Interview des Monats

"Südwest ist die verlässliche Marke für den Profi"


Südwest Lacke+Farben macht sich zukunftssicher. Die Sto-Tochter hat ein neues Logistikzentrum errichtet, will ihre Präsenz vor allem in Richtung Norddeutschland ausbauen und setzt als Markenanbieterin auf Loyalität und Flexibilität gegenüber Großhandel und Handwerk.

BTH Heimtex: Nach einem fulminanten Jahr 2020 leiden die Farbenhersteller in diesem Jahr unter drastisch gestiegenen Rohstoffpreisen und Lieferengpässen. Wie läuft es geschäftlich bei Südwest?

Hans-Jörg von Rhade: Wir haben im vergangenen Jahr unseren Umsatz um mehr als 15 % steigern können. Ich hatte erwartet, dass es in diesem Jahr einen Rückschritt geben würde. Bis jetzt ist das aber noch nicht passiert. Wenn die jetzige Entwicklung anhält, gehen wir davon aus, dass wir 2021 beim Umsatz um eine mittlere einstellige Zahl wachsen werden. 2020 hatten wir einen deutlichen Anstieg bei Holzschutzprodukten. In diesem Jahr sind es vor allem Innenfarben, die kräftig zulegen, ebenso wie Wärmedämmverbundsysteme. Mit Lacken und Lasuren liegen wir auf dem Niveau des Jahres 2019.

Was den Umsatz betrifft, wird es also ein gutes Jahr, kostenmäßig dagegen ein schwieriges. Einen so starken Anstieg der Rohstoffpreise haben wir seit der Wiedervereinigung nicht mehr gesehen, insbesondere bei Bindemitteln. Und die machen rund 50 % der Kosten einer Farbe oder eines Lacks aus. Aber auch die Preise für Lösemittel und Titandioxid sind steil angestiegen. Deshalb haben wir unsere Preise erhöhen müssen, allerdings ohne dass wir die Kostensteigerungen vollständig weitergeben konnten.

Darüber hinaus leiden wir auch unter den Lieferengpässen der Rohstoffanbieter. Es gibt zahlreiche Absagen nach der Klausel Force Majeure (höhere Gewalt) und Lieferkontingentierungen. Die Materialknappheit ging sogar bis hin zum Granulat, das wir für unsere Kunststoffeimer benötigen. Es war insgesamt schon eine große Herausforderung, unsere Lieferzusagen einzuhalten. Aber unsere Mannschaft hat die Situation extrem engagiert und flexibel gemeistert. Dafür danke ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Südwest.

BTH Heimtex: Dazu trägt sicherlich auch bei, dass das neue, moderne Logistikzentrum von Südwest fertig gestellt wurde und die Lieferfähigkeit weiter verbessert. Was bietet der Neubau?

Von Rhade: Wir haben mehr als 10 Mio. EUR in das neue Logistikzentrum investiert, das drei vorherige Lager am Standort an einem zentral gelegenen Logistikpunkt zusammenlegt. Es umfasst eine Fläche von insgesamt 3.200 m2 und hat 4.000 Palettenplätze, fast 50 % mehr als zuvor. Außerdem gibt es im ersten Stock einen Sanitärbereich mit Duschen und Umkleiden, eine Kantine sowie Sozial- und Besprechungsräume. Wir freuen uns sehr über den Neubau und glauben, dass es ein großer Schritt in Richtung Liefersicherheit ist.

BTH Heimtex: Ist der Neubau auch mit einer Erweiterung der Produktion gekoppelt?

Von Rhade: Die derzeitige Produktionskapazität reicht für die nächsten drei bis fünf Jahre. Auf lange Sicht ist aber im Masterplan des Standorts eine Erweiterung vorgesehen.

Alexandra Blum: Mit dem neuen Logistikzentrum wurde nicht nur die Lagerkapazität erweitert, die auch für die Produktionsausweitung ausreichen würde. Es hat zudem eine starke Symbolkraft: Bei Südwest geht es voran und wir wollen wachsen.

