Berry Alloc

Neustart mit Erfahrung

Die Beaulieu-Tochter Berry Alloc hat einen guten Ruf. Doch seit Jahren lässt ein nachhaltiger Erfolg im D/A/CH-Vertrieb auf sich warten. Der abermals veränderten Mannschaft soll mit einer fokussierten Kundenansprache der Durchbruch gelingen.

56 Jahre Erfahrung im Boden: Auf diesen Zeitraum blicken Philippe Dehedin, Andre Kerckhof und Kai Plass zusammengenommen zurück in ihren Karrieren in der Branche. Die drei Herren - ihres Zeichens General Manager, Vertriebssdirektor und D/A/CH-Verkaufsleiter - sollen es jetzt bei Berry Alloc mit ihrer Erfahrung richten. Denn die Tochtergesellschaft der Beaulieu International Group plagt seit einigen Jahren ein grundsätzliches Problem: Dem Parkett-, Laminat- und LVT-Hersteller mit eigenen Werken in Norwegen, Frankreich und Belgien wird eine hohe Wertschätzung entgegengebracht für seine stilvollen Farben, Dekore und Oberflächen, für seine langjährige Produktionserfahrung sowie für das technisch hohe Niveau seines Sortimentes. Dem Vertrieb vor allem in der D/A/CH-Region gelingt es allerdings schon seit geraumer Zeit nicht, diese Pluspunkte in nachhaltigen Umsatzerfolg zu übertragen - jedenfalls nach Ansicht der Konzernleitung im flämischen Wielsbeke.

In Deutschland
unterrepräsentiert

Die aktuellen Zahlen untermauern diesen Standpunkt: Berry Alloc hat 2020 einen weltweiten Umsatz von 220 Mio. EUR verbucht, der hauptsächlich in Norwegen, Frankreich, Belgien, Großbritannien und der D/A/CH-Region generiert worden ist. Schätzungsweise nicht mehr als 5 % davon erzielt die Mannschaft in Deutschland, dem größten Einzelmarkt Europas. Das ist zu wenig - insbesondere im Hinblick auf den seit Jahren wachsenden Markt für Designbeläge. Im deutschen Bodenbelags- und Malergroßhandel beispielsweise, einem der wichtigsten Marktmittler in diesem Sortiment, ist Berry praktisch nicht vertreten, wie die aktuelle Umfrage in dieser Ausgabe (Seite 38) erneut zeigt. Dieses Missverhältnis erklärt, warum die Eigentümerfamilie De Clerck mehr Erfolg auf den deutschsprachigen Märkten verlangt.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass es Beaulieu seit rund sechs Jahren - nach dem Abschied von Volker Kühnl, dem langjährigen Berry Alloc-Vertriebsleiter für Deutschland, Österreich und der Schweiz, im Herbst 2015 - nicht gelungen ist, eine konsistente und verlässliche Vertriebsstrategie im deutschsprachigen Raum zu implementieren. Das lag zum ganz überwiegenden Teil nicht an den für die Beaulieu-Tochter im deutschen Markt agierenden Personen. Vielmehr sorgten die in der flämischen Firmenzentrale ausgegebenen Marschrouten und Vorgaben im Vertrieb häufig für Irritationen und Verwirrungen bei Handwerkern, Fachhändlern und Großhändlern. Denn einerseits wurde das Sortiment in fast allen Vertriebskanälen ohne Fokussierung und nachhaltige Strategie verkauft - gespreizt von Großfläche bis Holzhandel. Andererseits strukturierten die Belgier häufig die Zuschnitte und Zuständigkeiten des D/A/CH-Vertriebs bei elastischen Belägen sowie Parkett, Laminat und LVT unter den Marken Beauflor und Berry Alloc um, legten zusammen und rissen erneut auseinander. Zeitweise blieben sogar die Positionen des D/A/CH-Verkaufsleiters sowie des Vertriebsdirektors für Berry Alloc unbesetzt und die Sparte war für den deutschsprachigen Markt phasenweise der CV-Unit unterstellt.

Strategischer und
personeller Neuanfang

Nun soll Kontinuität einkehren. Berry Alloc soll zukünftig klar, stringent und fokussiert im Markt auftreten. Dafür verpflichteten die Unternehmenslenker im Sommer 2018 Philippe Dehedin als General Manager für das Tochterunternehmen. Die Aufgabe des 51-jährigen Franzosen, der 20 Jahre für die Schwergewichte Tarkett und Gerflor in Führungspositionen tätig gewesen ist: die weltweite Neuaufstellung von Berry Alloc - strategisch und personell. Er entschied, dass Andre Kerckhof im November 2019 zum neuen globalen Vertriebsdirektor berufen wurde. Auch der 40-Jährige verfügt über viel Erfahrung: Der Belgier hat 15 Jahre für Balta gearbeitet, unter anderem in Deutschland und hat bei der erfolgreichen Teppichfliesen-Tochter Modulyss gewirkt.

