen Produkte aus unserem Hause zu erleben: Schlafkomfort und hochwertige, gesunde Betten. Auch möchten wir den Veranstalter mit unserer Teilnahme unterstützen. Wir freuen uns auf inspirierende Gespräche auf unserem Stand in Halle 9, den Austausch und damit die gemeinsame Weiterentwicklung der Branche.

Klaus Neudecker, Rummel
Wir gehen nicht zur imm Cologne. Für uns war die Frage: Wollen wir die ganze Welt zu Gast haben? Und die Antwort lautet: Nein, denn diese Kunden haben wir gar nicht. Wir stehen für individuellen Schlafkomfort und unsere Kunden kommen aus dem deutschsprachigen Raum. Das bedeutet aber nicht, dass wir überhaupt nicht mehr nach Köln gehen.

Alexander Singer, Sanders-Kauffmann
Wir haben uns nach langen und intensiven Überlegungen entschieden, in 2022 nicht an der Heimtextil teilzunehmen.Die Messe ist für Sanders-Kauffmann ein wichtiger Bestandteil in der Begegnung sowie Beziehungspflege und Kontaktaufnahme mit internationalen Kunden, insbesondere aus Fernost, Russland und Nordamerika.Durch die nach wie vor stringenten Reisebeschränkungen mit diesen Regionen ist in Rücksprache mit unseren Geschäftspartnern davon auszugehen, dass Kunden und potentielle Kunden aus diesen Ländern 2022 nicht auf die Heimtex kommen werden.Wir halten aber weiterhin an der Heimtex als Begegnungsort im internationalen Kundenverkehr fest und freuen uns darauf, wenn diese dann wie gewohnt in 2023 stattfinden kann.

Frank Cebulla, Swissflex
Wir haben uns bewusst für eine Ausstellung mit unseren beiden Premiummarken Swissflex und Superba/Atelier Suisse auf der imm Cologne 2022 entschieden. Gerade in diesen schwierigen und teils unsicheren Zeiten für den Facheinzelhandel möchten wir damit ein Zeichen unserer fortwährenden Präsenz und Unterstützung für unsere Handelspartner setzen. Außerdem ist es die beste Plattform unsere interessanten Neuheiten einem internationalen Publikum zu präsentieren. Wir werden insbesondere in den Wochen vor der Messe durch Terminabsprachen mit unseren Kunden gewährleisten, dass alle Sicherheitsstandards im Zusammenhang mit den dann jeweils gültigen Coronaauflagen eingehalten werden können.

Rainer Brockmöller,
Badenia/Brinkhaus
Wir haben uns sowohl von der Heimtextil als auch von der imm Cologne abgemeldet. Das hat damit zu tun, dass viele unserer Wettbewerber dort nicht hingehen und auch viele Key Accounts und Exportkunden nicht kommen wollen oder dürfen. Aber: Wir glauben an Messen und besuchen ja auch kleinere Veranstaltungen. Daher werden wir auch in Zukunft Messen machen, und wenn die Exportkunden wieder da sind auch die großen Veranstaltungen in Frankfurt und Köln.

Michael Hauspurg, Feiler
Wir haben im Juli 2021 weder an der ABK Open teilgenommen, noch werden wir im Januar 2022 an der Heimtextil teilnehmen. Die Heimtextil ist sicherlich eine gute Gelegenheit sich als Unternehmen zu präsentieren, allerdings haben wir insbesondere in den letzten Jahren Veränderungen wahrgenommen, die uns darüber nachdenken lassen, inwieweit künftig eine Teilnahme - auch nach Corona - weiterhin sinnvoll sein könnte. Es sieht derzeit eher danach aus, dass wir in Zukunft andere Schwerpunkte setzen werden. Zum Beispiel wollen wir wesentlich stärker im Bereich Social Media präsent sein und uns auf unser hauseigenes Feiler-Forum, welches Ende April 2022 zum zweiten Mal stattfinden soll, konzentrieren. Darüber hinaus planen wir zur Heimtextil 2022 in unserem Flagship Store in Frankfurt ein Kundenevent.
aus Haustex 10/21 (Wirtschaft)