BTH Heimtex: Die Vorwärtsentwicklung beschränkt sich aber sicherlich nicht auf das neue Logistikzentrum. Welche weiteren Maßnahmen planen Sie, um Südwest zukunftssicher zu machen?

Von Rhade: Corona hat vieles beschleunigt, unter anderem Umbrüche bei Vertriebsformen und Gewerken. Wir als klassische Malermarke müssen uns mit diesen Veränderungen auseinandersetzen, um weiter voranzukommen. Klar ist für uns, dass wir weiterhin auf die Partnerschaft mit dem Großhandel setzen. In welchen Bereichen wir stärker werden können, zeigen Umfragen, die wir in Handel und Handwerk durchgeführt haben. Heraus kam, dass Loyalität, Flexibilität und Kundennähe honoriert werden. Unser Ziel ist es, als einer der Markenartikler mit Premium-Vollsortiment wahrgenommen zu werden und sowohl Handel als auch Handwerk zu unterstützen, gemäß dem Motto "Gemeinsam Markt schaffen". Wir sind eine starke Marke für Malerbetriebe.

BTH Heimtex: Spielt die Digitalisierung in Ihrem künftigen Konzept eine wichtige Rolle?

Blum: Wir sind überzeugt, dass der Fachgroßhandel auch in Zukunft der wichtigste Partner für die Verarbeiter sein wird. Zusätzlich werden wir die Internet-Aktivitäten in enger Zusammenarbeit mit dem Handel verstärken, um unsere Produkte und Innovationen bekannter zu machen. Händler und Handwerker, die schon mit uns zusammenarbeiten, sind sehr zufrieden mit uns. Aber wir müssen auch die erreichen, die uns noch nicht kennen. Um diese anzusprechen, wollen wir moderne Medien stärker in unser Konzept einbinden. Nach unseren Umfragen haben mehr als 70 % der Befragten als erste Informationsquelle den Außendienst angegeben und damit den persönlichen Kontakt. Zusätzlich gehen wir neue Wege und machen Südwest auch online erlebbar. Wir haben uns vorgenommen, den Digitalbereich kontinuierlich auszubauen. Dazu gehört auch die Erstellung von Anwendungsvideos.

Von Rhade: Neben der Kommunikation gehört auch fachliche Fortbildung zum notwendigen direkten Austausch mit den Kunden. Das war während der Corona-Krise teilweise sehr schwierig. Jetzt machen wir wieder mehr Angebote - sowohl bei uns am Standort als auch bei den Unternehmen vor Ort. Das ist umso wichtiger, da in vielen Firmen des Handels und des Handwerks durch Nachfolgeregelungen Umbrüche geschehen, die wir begleiten wollen.

BTH Heimtex: Südwest soll nach Ihren Angaben wachsen. Wo gibt es noch weiße Flecken auf der deutschen Landkarte?

Von Rhade: Wir sind stark in Rheinland-Pfalz, Hessen, im Saarland und in Bayern. In Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen stehen wir gut da, dort gibt es aber noch Potenzial. Langfristig wollen wir vor allem nördlich von Nordrhein-Westfalen sichtbarer werden. Dafür brauchen wir neue Partner, um Warenpräsenz am Handelsstandort zu haben. Schließlich ist der Handelspartner unser bester Repräsentant vor Ort. Ihm bieten wir Unterstützung an, auch im Vertrieb.
Blum: Wir sehen bei der Präsenz ein deutliches Süd-Nord-Gefälle Aber wir arbeiten daran, dass wir deutschlandweit unsere Reputation steigern.

BTH Heimtex: Wie setzt sich das Produktsortiment von Südwest zusammen?