Der Neuanfang in der D/A/CH-Region mitten in der Corona-Pandemie schlug allerdings im ersten Versuch fehl: Vertriebsleiter Mario Mündnich musste nach nur rund anderthalb Jahren im Sommer 2021 das Unternehmen wieder verlassen. Re-Start Nummer zwei soll jetzt mit Kai Plass gelingen, der seit Juli diesen Jahres an Bord ist. Der gelernte Parkettleger und staatlich geprüfte Holztechniker hat die vergangenen 21 Jahre für Holzwerkstoff- und Bodenbelagshersteller Egger unter anderem die Verkaufsleitung Großhandel Österreich und Deutschland verantwortet.

Mit General Manager Dehedin und Vertriebsdirektor Kerckhof vereint Plass nicht allein die langjährige Branchenerfahrung: "Wir drei sehen die enormen Möglichkeiten und das große Potenzial, welches Berry Alloc als Multi-Category-Anbieter dem deutschsprachigen Markt bietet", betont der 59-Jährige. Das Unternehmen habe nicht nur eine gute Reputation im Markt, eine bekannte Marke sowie ein breites, ausgereiftes Sortiment. Die Inhaberfamilie De Clerck hat allein 2020 mehr als 51 Mio. EUR in die Gruppe investiert. Und mit Caroline De Clerck, die Tochter von Direktor und Gesellschafter Francis De Clerck, ist die nächste und dritte Generation in den Vorstand des familiengeführten Konzerns eingetreten, zählt General Manager Dehedin auf. Kurz gesagt: Es herrscht Aufbruchstimmung bei Beaulieu und damit auch bei Berry Alloc mit dem Ziel, die Umsätze zusammen mit den Kunden langfristig und nachhaltig zu steigern.

Fokus auf
Premiumsegment

Davon sollen ab sofort im deutschsprachigen Absatzgebiet hauptsächlich Bodenbelagsgroßhändler, Fachhändler sowie der Holzhandel profitieren. Es gehe nicht mehr um Umsatz überall und um jeden Preis wie in der Vergangenheit. Man suche langfristige und nachhaltige Partnerschaften mit einem Fokus auf das Premiumsegment, in dem Kunden ein Mehrwert geboten werde, skizziert Dehedin die Strategie. Verkaufsleiter Plass hat bereits erste Gespräche geführt, nutzt seine guten Kontakte in Deutschland und Österreich. Erste Gelegenheiten im großen Rahmen gibt es im November auf dem Branchentag Holz und dann natürlich Anfang 2022 auf der Domotex, auf der in allen Sortimenten Neuheiten präsentiert werden sollen.

Doch leicht wird es nicht, weil eigentlich kein Einkäufer auf Berry Alloc wartet. Das ist den Verantwortlichen durchaus bewusst. Hauptargumente für den Handel, seine Lieferantenstruktur trotzdem zu überdenken und Berry Alloc eine Chance zu geben, sollen nicht nur die Breite des Sortiments aus Parkett, Laminat und LVT sein, sondern auch einige besonderen Merkmale, die die Produktpalette schmücken.

Das Designbelags-Portfolio etwa bietet das weltweit einzigartige und patentierte 360°-Interlocking-System Dreamclick. Alle Dielen und Fliesen sind in regelmäßigen Abständen mit Klickelementen versehen. So lassen sie sich an allen vier Seiten zusammenfügen und untereinander kombinieren. Man kann also in jeder Raumecke mit der Verlegung beginnen. Es können auch mehrere Handwerker parallel an einer Fläche arbeiten: Ein enormer Zeitvorteil, betont der Hersteller. Dank starrem SPC-Board, dem laut Unternehmen "leichtesten im Markt", lassen sich die Berry Alloc-Designbeläge auch direkt auf vorhandenen keramischen Fliesenböden verlegen. Im Februar 2022 startet der Hersteller eine groß angelegte Werbe- und Vermarktungskampagne für Dreamclick.

Alles wird in Europa
selbst produziert

Während Berry Alloc schon seit vielen Jahren Parkett in Frankreich und Laminat in Norwegen in eigenen Werken produziert, kommen mittlerweile auch die LVT-Kollektionen in einem Volumen von rund 3 Mio. m aus den eigenen Produktionsanlagen in Belgien. Diese hätten die Kinderkrankheiten hinter sich gelassen und funktionierten seit 2019 ohne Probleme. Die aktuelle Kapazität von 5 Mio. m werde mit zusätzlichen Produktionslinien ausgebaut.

Das aus den drei Serien Pure, Spirit und Style bestehende Sortiment an PVC-Designbelägen hat im Oktober 2021 mit der 0,30 mm-Kollektion Live als Einstiegsrange die wichtige Abrundung nach unten erhalten. Live ist für Berry Alloc vor allem in Deutschland ein ganz wichtiges Produkt. Schließlich erzielt das Unternehmen hierzulande rund 80 % seiner Umsätze mit LVT, während sie weltweit lediglich ein Viertel der Erlöse ausmachen.