Von Rhade: Wir bieten lösemittelhaltige und wässrige Lacke, Lackspezialitäten, Holzschutz und Grundierungen. Bei Innenfarben, haben wir uns in den vergangenen Jahren gut positioniert, gleichermaßen bei klassischen Farben und Spezialprodukten wie Isolierfarben. Aber auch die Fassade ist für uns ein gutes Geschäft, sowohl Fassadenfarben als auch Wärmedämmverbundsysteme (WDVS). Dieser Markt wächst aktuell wieder. Wir haben in 2020 um 20 % bei WDVS zugelegt. Wir gehen davon aus, dass wir diese Größenordnung in diesem Jahr wieder erreichen. Darüber hinaus umfasst unser Sortiment Fußbodenfarben und Dachfarben, wie auch Maschinenlacke für kleinere Metallbauer und Traktoren-Reparaturbetriebe. Alles in allem also ein rundes Vollsortiment. Der Schwerpunkt unseres Geschäfts liegt mit 90 % bei Renovierungen und Instandhaltungen.

BTH Heimtex: Stichwort Wärmedämmung. Um die Klimaziele zu erreichen, ist das ein wichtiger Faktor. Welche Materialien werden bevorzugt?

Von Rhade: Wir sehen mittlerweile eine Verschiebung der Nachfrage von EPS in Richtung Steinwolle und andere umweltfreundlichere Dämmstoffe. Für uns ist entscheidend, was der Markt verlangt.

BTH Heimtex: Wie viel produzieren Sie pro Jahr?

Von Rhade: Wir stellen in Böhl-Iggelheim gut 4.000 t Lacke und Lasuren pro Jahr her. Farben haben deutlich größere Volumina und werden an anderen Standorten der Gruppe hergestellt. Der gesamte deutsche Markt für Lacke und Lasuren liegt bei rund 80.000 t, bei Farben sind es circa 450.000 t. Die höherwertigen Lacke und Lasuren sind traditionell unser Hauptgeschäft. Wir holen allerdings bei Farben auf, so dass ein Verhältnis Lacke zu Farben heute bereits bei 50 : 50 liegt.

BTH Heimtex: Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit bei Südwest?

Von Rhade: Eine sehr wichtige, weil auch die Kunden immer mehr Wert auf nachhaltige Produkte legen. Wir modernisieren ständig unsere Produkte in Richtung Nachhaltigkeit. Bestes Beispiel ist die Hybrid Lasur. Dort haben wir einen sehr großen Anteil der Lösemittel durch Wasser ersetzt, ohne dass sich beide separieren. Damit haben wir ein Produkt, das fast vollständig die Eigenschaften eines lösemittelhaltigen Produkts hat. Weitere nachhaltige Produkte sind die bionische und damit biozidfreie Fassadenfarbe Lotusan und der bionische Holzschutz Drytec. Bei diesen haben sich unsere Entwickler an der Natur orientiert.

Wir sehen Nachhaltigkeit aber auch ganzheitlich als unternehmerische Aufgabe. So werden wir durch die neue Halle unseren Energieverbrauch dauerhaft verringern. Wir kaufen zudem nur nachhaltige Energie aus Wasser- und Windkraft ein.

BTH Heimtex: Wie hoch ist der Anteil lösemittelhaltiger Produkte bei Südwest?

Von Rhade: Auf absehbare Zeit wird es zwar nach wie vor lösemittelhaltige Produkte geben, aber der Anteil wässriger Produkte wächst eindeutig. Das spiegelt das Verantwortungsbewusstsein der professionellen Verarbeiter wider.

BTH Heimtex: Ob Neuentwicklungen oder Investitionen in den Standort - Sie haben mit Sto eine starke Mutter im Rücken. Seit Anfang des Jahres gehört auch Jonas Farben aus Wülfrath dazu. Das Unternehmen vertreibt wie Südwest seine Produkte über den Großhandel, während Sto direkt verkauft. Gibt es Synergien?

Von Rhade: Ein Vorteil der Gruppe ist, dass wir voneinander lernen können, ohne uns zu kopieren. Beispiel Nachhaltigkeit: Bei Jonas sind schon fast alle Rezepturen frei von Konservierungsstoffen. Wir lernen daraus und entwickeln dann auf der Basis dieser Erkenntnisse unsere eigenen Produkte.

BTH Heimtex: Was unterscheidet Jonas von Südwest?

Von Rhade: Beide setzen auf den Großhandel. Aber die Geschäftsmodelle unterscheiden sich. Jonas konzentriert sich ganz klar auf die Marke des Handels und bietet zusätzlich seine eigene Marke. Südwest fokussiert sich dagegen eindeutig auf die Industriemarke. Wir sind als Vollsortimenter viel filigraner im Sortiment und unterstützen mit unserem wachsenden Außendienst Handel und Handwerk. Wir decken vom Speziallack über Standardlack und Holzschutz bis zu Innen- und Außenfarben sowie WDVS ein hochwertiges Vollsortiment für den Maler ab.

Ein weiterer Unterschied: Während wir Produkte für innen und außen im Sortiment haben, liegt der Schwerpunkt bei Jonas klar im Innenbereich. Obwohl beide Gesellschaften Sto-Töchter sind, werden sie mit ihrer unterschiedlichen Ausrichtung auch in Zukunft getrennt als eigenständige Unternehmen am Markt agieren.

BTH Heimtex: Wird es personelle Veränderungen bei Jonas geben?

Von Rhade: Ja, Geschäftsführer Axel Rouenhoff wird sich Ende des Jahres aus dem Geschäft zurückziehen. Dann übernehme ich die Geschäftsführung vorübergehend im Rahmen meiner Verantwortlichkeit für den zweistufigen Vertrieb der Sto-Gruppe, bis ein Nachfolger gefunden ist.

BTH Heimtex: Jonas ist nur ein Farbenhersteller, der übernommen wurde. Auch Wörwag wurde in diesem Jahr geschluckt, nämlich von PPG. Kommt es Ihrer Meinung nach in absehbarer Zeit zu weiteren Übernahmen von familiengeführten Betrieben, die ja den deutschen Markt prägen?

Von Rhade: Die Großen wachsen fast nur noch durch Zukäufe. Und die wird es weiterhin geben, übrigens auch im Handel. Wir als Südwest und Jonas sind jedoch sehr gut aufgestellt und wollen aus eigener Kraft weiter wachsen. Weitere Übernahmen im zweistufigen Geschäft in Deutschland sind in unserer Gruppe auf absehbare Zeit nicht vorgesehen.

| Das Interview führte Cornelia Küsel.


Daten + Fakten Südwest
Südwest Lacke+Farben GmbH & Co. KG
Iggelheimer Straße 13
67459 Böhl-Iggelheim
Tel.: 06324/7 09-0
www.suedwest.de
www.suedwest-aktuell.de

Geschäftsführung:
Hans-Jörg von Rhade
Marketingleitung:
Alexandra Blum
Gründung: 1923
Muttergesellschaft:
Sto SE & Co. KGaA
Umsatz: > 40 Mio. EUR
Mitarbeiter: 125 /
11 Auszubildende
Vertrieb: zweistufig
Produkte: Vollsortiment für Maler
"Südwest ist die verlässliche Marke für den Profi"
Foto/Grafik: Südwest
All-Deck Vorlack und All-Deck Weißlack Satin gehören zu den Premium-Produkten von Südwest. Sie erreichen durch den Einsatz einer neuen Technologie einen deutlich verbesserten Weißgrad.
"Südwest ist die verlässliche Marke für den Profi"
Foto/Grafik: Südwest
Das neue Logistikzentrum von Südwest fasst drei Lager an einem zentralen Standort auf dem Firmengelände zusammen. Mehr als 10 Mio. EUR wurden investiert.
"Südwest ist die verlässliche Marke für den Profi"
Foto/Grafik: Südwest
Clemens Körner, Landrat Kreisverwaltung Rhein-Pfalz Kreis, Peter Christ, Bürgermeister von Böhl-Iggelheim, und Südwest-Geschäftsführer Hans-Jörg von Rhade durchschneiden das rote Band zur Eröffnung des Logistikzentrums.
aus BTH Heimtex 11/21 (Wirtschaft)