Stark, stärker, HPL-Laminatboden

Im Laminatboden bietet Berry Alloc gleich zwei Spezialitäten: Das bis heute weltweit stabilste Klicksystem für HPL-Laminatböden, welches vom Schwesterunternehmen Alloc in Finnland produziert wird: Das Aluminium-Verriegelungssystem Alu Loc verfügt über eine Zugfestigkeit von 1.200 kg/lfm. Dies ist erheblich mehr als bei anderen Standard-Verriegelungssystemen. Hinzukommt, dass die Elemente einfach zu verlegen sind: Sie benötigen auf einer Fläche von bis zu 225 m oder 15 m Länge keine Übergangsprofile.

Die feste, langlebige Deckschicht wird separat gepresst und auf die Trägerplatte kaschiert. Durch dieses Verfahren entsteht eine Diele, die wesentlich robuster ist als herkömmliches Laminat und deswegen in die Klasse 34/AC6 einsortiert ist.

Die aktuelle Kollektion Grand Majestic zeigt sechs Holz- und Steindekore mit authentischen Strukturen und extramatt geölter Oberfläche. Die Dielen im außergewöhnlichen Format von 2.410 x 303 m lassen Räume größer wirken.

Vorreiter bei
wasserresistentem Laminat

In seinem herkömmlich hergestellten Laminat-Programm setzt Berry Alloc stark auf das Thema "100 % Wasserbeständigkeit". Die Belgier sehen sich als Vorreiter auf diesem Feld. Sie reklamieren für sich, die "wegweisende und innovative "Hydro+"-Technologie 2008 als erster Laminathersteller auf den Markt" gebracht zu haben.

Mit der neuen Kollektion Ocean+ führt Berry Alloc diese Tradition fort. Bereits im Fertigungsprozess werden alle Seiten der Diele mit einer wasserabweisenden Beschichtung versehen, die in die Fugen eindringendes Wasser wirksam abstößt. Kombiniert mit einem dichten Verbindungssystem ist die komplette Serie bereits beim Verlassen der Produktionslinie zu 100 % wasserbeständig; eine weitere Behandlung der Dielen sei nicht erforderlich, betont der Hersteller.

Neue Dreischichtparkett-Serie
für D/A/CH

Last but not least: Das Parkettsortiment der Flamen, welches im französischen Werk des Schwesterunternehmens Berry Wood vom Band läuft. Die neue Dreischicht-Parkettkollektion verfügt über eine neuartige Oberflächenveredlung, die Pflegeleichtigkeit und Widerstandsfähigkeit einer Lackversiegelung mit der Ästhetik eines geölten Bodens zu verbinden sucht. Ultimtec basiert auf einer speziellen Grundierung mit Aluminiumoxid-Anteilen und dem abschließenden Auftrag eines Acryllacks. Das neue Finish bewahre das Farbspiel und die Tiefe des Holzes, verspricht das Unternehmen, komme durch das matte Erscheinungsbild dem des natürlichen Holzes sehr nahe und biete zudem eine hohe Resistenz gegen Abnutzung und Kratzer.

Die Kollektion ist in die beiden Serien Les Essentiels und Les Exclusifs gegliedert. Sie richten sich stärker als in der Vergangenheit an Exportmärkte, hauptsächlich die D/A/CH-Region. Zu finden sind unter anderem helle Beigetöne, warme Honig- und Amberschattierungen sowie Haselnuss und tiefdunkles, elegantes Braun.
| Jochen Lange


Daten + Fakten

Berry Alloc
Berry Alloc NV
8930 Menen, Belgien
Telefon: +32/56/52 84 80
info@berryalloc.com
www.berryalloc.com

General Manager: Philippe Dehedin
Verkaufsdirektor weltweit: Andre Kerckhof
Vertriebsleiter D/A/CH: Kai Plass
Außendienst Deutschland: 4
Umsatz 2020: 220 Mio. EUR
Umsatzverteilung nach Produkten:
- Laminatböden 60 %
- LVT 26 %
- Parkett 14 %
Produkte: HPL- und DPL-Laminatböden, PVC-Designbeläge/LVT, Parkettböden
Muttergesellschaft: Beaulieu International Group NV, Belgien
Inhaberfamilie: De Clerck
Umsatz 2020: 1,74 Mrd. EUR, davon rund 46 % mit Bodenbelägen, 37 % mit Polymeren und 17 % mit Engineered Products (u.a. Fasern, Garne und Textilien)
Mitarbeiter weltweit: 4.700
Neustart mit Erfahrung
Foto/Grafik: Berry Alloc
Die neue Dreischicht-Parkettkollektion Les Exclusifs verfügt über eine neuartige Oberflächenveredlung, die Pflegeleichtigkeit und Widerstandsfähigkeit einer Lackversiegelung mit der Ästhetik eines geölten Bodens zu verbinden sucht. Pampa
Neustart mit Erfahrung
Foto/Grafik: BTH Heimtex / Jochen Lange
Wollen den deutschsprachigen Boden-, Maler- und Holzhandel mit den besonderen Parkett-, Laminat- und LVT-Belägen von Berry Alloc überzeugen: Kai Plass (Vertriebsleiter D/A/CH), Philippe Dehedin (General Manager) und Andre Kerckhof (Verkaufsdirektor).
aus BTH Heimtex 11/21 (Wirtschaft)